Übertragung der Nachlasssachen auf Notar!!

  • :teufel: Auflösung der Nachlassgerichte?
    Viel wichtiger scheint es mir zu sein, darüber zu reden, dass die Nachlaßgerichte künftig wohl aufgelöst werden sollen, weil die Nachlaßsachen auf die Notare übertragen werden. Das ist doch Irrsinn!! Die Nachlasssachen wurden bisher nachweislich von den Amtsgerichten mehr als kostendeckend und sehr gut bearbeitet.
    Fehler von Anwaltsnotaren oder sonstigen schwächeren Notaren konnten dann beim Nachlaßgericht aufgedeckt werden. Will man hier den Notaren nur eine weitere Einnahmequelle zuschustern? :teufel: :teufel: :teufel: Das Aufgabengebiet des Rechspflegers wird um ein wichtiges Feld eingeschränkt!! Auch der einfache Bürger konnte bisher ohne Barriere beim Nachlaßgericht allgemeine Auskünfte zu nachlassrechtlichen Fragen erhalten ohne extra einen kostenpflichtigen Notar oder Anwalt aufsuchen zu müssen. Hier sollten sich die Rechtspflegerverbände schnellstmöglichst für die Interessen der Bürger einsetzen und damit auch für die Belange der Rpfl. Und zwar schnellstmöglich und sehr effektiv.

  • Sarkastisch gefragt: Wer soll bitte was machen?
    Ich habe noch nicht erlebt, dass die Rechtspflegerverbände sich für unsere Interessen einsetzen ... vor allem nicht schnellstmöglich und sehr effektiv ...
    Im Gegenteil, ich habe eher das Gefühl, dass die Rechtspflegerverbände und sonstige Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes doch eher der Arbeitgeberlobby zuwenden. :motz:

  • Ich muss hier ´mal den BdR Hamburg in Schutz nehmen : Unser Landesverband hat sich wirklich bemüht, an der Stellungnahme der hamburgischen Nachlassrechtspfleger mitzuwirken und diese sodann an andere Stellen weiterzuleiten.

    Auch die Justizbehörde Hamburg hat unsere Stellungnahme als Entwurf für die ministerielle (ablehndene) Stellungnahme zum Entwurf verwendet.

    Aber es war alles erfolglos. M.E. war die Praxisbefragung nur pro forma und das Ergebnis stand von vornherein fest.:teufel:

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von the bishop


    Aber es war alles erfolglos. M.E. war die Praxisbefragung nur pro forma und das Ergebnis stand von vornherein fest.:teufel:



    :zustimm:

    So wird es gewesen sein! Das ist halt höhere Politik!
    :frustrier :frechheit

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Als Anlagen der ursprüngliche Zwischenbericht mit den Fragen an die Praxis und unser Entwurf einer Antwort, der im groben von der Justizbehörde Hamburg so übernommen worden ist.

  • Wenns draussen nicht so kalt wäre, könnten die Rechtspfleger ja auf die Strasse gehen und demonstrieren und schreien, Plakate kleben und Merkzettel verteilen und zwar während derDienstzeit. Ist ja heute kein Problem mehr, weil man sich als freier Rechtspfleger natürlich jederzeit ausstempeln kann
    (Zeiterfassungskarte) und das Stündchen ja jederzeit nacharbeiten kann. Wenn sich keiner wehrt, dann bleiben die Rpfl die Dödels ohne Lobby und werden nicht Ernst genommen, weil Sie sich nicht mal auf der "Schlachtbank" wehren. Die Wahrheit ist aber eine andere: Die Richter haben Angst bekommen, weil die Nachlaßsachen ganz auf die Rpfl. übertragen werden können (Länderöffnungsklausel) . In den Foren der Richterverbände wurde davor gewarnt aus dem Rechtspfleger einen Fachbereichsrichter zu machen.
    Die Volljuristen haben sich jetzt vereinigt und zum Gegenschlag ausgeholt und die Nachlaßsachen jetzt vom Rechtspfleger zum Notar also wieder zu den Volljuristen zurückübertragen !!!!!!!!!!!!

