• Ich hänge noch gleich eine Frage hinten dran:

    Habe heute einen solchen Fall auf den Tisch bekommen. Nur hier hat sich das Kind freiwillig zurück in sein Heimatland in Nordafrika begeben. Der Vormund teilt mir mit, dass dies der ausdrückliche Wunsch des Kindes war und beantragt unter Vorlage der Ausreisedokumente die Aufhebung der Vormundschaft.

    Würdet ihr hier nun ermitteln, wo die Familie des Kindes in dessen Heimatland genaut lebt? Oder wie (zumindest bei mir am AG) üblich, den Vormund entlassen und die Vormundschaft aufheben oder bestehen lassen?

  • Kommt das Kind nicht zurück, entlassen wir den Vormund. Die Vormundschaft selbst lassen wir bestehen bis zur Volljährigkeit.

    Ihr seid ja witzig. Eine Vormundschaft ohne Vormund. :wechlach:


    Nach § 1773 BGB wird keine Vormundschaft angeordnet und im zweiten Schritt ein Vormund bestellt. Vielmehr wird -ohne Anordnung einer Vormundschaft- ein Vormund bestellt. Ich glaube man nennt das Einheitsentscheidung.

    Die Folge ist m.E.: Wird der Vormund entlassen gibt es keine Vormundschaft mehr. Es sei denn, es wird ein neuer Vormund bestellt, dann gibt es wieder eine Vormundschaft.

    Wie schon mal gesagt: ich habe mir früher -als ich auch noch für Vormundschaften zuständig war- in solchen Fällen mit Pflegschaften geholfen. Für die gilt § 1918 BGB bzw. § 1919 BGB. Begründen kann man dies: die elterliche Sorge kann auch vom Ausland aus ausgeübt werden. Nach den entsprechenden Internationalen Abkommen wähle ich als Richter das geringere, aber ausreichende Mittel: die Pflegschaft, dort wo sie von Nöten ist. Ich muss ja nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen. Und mit der Pflegschaft in den entsprechenden Aufgabenkreisen kommt der Pfleger genau so weit wie der Vormund. Aber ohne die Probleme mit der Entlassung, wenn das Mündel "abhanden kommt", was ja eigentlich bei einem ordentlichen Vormund nicht passieren dürfte.

    Redet mal mit Euren Richtern. M.E. kann ein Vormund mit Eurer Begründung nicht einfach ohne Bestellung eines neuen Vormunds entlassen werden, blos weil das Mündel abhanden gekommen ist. Die Voraussetzungen des § 1773 BGB, die bei Bestellung des ersten Vormunds vorlagen, liegen im Zeitpunkt der Entlassung ja noch immer vor. Es wäre also sofort ein neuer Vormund zu bestellen. Und zuständig seid Ihr. Bei Euch ist das Vormundschaftsverfahren anhängig.

    Ferner sollte man auch bedenken, dass so lange ein Gericht für die Vormundschaft zuständig ist eigentlich kein weiteres Gericht einen neuen (anderen) Vormund bestellen kann. Sonst hätte man ja ggf. zwei Vormünder, die ggf. nichts voneinander wissen und beide handeln. Das ist doch nicht möglich.

  • Ich hänge noch gleich eine Frage hinten dran: Habe heute einen solchen Fall auf den Tisch bekommen. Nur hier hat sich das Kind freiwillig zurück in sein Heimatland in Nordafrika begeben. Der Vormund teilt mir mit, dass dies der ausdrückliche Wunsch des Kindes war und beantragt unter Vorlage der Ausreisedokumente die Aufhebung der Vormundschaft. Würdet ihr hier nun ermitteln, wo die Familie des Kindes in dessen Heimatland genaut lebt? Oder wie (zumindest bei mir am AG) üblich, den Vormund entlassen und die Vormundschaft aufheben oder bestehen lassen?

    Müst Ihr zur Aufhebung der Vormundschaft feststellen, dass die elterliche Sorge nicht mehr ruht? Das Ruhen der elterlichen Sorge war doch der Grund für die Anordnung der Vormundschaft oder nicht?

    Also müsst ihr wohl oder übel ermitteln. Das schuldet ihr der Rechtsstaatlichkeit.

  • Nach § 1773 BGB wird keine Vormundschaft angeordnet und im zweiten Schritt ein Vormund bestellt. Vielmehr wird -ohne Anordnung einer Vormundschaft- ein Vormund bestellt. Ich glaube man nennt das Einheitsentscheidung.

