Pfändung in Leistung nach § 1940 BGB

  • Wir haben gerade eine interessante Diskussion:

    Der Erblasser hat durch Testament die Erben zu einer monatlichen Leistung (bis zu einem Höchstbetrag, der dem eigentlichen Erbe entspricht) an einen Dritten verpflichtet und die Dauertestamentsvollstreckung verfügt um die Zwangsvollstreckung gegen den verschuldeten Dritten zu umgehen.

    Dabei handelt es sich um eine "Auflage" nach § 1940 BGB.

    Die Frage ist nun, ob dieser Anspruch pfändbar ist?

    Der Einwan der Erben, die montliche Zahlung liege unterhalb des unpfändbaren Grundbetrages ist meiner Meinung nach unbeachtlich, da es sich hier weder um AE noch um Zahlungen geht, für die die pfändungsrechtlichen Vorschriften für AE anzuwenden wären.

  • Ich glaube, dass die Fragestellung zunächst einmal im Unterforum Nachlass besser aufgehoben wäre.

    Im MüKo steht bei § 2194 BGB u.a. folgendes:
    "Für die Auflage kennzeichnend ist, dass dem Begünstigten ... kein Anspruch auf die Leistung zusteht." Anderswo steht aber, dass er auf Leistung klagen kann??? Keine Ahnung!

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Da es um die Frage der Pfändbarkeit geht, gehört der Thread m.E. in den Zwangsvollstreckungsbereich ...

    Hier wird sich kaum ein Nachlasskollege mit der Pfändbarkeit von angeblichen Ansprüchen aus Auflagen auskennen.

    Warum sollten die sich aus dem Testament des am ... in ... verstorbenen ... vom ... ergebenden angeblichen Zahlungsansprüche des Schuldners gegen den Nachlass, vertreten durch den TV, nicht grundsätzlich pfändbar sein ?

    Ich würde den Pfüb so durchgehen lassen. Und wenn er ins Leere geht ... so what ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Nun ja, die Auflage ist m.E. ein sehr eigenes Rechtsinstrument und der Ausgangspost eine eher theoretische Betrachtung.

    Um dies vernünftig bewerten zu können, muss man aus materiellrechtlicher Sicht feststellen, wie das eigentliche Wesen der Auflage ist und was damit möglich ist und was nicht.
    Was meint z.B. die Aussage, dass der Berechtigte keinen Anspruch auf Leistung hat aber darauf klagen kann? Führt dies dazu, dass der Nichtanspruch auch nicht pfändbar ist.

    Nur zu sagen: mach halt mal einen PfÜB und wenn der ins Leere geht, dann Pöff gehöfft ist mir ein bisschen zu einfach und zu kurz gegriffen. Ich denke (nach wie vor) nicht, dass wir diese Problematik alleine aus Vollstreckungssicht geklärt bekommen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Danke ihr beiden Moderatoren:huldigen:

    Es ist schon eine eigenartige Sache, dass der Begünstigte in dem Sinne keine Forderung hat, die er geltend machen könnte. Andererseits hat der gute Verblichene die TV verfügt, dass der TV die Angelegenheit überwacht.

    Der einzige Grund ist der, dass dem verschuldeten Begünstigten nichts gepfändet werden kann. Deswegen wurde die monatliche Auszahlung auch an die Höhe der jeweils pfändbaren Beträge geknüpft. Das wird jetzt auch (wie geschrieben) geltend gemacht. Aber dieses Argument zieht meiner Meinung nach nicht, da es kein Fall des § 850b ZPO ist.

    Alles in allem ist der zuständige RPfl. auch nicht so von der Erinnerung der Erben überzeugt und hat um Rücknahme gebeten, da sie sonst kostenpflichtig zurückgewiesen wird. Der TV ist sich auch nicht sicher.

    Zusatzfrage: Darf der TV jetzt nur in den monatlichen Raten aufgrund der Pfändung auszahlen, die auch der Begünstigte erhalten hätte, oder das volle Restguthaben. Eigentlich handelt es sich dabei um den eigenen Erbteil, der halt nur in Höhe des monatlich pfändbaren Betrages ausgezahlt werden darf.

    Es kann doch nicht Sinn der Vorschrift sein das eigentliche Erbe an den Gläubigern vorbeizumogeln.

