notarielles Testament - Vorerbschaft

  • Ich habe folgendes Problem. :gruebel:

    „Kurz“ gefasst: es liegt ein notarielles Testament vor in dem der Erblasser A seine Kinder B, C und D zu Erben zu gleichen Teilen einsetzt. A verfügt folgende Teilungsanordnung: B, C und D erhalten bestimmte Grundstücke.
    B soll bezüglich seines Grundstückes Vorerbe sein. Nacherben sind seine minderjährige Kinder.
    Die Erben setzen sich nun auseinander und beantragen die Umschreibung im Grundbuch.

    Da die Beschränkung der Vorerbschaft auf einen einzelnen Gegenstand unzulässig ist, muss die Vorerbenstellung dahingehend ausgelegt werden, dass B Vorerbe bzgl. eines Bruchteils an seinem Erbanteil ist, der dem Verhältnis des Grundstückswertes zu dem übrigen Nachlass entspricht. Diese Ermittlung in tatsächlicher Hinsicht kann das Grundbuchamt m.E. aber nicht machen.

    Meine Frage ist nun, brauche ich einen Erbschein? Oder reicht es mir, dass B Vorerbe ist und ich trage nur an seinem Grundstück den Nacherbenvermerk ein?
    Beeinflusst die unbestimmte Quote der Nacherbenstellung die Wirksamkeit des Testaments? Reicht mir dieses noch als Eintragungsgrundlage aus?

    HILFE!!!:eek:

  • Die Einsetzung eines Nacherben hinsichtlich eines einzelnen Nachlassgegenstandes ist -was eigentlich auch ein Notar wissen sollte(!)- unzulässig, vgl. Palandt, BGB, 61. Aufl., Rdnr. 2 zu § 2100 BGB. Zulässig ist allerdings die Anordnung der NE nur hinsichtlich eines Bruchteils des dem (Vor-)Erben zugewandten Erbteils, Palandt a.a.O.
    Nach dem Sachverhalt wurden die drei Kinder zu gleichen Teilen, mithin je zu 1/3, als Erben eingesetzt. Das Testament könnte daher nun dahingehend auszulegen sein, dass der B in Höhe des Anteils, den das ihm zugewandte Grundstück im Verhältnis zu 1/3 der gesamten Erbmasse (also im Verhältnis zu seinem Erbteil) hat, Vorerbe, im übrigen unbeschränkter Vollerbe sein soll. Heißt also z.B. bei einer Gesamtmasse von 1,2 Mio. betrüge der Erbteil des B 400.000,-. Betrüge der Grundstückswert des ihm zugewandten Grundstücks nun z.B. 200.000,-, ergäbe sich, dass der B zur Hälfte Vor- und zur anderen Hälfte Vollerbe wäre. Für das GB-Verfahren würde dies bedeuten, dass hinsichtlich aller Grundstücke die Beschränkungen des § 2113 BGB zu beachten wären und die potenziellen Nacherben bei der Auseinandersetzung zu deren Wirksamkeit mitwirken müssten. Eine Auseinandersetzung ohne Mitwirkung der NE wäre m.E. hier nicht wirksam möglich.
    Ich bin allerdings der Meinung, dass zunächst zu ermitteln wäre, ob die o.g. Auslegung dem tatsächlichen Willen des Erblassers entspricht, da sie letztlich nicht zu dem vom Erblasser offenbar gewünschten Ergebnis führt. Insofern wären eine Menge tatsächlicher Fragen zu beantworten und zu überprüfen, insbesondere zum Wert der Erbschaft insgesamt sowie zum Wert der einzelnen Grundstücke. Solche tatsächlichen Ermittlungen sind jedoch dem GBA verwehrt, sie sind dem NL-Gericht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens vorbehalten. Ich würde daher zunächst Vorlage eines Erbscheins verlangen.