    Sorry; aber das ist jetzt aber Kappes , was Du uns da verzapfen willst.
    Gem. § 1774 S. 1 BGB wird sehr wohl ( vor der Bestellung des Vormundes ) Vormundschaft angeordnet.
    Eine Einheitsentscheidung gibts nur bei der Betreuerbestellung gem. § 1896 I S. 1 BGB.

  • Ich hänge noch gleich eine Frage hinten dran:

    Habe heute einen solchen Fall auf den Tisch bekommen. Nur hier hat sich das Kind freiwillig zurück in sein Heimatland in Nordafrika begeben. Der Vormund teilt mir mit, dass dies der ausdrückliche Wunsch des Kindes war und beantragt unter Vorlage der Ausreisedokumente die Aufhebung der Vormundschaft.

    Würdet ihr hier nun ermitteln, wo die Familie des Kindes in dessen Heimatland genaut lebt? Oder wie (zumindest bei mir am AG) üblich, den Vormund entlassen und die Vormundschaft aufheben oder bestehen lassen?

    Wenn der Vormund nicht mehr mitteilt, ist eine Aufhebung m.E. nicht möglich:

    Der Vormund muss sich schon entscheiden zwischen:
    Übergabe des Kindes in ein Schutz- und Obhutsverhältnis im Ausland oder Weiterbestehen der Vormundschaft. Solange er Vormund ist, muss er dem Gericht die tatsächlichen Verhältnisse berichten. Eine bloße Absichtserklärung des Mündels reicht nicht.

    Die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen wird ja finanziell subventioniert und durch Institutionen begleitet.
    Die Stories von den Flüchtlingen, die einen Monat nach der freiwilligen Ausreise wieder nach hierhin flüchten, sind nicht erfunden.

  • Verstehe ich jetzt nicht: Wenn das Kind jetzt beispielsweise wieder zurück in seinem Heimatland in Afrika ist, sind die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft doch entfallen. Es geht uns doch nichts an, ob ein Kind aus Afrika bei seinem Aufenthalt im Heimatland einen gesetzlichen Vertreter hat oder nicht.
    Irgendwie muss doch nur glaubhaft gemacht werden, dass das Kind nunmehr wieder ausgereist ist ohne die Absicht zurückzukommen, das sollte doch ausreichen für die Aufhebung der Vormundschaft.


  • Irgendwie muss doch nur glaubhaft gemacht werden, dass das Kind nunmehr wieder ausgereist ist ohne die Absicht zurückzukommen, das sollte doch ausreichen für die Aufhebung der Vormundschaft.

    Dem könnte Palandt Anm. 2 d zu § 1882 BGB entgegenstehen.
    Einen Aufhebungsgrund hier sehe ich derzeit nur

    a.) bei Eintritt oder Wiederaufleben der elterlichen Sorge
    b.) Wegfall des Ruhens der elterlichen Sorge.

  • Nach § 1773 BGB wird keine Vormundschaft angeordnet und im zweiten Schritt ein Vormund bestellt. Vielmehr wird -ohne Anordnung einer Vormundschaft- ein Vormund bestellt. Ich glaube man nennt das Einheitsentscheidung.

    Sorry; aber das ist jetzt aber Kappes , was Du uns da verzapfen willst.
    Gem. § 1774 S. 1 BGB wird sehr wohl ( vor der Bestellung des Vormundes ) Vormundschaft angeordnet.
    Eine Einheitsentscheidung gibts nur bei der Betreuerbestellung gem. § 1896 I S. 1 BGB.

    Ohne Klugscheißen zu wollen:

    Anmerkung zu § 1774 BGB aus Münchner Kommentar (über BeckOnline):
    "Satz 1 stellt klar, dass mit dem Vorliegen eines Rechtsgrunds für die Vormundschaft (§ 1773) diese nicht ipso jure eintritt (Ausnahmen: Amtsvormundschaft nach §§ 1791c, 1751 Abs. 1 S. 2 HS. 1). Es bedarf vielmehr einer konstitutiven Anordnung durch das FamG, mit welcher die Vormundschaft „anhängig“ im Sinne der Verfahrensgesetze wird (vgl. etwa § 99 Abs. 3 S. 1 FamFG. zur Fussnote 1 Andererseits ist die Anordnung nach § 1774 S. 1 von der Bestellung des Vormunds (§ 1789) strikt zu unterscheiden; erst mit der Bestellung selbst beginnen Vertretungsrecht und sonstige Befugnisse des Vormunds. Sinn des § 1774 S. 1 ist es hauptsächlich, das FamG zu Ermittlungen von Amts (§ 26 FamFG) wegen darüber anzuhalten, ob eine Vormundschaft nötig ist, ferner dem Gericht zu ermöglichen, schon vor Bestellung eines Vormunds notwendige Maßnahmen zu treffen (§ 1846). Bei Pflichtverletzung kommt Amtshaftung des Staates in Betracht (Art. 34 GG, § 839 BGB). zur Fussnote 2"

