§ 29 III GBO - Siegel oder Stempel?

  • Ich wollt mal eure zwischenzeitlichen Erfahrungen hören, insbesondere von den bayerischen Kollegen.

    Offenbar werden die Erbscheinsausfertigungen mit Computersiegel überwiegend akzeptiert. Denn ich bekomme ständig solche Ausfertigungen eingereicht. Wenn wirklich jeder GB-Rechtspfleger das beanstanden würde, dann würden die Nachlassgerichte doch irgendwann von sich aus ordentliche Ausfertigungen machen.
    Teilweise bekommt man sogar Abschriften von Eröffnungsniederschriften, aus denen sich nicht mal der Name des Urkundsbeamten ergibt, der "maschinell beglaubigt" hat.
    Hab an einen Münchner Notar die Erbscheinsausfertigung zurückgesandt. Es war ein ausführliches Hinweisblatt beigefügt, das insbesondere auf den neuen § 29 Abs. 3 GBO eingeht. Jetzt schickt er es zurück mit dem Hinweis, dass § 29 Abs. 3 GBO geändert wurde. :mad:
    Werd wohl jetzt ne Zwischenverfügung machen. Dann kann er in Beschwerde gehen.

  • Außer bei Kostensachen hab ich noch nie was unter 6 Monaten zurückbekommen. Das ist eigentlich im Normbereich. Es war auch zusätzlich was mit GbR und e.V. und die Frage, ob man im Berichtigungsverfahren überhaupt eine Zwischenverfügung machen kann (bejahend für bestimmte Fälle OLG Hamm, Beschluss vom 12.06.2015 - 15 W 207/15) dabei. Oder sie haben es gleich an den BGH weitergeleitet.

  • An Martin (nur interessehalber) : Hast du soviele Beschwerden?

    Ich beschäftige mich fast nur mit Beschwerden. Zusätzlich habe ich die Beschwerden meiner Kollegen, da sie meine "normale" Arbeit machen müssen.

    Stell dir das Grundbuchamt München vor. Wenn da jeder Rpfl. ein Beschwerdeverfahren im Jahr hat, dann können die schon nach einem Jahr einen genauen Beschwerdeverfahrendauerdurchschnitt errechnen (tatsächlich haben die dort natürlich gar keine Zeit für sowas).

  • Hat jemand zufälligerweie einen aktuellen Demharter? Mit gehts um § 29 Rz. 45. Da steht was zum Anwendungsbereich des Abs. 3 (nur bewirkende Urkunden). Steht da irgendwas zum neuen Satz 2? Hab leider nur die 29. Aufl. und bin gerade am Basteln einer Zwischenverfügung.

    Vielen Dank!

  • Habe ich hinter mir stehen, darf ich hier aber nicht einstellen. ;)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Zum Nachweis der Rechtsnachfolge im Grundbuchverfahren durch einen Erbschein mit einem maschinell aufgedruckten Dienstsiegel eines bayerischen Amtsgerichts.

    OLG München, Beschluss v. 04.07.2019 – 34 Wx 386/18
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-14024?hl=true
    (aus den Gründen: Die Regelung in § 29 Abs. 3 GBO kann bezüglich des Siegels nicht herangezogen werden, da die Vorschrift nur für Ersuchen der Behörde nach § 38 GBO oder Erklärungen gilt, auf Grund derer eine Eintragung vorgenommen werden soll. Der Erbschein dient hingegen dem Antragsteller als Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit nach § 29 Abs. 1 GBO mit § 35 GBO im Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO. ….Besondere Vorschriften zur Erstellung einer Ausfertigung des Erbscheins bestehen nicht, insbesondere ist insofern § 49 BeurkG nicht einschlägig (so allerdings OLG Nürnberg Rpfleger 2018, 621/622). Der Anwendungsbereich des Beurkundungsgesetzes umfasst nach § 1 BeurkG die öffentliche Beurkundung durch den Notar, wie auch anderer Urkundspersonen und sonstiger Stellen in Bezug auf Zeugnisurkunden. Nicht unter das Beurkundungsgesetz fallen danach Eigenerklärungen von Gerichten, wie etwa der Erbschein (vgl. BeckOGK/Gößl, Stand 1.3.2019, BeurkG § 1 Rn. 25)…. Allerdings ergibt sich anderes aus den für den Freistaat Bayern maßgeblichen landesrechtlichen (vgl. Art. 70 Abs. 1 GG) Bestimmungen, insbesondere dem Gesetz über das Wappen des Freistaats Bayern (WappenG) vom 5.6.1950 (GVBl S. 167) und der hierzu aufgrund der Ermächtigung in § 2 Abs. 3 WappenG mit Art. 55 Nr. 2 der Verfassung des Freistaats Bayern (BV) erlassenen Ausführungsverordnung (AVWpG in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.12.1998, GVBl 1999 S. 29). …. Auf diese Bestimmungen über das Dienstsiegel kann für die Entscheidung auch zurückgegriffen werden. Als Rechtsverordnung im Sinne von Art. 98 Satz 4 BV ist § 8 Abs. 4 AVWpG von den Gerichten zu beachten, weil keine Bundesvorschrift - insbesondere auch nicht § 29 Abs. 1 GBO - eine besondere Form vorschreibt und höhere Anforderungen an die Ausführung der Siegelung stellt (anders zum früheren § 29 Abs. 3 GBO Senat vom 24.5.2016, 34 Wx 16/16 in FGPrax 2016, 152/153)…..)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ........., OLG München, Beschluss v. 04.07.2019 – 34 Wx 386/18: "....insbesondere ist insofern § 49 BeurkG nicht einschlägig (so allerdings OLG Nürnberg Rpfleger 2018, 621/622)....."

