Widerspruch gem. § 899 BGB

  • Hallo,

    ich habe am 11.10.2006 eine Auflassungsvormerkung für den Käufer A ins Grundbuch eingetragen (Kaufvertrag hierzu vom 6.10.2006, jedoch ohne Auflassung, Notar bekam Vollmacht, die Parteien bei der Auflassung zu vertreten).

    Die Auflassung wurde am 28.11.2006 beurkundet und am 1.12.2006 beim GBA eingereicht. Die Eintragung des Käufers A als Eigentümer ist bislang im Grundbuch noch nicht vollzogen.

    Am 18.01.2007 erlässt das LG eine einstweilige Vfg. gegen die am 06.10.2006 eingetragene Auflassungsvormerkung, weil der Verkäufer beim Abschluss des Kaufvertrages geschäftsunfähig gewesen sein soll. Aufgrund der einstweiligen Vfg. soll

    a) ein Widerspruch gegen die Eintragung der AV und
    b) eine Vormerkung zur Sicherung eines evtl. Anspruchs des Eigentümers
    auf Rückübertragung des Grundstücks

    eingetragen werden.

    Was passiert jetzt mit der beantragten Auflassung? Sie ist zwar zeitlich vor der einstw. Vfg. eingegangen, aber vollziehen kann ich die jetzt ja wohl kaum mehr ? :(

  • Hier bestehen nun wohl erhebliche Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Verkäufers. Geht man von der Geschäftsunfähigkeit bereits bei Abschluss des Vertrages aus, dann sind dessen Erklärungen im KV wohl nichtig und auch die Auflassungsvollmacht konnte nicht wirksam erteilt werden. Damit läge dann eine schwebend unwirksame Auflassung vor, die von dem Verkäufer bzw. einem berechtigten Vertreter (Betreuer, wirksam Bevollmächtigtem) genehmigt werden muss.

    Ich würde die Vollziehung der Auflassung daher derzeit nicht vollziehen und einen Nachweis über die Geschäftsfähigkeit des Verkäufers zum Zeitpunkt der Vertragsbeurkundung oder eine nachträgliche Genehmigung durch den nun wieder geschäftsfähigen Verkäufer, einen gerichtlich bestellten Betreuer (mit vormg. Genehmigung) oder eines wirksam dazu Bevollmächtigten erfordern.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hier bestehen nun wohl erhebliche Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Verkäufers. Geht man von der Geschäftsunfähigkeit bereits bei Abschluss des Vertrages aus, dann sind dessen Erklärungen im KV wohl nichtig und auch die Auflassungsvollmacht konnte nicht wirksam erteilt werden. Damit läge dann eine schwebend unwirksame Auflassung vor, die von dem Verkäufer bzw. einem berechtigten Vertreter (Betreuer, wirksam Bevollmächtigtem) genehmigt werden muss.

    Ich würde die Vollziehung der Auflassung daher derzeit nicht vollziehen und einen Nachweis über die Geschäftsfähigkeit des Verkäufers zum Zeitpunkt der Vertragsbeurkundung oder eine nachträgliche Genehmigung durch den nachgewiesenermaßen nun wieder geschäftsfähigen Verkäufer, einen gerichtlich bestellten Betreuer (mit vormg. Genehmigung) oder eines wirksam dazu Bevollmächtigten erfordern.


    Wie Ulf (mit der kleinen Ergänzung). Die Antragsreihenfolge spielt hierbei keine Rolle.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es ist unstreitig, dass das GBA hat bei ernsthaften Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Veräußerers durch Zwischenverfügung ein nicht nach § 29 GBO formbedürftiges ärztliches Zeugnis zu verlangen hat, durch welches die bestehenden Zweifel ausgeräumt werden (statt vieler vgl. Demharter § 18 RdNr.3 m.w.N.). Dass solche ernsthaften Zweifel durch die vorliegende einstweilige Verfügung hervorgerufen werden, liegt auf der Hand und bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Dabei bleibt es sich gleich, ob es sich (wie hier) um ein Verfahren nach § 20 GBO handelt, in dessen Rahmen die Wirksamkeit der erklärten Auflassung zu prüfen ist, oder ob ein Verfahren nach § 19 GBO vorliegt, bei welchem die Wirksamkeit der Bewilligung in Frage steht. Die vorliegende Antrag auf Eintragung der Auflassung ist daher mittels Zwischenverfügung zu beanstanden. Dass dieser Antrag vor dem Ersuchen auf Eintragung des Widerspruchs beim GBA eingegangen ist, spielt in Übereinstimmung mit dem Hinweis von Andreas keine Rolle, weil die Geschäftsunfähigkeit des Veräußerers bewirken würde, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Auflassung von Anfang an nicht vorgelegen haben.