  • Da die Beschränkung der Vorerbschaft auf einen einzelnen Gegenstand unzulässig ist, muss die Vorerbenstellung dahingehend ausgelegt werden, dass B Vorerbe bzgl. eines Bruchteils an seinem Erbanteil ist, der dem Verhältnis des Grundstückswertes zu dem übrigen Nachlass entspricht. Diese Ermittlung in tatsächlicher Hinsicht kann das Grundbuchamt m.E. aber nicht machen.


    Ob so eine Anordnung möglich ist oder nicht, kann ich nicht sagen.

    Aber ich stimme insoweit zu, als dass dann tatsächliche Ermittlungen an Anhörungen usw. nötig wären und somit m.E. ein Erbschein verlangt werden kann.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ja, aber was würde den ein Erbschein nachweisen?
    Doch nur, in welcher Höhe die Nacherbfolge an dem Anteil des B angeordnet ist. Interessiert mich das?

    Bei der Ausführung der TAO müssen die Nacherben eh nicht mitwirken (vgl. Schöner/Stöber Rn. 3483). Und der Nacherbenvermerk wird auch sowieso nur bei Bs Grundstück eingetragen werden.

    Berührt die Unklarheit über die Quote der Nacherbschaft den Rest des Testaments?

  • Meiner Ansicht nach ist ein Erbschein nicht erforderlich, da der Nachweis der Erbfolge gemäß § 35 Abs 1 S 2 GBO geführt werden kann.
    Etwaige Unklarheiten über die Quote hindern den Grundbuchvollzug nicht, da nicht die Quote, sondern nur die Person des Rechtsinhabers maßgeblich ist.
    Überdies wirken alle Beteiligten mit (Erben, Vorerben, Nacherben).
    Dass grundsätzlich die Beschränkung der Nacherbfolge auf ein Grundstück problematisch ist, haben bereits thorsten und Anna ausgeführt.
    Das BayObLG war 1965 (= BayObLGZ 1965, Seite 465 = Beschluss vom 17.12.1965, Az. BReg. 1 a Z 70/65) jedoch zugleich der Ansicht, dass in einem solchen Fall der Erbschein wie folgt zu lauten habe:
    "Bezüglich eines X-tel des Nachlasses ist Nacherbfolge angeordnet. Das Recht der Nacherben erstreckt sich nur auf das Anwesen..", womit wir wieder beim notariellen Testament wären.

  • Und wie lautet dann die GB-Eintragung? Wie oder worauf soll der NE-Vermerk eingetragen werden, wenn man die Quote nicht kennt?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der Nacherbenvermerk wird hier ohnehin nur am ganzen Grundstück des B eingetragen, vgl. Ausgangssachverhalt, eine Quote spielt hier keine Rolle.
    B wird als Alleineigentümer eingetragen, zugleich vAw der Nacherbenvermerk.

  • Ich würde bzgl. des Grundstücks des B einfach einen Nacherbenvermerk eintragen, ohne Quoten. Ich habe da keine Bedenken.
    Selbst wenn ein Erbschein erteilt werden würde, in dem es hieße, B ist Erbe zu 1/3 bzgl. eines 1/6 Anteils ist er Vorerbe, würde ich schlicht eintragen: Es ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind...

    Ach ja, die Nacherben wirken nicht mit! Ich gehe davon aus, dass deren Zustimmung nicht erforderlich ist.

  • Sohn B ist für seinen Erbteil Vorerbe, wobei der Erblasser zulässigerweise angeordnet hat, dass er alles, was ihm bei der Erbauseinandersetzung außer dem Grundstück noch weiter zufällt, als Vorausvermächtnis und damit frei von der Nacherbfolge erhält (§ 2110 Abs.2 BGB). Auf diesem zulässigen Wege wird faktisch die Beschränkung der Nacherbfolge auf einen einzelnen Nachlassgegenstand erreicht.