  • Ich bestreite. Jedenfalls in Hamburg haben Präsident und Direktoren sich der Stellungnahme der Nachlaßrechtspfleger voll und ganz angeschlossen.

  • Zitat von GC

    Ich bestreite. Jedenfalls in Hamburg haben Präsident und Direktoren sich der Stellungnahme der Nachlaßrechtspfleger voll und ganz angeschlossen.



    Das ist korrekt (und somit auch der Richterbereich).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ok, wenigstens etwas, aber was ist mit den anderen Ländern? Wenn man die Entscheidungsträger in den anderen bundesländern nicht wachtrüttelt, wird es zu spät sein. Ich verstehe ja,dass sich die Richter auf ihre Kernaufgaben besinnen wollen, ist ja nichts dagegen zu sagen, aber dann dann man die anderen Aufgaben ja wenigstens auf den Rechtspfleger übertragen und nicht auf Leute ausserhalb des Gerichts ( Notare, Beliehene etc.) wie dies bei den Nachlaßsachen ja geschehen soll, als Versuchsballon. Die Registersachen, Grundbuchsachen etc. werden dann bald folgen.
    Dahe wehret den Anfängen. Wenn den Rcihtern ihre Kernaufgaben Zivilsachen und Strafsachen bleiben, dann brauchen sie ja keine Angst vor dem "Fachbereichsrichter" oder einer "Dentistelösung" haben. Wichtig ist aber dass Entscheidungen in Nachlasssachen oder Grundbuchsachen, Registersachen beim Gericht (Nachlaßgericht, Grundbuchgericht (vgl. Aufsatz von Prof. Böttcher) und Registergericht) getroffen werden ( vom funktionell Zuständigen -Richter o. Rpfl.) und nicht von Notaren ( bei denen ja jeweils sicherlich die Höhe der Gebühreneinnahmen im Vordergrund des Interessen stehen wird) oder Verwaltungsbeamten.
    Die Erkenntnisse in Hamburg müssten sich halt auch in Richtung Süden verbreiten.

  • . Justizminister wirken der Haushaltssanierung entgegen

    Pressemitteilung VRB und VdR:
    Die Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder haben auf ihrer Herbstkonferenz am 17. November 2005 in Berlin beschlossen, das gesamte Nachlasswesen aus den Gerichten auszulagern und den Notaren zu übertragen. Damit wären für Erben und erbrechtliche Fragen nicht mehr wie bisher die Amtsgerichte zuständig. Der Verein der Rechtspfleger im Bundesdienst (VRB) und der Verband der Rechtspfleger (VdR) lehnen diese Maßnahme ab, da hiermit der dringenden Haushaltssanierung entgegen gewirkt wird.
    Die Verfahren über die Eröffnung der Testamente und der Erteilung der Erbscheine werden bislang von den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern bei den Amtsgerichten kostengünstig, bürgerfreundlich und vor allem schnell für die betroffenen Erben durchgeführt. Dabei decken die Gebühreneinnahmen nicht nur die Kosten für die Durchführung der Nachlassverfahren, sondern tragen darüber hinaus mit einem Überschuss von mehr als 50 % zur Sanierung der Länderhaushalte bei. So müssen die Finanzminister künftig auf Einnahmen verzichten, die sie dringend benötigen.
    "Die Übertragung des Nachlassverfahrens auf die Notare führt nicht zur einer Haushaltskonsolidierung, sondern zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung des rechtsuchenden Bürgers, da er obendrein noch die Mehrwertsteuer von demnächst 19 % an den Notar entrichten muss. Damit wird die Sache für den einzelnen Bürger erheblich teurer", so die Verbandsvorsitzenden Thomas Kappl (VRB) und Angela Teubert-Soehring (VdR). "Die Gebühren der Notare fließen nicht in die Haushalte der Länder, sondern in die Kassen der Notare. Die Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder betreiben ohne Not den Ausverkauf eines lukrativen Teiles der Justiz."
    http://www.rechtspfleger.net/info/pressemitteilung.doc

