Umfang der Freigabe nach § 850k Abs. 1 ZPO

  • Hallo.

    Folgender Sachverhalt :

    Der (psychisch gestörte) Schuldner beantragt erst Ende Dez. die Freigabe des gepfändeten Einkommens.

    Die Gehälter für die Monate Oktober bis Dezember sind noch fast vollständig auf dem Konto verblieben.

    Aufgrund psychischer Störung (es wächst ihm alles über den Kopf) ist der Schuldner nicht dazu gekommen, die Freigabe des Geldes umgehend zu beantragen. Er wurde von seiner (getrennt lebenden) Frau unterstützt.

    Warum die Bank nicht an den Gläubiger ausgezahlt hat ? Keine Ahnung !

    Jetzt stehe ich vor folgender Frage :

    Ist § 850k Abs. 1 ZPO für alle Gehälter aller Monate, deren Gehaltsbestandteile sich noch auf dem Konto befinden, einzeln anzuwenden oder nur für den letzten Gehaltszeitraum vor Antragstellung ?

    Auch nach Hinzuziehung von Stöber, Forderungspfändung und Zöller, ZPO bin ich nicht wirklich schlauer, als zuvor...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Mag jetzt hart klingen, aber sogar bei Sozialleistungen kann m.E. der vorab freigegebene Betrag das unpfändbare Monatseinkommen nicht übersteigen. Der Rest geht nur mit Zustimmung des Gläubigers. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man einstweilen einstellt und später die Wirkung des endgültigen Beschlusses auf die Rechtskraft abstellt.

  • Also, ich denke,dass das Problem eigentlich durch den Sinn und Zweck der Kontenfreigabe zu lösen sein müsste. :eek:

    Der Schuldner hat natürlich einen Anspruch auf den Teil seines Arbeitseinkommens, der unpfändbar ist. Unpfändbar ist jedoch nur das, was er benötigt um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn der Schuldner (trotz psych. Störung) über die Monate hinaus aber offensichtlich ausreichend Geld zur Verfügung hatte, um zu essen, Kleidung kaufen, Miete zahlen u.s.w. , brauchte er das Geld nicht.
    Egal,ob er Geld borgen musste oder was auf der Kante hatte...
    Der Schuldner hat auch die Pflicht die Forderungen des Gl. zu tilgen.
    Es kann doch sein, dass ein Schuldner monatelang sparsam ist, um dann für 4.000,- Eur in Urlaub zu fahren...


    Also: Ich schränke das immer auf den Monat der letzten Zahlung ein.


    Ciao
    Vossi:cup:

  • Bei der Vorabfreigabe sehe ich das genau so.

    Aber bei der Endentscheidung nach § 850k Abs. 1 ZPO ergibt sich das nicht wirklich ganau aus dem Gesetz und eigentlich war Sinn und Zwecks des § 850k ZPO doch eher die Gleichstellung des Gläubigers, der ein Konto pfändet, mit einem Gläubiger, der direkt beim Arbeitgeber pfändet und aus diesem Sinn heraus müsste mach wieder auf jeden Monat einzeln abstellen - oder ???

    Andererseits hätte der DS (natürlich) schon längst an den Gl. auskehren müssen...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat

    Die Einkünfte müssen die noch laufende Zahlungsperiode betreffen, wie auch Abs. 2 S. 3 zeigt.



    Musielak, 4. Auflage 2005 Rn. 3 zu 850k ZPO aus beck-online.de

  • Ah - so. Ich werde mir den Musielak via beck-online gleich morgen fürh mal ansehen (bezieht sich das Zitat wirklich auf das Verfahren nach Abs 1 (Endentscheidung)?)

    the bishop :kardinal:

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  • Mit "der Rest" meinte ich alles, was über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht. Das gibt es nur mit Zustimmung des Gläubigers. Wenn der Schuldner das Geld nicht verwendet hat, gehört es wohl nicht zu seinem lebensnotwendigen Bedarf. Und die endgültige Entscheidung bezieht sich auf die künftigen Eingänge und das seit Antragstellung einbehaltene Geld (wenn einstweilen eingestellt wurde).

