Geldstrafe im Insolvenzverfahren

  • Hallo, ich habe folgenden Fall,

    der Insolvenzschuldner hat an die StA in Raten eine Geldstrafe zu zahlen,
    was ist jetzt damit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

    Darf er weiter aus seinem unpfändbaren Einkommen zahlen oder gefährdet er damit die Restschuldbefreiung?

    Habe nur einen Aufsatz aus Rpfl 2001, 337, demnacht wäre es keine Beeinträchtigung.

    Hätte aber gerne vorher noch andere Meinungen gehört, vielleicht hat ja auch jemand noch was aktuelleres. :D

    Würde mich über zahlreiche Überlegungen freuen!!!!!

  • Nach § 39 InsO sind Geldstrafen nachrangige Insolvenzforderungen,nach § 302 InsO sind sie aber von der Restschuldbefreiung ausgenommen.
    Ein kleines Conundrum, denn als nachranige Insolvenzforderung darf aus der Masse erst auf die Geldstrafe bezahlt werden, wenn alle § 38 InsO Forderungen beglichen sind. Damit scheiden nach meiner Ansicht Zahlungen im eröffneten Verfahren aus, diese wären anfechtbar.
    Zahlt der Schuldner nun auf die Geldstrafe, dann verstösst er in der Wohlverhaltensphase gegen § 295 I Nr. 4 InsO, da auch die StA mit ihrem Anspruch als Insolvenzgläubiger anzusehen sind.
    Es gibt da noch einen Aufsatz: ZinsO 2005, 140, Rechtsprechung ist mir nicht bekannt und ich hatte so einen Fall konkret noch nicht vor der Nase. Zahlungen des Schuldners würde ich aber nicht einfach so als unbedenklich ansehen.

  • Dem Schuldner bleibt es immer unbenommen Geld, das nicht der Pfändung unterliegt, auszugeben wofür er will.
    Er ist sogar gezwungen das so zu machen, will er nicht eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Die Gläubiger können dagegenn auch nichts einwenden. Er muss sich nur noch mehr einschränken als bisher, das ist alles.

  • Zitat von Capricorn

    Dem Schuldner bleibt es immer unbenommen Geld, das nicht der Pfändung unterliegt, auszugeben wofür er will.



    Eben nicht ganz, sobald er einem seiner Insolvenzgläubiger einen Vorteil verschafft (= Befriedigung) durch Zahlung aus dem pfandfreien Betrag, dann können die anderen Gläubiger zu Recht Einwände erheben und in der Wohlverhaltensphase führt das sogar zu einer Obliegenheitsverletzung und kann in Versagung der Restschuldbefreiung enden.

    In der Systematik der Einordnungen der Forderungen tauchen nun mal auch die Geldstrafen als Insolvenzforderungen, und zwar als nachrangige auf. Der Gesetzgeber hat sich also was dabei gedacht, nicht unbedingt vollständig durchdacht, aber immerhin. Die Einordnung steht fest, die Konsequenzen nicht: muss der Schuldner nun die Ersatzfreiheitsstrafe verbüssen oder besteht durch die Insolvenz ein Vollstreckungshindernis, oder kann der Schuldner sanktionsfrei aus dem pfandfreien Betrag zahlen?

    Wie schon erwähnt, nach der InsO dürfen keine Zahlungen auf die Geldstrafe erfolgen, ausser im vorgesehenen Rang.

  • Ich denke nicht, denn Zwangsgeld ist ja keine Strafe, sondern ein Druckmittel zur Erzwingung einer (ggf. höchst-)persönlichen Handlung, daher sehe ich hier keine Massebeeinträchtigung.
    Auch Vollstreckungsverbote dürften insoweit nicht greifen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Aber die §§ 39, 302 InsO habt ihr schon mal gelesen?
    Da stehen die Sachen nun mal ausdrücklich drin. Wenn der Schuldner der zu erzwingenden Handlung nachkommt, dann ist das ja alles kein Problem, die Frage ist nach der zwangsweisen Beitreibung des Geldes. Und die kann man nun mal in der Insolvenz so nicht durchsetzen.
    Klar, hier gibt es Regelungsbedarf. Den Schuldner kann man ja sonst in der Insolvenz (ausser durch das Insolvenzgericht) zu gar nichts mehr anhalten oder zwangsweise verpflichten.

  • Das Problem ist schon bekannt, nur sind die Vollstreckungsverbote m.E. eben nicht auf diese Fälle von Zwangsgeld gemünzt.

    Rechtsprechung zu Zwangsgeld (leider nicht § 33 FGG):
    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 2. Kammer, AZ: 2 Ta 186/04, Beschluss vom 02.12.2004
    Ist der Arbeitgeber rechtskräftig zur Zeugniserteilung aus einem vor Insolvenzeröffnung beendeten Arbeitsverhältnis verurteilt und wird die Zwangsvollstreckung im laufenden Insolvenzverfahren betrieben, so führt § 89 InsO nicht zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung. Der Arbeitgeber ist vielmehr persönlich zur Zeugniserteilung verpflichtet.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • @ Tommy

    Ich vermute mal, dass bei der von Dir zitierten Entscheidung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma (wahrscheinlich eine GmbH) eröffnet wurde, und dass der Zwangsgeldbeschluss sich gegen den Geschäftsführer richtet. Hier liegt dann aber keine Personenidentität vor, so dass diese Entscheidung nicht das hier erörterte Problem tangiert.