  • Ich sehe hier kein Klugscheißen Deinerseits , sondern nur eine Bestätigung meines ( berechtigten ! ) Einwandes.:)

    Nicht dass hier noch ein Anwärter für die Prüfung was falsches lernt.;)

  • Nach § 1773 BGB wird keine Vormundschaft angeordnet und im zweiten Schritt ein Vormund bestellt. Vielmehr wird -ohne Anordnung einer Vormundschaft- ein Vormund bestellt. Ich glaube man nennt das Einheitsentscheidung.

    Sorry; aber das ist jetzt aber Kappes , was Du uns da verzapfen willst.
    Gem. § 1774 S. 1 BGB wird sehr wohl ( vor der Bestellung des Vormundes ) Vormundschaft angeordnet.
    Eine Einheitsentscheidung gibts nur bei der Betreuerbestellung gem. § 1896 I S. 1 BGB.

    Ohne Klugscheißen zu wollen:

    Anmerkung zu § 1774 BGB aus Münchner Kommentar (über BeckOnline):
    "Satz 1 stellt klar, dass mit dem Vorliegen eines Rechtsgrunds für die Vormundschaft (§ 1773) diese nicht ipso jure eintritt (Ausnahmen: Amtsvormundschaft nach §§ 1791c, 1751 Abs. 1 S. 2 HS. 1). Es bedarf vielmehr einer konstitutiven Anordnung durch das FamG, mit welcher die Vormundschaft „anhängig“ im Sinne der Verfahrensgesetze wird (vgl. etwa § 99 Abs. 3 S. 1 FamFG. zur Fussnote 1 Andererseits ist die Anordnung nach § 1774 S. 1 von der Bestellung des Vormunds (§ 1789) strikt zu unterscheiden; erst mit der Bestellung selbst beginnen Vertretungsrecht und sonstige Befugnisse des Vormunds. Sinn des § 1774 S. 1 ist es hauptsächlich, das FamG zu Ermittlungen von Amts (§ 26 FamFG) wegen darüber anzuhalten, ob eine Vormundschaft nötig ist, ferner dem Gericht zu ermöglichen, schon vor Bestellung eines Vormunds notwendige Maßnahmen zu treffen (§ 1846). Bei Pflichtverletzung kommt Amtshaftung des Staates in Betracht (Art. 34 GG, § 839 BGB). zur Fussnote 2"


    Das bestätigt allerdings nur die Ansicht von Steinkauz, dass es sich eben um keine Einheitsentscheidung handelt.

  • Ich arbeite auch an einem Gericht mit derzeit zahlreichen minderjährigen Flüchtlingen, für welche der Richter Vormundschaft anordnet.

    Die übliche Praxis ist bei uns so, dass wir beim Verschwinden/Absetzen des Kindes zunächst noch 3-4 Monate abwarten, ob das Kind wieder aufgegriffen wird.
    Kommt das Kind nicht zurück, entlassen wir den Vormund. Die Vormundschaft selbst lassen wir bestehen bis zur Volljährigkeit.


    Auf welcher Grundlage soll das denn gehen?

    Wenn eine Vormundschaft angeordnet wurde und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, muss es für den entlassenen Vormund einen Nachfolger im Amt geben!

  • Ich arbeite auch an einem Gericht mit derzeit zahlreichen minderjährigen Flüchtlingen, für welche der Richter Vormundschaft anordnet.

    Die übliche Praxis ist bei uns so, dass wir beim Verschwinden/Absetzen des Kindes zunächst noch 3-4 Monate abwarten, ob das Kind wieder aufgegriffen wird.
    Kommt das Kind nicht zurück, entlassen wir den Vormund. Die Vormundschaft selbst lassen wir bestehen bis zur Volljährigkeit.


    Auf welcher Grundlage soll das denn gehen?

    Wenn eine Vormundschaft angeordnet wurde und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, muss es für den entlassenen Vormund einen Nachfolger im Amt geben!