    Leider ist das Recht immer mit den Hellen.

  • Zitat von Erzett

    Mit "der Rest" meinte ich alles, was über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht. Das gibt es nur mit Zustimmung des Gläubigers. Wenn der Schuldner das Geld nicht verwendet hat, gehört es wohl nicht zu seinem lebensnotwendigen Bedarf.



    In § 850k Abs. 1 ZPO steht nichts vom lebensnotwendige Bedarf, dieser ist m.E. nur im Zusammenhang mit der Vorabfreigabe nach §850k Abs. 2 ZPO zu prüfen.

    Der Wortlaut in Abs. 1 lässt m.E. offen, ob sich das eigentliche Verfahren nach § 850k Abs. 1 ZPO nur auf den letzten Gehaltseingang vor Antragstellung oder auch auf die früheren Gehaltseingäge = Zahlungszeiträume beziehen kann.

    Den Musielak habe ich noch nicht zu Rate gezogen.

    Weiteres Problem : Ich habe 2 Paralell-Verfahren, der eine Gläubiger hat sich geäußert und die Abweisung beantragt, der andere nicht. Mittlerweile wurde eine Betreuung "Vermögenssorge, insb. Schuldenregulierung" eingerichtet, aber der Betreuer noch nicht verpflichtet.

    Ich werde wohl den Betreuer in das Verfahren einbinden, damit er eine Chance bekommt, an § 765a ZPO zu denken, wenn ich ihm mitteile, dass ich über § 850k ZPO keine große Erfolgsaussicht hinsichtlich der Freigabe der Gehaltseingänge aus den früheren Zeiträumen sehe...

    the bishop :kardinal:

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  • Hallo, sitze hier ohne jegl. jurist. Literatur, aber eine gaaanz kleine Gehinrzelle meint sich daran erinnern zu können, daß es eine LG ? Entscheidung gibt, die auf dem Girokonto angesparte Sozialleistungen, die nicht abgehoben wurden, für vollständig pfändbar erklärt. Dann dürfte auch zurückliegendes , nicht abgehobenes Einkommen nicht unter den Schutz des § 850k ZPO fallen. Das werde ich mir morgen früh gleich ansehen und die Fundstelle mitteilen, wenn es so war wie oben gesagt.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

    Spendenaufruf

  • In der Tat bezieht sich Musielak im Verfahren nach Abs. 1 auf Abs. 2 S. 3 und sagt, dass sich das Verfahren nach Abs. 1 demzufolge nur auf die laufende Zahlungsperiode bei Antragstellung beziehen kann.

    Nach Musielak, ZPO, Rdn. 7 zu § 850k sind Rücklagen, also angespartes Guthaben voll pfändbar (LG Siegen, JurBüro 1990, 786).

    the bishop :kardinal:

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  • Die zitierte Entscheidung des LG Siegen (4 T 41 / 90), war auch die, die ich gestern in Erinnerung hatte.
    Orientierundssatz aus der Entscheidung:
    "Wenn ein Schuldner aus pfandfreien Rentenbeträgen auf dem Girokonto, auf das diese Beträge überwiesen werden, Rücklagen gebildet hat, so sind diese Rücklagen pfänbar. Durch den entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist lediglich sicherzustellen, dass der pfandfreie Teil der jeweils überwiesenen Sozialleistungen dem Schuldner bis zum nächsten Zahlungstermin verbleibt."

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  • Und also denn habe ich jetzt entsprechend entschieden und schon sind alle Gläubiger, auf die sich mein Antrag bezog, vollständig befriedigt (waren nur Forderungen um die 500,- €) und das Konto müsste somit wieder frei sein...

    the bishop :kardinal:

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