"Verschärfte" Anwendung des § 850 b ZPO im Insolvenzverfahren ?

  • Das sind Dinge, die durch die allgemeinen Vorschriften der ZPO für eine Vielzahl von Fällen Anwendung finden müssen. Wenn es auch unglücklich ist, dass davon zugleich Leistungen betroffen sind, die diesen Pfändungsschutz sinnvoller Weise nicht genießen sollten.

    Man muss immer davon ausgehen, dass es eigentlich unpfändbare Bezüge sind, die unter bestimmten Voraussetzungen (bedingt) gepfändet werden können. Die Pfändung stellt also eine Ausnahme dar. Wobei diese Vorschrift (unpfändbar) schon die Ausnahme von der Ausnahme ist.

    Als Ausnahme (unter Interessenabwägung) sind diese Forderungen nicht für alle Gläubiger pfändbar sondern nur für die, deren Interessen über denen des Schuldners stehen. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass es von vielen Rechtspflegern nicht so eng gesehen wird. Ich bekomme ja auch nur die Fälle mit, bei denen mit AE zusammengerechnet wird.

    Es erscheint mir aber schon sinnvoll, dass die eigentlich unter § 850b ZPO fallenden Leistungen nicht für alle pfändbar sein können. Das würde ja bedeuten, dass bei einem Schuldner, der z.B. 10 Gläubiger hat, die Vorschrift über die Interessenabwägung absoluter Blödsinn wäre, wenn nur ein Gläubiger mit ggfs. geringer Forderung diese Voraussetzung erfüllen würde. Nutznießer wären (fast) ausschließlich die anderen Gläubiger, die nicht nur von ihrer Anzahl sondern auch von der Summe ihrer Forderungen her weit überwiegen würden.

    Eine ähnliche Vorschrift enthält § 850f Abs. 1 ZPO zugunsten des Schuldners. Auch hier findet eine Interessenabwägung statt. Nur, hier käme niemand auf den Gedanken, das in Frage zu stellen wenn der unpfändbare Betrag erhöht würde.

    Auch bei der ZV selbst ist das eine unbefriedigende Lösung. Ist zugunsten des Schuldners in der erstrangigen ZV ein Beschluss erlassen worde, dann gilt der nur für diese Pfändung. Aber die nachfolgenden Gläubiger erhalten deswegen nicht die dadurch unpfändbaren Teile (die für ihre Pfändungen ja nicht unpfändbar erklärt worden sind). Das würde lt. Stöber dem Sinn und Zweck des Beschlusse wiedersprechen. Letztlich fällt durch den Beschluss über die Erhöhung der unpfändbaren Beträge in der ersten Pfändung dann ungewollt auch eine Entscheidung für nachfolgende Gläubiger ohne deren Interessen zu berücksichtigen. Erst nach Wegfall der ersten Pfändung wird es zu einer Interessenabwägung mit dem nächsten Gläubiger kommen.

  • @ Hego:
    Wie Du richtig schreibst, ist § 850 b II ZPO die Ausnahme von der Ausnahme! Wie kann ich mir aber darüber Gedanken machen, wenn die Ausnahme mangels Zitat in § 36 gar keine Anwendung findet?
    M.E. hätte der Gesetzgeber, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass Du Deinen Erörterungen zugrunde legst, in § 36 InsO sagen müssen: Die §§ ...., 850 b Abs. 1, .... finden in der Inso Anwendung. Dann könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass der Gesetzgeber im Insolvenzverfahren die Pfändung dieser Einkünfte nicht wollte, da es hier keine Einzelfallentscheidung geben kann. So lautet aber § 36 nicht.

    Dahingestellt will ich mal sein lassen, ob in Bezug auf die Höhe der pfandfreien Beträge und der Möglichkeiten, bei besonderem Bedarf höhere pfandfreie Beträge zu erreichen, der § 850 b ZPO noch zeitgemäß ist. Die meisten der dort zitierten Einkünfte stellen doch nur eine Sicherung des Existenzminimums dar. (Ausnahme z.B. die rechtsgeschäftliche Rente meines Schuldners, die einen pfändbaren Betrag von irgendwo zw. 700 und 1200 € monatlich ermöglicht. Aber auch ihm will ich gerne bei besonderem Bedarf aufgrund seiner Behinderungen mehr pfandfrei belassen)

  • Über Dein Argument mit der Erwähnung in § 36 InsO hab ich mir natürlich auch Gedanken gemacht. Du hast natürlich recht. Das hatte ich (und vermutlich auch viele andere) nicht bedacht.

    Es wäre vielleicht klarer in dem § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO den § 850b Abs. 1 ZPO mit zu benennen. Damit wäre dann insofern Klarheit, dass diese Beträge unpfändbar sind und Abs. 2 und 3 keine Anwendung finden.

    Aber dann kann man wieder in Wortglauberei verfallen.

    § 850b Abs. 1 heißt ja: Unfändbar sind...

    Und im § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO geht es um die Vorschriften die die Pfändung für AE und sonstige Bezüge einschränken (§ 850 ff ZPO). Dann muss man zurück zum Satz 1. Im § 850b gibt es ja nichts einzuschränken, die sind ja schon unpfändbar. Lediglich die Unpfändbarkeit kann für bestimmte Gläubiger aufgehoben werden (Abs. 2, 3). Warum soll man das in der InsO noch zusätzlich zum Ausdruck bringen???????

    Würde man § 850b in den § 36 rein bringen, dann müsste man das auf Absatz 1 beschränken. Und das wieder wäre nicht nötig, weil darin ja schon klar steht, dass es unpfändbar ist....

    Da kann man sich im Kreis drehen...

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