    Zu den alternativen Möglichkeiten, das Eintragungshindernis zu beheben, hat Ulf bereits zutreffend in #3 Stellung genommen. Dass die Genehmigung durch einen bereits bestellten oder noch zu bestellenden Betreuer nachgerade unwahrscheinlich ist (irgendein Vertretungsbefugter muss die "Einstweilige" ja erwirkt haben!), ändert nichts daran, dass sie theoretisch denkbar ist.

    Die Eintragung der in der einstweiligen Verfügung angeordneten Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Veräußerers auf Rückübereignung ist allerdings keinesfalls eintragungsfähig. Zum einen ist der Erwerber noch überhaupt nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen (§ 39 GBO!) und zum anderen ist ein Rück"übereignungs"anspruch bei Geschäftsunfähigkeit des Veräußerers begrifflich überhaupt nicht denkbar.

    Zur Eintragung gelangt somit lediglich der Widerspruch gegen die Wirksamkeit der für den Erwerber eingetragenen Vormerkung. Eine Sicherung des Auflassungsantrags nach § 18 Abs.2 GBO ist nicht geboten, weil durch Antrag (Auflassung) und Ersuchen (Widerspruch) nicht dasselbe Recht betroffen wird. Der Antrag betrifft das Eigentum und der Widerspruch die Vormerkung.

    Weitere Überlegungen zum Erwerberschutz erübrigen sich, weil bei fehlender Geschäftsfähigkeit des Veräußerers ohnehin kein gutgläubiger Erwerb in Betracht kommt und die einstweilige Verfügung im Fall der Geschäftsfähigkeit des Veräußerers im Ergebnis ohnehin ins Leere ginge.

  • Vielen Dank für die prompte Beantwortung.

    Über den § 878 BGB war ich schon so weit gekommen, dass die Verfügungsbefugnis des Veräußerers bis zur Eintragung vorliegen muss. Hier fehlte sie ja von Anfang an (Antwort an "Krim".).

    Wenn ich jetzt den Widerspruch gegen die AV des Käufers aufgrund der einstw. Vfg. eintrage, dann muss ich das Ersuchen des Landgerichts auf Eintragung der Vormerkung ja offiziell zurückweisen, oder?

    In dem Ersuchen des Landgerichts, das die gem. § 941 ZPO ans GBA geschickt haben, wird beides beantragt.

  • Entschuldigung, aber mit § 878 BGB hat das nichts zu tun. Es geht im vorliegenden Fall nicht um die nachträglich weggefallene Verfügungsbefugnis, die bis zur Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen muss, sondern um die Geschäftsfähigkeit des Verfügenden, die im Falle ihres Fehlens dazu führt, dass die Erklärung des Verfügenden von Anfang an unwirksam war.

    Ansonsten stimme ich der Einschätzung zu, dass das Ersuchen auf Eintragung der Vormerkung förmlich zurückzuweisen ist. Ich gehe davon aus, dass dem Antragsteller nicht bekannt sein konnte, ob die bereits erklärte Auflassung evtl. noch vor Erlangung der einstweiligen Verfügung zur Eintragung gelangt und dass er daher -ebenso wie das LG- vorsichtshalber zweigleisig gefahren ist. Die Zurückweisung wird nach Sachlage aber niemandem weh tun.

  • Danke. Genau die nunmehr geschaffene Klarheit wolle ich mit meiner Frage erreichen.
    Auf einem anderen Blatt steht natürlich, wie in der Praxis durch ein heute verlangtes ärztliches Zeugnis, Zweifel an der Geschäftsfähigkeit zu einem in der Vergangenheit zurückliegenden Zeitpunkt beiseite geräumt werden können oder wie Geschäftsunfähigkeit zurückliegend konstatiert werden kann. Kommt natürlich auf den Einzelfall an.
    Ja - und dann noch die lichten Momente....
    Im vorliegenden Ausgangsfall frage ich mich aber schon, ob die Zweifel auf Grund der einstw. Verfügung schwerer wiegen, als die Annahme der Geschäftsfähigkeit auf Grund der Tatsache, dass der Notar keine Feststellungen nach § 11 BeurkG getroffen hat.

  • Hallo,

    ich habe einen ähnlichen Fall wie den eingangs geschilderten.

    Auflassungsvormerkung ist eingetragen, der Antrag auf Eigentumsumschreibung (und Zug um Zug Löschung der AV) ist bereits gestellt. Jetzt habe ich eine einstweilige Verfügung bekommen, dass wegen Geschäftsunfähigkeit des Veräußerers ein Widerspruch gegen die AV einzutragen ist.