    2. http://www.gesetze-im-internet.de/

    Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat letzte Woche im Rahmen des Festaktes zum 20-jährigen Jubiläum der juris GmbH den öffentlichen Zugang auf alle Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes im Internet freigeschaltet.
    Unter http://www.gesetze-im-internet.de/ stellt jetzt das BMJ in Bürgerinnen und Bürger das gesamte aktuelle Bundesrecht kostenlos bereit. Damit sind ab sofort auf den Webseiten rund 5.000 Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes in der aktuell geltenden Fassung verfügbar.
    http://www.bmj.bund.de

  • Pressemitteilung der Bundesnotarkammer
    vom 17.11.2005

    Bundesnotarkammer begrüßt Beschluss der Justizministerkonferenz zur Übertragung von Aufgaben auf Notare als großen Vertrauensbeweis


    Berlin, den 17. November 2005. Die Justizministerkonferenz hat sich heute dafür ausgesprochen, den Notaren gerichtliche Aufgaben zu übertragen. Dabei geht es insbesondere um das Nachlasswesen. Die Bundesnotarkammer begrüßt den Beschluss als großen Vertrauensbeweis für die Notarinnen und Notare Deutschlands. „Durch die Übernahme von Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit können die Notare einen Beitrag zur Entlastung der Gerichte leisten “, sagt Dr. Tilman Götte, Präsident der Bundesnotarkammer.
    Der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Aufgabenübertragung auf Notare“, den die Justizministerkonferenz heute zur Kenntnis genommen hat, bezeichnet die Übertragung von Aufgaben in sämtlichen Bereichen als grundsätzlich möglich. Betroffen von den Überlegungen sind insbesondere Aufgaben im Bereich des Nachlasswesens, etwa von der Verwahrung und Eröffnung von Testamenten bis hin zur Erteilung von Erbscheinen. Das erledigt heute das Amtsgericht. Die Übertragung der Aufgaben auf Notare ist nur möglich, weil Notare als Träger eines öffentlichen Amtes ohnehin schon ausschließlich hoheitliche, dem Staat obliegende Aufgaben im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege wahrnehmen. „Die Notare stellen eine Art „outgesourcten“ Bereich der Justizverwaltung dar“, sagt Götte.
    Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Aufgabenübertragung auf Notare“ soll ihre Arbeit fortsetzen und ein Konzept für die Realisierung erstellen. Die Bürger sollen auf eine effiziente, zügige und bürgernahe Erledigung ihrer Angelegenheiten vertrauen können. Tatsächlich würde eine Aufgabenübertragung den Deutschen entgegenkommen: So würden nach einer von der Bundesnotarkammer in Auftrag gegebenen, repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts (1002 Teilnehmer) 74 % der Befragten in Nachlassangelegenheiten lieber einen Notar ihres Vertrauens aufsuchen als ein Amtsgericht.

    Ansprechpartner: Dr. Dirk Harders, Pressesprecher,
    Bundesnotarkammer
    Mohrenstr. 34, 10117 Berlin,
    Tel. (030) 38 38 66 0, Fax (030) 38 38 66 66,
    e-mail: bnotk@bnotk.de


  • @ GC :mad:
    Wen interessiert schon, was in Hamburg vor Ort gesagt wird !?
    Maßgebend ist doch, was die Funktionäre/Lobbyisten sagen.
    Das Verhältnis zwischen Rechtspflegern und Richtern vor Ort ist doch in der Regel gut. Man arbeitet nebeneinander/zusammen und kommt sich normalerweise nicht in die Quere.
    Würde die Aufgabenübertragung von den örtlichen Richtern entschieden, gäbs m.E. keine Probleme.
    Anders sieht jedoch die offizielle Meinung der Richter-Funktionäre aus.
    Die gönnen den Rechtspflegern die Margarine auf dem Brot nicht.
    In offiziellen Äußerungen sprechen die Richter doch heute schon von Richtern und den nachgeordneten Beschäftigten, wenn die Arbeit der Amtsgerichte beschrieben wird.
    Schade eigentlich, haben doch beide Berufsgruppen ihr eigenes Profil und somit eine Daseinsberechtigung.