    Bei der Erbauseinandersetzung brauchen die Nacherben nicht zustimmen, weil sie in Ausführung einer Erblasseranordnung erfolgt und das Recht der Nacherben daher nicht i.S. des § 2113 Abs.1 BGB beeinträchtigt sein kann. Das dem B im Wege der Erbauseinandersetzung aufgelassene Grundstück ist Surrogat seines Erbteils i.S. des § 2111 BGB, sodass es voll der angeordneten Nacherbfolge unterliegt.

    Damit ist die Nacherbfolge nach § 35 GBO durch das vorliegende notarielle Testament ordnungsgemäß nachgewiesen. Erfolgt die Eintragung des B ohne Voreintragung der Erbfolge (§ 40 Abs.1 GBO), so ist gleichzeitig mit der Eigentümereintragung des B der Nacherbenvermerk einzutragen (§ 51 GBO).

    Für die Frage, wer zum Nacherben berufen ist, bedarf das Testament aber unter Umständen der Auslegung. Sollen nur die bereits vorhandenen Kinder des B Nacherben sein (mit Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB), sollen evtl. nachgeborene Kinder zusammen mit den bereits vorhandenen gleichmäßig bedacht sein oder ist für die Bestimmung der Persönlichkeit der Nacherben auf den Zeitpunkt des Nacherbfalls abzustellen? Je nachdem, welche Alternative zum Zuge kommt, ist der Nacherbenvermerk inhaltlich anders zu formulieren.

  • Ich glaube, dass ist kein Problem. Die Nacherben sind zwar als Kinder des B bezeichnet, trotzdem namentlich erwähnt. Bzgl. des Zeitpunkts der Nacherbfolge greift § 2106 BGB.

  • Ich meinte nicht den Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfalls, sondern ob für die Frage, wer Nacherbe ist, auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls abgestellt sein könnte (Nacherben = Abkömmlinge des Vorerben im Zeitpunkt des Nacherbfalls).

  • ;) Wusste ich doch.

    Trotzdem denke ich, dass das keinProblem ist. Wortlaut des Testaments ist: Nacherben sind seine Kinder E und F.

  • Also Nacherben E und F samt Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB.

    Ich habe es allerdings auch schon erlebt, dass ein noch in jungen Jahren zum Vorerben Berufener noch weitere Kinder mit dem gleichen Ehepartner in die Welt setzte und dann der Streit losging, ob nach dem Willen des Erblassers nicht alle (also auch nachgeborene) Abkömmlinge des Vorerben zu gleichen Anteilen als Nacherben berufen sein sollten. Und sind wir ehrlich: So abwegig ist der Gedanke nicht.

  • Ich muss das Thema nochmal aufwärmen.

    Ich habe folgenden Fall:

    Erblasser E ist vor mehreren Jahren verstorben und hat ein notarielles Testament hinterlassen. Er setzte seine Ehefrau B und die Söhne C und D als Erben je zu 1/3 ein. In diesem Teil des Testaments ist von Vor- oder Nacherbfolge nicht die Rede. Jeder der Erben erhält (ausdrücklich ohne Anrechnung auf den Erbteil) Sparvermögen und Bilder usw. als Vorausvermächtnis. Ansonsten ist angeordnet:
    "Ich erlasse folgende Teilungsanordnung: Meine Ehefrau B erhält als befreite Vorerbin die Grundstücke 1, 2, 3, 4, 5. Nacherbe bei ihrem Tod ist Sohn C."
    Das Testament enthält auch eine Grundstückszuweisung an die Söhne C und D als nicht befreite Vorerben. Nacherbe hier ist der Enkel F.

    B, C und D haben sich dann auseinandergesetzt. B hat zum Alleineigentum "mein" Grundstück 3 erhalten (die anderen sind Gott sein Dank nicht in meinem Bezirk). Auf Bewilligung der Beteiligten wurde auch ein Nacherbenvermerk zu Gunsten von C eingetragen. Eine Voreintragung der Erben war nicht erfolgt. Mein Vorgänger hatte hinsichtlich der Eintragung offenbar keinerlei Bedenken.