    Meine Frage betrifft v.a. die Antragsreihenfolge.


    Zur Eintragung gelangt somit lediglich der Widerspruch gegen die Wirksamkeit der für den Erwerber eingetragenen Vormerkung. Eine Sicherung des Auflassungsantrags nach § 18 Abs.2 GBO ist nicht geboten, weil durch Antrag (Auflassung) und Ersuchen (Widerspruch) nicht dasselbe Recht betroffen wird. Der Antrag betrifft das Eigentum und der Widerspruch die Vormerkung.


    Da ja auch die Löschung der AV Zug um Zug mit der Eigentumsumschreibung beantragt ist, wäre insoweit bei mir schon dasselbe Recht betroffen wie von dem Widerspruch (nämlich die AV).

    Müsste ich nun vor dem Widerspruch eine Amtsvormerkung für die Löschung der AV eintragen? Irgendwie kommt mir das aber komisch vor...

  • Der Antrag auf Löschung der AV muss mit der Bewilligung kongruent sein. Und die lautet sicher dahin, dass die Löschung der AV nach Umschreibung des Eigentums bewilligt wird. Also ist der Löschungsantrag von der Umschreibung des Eigentums abhängig. Fraglich ist, ob in solchen Fällen der Antrag überhaupt schon gestellt ist. Die Leitsätze des LG Karlsruhe 11. Zivilkammer, Beschluss vom 16.08.2000, 11 T 275/00 = Rpfleger 2000, 517; lauten:

    „1. Wird neben dem Antrag auf Eigentumsumschreibung auch ein Antrag auf Vollzug der Lastenfreistellung durch Löschung eines noch im Grundbuch eingetragenen Altrechts sowie auf Neueintragung einer Grundschuld gestellt, so liegt kein stillschweigender Vorbehalt iSd GBO § 16 Abs 2 vor. Vielmehr ist das begehrte Rechtsschutzziel dahin auszulegen, dass beide Anträge erst wirksam werden sein sollen, sobald der Eigentumswechsel im Grundbuch antragsgemäß vollzogen ist; insofern handelt es sich um ein echtes Eventualverhältnis (Anschluß BayObLG München, 6. April 1995, 2Z BR 132/94, MittBayNot 1995, 286).
    2. Werden in diesem Falle die Anträge mangels Zahlung eines Kostenvorschusses zurückgewiesen, so entsteht infolge des Eventualverhältnisses nur eine Gebühr für die Zurückweisung des Eigentumsumschreibungsantrags.“

    Auch soll mit der Vormerkung der Rang für die künftige Eintragung erhalten werden (Volmer in Keller/Munzig, Grundbuchrecht – Kommentar, 7. Auflage 2015, § 18 RN 77). Einer Löschung kommt jedoch kein Rangverhältnis zu. Rangfähig sind nur die in Abteilung II oder III des Grundbuchs einzutragenden Belastungen (s. Kohler im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 879 RN 7).

    Eine Vormerkung nach § 18 II GBO kann daher für die Löschung nicht eingetragen werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • :daumenrau:daumenrau:daumenrau

    Danke!!!
    Kam mir ja auch wie gesagt komisch vor mit der Amtsvormerkung, jetzt hab ich eine Begründung zu dem Bauchgefühl, perfekt. :)

  • Hallo zusammen,
    eine Erbengemeinschaft ist Eigentümer. Ein Miterbe übertragt „mit dinglicher Wirkung gem. § 2033 BGB seinen Erbanteil an die übrigen drei Miterben zu gleichen Teilen“.

    Die Eintragung eines Widerspruchs wird bewilligt und beantragt.
    Dass ich – noch nie gehabt – einen Widerspruch nach § 899BGB einzutragen habe, ist mir dank des Forums nun bewusst, aber trage ich als Beteiligungsverhältnis nach § 47 GBO zu Gunsten der 3 übernehmenden Miterben „zu je 1/3 Anteil“ ein? Oder in Erbengemeinschaft, das kann doch eigentlich nicht sein… oder?
    Vielen Dank!!

  • Stelle mir gerade die selbe Frage wie in #12. Wie wurde das damals gelöst?

    Es gibt wohl eine Meinung, die sagt ein für den Widerspruch gilt § 47 GBO nicht, aber ist laut Kommentar nicht die herrschende M.

    In der Bewilligung des Widerspruchs an sich steht keines. Deshalb sind meine Optionen: Eintragen ohne Anteilsverhältnis oder beanstanden.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

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