  • Zitat

    So würden nach einer von der Bundesnotarkammer in Auftrag gegebenen, repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts (1002 Teilnehmer) 74 % der Befragten in Nachlassangelegenheiten lieber einen Notar ihres Vertrauens aufsuchen als ein Amtsgericht.


    die verbandsvertreter der rpfl. werden aber weiterhin immer wieder "bürgernähe" rufen. sie meinen damit aber ohnehin wohl nur die räumliche entfernung.

  • Zitat

    So würden nach einer von der Bundesnotarkammer in Auftrag gegebenen, repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts (1002 Teilnehmer) 74 % der Befragten in Nachlassangelegenheiten lieber einen Notar ihres Vertrauens aufsuchen als ein Amtsgericht.


    Ein anderes Ergebnis der Umfrage habe ich auch nicht erwartet. Wenn die Notarkammer eine Umfrage in Auftrag gibt, wird bestimmt nichts Negatives für die Notare dabei rauskommen. Und wenn doch, hätte sie die Ergebnisse nicht veröffentlicht. Hätte der BdR die Umfrage in Auftrag gegeben, wären bestimmt 74 % der Befragten für das Amtsgericht (oder der BdR hätte geschwiegen).

    Bei solchen Umfragen kommt es in aller Regel auf die Fragestellung drauf an. Vielfach wird hier - auch ungewollt - mit Suggestivfragen gearbeitet, um das Ergebnis in die Richtung des Auftraggebers zu lenken.
    Zur Klarstellung: Ich will hier Niemandem im Rahmen der Umfrage unterstellen, dass er mit unlauteren Mitteln gearbeitet hat. Dies alleine schon deshalb, weil mir das Forsa-Institut als seriös bekannt ist. Mich würde nur mal die Fragestellung und die Art und das Umfeld der Befragung interessieren.

  • Meiner Meinung ist das Ergebnis der Befragung bestimmt objektiv, ohne besonder Fragestellung erreicht worden.

    Ist doch klar, dass jemand lieber zu einem "ehrwürdigen" Notar geht als zu einer Behörde, und dann noch zum Amtsgericht. Da werden doch nur Verbrecher eingesperrt.

    Wenn man zufällig nicht selbst am AG arbeiten würde und gefragt werden würde wohin man lieber geht, denke ich dass fast jeder (also 74%) auch den Notar den Vorzug geben würde.

    Denn es wurde ja nicht die Qualität der beiden Bearbeitungsmöglichkeiten dar- und gegenübergestellt.:gruebel:

  • @ Der Neue

    Zitat

    Denn es wurde ja nicht die Qualität der beiden Bearbeitungsmöglichkeiten dar- und gegenübergestellt.:gruebel:


    Bei aller bisherigen Diskussion halte ich die Qualität der notariellen Anträge und der beim AG aufgenommenen Anträge für gleichwertig. In nahezu allen Fällen ist die Erbfolge doch auch unstreitig und auch eindeutig. Und da, wo es wirklich mal schwierig wird, fragen die Richter dann doch wieder den Rechtspfleger, was denn jetzt richtig ist :teufel: .

    Würde man den Befragten die Kostenfolgen vor Augen halten (bald 19% Mwst.), möchte ich wetten, dass sich nahezu jeder fürs AG entscheiden würde (logisch, oder?). Aber wie Du schon selbst festgestellt hast, vor dem Amtsgericht haben viele einfach Angst.

  • :teufel:
    IM
    Forum der bayerischen Rechtspfleger habe ich
    folgenden interessanten Beitrag gefunden:

    Übertragung von Aufgaben des Nachlassgerichts auf Notare

    Positionspapier des Verbandes Bayerischer Rechtspfleger

    Der Verband Bayerischer Rechtspfleger e.V. lehnt die Übertragung von Aufgaben des Nachlassgerichts auf Notare ab, weil