    Es gibt auch eine Vorschrift, wonach dieser Betrag nicht auf einen Träger der Sozialhilfe übergeleitet werden kann. Der kann aber dann den Pflichtteil geltend machen.....

  • Da dürfte es auf die Fälligkeit des (nicht tatsächlich bestehenden ;) ) Anspruchs ankommen, die sich aus der Formulierung in Testament ergeben müsste.

    Steht da, dass monatlich die unpfändbaren Beträge auszuzahlen sind, so dürfte es sich um eine monatliche Rente handeln; stirbt der Schuldner bald : Pech für den Gläubiger. Der Schuldner hätte die Erbschaft auch ausschlagen können (bei laufender Ausschlagungsfrist) - dann würde der Gl. ebenfalls leer ausgehen. Ebenso kann er m.E. nicht gezwungen werden, den Pflichtteil geltend zu machen. Bei zu erwartender Pfändung des Anspruchs ist die Motivation zur Geltendmachung zumeist eher gering...

    Wenn es in Bezug auf den Wortlaut des Testaments keine unpfändbaren Beträge gibt, dann könnte man m.E. auch zu dem Ergebnis kommen, dass der monatliche Zahlbetrag null beträgt.

    Welche Ansprüche wurden denn gepfändet und wie lautet die letztwillige Verfügung in Bezug auf die gepfändete Leistung ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Die unpfändbaren Beträge sind schon über die Tabelle bestimmbar die er erhalten soll. Das heißt für mich ja nur in welcher Höhe monatlich zu zahlen ist. Dass es tatsächlich eine Zahlung ist, die nicht als unpfändbar zu qualifizieren ist weil §§ 850ff ZPO nicht anzuwenden ist hat damit meiner Meinung nach nichts zu tun.

    Die Verfügung ist sehr kompliziert. Wie bereits gesagt hatte die Aktion nur den Grund die Gläubiger von die Wand sausen zu lassen. Er könnte ja in die InsO gehen, aber wir vermuten, dass er noch irgendwo im Ausland Immobilien hat. Er hält sich auch sehr viel im Ausland auf. Versuche den GV mit der eV zu beauftragen sind alle fehlgeschlagen weil er selbst sagt, dass er sich eigentlich so gut wie nie unter der angegebenen Anschrift aufhält.

  • § 1940 BGB bestimmt den Begriff der Auflage einerseits dahin, dass sie die Auferlegung der Verpflichtung zu einer Leistung ist, aus ihr anderseits aber niemandem ein Recht auf Leistung erwächst (das ist der Unterschied zum Vermächtnis). Dementsprechend ist dem Auflagebegünstigten in § 2194 BGB auch kein Anspruch auf Vollziehung der Auflage zuerkannt. Da der Auflagebegünstigte somit keinen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beschwerten hat, folgt daraus zwangsläufig, dass die Rechtsposition des Auflagebegünstigten weder übertragbar, verpfändbar oder pfändbar ist (Staudinger/Otte § 2192 RdNr.13; unrichtig daher Lange/Kuchinke § 30 III 2). Eine Pfändung nach § 857 Abs.1 ZPO würde nämlich voraussetzen, dass der Begünstigte als Schuldner einen Anspruch gegen den Beschwerten als Drittschuldner hat, was bei der Auflage aber aus den genannten Gründen nicht der Fall ist. Der Zwangsvollstreckung von seiten der Gläubiger des Begünstigten unterliegt daher nur eine vom Beschwerten tatsächlich an den Begünstigten erbrachte und in dessen Vermögen gelangte Leistung.

    Als nächstes ist zu prüfen, ob die vorgenannte grundsätzliche Pfändbarkeit der in das Vermögen des Auflagenbegünstigten gelangten Leistungen wegen des Eigengläubigervollstreckungsverbots des § 2214 BGB durch das Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers ausgeschlossen ist. Das ist nach meiner Auffassung schon deshalb zu verneinen, weil die Testamentsvollstreckung nur den Erben (oder nach § 2223 BGB auch einen Vermächtnisnehmer) im Sinne der vom TV vorzunehmenden Vollziehung der Auflage aus dem Nachlass (bzw. aus dem Vermächtnisgegenstand) beschränkt und eine TV zu Lasten des Auflagebegünstigten im Sinne einer Dauerverwaltungs-TV über die erhalten Auflageleistungen vom Gesetz nicht vorgesehen und daher nicht möglich ist (arg. § 2223 BGB, wonach bereits ausnahmsweise kraft gesetzlicher Anordnung eine Vermächtnis-TV für zulässig erklärt ist und diese Ausnahme daher nicht auch noch zusätzlich im Wege der Analogie auf eine Auflagen-TV erstreckt werden kann). Damit unterliegen nach meinem Dafürhalten (nur) die vom Auflagebegünstigten zu seinem Vermögen vereinnahmten Leistungen dem Zugriff seiner Gläubiger, nicht aber die künftigen Leistungen, die vom Auflageverpflichteten noch nicht erbracht wurden.