    Das ist ja fast wie beim Fußball. Nürnberg nur zweitklassig und das OLG München der FC Bayern unter den OLGs.

  • Da zitierst Du aber nicht mich, sondern aus den Gründen des Beschlusses des OLG München vom 04.07.2019, 34 Wx 386/18. Wenn Du mich zitieren willst, müsstest Du auf diese Ausführungen zurückgreifen:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1151329

    „Und eine Ausnahme ist bei der Bestimmung des § 49 Abs. 2 Satz 2 BeurkG genausowenig vorgesehen, wie bei den Bestimmungen der §§ 317 Absatz 4 und 725 ZPO.

    Von der Anwendung der Bestimmung des § 49 Abs. 2 Satz 2 BeurkG auf die Erteilung einer Erbscheinsausfertigung geht das OLG Nürnberg im Beschluss vom 26.07.2018, 12 W 1178/18 aus: „Eine derartige Ausfertigung ist nach allgemeiner Ansicht mit einem Dienstsiegel zu versehen (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 2 BeurkG, Art. 16 Abs. 1 BayAGGVG“

    Allerdings ist diese Ansicht so allgemein nicht. Das DNotI führt z. B. im Gutachten vom 31.12.1998, Änderungs-Datum: 15.01.2008, Abrufnummer: 11048,
    https://www.google.de/search?q=Zul%C…chrome&ie=UTF-8
    aus (Hervorhebung durch mich): „Da die Urschrift des Erbscheins ebenfalls in der Verwahrung des Nachlassgerichts verbleibt, reicht für das Grundbuchverfahren eine Ausfertigung desselben. Dabei wird regelmäßig die Beifügung eines Gerichtssiegels gefordert, wobei allerdings die Rechtsgrundlage streitig ist. Staudinger/Schilken (BGB, 13. Bearb. 1996, Rn. 63 zu § 2353 BGB) will insoweit § 49 BeurkG anwenden, obwohl nach § 1 BeurkG dessen Anwendungsbereich für die Erteilung von Erbscheinsausfertigungen ganz bestimmt nicht eröffnet ist.

    Auch Gößl führt im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.06.2017, § 1 BeurkG RN 25 aus (Unterstreichung durch mich): „Nicht unter das BeurkG fallen demnach Eigenerklärungen von Behörden und Gerichten (zB Umlegungs- und Enteignungsbeschlüsse nach dem BauGB, Erbscheine, Genehmigungserklärungen bzw. Negativzeugnisse usw).

    Geht man jedoch von der Anwendbarkeit des § 49 Abs. 2 Satz 2 BeurkG aus, dann ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb dort ein maschinelles Siegel ausreichen soll, bei §§ 317 Absatz 4 und 725 ZPO hingegen nicht.“

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  • "..... Ausnahmegenehmigung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 23.01.1975, Gz. IA1-87/4,......"

    Wozu so eine interne Dienstanweisung alles gut ist. Hätte der BGH sie gekannt, hätte er sich bestimmt nicht zur Aussage
    "....Dies erscheint allerdings zweifelhaft, weil sich aus der Umschrift „Bayern Amtsgericht“ kein eindeutiger Hinweis auf die Bet. zu 1 ergibt...." hinreißen lassen.

  • "..... Ausnahmegenehmigung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 23.01.1975, Gz. IA1-87/4,......"

    Wozu so eine interne Dienstanweisung alles gut ist. Hätte der BGH sie gekannt, hätte er sich bestimmt nicht zur Aussage
    "....Dies erscheint allerdings zweifelhaft, weil sich aus der Umschrift „Bayern Amtsgericht“ kein eindeutiger Hinweis auf die Bet. zu 1 ergibt...." hinreißen lassen.

    Typisch BGH, schwätzt wieder deppert daher. Gut dass das BayObLG zurück kommt.:strecker

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Mal eine andere Frage:
    Ich hab eine Eintragungsbewilligung einer Behörde, die zwar unterschrieben ist, aber der Unterschrift lediglich der "Firmenstempel" beigedrückt wurde. Aber da auch ein Lageplan beigefügt ist, wurde die obere linke Ecke der beiden Seiten nach vorn umgeknickt, zusammengeheftet und dort ein Siegelabdruck angebracht.
    Die Frage ist nun: muss das Siegel neben der Unterschrift sein? Oder gibt es jemanden, der dies ausreichen lassen würde?