    1. die Mitarbeiter der Nachlassgerichte (Richter, Rechtspfleger und Servicekräfte) diese Aufgaben bisher kompetent, effizient und zügig erledigen. Durch eine Bearbeitung bei den Notariaten ist keine Qualitätssteigerung zu erwarten.
    2. die Bearbeitung der Nachlassverfahren durch die Gerichte äußerst bürgerfreundlich ist. Eine Übertragung der Nachlassverfahren auf Notare wird zu einer deutlichen Verunsicherung insbesondere von älteren Bürgern führen. Von der bereits heute vorhandenen Möglichkeit, Erbscheinsanträge mit eidesstattlicher Versicherung gemäß § 2356 Abs. 2 BGB bei einem Notar zu stellen, machen die bayerischen Bürger bisher nur in Ausnahmefällen Gebrauch.
    3. der rechtsuchende Bürger in Angelegenheiten, in denen über rechtliche Beziehungen, über Ansprüche oder über höchstpersönliche Angelegenheiten mit Wirkung nach außen - wie bei den Nachlassverfahren - entschieden werden soll, die Zuständigkeit eines Gerichts erwartet, das in einem rechtlich geordneten Verfahren eine Entscheidung trifft.
    4. die Übertragung von Nachlassverfahren auf Notare keine Haushaltsentlastung sondern eine Zusatzbelastung für den bayerischen Staatshaushalt darstellt.
    5. eine Verringerung der Staatsausgaben auch durch Aufgabenübertragungen vom Richter auf den Rechtspfleger eintreten könnte. Die gesetzlichen Möglichkeiten dazu liegen bereits vor oder könnten problemlos geschaffen werden.
    6. bei einer Verlagerung der Eingangszuständigkeit auf die Notare der Anfall erbrechtlicher Fälle vor den Streitgerichten aller Instanzen erheblich ansteigen und dadurch eine erhebliche Mehrbelastung für die Streitgerichte und auch für den Staatshaushalt eintreten wird.
    7. die Übertragung der Nachlassverfahren auf die Notare zu keiner Verringerung von Schnittstellen führt.
    8. Zweifel bestehen, dass die Notare alle nachlassgerichtlichen Tätigkeiten, wie z. B. Maßnahmen der Nachlasssicherung, übernehmen können bzw. wollen.
    9. die Nachlassgerichte bereits über eine eingespielte Verfahrensstruktur und eine ausgereifte EDV verfügen, die eine zügige Behandlung der Verfahren gewährleisten.
    10. der Wirtschaftsstandort Deutschland - insbesondere durch die Einführung von Öffnungsklauseln - einen Nachteil erleiden könnte.

    Begründung:

