Betreuerwechsel - und dann?

  • Jetzt hat mir ein Mensch, der zur Betreuung ganze Bücher veröffentlicht hat, ja schön viel zum Betreuerwechsel erzählt, aber Handfestes hab ich noch nix:

    Betreuerwechsel fand mit Wirkung vom 01.01.2006 statt, von einem Ehrenamtler auf einen Berufsbetreuer. Was würdet ihr sagen, wie der Betreuer abrechnen kann? Wenn ich mich streng nach dem Gesetz richte, wäre nur die Zeit der berufsmäßig geführten Betreuung hier zu betrachten. Oder gibt es hierzu andere Meinungen?

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Nein sehe ich genauso, steht auch so im neuen Handbuch. Die Zeit der ehrenamtlichen Betreuung ist nicht mitzurechnen. Der Berufsbetreuer kann so abrechnen, als ob es die erste Anordnung wäre. Allerdings ist diese Auffassung strittig, also warten wir die Rechtsprechung ab.
    Gibt ja auch bald eine Fortbildung zum neuen Vergütungsrecht. Markus, sehen wir uns da?

  • Da bin ich anderer Meinung, und es gibt auch schon Rechtsprtechung dazu (LG Koblenz, Beschluss vom 15.12.2005 - 2 T 881/05). Es ist auf den Beginn der Betreuung abzustellen, nicht auf den Übernahmezeitpunkt.

  • kann mich manfred nur anschließen. maßgeblich ist der zeitpunkt der erstmaligen betreuungsanordnung.
    wenn also z.B. 2000 angeordnet wurde, dann ist der berufsbetreuer in der letzten stufe der pauschale.

    entscheidung hierzu kann ich noch nicht anbieten, hab hier aber grad eine beschwerde beim LG, weil ein betreuer die stunden aus der ersten stufe wollte.

  • Bei uns gibt es auch noch keine Rechtsprechung dazu, unsere Betreuer glauben uns fast alles was wir sagen und rechnen auch dementsprechend ab, :D .

    Aber ich sehe es auch so, dass es auf die erstmalige Anordnung der Betreuung ankommt, und nicht auf die Bestellung des Betreuers.

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  • Aber ich hab da vom Verständnis her ein Problem ( aus dem Bauch raus würde ich dieser Rechtsprechung nicht folgen ):Ich würde doch damit dem Berufsbetreuer zur Last legen, dass er erst Jahre nach einem Ehrenamtler bestellt wurde. Ich bin der Ansicht, ich kann die Zeit des Ehrenamtes nicht auf die berufsmäßige Führung anrechnen, denn dann würde ich doch den Ehrenamtler dem Berufsbetreuer faktisch gleich stellen.Zum Anderen rein praktisch: oft muss doch der Berufsbetreuer den Mist wegräumen, den manche Ehrenamtler hinterlassen ( nein, ich bin kein Lobbyist ! ). Im Zweifel wär ich dann sogar für ne Einzelfallentscheidung...ist schon blöd, dass hier jeder LG-Bezirk selber wurschteln kann...

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  • :guckstduh Guckst Du im neuen Deinert/Lütgens ich glaube Randnummer 286 oder 289. Da steht es drin, dass bei Betreuerwechsel Ehrenamt-> Berufsbetreuer der Berufsbetreuer in der 1. Stufe abrechnen kann. Anders beim Wechsel Berufsbetreuer -> Berufsbetreuer dann tritt dieser natürlich in die bereits vorliegenden Betreuungsvoraussetzungen ein.

  • das mag ja im kommentar stehen, aber meines erachtens stimmt es trotzdem nicht, weil es den sinn der pauschalierung unterläuft.

    es mag ja durchaus sein, dass der berufsberteuer oft den "mist" der ehrenamtler aufräumen muß. aber ein solcher evtl. mehraufwand in einem einzelfall wird durch die normale pauschalierung erfasst.

    berufsbetreuer haben ja rglm. viele betreuungen, in denen die eine mehr, die andere weniger arbeit macht.
    somit wird durch die pauschale, die im manchen fällen höher ist als der tatsächliche aufwand auch die mehrarbeit in anderen, aufwändigeren verfahren abgegolten.
    deshalb wir auch eine evtl. mehrarbeit auf grund von "äufraumarbeiten" durch die pauschale berücksichtigt.