  • Weiter oben bei den Beiträgen 269 - 275 ist eine ähnliche Sache angesprochen. Ähnlich sind auch oben geknickte/zusammengeheftete und manuell gesiegelte not. Testamente mit Eröffnungsniederschriften (inkl. gesiegeltem und unterschriebenem Beglaubigungsvermerk), bei denen dann die Eröffnungsniederschrift den Vermerk "ohne Unterschrift gültig" trägt.

  • Aus dem Beschluss des LG Würzburg vom 09.12.2019, 52 T 1823/19, Randziffern 18 und 20 (juris)

    18 Nach der Vorgabe des § 29 Abs. 3 Satz 2 GBO, der ersichtlich aber nur für das Grundbuchverfahren eine "Öffnungsklausel" darstellt, ist bei einer vorgesehenen Siegelung auch ein maschineller Ab- oder Eindruck eines Dienstsiegels möglich. Allein vor diesem (rechtlichen) Hintergrund können die landesrechtlichen Überlegungen des OLG München Bestand haben - und eine vergleichbare "Öffnungsklausel" im Bundesrecht fehlt für § 725 ZPO nun einmal.

    20 Ohne die Öffnungsklausel des § 29 Abs. 3 Satz 2 GBO wäre selbst eine rein theoretisch sogar in der bayerischen Landesverfassung enthaltene Bestimmung, wonach bayerische Gerichte und Behörden auch Siegelabdrucke anstelle von manuell aufzubringenden Siegeln verwenden dürfen, wegen Verstoßes gegen das Bundesrecht unwirksam. Erst recht könnte es - und kann es im Falle des § 725 ZPO - nicht auf eine im Normenrang noch unter einer Landesverfassung sowie (einfachen) Landesgesetzen stehende Rechtsverordnung, hier von § 8 Abs. 4 der Ausführungsverordnung zu dem Gesetz über die Wappen des Freistaates Bayern (BayGVBl 1999, 29), ankommen, wenn es um einen "Konflikt" zwischen Bundes- und Landesrecht geht.

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  • Aus dem Beschluss des LG Würzburg vom 09.12.2019, 52 T 1823/19, Randziffern 18 und 20 (juris)

    18 Nach der Vorgabe des § 29 Abs. 3 Satz 2 GBO, der ersichtlich aber nur für das Grundbuchverfahren eine "Öffnungsklausel" darstellt, ist bei einer vorgesehenen Siegelung auch ein maschineller Ab- oder Eindruck eines Dienstsiegels möglich. Allein vor diesem (rechtlichen) Hintergrund können die landesrechtlichen Überlegungen des OLG München Bestand haben - und eine vergleichbare "Öffnungsklausel" im Bundesrecht fehlt für § 725 ZPO nun einmal.

    20 Ohne die Öffnungsklausel des § 29 Abs. 3 Satz 2 GBO wäre selbst eine rein theoretisch sogar in der bayerischen Landesverfassung enthaltene Bestimmung, wonach bayerische Gerichte und Behörden auch Siegelabdrucke anstelle von manuell aufzubringenden Siegeln verwenden dürfen, wegen Verstoßes gegen das Bundesrecht unwirksam. Erst recht könnte es - und kann es im Falle des § 725 ZPO - nicht auf eine im Normenrang noch unter einer Landesverfassung sowie (einfachen) Landesgesetzen stehende Rechtsverordnung, hier von § 8 Abs. 4 der Ausführungsverordnung zu dem Gesetz über die Wappen des Freistaates Bayern (BayGVBl 1999, 29), ankommen, wenn es um einen "Konflikt" zwischen Bundes- und Landesrecht geht.

    Hallo,

    ich hätte hierzu eine Nachfrage, irgendwie stehe ich gerade ich auf dem Schlauch:

    Mir liegt eine mit maschinell erzeugtem Siegel ("Bayern Amtsgericht") und Original-Unterschrift versehene Erbscheinsausfertigung vor. Sehe ich das richtig, dass die OLG-München-Entscheidung, nach der das ausreicht, durch die oben zitierte Entscheidung des LG Würzburg dahingehend relativiert wird, dass maschinelle Siegel lediglich bei Behördenersuchen zulässig sind, in meinem Fall also nicht?

  • Ja, das kann man so sehen.

    Allerdings greift der Vorwurf des LG Würzburg, das OLG München habe nicht beachtet, dass nach Art. 31 GG Bundesrecht Landesrecht bricht, nur, wenn davon ausgegangen wird, dass sich die Form der Erbscheinsausfertigung nach der bunderechtlichen Norm des § 49 BeurkG richtet. Die Anwendung der Bestimmung des § 49 Abs. 2 Satz 2 BeurkG hatte das OLG Nürnberg im Beschluss vom 26.07.2018, 12 W 1178/18, Rz. 15 noch mit dem Hinweis auf die „allgemeine Ansicht“ bejaht, das OLG München hingegen verneint.

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