    Ich habe nicht behauptet, dass es hierfür eine richtige Gesetzesgrundlage gibt. Man kann nur so argumentieren, dass das Kind die Inobhutnahme durch das Jugendamt nicht angenommen hat und sich irgendwo hin abgesetzt hat. Damit braucht das Kind in absehbarer Zeit keinen Vormund in Deutschland.

    Dass das alles sehr schwammig ist, ist mir bewusst.
    Man muss aber auch irgendwo eine Möglichkeit finden, die Vormundschaften zu beenden oder den Vormund zu entlassen. Die Flüchtlinge kommen in den meisten Fällen nicht wieder zurück. Der Vormund hat eigentlich keine Möglichkeit herauszufinden, wo sich die Kinder aufhalten (Ausnahme mein Fall von gestern mit Afrika). Somit kann der Vormund das Kind nicht vertreten. Selbst wenn der Vormund das Kind weiter vertreten möchte, sind ihm da eigentlich die Hände gebunden.

  • Dass das alles sehr schwammig ist, ist mir bewusst.
    Man muss aber auch irgendwo eine Möglichkeit finden, die Vormundschaften zu beenden oder den Vormund zu entlassen.

    Das Finden der Möglichkeiten sollte sich aber auf die gesetzlichen Möglichkeiten beschränken.
    Pragmatismus in allen Ehren.......

  • Eure Probleme sind doch selbstverursacht.

    Ihr habt festgestellt, dass für Eure Flüchtlingskinder die elterliche Sorge ruht, deshalb -nach Steinkauz- Vormundschaft angeordnet und einen Vormund bestellt.

    Wenn ihr nun einen Vormund entlasst -weil dieser nicht mehr Vormund spielen will (ich bin böse, da sich mein Mündel abgesetzt hat, deshalb will ich nicht mehr Vormund sein)- müsst Ihr prüfen, ob die elterliche Sorge immer noch ruht und ihr deshalb einen neuen Vormund bestellen müsst.

    Die Antwort ist vorweggenommen: klar ruht die elterliche Sorge noch immer -so wie Ihr es beschlossen habt-. Die Grundvoraussetzungen für Eure Ruhensfeststellung sind immer noch dieselben. Da will ich mal schauen, wie Ihr feststellt, dass die elterliche Sorge für das Flüchtlingskind -nun allerdings mit unbekanntem Aufenthalt- nicht mehr ruht.

    Wie gesagt: das Problem habt Ihr Euch mit dem Feststellen des Ruhens der elterlichen Sorge selbst gemacht.

    Ich würde diese Ursache mal Euren Richtern mitteilen und sie um Auflösung des gordischen Knotens bitten.

    Ach ja und noch etwas: wieso entlasst Ihr eigentlich Eure Vormünder (Jugendamt). Haben Sie einen Anspruch auf Entlassung, blos weil sich Ihre Mündel verzogen haben? Ich glaube nein. Ansonsten könnt Ihr die Sache ja auch mal obergerlichlich prüfen lassen. Vielleicht sind die Richter beim Landgericht weißer.

  • ... Vielleicht sind die Richter beim Landgericht weißer.

    Sorry, aber ich konnte nicht wiederstehen, weil der zu schön war:

    Mir würde auch ein zwar farbiger aber weiser Richter reichen :D


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    :):) Ich dachte, die Richter beim Landgericht tragen schwarze Roben mit weißen Bindern. :):)

  • Hallo,

    ich habe hier auch etwas ähnliches und wüsste gerne, ob es schon was neues gibt zu dem Thema.

    Mein mdj. Kind ist mit Tante und Onkel eingereist. Die Kindesmutter ist im Ursprungsstaat verblieben, der Kindesvater laut Unterlagen verstorben.

    Durch den Richter wurde Vormundschaft angeordnet und das JA bestellt. Ein Ruhen der elterlichen Sorge wurde nicht festgestellt. Jetzt teilt der Vormund mit, dass das Kind wieder mit Tante und Onkel in den Ursprungsstaat ausgereist ist. Der Vormund will entlassen werden.

    Grundsätzlich würde ich ja einen Beschluss machen, dass die Vormundschaft beendet ist. Aber nachdem ich mir § 99 FamFG zu Gemüte geführt habe, bin ich mir nicht so sicher, ob das so einfach geht.