  • @Manfred
    Das könnte natürlich sein. :oops:

    All
    Aber wie sieht´s dann aus, wenn man einfach nach Insolvenzeröffnung ein weiteres Zwangsgeld verhängt? Das ist m.E. dann keine Masseverbindlichkeit, so dass § 90 InsO auch nicht greift. Gerade als Familienrechtspfleger gefällt mir der Gedanke, die Auskünfte im VA-Verfahren oder bei Vermögensverzeichnissen nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen zu könenn gar nicht.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Natürlich gefällt mir die Sache auch nicht so. Gerade die Vollstreckung einer Geldstrafe soll ja Strafe sein und damit auch für den Schuldner spürbar und eine Einschränkung darstellen. Aber ich sehe aus den Vorgaben der InsO keinen anderen Ausweg als den von mir dargestellten.

    Ein neuerlich (nach Insolvenzeröffnung) verhängtes Zwangsgeld fällt auf jeden Fall nicht unter § 39 InsO. Die zwangsweise Durchsetzung des Zwangsgelds durch Beitreibung könnte am § 89 II InsO scheitern. Ich hatte solch einen Fall nicht zu entscheiden und unabhängig von der oben genannten Entscheidung ist für Entscheidung aufgrund Einwendung gegen die Zulässigkeit einer Vollstreckung das Insolvenzgericht zuständig, § 89 III InsO.

    Ich denke, eine Vollstreckung wegen Zwangsgeld, egal ob "alt" oder "neu" wäre einzustellen. Über eine Ersatzfreiheitsstrafe kann das Insolvenzgericht nicht befinden

  • Ich denke, dass der oben zitierten Rechtsprechung zumindest eines entnommen werden kann:

    Persönliche Ansprüche und Verpflichtungen fallen nicht in die Insolvenzmasse. Dieses gilt insbesondere für Familiensachen im FGG-Bereich. Hierzu dürften wohl auch Auskunftsansprüche gehören. Eine Zwangsvollstreckung in die insolvenzfreien Vermögenswerte (falls denn überhaupt welche vorhanden sind) halte ich daher für möglich.

    Was die angesprochenen Auskünfte im VA-Verfahren betrifft, gibt es eine einfache Lösung:

    Im VA-Verfahren gibt es zwei Arten von Auskunftsansprüchen:
    1. Die Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Gericht, nach § 33 FGG mit Zwangsgeld durchsetzbar.
    2. Die Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Verfahrensgegener, mit Auskunftsklage und Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO (Zwangsgeld von der Partei beizutreiben, ersatzweise Zwangshaft) durchsetzbar.

    Sollte das Zwangsgeld nach § 33 FGG (von Amts wegen) nicht vollstreckbar sein, wäre die Akte dem Familienrichter als Vollstreckungsleiter vorzulegen. Dieser kann dann den Verfahrengegner bitten, ein schuldrechtliches Auskunftsverfahren anhängig zu machen. Wenn letztendlich im Rahmen der Vollstreckung eine Zwangshaft durchzusetzen ist, wird es mit der Insolvenz keine Probleme mehr geben.

  • Ich bin immernoch nicht zu einem Ergebnis gekommen, denn ich habe nun 3 verschiedene Meinungen, was zulässig ist und was nicht. :(



    :gruebel: Zahlung aus dem unpfändbaren Betrag möglich, weil es keine Benachteiligung der Gläubiger bedeutet, obwohl es ein Verstoß gegen die Unterlassung von Sonderleistungen ist, da die Vorraussetzung für § 296 Abs. 1 S. 1 InsO eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger ist

    :gruebel: Zahlungen aus dem unpfändbaren Betrag nur mit Einverständnis des Treuhänders und der Insolvenzgläubiger,
    aber was mache ich ganz zu Anfang des Verfahrens, wenn noch keine Gläubiger bekannt sind, weil noch kein Prüfuungstermin war?
    Bei Zahlungen ohne das Einverständnis ist die Restschuldbefreiung auf Antrag zu versagen.

    :gruebel: Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe steht der Insolvenz nicht entgegen, wenn es sich um eine kurze Zeit handelt und dadurch nicht die Erwerbstätigkeit des Schuldners auf der Kippe steht

    :gruebel: Ablehnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe während des Restschuldbefreiungsverfahrens, da die Geldstrafe aus rechtlichen Gründen nicht gezahlt werden kann und somit die Vorraussetzungen zur Anordnung der EFS nicht gegeben sind.
    Das Strafgericht muss die Einstellung derVollstreckung nach § 458 StPO beschließen.
    :konferenz

    :confused: :confused: :confused:

    Was hört sich nun am sinnvollsten an? :gruebel:

  • @Jenny

    Hast Du denn einen konkreten Fall zu entscheiden?

