Bewilligung durch Prozesspfleger in einem gerichtlichen Vergleich

  • Hallo,

    in einem gem. § 278 Abs. 6 ZPO zustandegekommenen Vergleich bewilligt die durch einen Prozesspfleger vertretene Beklagte die teilweise Löschung einer Reallast.

    M.E. benötigt der Prozesspfleger eine gerichtliche Genehmigung nach §§ 1821 Abs. 1 Ziffer 1, 1915 BGB.

    Der Prozesspfleger nimmt die Stellung eines gesetzlichen Vertreters ein (Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. Rn. 9 zu § 57 ZPO; MüKo, ZPO, 2. Aufl. Rn. 19 zu § 57 ZPO). Seine Funktion ist auf den konkreten Prozess beschränkt und er hat grundsätzlich keine außerprozessuale Verfügungsmacht über den Streitgegenstand (Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. Rn. 19 zu § 57 ZPO). Er darf allerdings rechtsgeschäftliche bzw. materiellrechtliche Erklärungen abgeben, die der Rechtsverteidigung dienen und den Prozess durch einen Vergleich beenden (Wieczorek/Schütze a.a.O.).

    Die Bestellung des besonderen gesetzlichen Vertreters nach § 57 ZPO ist ein Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Schneider, MDR 1972, 155). Die Vergütung des Prozesspflegers richtet sich nach den Bestimmungen des Pflegschaftsrechts in den §§ 1915, 1936 BGB (OLG München, MDR 1972, 155). Daher ist auch für die Frage der Verfügungsmacht des Prozesspflegers m.E. das Pflegschaftsrecht anzuwenden und der Pfleger benötigt für eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück eine Genehmigung nach § 1821 Ziffer 1 BGB. Laut Palandt ist § 1915 BGB auch auf Pflegschaften außerhalb des BGB entsprechend anwendbar (Rn 1 zu § 1915).

    Liege ich eurer Meinung nach richtig und welches Gericht ist für die Erteilung der Genehmigung zuständig?

  • Ohne dazu jetzt irgendwas nachzulesen:

    Deine Ausführungen klingen plausibel und ich würde hier daher auch eine Genehmigung fordern.

    Ich habe aber keine Ahnung, wer das zu genehmigen hat. Evtl. Vormundschaftsgericht??

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Nach Erman/Holzhauer (Vorbem. zu § 1909 RdNr.15) sind die Pflegschaftsvorschriften des BGB auf die Prozesspflegschaft der ZPO nicht anwendbar, weil eine gesetzliche Verweisung (wie etwa in § 16 VwVfG) auf die Pflegschaftsvorschriften fehlt und die Anwendung der Normen des BGB nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Prozesspflegschaft nicht geboten ist. Die Wirksamkeit der Handlungen des Prozesspflegers folgt nach Holzhauer vielmehr bereits aus dem durch das Zivilgericht hoheitlich begründeten Geschäftsbesorgungsverhältnis. Der Umfang der Vertretungsmacht ist in entsprechender Anwendung des § 81 ZPO zu bestimmen (LG Hamburg FamRZ 1996, 173).

    Im Erman (a.a.O. RdNr.16) findet sich übrigens eine hilfreiche tabellarische Aufstellung über die außerhalb des BGB geregelten Pflegschaften und pflegschaftsähnlichen Erscheinungsformen und die jeweilige (Nicht)Anwendbarkeit der einschlägigen Vorschriften des BGB.

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