    es ist ja auch nicht immer so, dass ein berufsbetreuer bestellt wird, weil der ehrenamtler schlampert. oft ist es ja auch so, dass z.B. ein ehegatte den anderen betreut, aber dann irgendwann wegen eigener, meistens altersbedingter gebrechen nicht mehr kann. so jemand wird dem berufsbetreuer aber zumeist ein "ordentliches haus" übergeben, will heißen, der berufsbetreuer hat nur wenig arbeit.

    für einzelfallentscheidungen, also eine unterscheidung danach, ob tatsächlich mehrarbeit für den berufsbetreuer anfällt sehe ich keinen raum, weil dann die pauschalierung ad absurdum geführt, oder zumindest teilweise unterlaufen wird. auch ist so eine unterscheidung gesetzlich in keiner weise vorgesehen.

  • Aus der Begründung der Entscheidung des LG Koblenz:

    Sie findet Bestätigung in den Gesetzesmaterialien zu dem Entwurf des Betreuungsrechtsänderungsgesetz – BtÄndG, BT-Drucks. 15/2494, S. 34. Dort heißt es zu § 1908 m BGB (Sonderfälle der Betreuung):
    Betreuerwechsel:
    Aus den oben dargestellten Gründen enthält der Entwurf im Fall eines Betreuerwechsels keine Ausnahme von dem vorgeschlagenen Pauschalierungsmodell. Der mit einem Betreuerwechsel regelmäßige einhergehende Mehrbedarf ist in den vom ISG erhobenen Zahlen enthalten.
    Maßgebend für die Anwendung der Pauschalen ist daher die erstmalige Bestellung eines Betreuers. Dies soll auch dann gelten, wenn es sich hierbei um einen ehrenamtlichen Betreuer handelt und später ein Berufsbetreuer bestellt wird. Geschieht dies z.B. im 3. Jahr einer Betreuung, kann der Berufsbetreuer nur die Pauschale für den Zeitraum ab dem 2 Jahr beanspruchen.

    Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es keine Ausnahmen geben.

  • Zu meinem Beitrag Nummer 7
    :guckstduh Deinert/Lütgens 4. Auflage nicht Randnummer 289 sondern Seite 289 ab Randnummer 1432. Hier wird genau die gegenteilige Auffassung von Manfred vertreten und ich passe mich dieser an, solange der Revisor es nicht anders sieht. Entgegen der Auffassung von Lucky Strike, finde ich es nicht so häufig, das der Wechsel von Ehrenamt zu Berufsbetreuung aufgrund Gebrechlichkeit des Betreuers zurückzuführen ist. Meines Erachtens sind es eher Fälle, wo der Ehrenamtler mit der Betreuung bzw. dem "Papierkram" überfordert ist und es letztendlich schon zur Vollstreckung von Zwangsgeld kommt.

  • @ Anja

    Deine Auffassung erscheint ja auch logisch und nachvollziehbar. Die gegenteilige Auffassung ist aber auch gut begründet. Ich rate unseren Betreuern, die Sache bis vors OLG zu bringen.

  • Wenn man sich die aktuelle Rechtsprechungsübersicht von Herrn Deinert betrachtet, so ist schon wieder ein endloser vergütungsrechtlicher Streit entstanden, der diesmal darum geht, ob ein an die Stelle eines ehrenamtlichen Betreuers tretender Berufsbetreuer bei den Stundenansätzen "von vorne" zu zählen beginnen kann oder ob für die Zahl der vergütungsfähigen Stunden auf die erstmalige Anordnung der Betreuung abzustellen ist.

    Meines Erachtens kann die Antwort nur lauten, dass dem Berufsbetreuer die seit der Anordnung der Betreuung vergangene Zeit nicht zum vergütungsrechtlichen Nachteil angerechnet werden darf. Dies dürfte sich schon aus § 5 Abs. 5 VBVG ergeben, der allgemein voraussetzt, dass schon bisher ein Berufsbetreuer tätig war. Entscheidend ist aber, dass das VBVG ja überhaupt nur für Berufsbetreuer gilt und daher erst mit der im Rahmen des Betreuerwechsels erfolgenden Bestellung des Berufsbetreuers anwendbar wird. Wenn das Gesetz aber vorher nicht anwendbar war, so ist es schon begrifflich ausgeschlossen, dass der frühere ehrenamtliche Betreuer irgendwelche Zeiten zu Lasten des Berufsbetreuers "verbrauchen" kann. Damit kann es für die Anwendung von § 5 VGVG nur auf den Zeitpunkt der Bestellung des Berufsbetreuers ankommen.