    Damit ist die vorliegende Problematik aber noch nicht abschließend erörtert. Denn wenn es -so der Sachverhalt- der Wille des Erblassers war, den Eigengläubigerzugriff auf die Auflageleistungen in jedem Falle auszuschließen, dann dürfte die Auslegung bzw. Umdeutung -bei insoweit misslungener oder unwirksamer Erblasseranordnung- ergeben, dass die letztwilligen Verfügungen des Erblassers in dem Sinne bei Bestand bleiben, dass der Auflagenbegünstigte in Wahrheit Vermächtnisnehmer ist und der TV nicht zum Dauerauflagen-TV, sondern zum Dauervermächtnis-TV i.S. des § 2223 BGB ernannt wurde, der die monatlichen Vermächtnisleistungen für den Vermächtnisnehmer verwaltet und sie dadurch wegen § 2214 BGB dem Zugriff der Eigengläubiger des Vermächtnisnehmers entzieht.

    Damit hätten wir im Ergebnis einen Vermächtnisanspruch, der zwar grundsätzlich pfändbar wäre, aber infolge der angeordneten Vermächtnis-TV wegen § 2214 BGB dennoch dem vollstreckungsrechtlichen Zugriff der Eigengläubiger des Vermächtnisnehmers entzogen ist.

  • Der Erblasser war jedenfalls verdammt gut beraten. Die Konstruktion kann man möglicherweise auch für das sog. Behindertentestament übernehmen :gruebel:
    Ärgerlich natürlich, wenn im Ausland noch Vermögen schlummert, an das die Gläubiger nicht drankommen.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Meines Erachtens war der Erblasser schlecht beraten, weil er ansonsten nicht den untauglichen Weg über die Auflage gewählt hätte. Und dass Eigengläubiger des Erben weder in den vom TV verwalteten Nachlass (2214 BGB) noch in Nachlassgegenstände vollstrecken können, die einer Nacherbfolge unterliegen (§ 2115 BGB), ist auch nichts sonderlich Neues.

  • Wieso schlecht beraten? Er hat doch sein Ziel erreicht, das Erbe vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Das geht natürlich nur, wenn TV und Erben die Auflage erfüllen wollen. Davon gehe ich aus, dass so etwas vorher abgesprochen war.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Wie bereits in #8 ausgeführt wurde, ist die Anordnung einer Auflage nicht geeignet, den Vollstreckungszugriff der Eigengläubiger des Auflagebegünstigten auf die einzelnen zum Vermögen des Auflagebegünstigten vereinnahmten Leistungen zu verhindern. Auch wenn sich dieser Vollstreckungszugriff schwierig gestalten mag, so ist er doch immerhin möglich. Durch die Vermächtnislösung hätte dagegen selbst der Zugriff auf die einzelnen Leistungen verhindert werden können, weil sie vom TV verwaltet und für den Vermächtnisnehmer verwendet werden. Völlig "krisensicher" ist die Auflagen-Lösung demzufolge nicht.

    Eine Beratung ist für mich nur dann eine gute Beratung, wenn sie keine Hintertürchen offen lässt, es sei denn, sie wären bedacht und in Kauf genommen worden.

  • Hey juris2112, vielen Dank für die ausführlichen Ausführungen, die muss ich jetzt erst mal mit meinem Kollegen und einem guten Tässchen Kaffee besprechen.

  • @ juris2112 : Stimmt, hatte ich zu kurz gedacht

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Guten Tag,
    ich habe zu einem ähnlichen Fall ein paar Fragen:

    Durch notarielles Testament wurde der Schuldner und eine weitere Person als Miterben zu je 1/2 eingesetzt.
    Die Erben wurden durch Auflage gemäß § 1940 BGB verpflichtet, eine selbstständige, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts zu errichten, mit einem Grundstockvermögen i.H. des Nachlasses (abzgl. Nachlassverbindlichkeiten, etc.).
    Die Erben haben die Erbschaft angenommen.
    Zum Nachlass gehört ein Bankkonto. Als Kontoinhaber sind beide Erben aufgeführt (keine Erbengemeinschaft). Bei dem Konto handelt es sich um ein UND-Konto.
    Das Konto wurde durch einen Pfüb gepfändet. Auch hat die Bank bereits erste Zahlungen an die Gläubigerpartei geleistet.

