Ich gehe auch davon aus, dass hier massezugehörige Lebensversicherungen gemeint sind.
Verstirbt der Schuldner - wie hier - nach Beendigung des Insolvenzverfahrens in der WVP, wird empfohlen, so schnell wie möglich eine NTV von Amts wegen anzuordnen.
Das würde dann aber dazu führen, dass eigentlich die bevorrechtigten Massegläubiger nach § 324 InsO gänzlich unberücksichtigt blieben und dem Erben die Möglichkeit genommen würde, die persönliche Haftung über ein Nachlassinsolvenzverfahren auf den Nachlass zu beschränken.
Richtig ist, dass die Massegläubiger nach § 324 InsO dadurch benachteiligt werden. Die Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung über ein Nachlassinsolvenzverfahren wird dem Erben allerdings nicht genommen, auch wenn dies dann im Zweifel mit einer Abweisung mangels Masse und der Dürftigkeitseinrede endet (was natürlich ein Minus gegenüber einem "vollständigen" Nachlassinsolvenzverfahren darstellt).
In dem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass nachträglich aufgefundene Massegegenstände in der Regel daraus resultieren, dass der Schuldner sie im Antrag bzw. im Verfahren verschwiegen hat. Insofern würde eine Nachtragsverteilung zu einer Betroffenheit bis zum Ableben des Schuldners unbeteiligter Dritter durch pflichtwidriges Verhalten des Schuldners führen bzw. umgekehrt zu einer Begünstigung der Insolvenzgläubiger.
Allerdings halte ich die Anordnung der Nachtragsverteilung über einen massezugehörigen Gegenstand nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach dem Tod des Schuldners in der WVP für nicht möglich bzw. nicht zulässig, da die nach § 204 Abs. 2 InsO erforderliche Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner naturgemäß nicht mehr möglich ist. Bei diesem Verständnis tritt auch die von DerNachlasspfleger angeführte Benachteiligung nicht ein, weil der Gegenstand dann Insolvenzmasse im folgenden Nachlassinsolvenzverfahren ist.
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Es ist schon richtig, dass die Möglichkeit des Erben oder der Nachlassgläubiger, einen Nachlassinsolvenzantrag zu stellen, durch eine Nachtragsverteilung nicht genommen werden würde.
In vorliegendem Fall ist eine Nachlasspflegerin bestellt. Für ihre Vergütung muss der gesamte Aktivnachlass herangezogen werden. "Bestehende Nachlassverbindlichkeiten bleiben dagegen außer Betracht, da ansonsten eine unangebrachte Privilegierung der Nachlassgläubiger gegenüber der Staatskasse bestünde (OLG München Rpfleger 2006, 405 (406); MüKoBGB/Leipold, 5. Aufl., § 1960 Rn. 72)" (OLG Düsseldorf Beschluss vom 25.09.2012 I-3 Wx 308/11 https://openjur.de/u/580485.html).
Würde eine Nachtragsverteilung vorgenommen werden, müsste die Nachlasspflegerin im Zweifel eine Vergütung zu Lasten der Staatskasse beanspruchen. Die Nachtragsverteilung würde in diesem Fall bewirken, dass die Staatskasse mittelbar Insolvenzgläubiger des Erblassers befriedigt.
Stellt die Nachlasspflegerin zeitnah nach der NTV einen Insolvenzantrag, so bedeutet das nicht zwingend, dass dieser Antrag mangels Masse abgewiesen würde. Der Sachverständige im Insolvenzantragsverfahren müsste prüfen, ob Anfechtungstatbestände der §§ 129 InsO ff. vorliegen. Die könnten nach §§ 130, 131 InsO gegeben sein, denn Insolvenzgläubiger des Erblassers sind eben nicht nur die, die an der Nachtragsverteilung teilgenommen haben, sondern auch Gläubiger, die nicht am ursprünglichen Insolvenzverfahren teilgenommen haben (Vermieter, Telekom, Energieversorger pp.). Diese wären durch die Rechtshandlung der NTV benachteiligt.
Bei den §§ 130, 131 InsO kommt es im Gegensatz zum § 133 Abs. 1 InsO nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht darauf an, dass der Schuldner die Rechtshandlung vorgenommen hat. Die anfechtbare Rechtshandlung kann auch vom Insolvenzverwalter im Rahmen der Nachtragsverteilung vorgenommen werden.
Insoweit könnte der Insolvenzverwalter des Nachlassinsolvenzverfahrens die Rechtshandlung des Insolvenzverwalters, der die Nachtragsverteilung vorgenommen hat, gegenüber den Insolvenzgläubigern des ursprünglichen Insolvenzverfahrens nach §§ 130, 131 InsO anfechten und die Nachtragsverteilung wieder rückgängig machen.
Meines Erachtens läuft eine Nachtragsverteilung nach Tod des Schuldners dem Zweck des Insolvenzverfahrens, eine "gemeinschaftliche" Befriedigung der Gläubiger im Sinne von § 1 InsO durchzuführen, zuwider, da nach dem Tod durch NTV eben nicht alle Nachlassgläubiger gemeinschaftlich befriedigt werden.
Eine gemeinschaftliche Befriedigung der Nachlassgläubiger kann nur durch die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens erreicht werden. Überdies wäre auch eine gemeinschaftliche Befriedigung der Nachlassgläubiger durch die Nachlasspflegerin möglich und zulässig, sofern zunächst ein Aufgebotsverfahren zur Ermittlung der Nachlassgläubiger nach § 1970 BGB durchgeführt werden, und der Nachlass dann an die im Ausschließungsbeschluss aufgeführten Gläubiger quotiert werden würde (vgl. Schulz in Schulz (Hrsg.) Handbuch Nachlasspflegschaft, 2. Aufl. § 9 Rn. 104 ff.). Im Falle der außergerichtlichen Quotierung können die Gläubiger mit deutlich höheren Quoten rechnen als beim Nachlassinsolvenzverfahren. Daher ist sie bei Gläubigern und Nachlasspflegern in der Praxis sehr beliebt.