    1. Alle Richter, Rechtspfleger und Servicekräfte des Nachlassgerichts sind hervorragend ausgebildet. Die Arbeit der Nachlassgerichte läuft in der Praxis reibungslos. Sie sind schnell und bürgerfreundlich. Klagen über die Tätigkeit der Nachlassgerichte sind nicht bekannt. Warum soll gerade diese gerichtliche Zuständigkeit zum Gegenstand eines in ihrem Ausgang mindestens fragwürdigen Experiments gemacht werden? So Peter Gummer, Präsident des Bayerischen Obersten Landesgerichts a.D., in "Erneut Große Justizreform - Stellung und Bedeutung der freiwilligen Gerichtsbarkeit am Beispiel des Nachlassgerichts" (Bayer. Rechtspfleger-Kurier, August 2005).
    2. Nachlassgerichte sind in Bayern flächendeckend vorhanden. Das "Nachlassgericht" ist seit 100 Jahren ein stehender Begriff. Die Zuständigkeitsregelung bei Eintritt des Erbfalls ist einfach zu durchschauen und eindeutig geregelt (Gericht des letzten Wohnorts des Verstorbenen) und entspricht dem Gebot des gesetzlichen Richters oder Rechtspflegers, das auch im Falle der Verhinderung des eigentlichen Sachbearbeiters durch eine vorab in einem Geschäftsverteilungsplan festgelegte Vertretungsregelung gewährleistet ist. Demgegenüber müssten Zuständigkeiten bei den Notaren erst kompliziert und für den einzelnen rechtsuchenden Bürger schwer durchschaubar geregelt werden. Eine größere Bürgernähe ist keinesfalls zu erwarten. Spätestens dann, wenn zwei Miterben in verschiedenen Gegenden Bayerns wohnen, ist eine unmittelbare Nähe des Notariats zu allen Beteiligten ausgeschlossen, wogegen das Rechtshilfesystem der bayerischen Nachlassgerichte diese Bürgernähe bisher gewährleisten kann.
      Sehr viele Bürger Bayerns hatten in Nachlasssachen bereits Kontakte zu den Nachlassgerichten. Aus langer Tradition wissen sie, dass sie sich in den oft schweren Tagen nach einem Todesfall an das Nachlassgericht wenden müssen. Dieses würde auch nach einer eventuellen Aufgabenverlagerung auf die Notare für viele Jahre noch erste Kontaktadresse des Bürgers sein. Die Weiterverweisung an ein Notariat, dessen Zuständigkeit eventuell nicht eindeutig und sofort zu ermitteln sein wird, würde zu einer Verunsicherung und Verärgerung der Bevölkerung führen.
      Sollte aufgrund einer Öffnungsklausel die Übertragung der Nachlassverfahren auf die Notare nicht in allen Bundeslängern erfolgen, ist eine weitere Verunsicherung und Verärgerung der Bürger zu erwarten, wenn sich diese bei Todesfällen in anderen Bundesländern weiterhin an ein Nachlassgericht wenden müssen.
    3. Für den rechtsuchenden Bürger ist das Gericht die mit besonderer Unabhängigkeit ausgestattete staatliche Einrichtung, die für die Behandlung und Entscheidung seiner persönlichen und zwischenmenschlichen Konflikte nach den Vorgaben der Gesetze zuständig ist. Der Bürger beauftragt einen Rechtsanwalt, wenn er rechtliche Beratung und die Vertretung seiner rechtlichen Interessen erwartet. Er geht zum Notar, wenn er auf Grund rechtlicher Vorschrift oder eigener Einsicht bei der rechtlichen Gestaltung seiner Angelegenheiten einen sachkundigen und unabhängigen Berater benötigt. Wenn es aber darum geht, dass über rechtliche Beziehungen, über Ansprüche oder in höchstpersönlichen Angelegenheiten mit Wirkung nach außen entschieden werden soll, erwartet der Rechtsuchende die Zuständigkeit eines Gerichts, das in einem rechtlich geordneten Verfahren eine Entscheidung trifft. Dabei unterscheidet der Bürger nicht zwischen Streitgericht und Vormundschaftsgericht, Familiengericht oder Nachlassgericht. Er erwartet vielmehr vom Gericht, dass sein Anliegen dort bearbeitet und ernst genommen wird, dass es unabhängig geprüft und - nach Gewährung von rechtlichem Gehör - in einem objektiven Verfahren verbeschieden wird. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 92 GG mag wesentlich sein, ob die Entscheidung zwischen mehreren Beteiligten verbindlich und der Rechtskraft fähig ist; dem Bürger jedenfalls ist es wichtig, dass sie von einer mit Unabhängigkeit ausgestatteten, zur Objektivität verpflichteten Person mit der Autorität eines Gerichts getroffen wird. Ob eine Erbstreitigkeit durch die Erteilung eines Erbscheins oder ein streitiges Feststellungsurteil entschieden wird, ist dem Bürger eher gleichgültig. Er unterscheidet aber sehr wohl zwischen einer Bestätigung eines Notars über die Erbrechtslage und einer gerichtlichen Entscheidung über diese. Der Bürger erwartet vom Rechtsstaat, dass dieser für die Regelung seiner essentiellen rechtlichen Anliegen gerichtliche Ressourcen bereithält und ihn nicht auf den freien Dienstleistungsmarkt verweist, mögen dort auch fachlich qualifizierte Anbieter vorhanden sein. Es sollte doch zu denken geben, dass die Bereitschaft der Notare im Rahmen der obligatorischen Streitschlichtung gemäß Artikel 15 a EGZPO tätig zu werden, kaum Früchte trägt. Dies liegt doch nicht an fehlender Qualifikation der Notare, sondern daran, dass der Bürger in einem bestimmten Stadium einer rechtlichen Auseinandersetzung das Tätigwerden eines Gerichts erwartet, das Rechtsanwalt oder Notar nicht ersetzen können. Das gilt auch und gerade in Erbschaftsangelegenheiten (Peter Gummer, wie vor).
    4. Bei den Nachlassgerichten besteht eine Kostendeckung, deren Zahlen nach unterschiedlichen Angaben zwischen 135 % und 200 % schwanken, jedoch nie unter 135 % liegen. Dies bedeutet für alle Bundesländer einen jährlichen Gewinn von mindestens 55 Millionen Euro. Dieser Gewinn wird, angesichts eines stetigen Anstiegs der vererbten Vermögenswerte - damit verbunden sind höhere Gebühreneinnahmen - in den nächsten Jahren noch erheblich steigen. Es wäre daher völlig unverständlich, gewinnbringende Gerichtsverfahren abzugeben. Dem steht eine ganze Reihe von gerichtlichen Verfahren gegenüber, die für die Staatskasse absolut belastend weil verlustreich sind, deren Übertragung auf Externe jedoch weder möglich ist, noch diskutiert, noch von Externen angestrebt wird.
      Hinzukommt, dass - selbst bei gleich bleibenden Gebühren - durch den von den Notaren zu erhebenden 16%- oder 19%-igen Mehrwertsteuerzuschlag eine entsprechende 19%-ige Gebührenmehrbelastung für den Bürger eintreten würde. Es scheint dem Bürger nur schwer erklärlich, dass er künftig bei weniger oder maximal gleichem Service 19 % höhere Kosten zu tragen hat. Auch wenn diese Mehrwertsteuereinnahmen letztlich, wenn auch nur teilweise, dem bayerischen Staatshaushalt zufließen, stellt die Aufgabenübertragung indirekt eine, auch politisch zu vertretende, deutliche Gebührenerhöhung dar.
    5. Die als Binnenreform zu bezeichnenden, gesetzlich bereits geschaffenen Mög-lichkeiten könnten ausgeschöpft werden. Insbesondere eine weitere Rechtsprechung und Rechtspflege durch den Rechtspfleger, die nach dem Ersten Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 [1. JuMoG] und dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 21.04.2005 [2. BtÄndG]) möglich sind. Durch das Gesetz über die Übertragung von Rechtspflegeraufgaben auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16.06.2002 können weitere, bisher vom Rechtspfleger wahrgenommene Geschäfte, durch den Urkundsbeamten wahrgenommen werden.
    6. Wir zitieren wörtlich Peter Gummer, Präsidenten des Bayer. Obersten Landesgerichts a.D. (siehe Ziffer 1.):
      "Durch die Verlagerung der Eingangszuständigkeit von den Gerichten weg zu den Notaren würde in die Funktionstüchtigkeit des Erbscheinverfahrens für die sachgerechte Entscheidung streitiger und hochstreitiger Fälle empfindlich eingegriffen. Aufgrund meiner vieljährigen Erfahrung als Vorsitzender des Nachlasssenats des Bayerischen Obersten Landesgerichts wage ich die Prognose, dass der Anfall erbrechtlicher Fälle vor den Streitgerichten aller Instanzen erheblich ansteigen wird, wenn es zur Verlagerung der Eingangszuständigkeiten auf die Notare käme. Denn dies hätte zur Folge, dass sich der Schwerpunkt des Erbscheinverfahrens auf die rasche Erteilung eines amtlichen Ausweises verlagern würde, wie auch sonst Schnelligkeit das legitime Bestreben eines guten Notars ist. Seine Tätigkeit ist deshalb auch nicht auf die Ermittlung eines umstrittenen Sachverhalts - gar noch im Wege des Amtsverfahrens - auf die Erholung von Sachverständigengutachten oder auf sonst umfängliche Beweiserhebungen ausgerichtet.