    Der Schuldner trägt nun vor, dass die Pfändung aufzuheben sei, weil er und der weitere Miterbe über dieses Konto nicht verfügen können. Dieses dient lediglich der Stiftung. Die Stiftung ist bislang nicht errichtet, weil die Erben bei der Stiftungsgründung bislang nicht mitwirkten.

    --> Ist der Einwand des Schuldners (Erinnerung) zu beachten und die Pfändung hinsichtlich dieses Kontos aufzuheben? Was wäre mit dem bereits an die Gläuigerpartei ausgezahlten Betrages?

    Vielen Dank!

  • Der Einwand des Schuldners führt nicht zu einer Begründetheit der Erinnerung.

    Es handelt sich derzeit um kein Konto der Stiftung. Dass es irgendwann auf diese übergehen soll/te, spielt im Rahmen des § 766 ZPO überhaupt keine Rolle.
    Zudem werden ja immer angebliche Forderungen des Schuldners gepfändet, eine Prüfung ob diese bestehen, erfolgt nicht.

  • Danke!
    Ist der Einwand, es handelt sich um ein Und-Konto, und der Schuldner kann ohne den anderen Miterben nicht verfügen, zu beachten? Ein Und-Konto dürfte der Pfändbarkeit nicht entgegenstehen?
    Gibt es irgendwelche Rspr. im Bezug auf die Auflage zur Stiftungsgründung?

  • Eigentümer des Kontos sind offensichtlich die Erben in erbengemeinschaftlicher Bindung. Da nach §2033 II BGB der Miterbe nicht über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügen kann, ist eine Pfändung in einzelne Nachlassgegenstände nach §859 II ZPO ausgeschlossen.
    Pfändbar ist nur der Erbanteil als solcher.

    Der PfÜB ist daher m.E. auf die Erinnerung hin aufzuheben.

  • Eigentümer des Kontos sind offensichtlich die Erben in erbengemeinschaftlicher Bindung. Da nach §2033 II BGB der Miterbe nicht über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügen kann, ist eine Pfändung in einzelne Nachlassgegenstände nach §859 II ZPO ausgeschlossen.
    Pfändbar ist nur der Erbanteil als solcher.

    Der PfÜB ist daher m.E. auf die Erinnerung hin aufzuheben.

    Dem Fragebeitrag #15 ist zu entnehmen:

    Zitat

    Als Kontoinhaber sind beide Erben aufgeführt (keine Erbengemeinschaft)

    Vielleicht haben sich die Erben auch schon auseinandergesetzt und sind jetzt tatsächlich "ganz normal" beide Inhaber des Und-Kontos?

    Muss ich das tatsächlich im Rahmen einer Erinnerung prüfen? Was müssten denn d. Erbe als Nachweis beibringen, dass Inhaber des Kontos noch die Erbengemeinschaft ist?

    So offensichtlich wie du finde ich die Konstellation jedenfalls nicht.

  • Dem Fragebeitrag #15 ist zu entnehmen:

    Zitat

    Als Kontoinhaber sind beide Erben aufgeführt (keine Erbengemeinschaft)


    Die Erbengemeinschaft ist als solche nicht rechtsfähig. Inhaber sind daher selbstredend die Erben. Die erbengemeinschaftliche Bindung wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass es nunmehr ein Und-Konto ist. Das ist gesetzliche Folge des Erbfalls.

    Vielleicht haben sich die Erben auch schon auseinandergesetzt und sind jetzt tatsächlich "ganz normal" beide Inhaber des Und-Kontos?


    Das ist natürlich theoretisch möglich, aber vorliegend m.E. abwegig.
    Für eine Auseinandersetzung gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

    Ich muss aber noch ergänzen, dass der PfüB natürlich nur insoweit aufgehoben werden kann, soweit er sich auf Konten bezieht die in den Nachlass fallen. Der Schuldner könnte ja noch weitere Konten bei der Bank haben.

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