    Übrigens liegt bei Zahlungen entgengen § 295 I Nr. 4 immer auch § 296 I 1 vor. Denn wenn der Schuldner irgendeinem Gläubiger einen Vorteil verschafft, dann kann er das nach der InsO nur mit Geld, was eh der Masse nicht zusteht. Dann hätte er es aber nach § 295 I 4 dem Treuhänder geben müssen und der hätte nur an alle Gläubiger zahlen dürfen nach Quote. Beeinträchtigung also dadurch, das freiwillig gezahltes Geld nicht allen zur Verfügung steht.

  • Der Fall ist der, dass die Staatsanwaltschaft im Gläubigerveizeichnis mit drin steht mit der Bermerkung, dass Raten in höhe von 20,00 € gezahlt werden und diese beibehalten werden sollen. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft den Treuhänder angeschrieben und der möchte nun eine Stellungnahme von mir.:schreiben

    Ich habe mich dafür entschieden, dass er nicht Zahlen darf und auch keine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden darf!


    Muss das jetzt nur noch gut schreiben, damit die Staatsanwaltschaft nicht meckert!:tipptipp

    Trotzdem :dankescho für die Meinungen!!!! :2danke

  • Das Landgericht Deggendorf hält Erzwingungshaft nach dem OwiG für zulässig, auch wenn über das Verfahren des Betroffenen in ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Wir hier in DEG vollstrecken E-Haft weiter.

    Dem VU/Betroffenen bleibt es unbenommen einen, Antrag nach 458 StPO oder 96 OwiG zu stellen.

    Eventeull sollte man es der person nahe legen, damit man selbst §aus dem Schneider" ist.

  • @ Jenny
    Deine grds. Meinung teile ich aufgrund der Gesetzeslage, ich finde die nicht toll, sehe aber gerade keine andere Lösung.

    Die Geldstrafen etc. sind im § 39 als Insolvenzforderungen, somit auch als Insolvenzgläubiger eingestuft. Und diese haben sich nun einmal über den Kamm der Gleichbehandlung, bzw. so wie in der InsO vorgesehen, scheren zu lassen. Und wenn da eine nachrangige Forderung drin ist, dann wird auf diese erst Geld zugeteilt, wenn alle anderen Gläubiger ihr Geld haben.

    Ich denke, hier ist der Gesetzgeber gefordert, oder eine Entscheidung der Obergerichte herbeizuführen. Denn irgendjemand wird sich wohl, egal wie Du entscheidest, beschweren wollen, können oder auch sollen. Halt uns doch mal hier im Forum dazu auf dem laufenden. Evtl. taucht das ganze ja auch in der NZI, ZinsO oder gar :eek: NStZ auf.

  • Auch wenn ich mit dem Thema nichts zu tun habe, finde ich es äußerst interessant. Die grundsätzliche Frage, die sich mir aufdrängt, ist:
    Darf der Schuldner von dem ihm verbleibenden unpfändbaren Betrag Ratenzahlung auf die EFS leisten oder muss er in den Knast?
    Gläubigerbevor bzw. -benachteilung hin und her, aber ist es denn "unredlich", wenn man von seinem unpfändbaren Restbetrag was abzwackt, um nicht ins Gefängnis zu müssen? Eigentlich ja nicht. Es kann ja irgendwo nicht sein, dass die Frage Knast oder nicht vom Inso-Verwalter bzw. Treuhänder entschieden wird.
    Und wie bereits weiter oben ausgeführt haben die Gläubiger u.U. mehr davon, wenn der Schuldner Raten auf die Geldstrafe zahlt statt ins Gefängnis zu gehen und dadurch den Job zu verlieren.
    Ich hab übrigens mal eine Kollegin der hiesigen StA gefragt, die hat gemeint Inso-Eröffnung interessiert sie nicht, die vollstrecken weiter - notfalls auch die EFS. Wobei es auch schon Fälle gab, dass der Schuldner/VU zusätzlich zu seinem normalen Job am Wochenende gemeinnützige Arbeit geleistet hat und dadurch die Geldstrafe abgearbeitet hat.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Genau darum ging es in dem Thread bislang ja, darf/kann/soll/muss der Schuldner aus dem unpfändbaren Betrag auf Geldstrafen o.ä. leisten.
    Und mit der Einordnung einer Geldstrafe als nachrangige Insolvenzforderung und damit Stellung eines Insolvenzgläubigers ist das nicht so einfach und obergerichtlich nicht geklärt. Ich führte bislang aus, der Schuldner dürfe nicht zahlen. Eine zwangsweise Durchsetzung (Zwangsgeld) scheidet wegen Vollstreckungsverbot aus. Konsequenterweise sage ich dann auch: einer Ersatzfreiheitsstrafe steht ein Vollstreckungshindernis entgegen.
    Und insgesamt betrachtet ist hier der Gesetzgeber gefordert.

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