      Die streitvermeidende und streitschlichtende Funktion der nachlassgerichtlichen Verfahren würde zurücktreten und allenfalls im aufwendigen Rechtsmittelverfahren zum Tragen kommen.. Die Belastungsbilanz für die Aufgabenübertragung trügt daher, wenn man meint, mit der Zuständigkeitsübertragung auf die Notare seien die ordentlichen Gerichte die Erbstreitigkeiten im Wesentlichen los. Umgekehrt wird es kommen".
    7. Das häufig angeführte Argument der Verringerung von Schnittstellen ist in der Regel nicht richtig. In einer sehr großen Zahl von Nachlassverfahren kontaktieren Erblasser und Erbe nur das Gericht und keinen Notar. In Bayern stellen die Erben, wie bereits angeführt, nur äußerst selten notarielle Erbscheinsanträge. Auch die Erbfolge wird in mindestens 95 % der Fälle ohne Erbauseinandersetzung aufgrund eines beim Nachlassgericht gestellten und direkt an das Grundbuchamt weitergeleiteten Antrages durch das Grundbuchamt im Grundbuch berichtigt. Selbst bei Vorliegen einer notariellen Verfügung von Todes wegen hatte der Erblasser diesen Kontakt zu einem Notar oft schon viele Jahre, teilweise Jahrzehnte, vor dem Erbfall. Auch die Auseinandersetzung von vorhandenem Grundbesitz oder der Verkauf von geerbtem Grundbesitz erfolgt durch die Erben häufig erst viele Jahre, teilweise Jahrzehnte, nach dem Erbfall. Von einer Verringerung von Schnittschnellen kann dann nicht mehr gesprochen werden.
    8. Die "sonstigen" nachlassgerichtlichen Tätigkeiten wie z. B. die Nachlasssicherung sind nach unserer Ansicht von den Notaren nur schwer zu bewerkstelligen.
    9. Bei einer Aufgabenübertragung auf die Notare müssen dort die gesetzlichen und tatsächlichen Strukturen einschließlich der EDV-Verfahren erst geschaffen und entwickelt werden.
    10. Das International Institut for Management Development in Lausanne gibt u. a. jedes Jahr eine Rankingliste über Wirtschaftsstandorte in der gesamten Welt heraus. Danach belegt Deutschland als Wirtschaftsstandort Platz 21 (weit hinter den Vereinigten Staaten - 1 -, weit hinter Österreich - 13 -). Die sich u. E. zu Recht aus verschiedenen Einzelfaktoren zusammensetzende Bewertung schließt auch den Standortfaktor Recht ein. (((Vgl. Beise, Standortvorteil Recht, Süddeutsche Zeitung v. 22./ 23.01.2005)
      Das durch diesen Faktor bestimmte Ranking sieht Deutschland, abweichend vom Gesamtergebnis noch an vierter Stelle, hinter Österreich, der Schweiz und Finnland. Hervorgehoben werden u. a. die Rechtssicherheit (z. B. als wichtiges Kriterium in der Standortbeurteilung durch Investoren) und die Unabhängigkeit der Gerichte; Eigentum gilt als bestens geschützt. Aber auch die professionelle Arbeit der Justiz ist anerkannt.
      Diesen Standortvorteil sehen wir durch die Gefahr einer Rechtszersplitterung bei der Einführung einer Öffnungsklausel für die Möglichkeit der Übertragung von Nachlassverfahren auf Notare gefährdet.
  • <<<<<<<Zu der angeblichen Umfrage der Notare ist auch aus dem vorgenannten Beitrag zu zitieren.
    Die Beobachtung ist zutreffend und stimmt mit meinen Erfahrungen in der nachlaßgerichtlichen Praxis überein.
    Die Apotheken und die Notare genießen nämlich hier einen besonderen bestimmten amtsbekannte:D n Ruf
    nämlich teuer zu sein:oops: :teufel:

    Von der bereits heute vorhandenen Möglichkeit, Erbscheinsanträge mit eidesstattlicher Versicherung gemäß § 2356 Abs. 2 BGB bei einem Notar zu stellen, machen die bayerischen Bürger bisher nur in Ausnahmefällen Gebrauch.:daumenrau :daumenrun :daumenrun :daumenrun :daumenrun :daumenrun

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