    Theoretisch ist die Kindesmutter wieder allein sorgeberechtigt, aber so genau weiß ich es nicht. Daher müsste doch geprüft werden, ob das Verfahren in den Ursprungsstaat abgegeben werden kann. Aber hierfür wäre doch der Richter zuständig, oder? Ich bin jetzt den Weg über § 14 Abs. 2 RpflG, § 13a IntFamRVG gegangen. Wie handhabt ihr so etwas?

    LG Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Internationale Zuständigkeiten sind in Gruber, § 5 Vormundschaften und Pflegschaften mit Auslandsbezug, in Oberloskamp, Vormundschaften, Pflegschaften und Beistandschaft für Minderjährige, C.H. Beck, 3. Aufl., S. 90 ff. für mich ganz eingängig erläutert.

    Hier eine aktuellere Quelle des BAfJ, deren IHV ich nur überflogen habe:
    https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/…cationFile&v=10

    Im ersten Schritt wäre festzustellen, welche Vorschriften auf welchen Rechtskreis anzuwenden sind (ohne Gewähr):

    Brüssel IIa-VO: EU ohne Dänemark
    ESÜ: Dänemark, Türkei
    KSÜ (zuvor MSA): Vertragsstaaten, i.W. außerhalb EU
    HKÜ: Vertragsstaaten, gilt teils zusätzlich
    ggf. bilaterale Übereinkommen (Schweiz?)
    §99 FamFG: Übrige Staaten

    Nach Brüssel IIa-VO (der Fall mit Niederlande und Polen) besteht weiterhin die Zuständigkeit des Landes, in dem das Verfahren begonnen wurde ("perpetuatio fori", vgl. Gruber Rn. 22, 29). Allerdings kann eine andere Zuständigkeit unter Umständen vereinbart werden oder eine Verweisung erfolgen (Rn. 24). Die Zuständigkeit entfällt, wenn die sorgeberechtigte Person der Verbringung oder Zurückbehaltung des Kindes zugestimmt hat (Rn. 41), binnen Jahresfrist kein Rückgabeantrag nach HKÜ im neuen Aufenthaltsstaat gestellt oder im vormaligen Aufenthaltsstaat keine Rückgabe gerichtlich angeordnet wurde.

    Hieraus würde ich schließen, dass die Zuständigkeit an die Niederlanden übergangen ist, sofern der VM zulässigerweise zugestimmt hat oder das FamG gegen eine unzulässige Entscheidung des VM nicht innerhalb Jahresfrist wirksam eingeschritten ist (z.B. neuer Vormund beantragt Rückführung nach HKÜ).

    Nach KSÜ könnte die Zuständigkeit allerdings an den neuen Aufenthaltsstaat übergehen. Gruber plädiert für die enge Auslegung der Brüssel IIa-VO und somit die perp. fori auch ggü. KSÜ-Staaten (Rn. 58). Schlimmstenfalls hätte man m.E. eine Zuständigkeitsstreitigkeit zu lösen, die i.d.R. weniger gravierend für das Kind ausfällt, als eine gänzlich fehlende Zuständigkeit, insb. bei Staaten mit schwachen Rechtssystemen.

    Vor diesem Hintergrund erscheint mir die "stillschweigende Aufgabe" der VM doch recht problematisch. Müsste der VM nicht stets versuchen, das Mündel nach HKÜ zurückzuholen, wenn es ausgereist ist, ohne offenkundig bei Sorgeberechtigten unterzukommen? Erst wenn sich in diesem Verfahren herausstellt, dass die Unterbringung dem Wohl des Kindes und den Übereinkommen in rechtlicher Weise entspricht, könnte die Zuständigkeit an den neuen Aufenthaltsstaat abgegeben werden.

  • ...... Aber hierfür wäre doch der Richter zuständig, oder? Ich bin jetzt den Weg über § 14 Abs. 2 RpflG, § 13a IntFamRVG gegangen. Wie handhabt ihr so etwas?

    LG Grottenolm

    Meine Nachfrage hat ergeben, dass hier am Amtsgericht weiterhin alle Fälle dem Familienrichter vorgelegt werden. Bei Einleitung einer Vormundschaft für UMF gibt der Richter in der Regel sofort an den RP ab.

    Danke an Thomas Köln für den Hinweis auf das BAfJ. Den Hinweis könnte Grottenolm an den Vormund weitergeben. Da wird einem schnell und unbürokratische geholfen. Bevor sich bei mir durch den Hinweis aus Köln die Niederlande als Ursprungsland eingraben bitte ich Grottenolm, das tatsächlich "Ursprungsland" zu nennen.

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