    Nunmehr ist auch B verstorben und C beantragt unter Vorlage der Sterbeurkunde unter Bezugnahme auf den Nacherbenvermerk die Umschreibung des Grundstücks auf sich.
    Testament mit Eröffnungsprotokoll habe ich in einer anderen Akte vorliegen.

    Was mache ich jetzt damit?

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Nunmehr ist auch B verstorben und C beantragt unter Vorlage der Sterbeurkunde unter Bezugnahme auf den Nacherbenvermerk die Umschreibung des Grundstücks auf sich.
    Testament mit Eröffnungsprotokoll habe ich in einer anderen Akte vorliegen.

    Was mache ich jetzt damit?


    Hallo,

    meine spontane Antwort aus dem "Bauch heraus": Dem Antrag stattgeben.


    Gruß HansD

  • Mit dem Vollzug der Teilungsanordnung ("Auseinandersetzung") hat B das Grundstück erhalten (und ist demnach auch an ihm eingetragen worden), und der Nacherbenvermerk ist im Wege der Berichtigungsbewilligung an ihm eingetragen worden (wobei es der Bewilligung wohl nicht unbedingt bedurft hätte, sie aber klarstellend sicher nicht schadete), weil sich das Recht des Nacherben in diesem Falle auch am auseinandergesetzten Gegenstand als Surrogat fortsetzt.

    Somit ist - wie ich es sehe - die Eintragung ohne "Voreintragung der Erben" im vorliegenden Falle rechtmäßig erfolgt. (Ob sich dein Vorgänger tatsächlich etwas gedacht, ist eine andere Frage.)

    Für die nunmehrige Eintragung des Nacherben als Rechtsnachfolger des urspünglichen Erblassers genügt in der Tat das seinerzeitige öffentliche Testament mit Eröffnungsniederschrift (aufgrund welcher Unterlagen ja bereits das Erbrecht des Vorerben nachgewiesen worden ist) nebst dem (geführten) Nachweis in der Form des § 29 GBO, dass der Nacherbfall eingetreten ist (Schöner/Stöber Rn. 3525a).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich hatte darin ein Problem gesehen, dass die Anordnung einer Vor-/ Nacherbschaft für einzelne Nachlaßgegenstände nicht möglich ist, eine Vorerbschaft der B also nur hinsichtlich des Anteils am Nachlaß besteht, der dem Wert der Grundstücke im Vergleich zum Rest des Nachlasses entspricht.

    Sehe ich Probleme, wo gar keine sind?

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Hmmm... aber zulässig ist ja die Anordnung verschiedener Nacherbfolgen nach Stämmen oder Anteilen. Diese Anordnungen bleiben dann nach Auseinandersetzung bezüglich des nur noch betroffenen Stammes/Anteils am jeweiligen Surrogat bestehen und werden im übrigen nicht mehr eingetragen. Aufgrund der eindeutigen Aussage, dass an den Surrogaten die Nacherbfolgen bestehen sollen, wäre das Testament wohl in der Tat dahin auszulegen, dass die Nacherbfolge jeweils am jeweiligen Erbteil besteht. Erst im zweiten Schritt kommt dann die Auseinandersetzung und die jeweilige Einschränkung des jeweiligen Nacherbenvermerks auf den jeweiligen Stamm (übrigens ziemlich automatisch, Fundstellen kann ich suchen und liefern). Aber nachdem die Erbengemeinschaft nicht und dafür sogleich der jeweilige Erwerber eingetragen wurde, wurde dann sogleich das Endergebnis eingetragen. Die Ursprungsfrage, wieweit eigentlich der Erbteil betroffen wäre, hat sich damit für den Kollegen praktischerweise gar nicht gestellt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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