    Manfred meint dagegen, das Gesetz lasse keine Ausnahmen zu. Wird damit nicht unterstellt, was es erst zu prüfen gilt, nämlich ob die Norm überhaupt auf die fragliche Fallgestaltung anwendbar ist?

    Im übrigen ist das neue Vergütungsrecht ohnehin ein einziger gesetzgeberischer Missgriff. Was soll ein Berufsbetreuer mit den gesetzlichen Stundenpauschalen und Stundensätzen anfangen, wenn er mit mindestens zehnstündigem Zeitaufwand pro Woche ein Millionenvermögen des Betroffenen zu verwalten hat? Und wie soll es zugehen, dass sich der dem Berufsbetreuer verbleibende Nettobetrag mit einer (demnächst anstehenden) Umsatzsteuer automatisch verringert, weil die die Bruttoregelung des § 4 Abs.2 S.1 VBVG die Umsatzsteuer unabhängig von ihrer jeweiligen Höhe inkludiert?

    Wenn man ehrlich ist, dient das neue Vergütungsrecht nicht dem Wohl der Betroffenen, sondern ausschließlich den monetären Interessen des Fiskus. Ist dies vielleicht die Erklärung dafür, dass es im Bundestag (man höre und staune) einstimmig verabschiedet wurde?

  • Zitat von juris2112


    Meines Erachtens kann die Antwort nur lauten, dass dem Berufsbetreuer die seit der Anordnung der Betreuung vergangene Zeit nicht zum vergütungsrechtlichen Nachteil angerechnet werden darf. Dies dürfte sich schon aus § 5 Abs. 5 VBVG ergeben, der allgemein voraussetzt, dass schon bisher ein Berufsbetreuer tätig war. Entscheidend ist aber, dass das VBVG ja überhaupt nur für Berufsbetreuer gilt und daher erst mit der im Rahmen des Betreuerwechsels erfolgenden Bestellung des Berufsbetreuers anwendbar wird. Wenn das Gesetz aber vorher nicht anwendbar war, so ist es schon begrifflich ausgeschlossen, dass der frühere ehrenamtliche Betreuer irgendwelche Zeiten zu Lasten des Berufsbetreuers "verbrauchen" kann. Damit kann es für die Anwendung von § 5 VGVG nur auf den Zeitpunkt der Bestellung des Berufsbetreuers ankommen.



    Mein Reden... aber mein Revisor hat sich schon geäußert... natürlich die für die Staatskasse günstigste Variante... ich hoffe wirklich mal, der Betreuer ist streitlustig...

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Zu den Bezirksrevisoren:

    Kann eigentlich jemand, der sich stets für die fiskusgünstigere Auffassung entscheidet, gleichzeitig stets gesetzmäßig handeln?

    Liebe Leute, der Revisor soll sagen was er will oder auch nicht. Wenn eine Sachentscheidung zu treffen ist, so sollte sie nach der eigenen inneren Überzeugung getroffen werden. Der Revisor mag -wie jeder Bürger- Beschwerde einlegen, wenn ihm etwas nicht passt.

    Ich kann mich noch gut an den Streit mit dem alten § 1836 II BGB erinnern, als bei der Betreuung von Mittellosen heillos umstritten war, in welchem Umfang der ZuSEG-Stundensatz bei welcher Qualifikation zu erhöhen war (nach meiner Meinung bei SozPäd auf das 3-fache, nach Ansicht des Revisors natürlich nur auf das Doppelte). Da eine Betreuung bei quartalweiser Vergütung pro Jahr 4 Beschwerdeverfahren hergibt, sind das bei 40 Betreuungen schon 160 Beschwerdeverfahren jährlich. Ich habe das einige Zeit so praktiziert, bis es dem LG zu dumm wurde und es seine mit der Auffassung des Revisors übereinstimmende Rechtsprechung aufgab und immerhin den 2,4-fachen Stundensatz bewilligte.

    Jeder lässt sich weichkochen. Man muss nur wissen wie.

    Dass das BVerfG die restriktive Anwendung von § 1836 II BGB a.F. Jahre später verworfen hat, war nur noch von marginalem Interesse, weil die Norm zu diesem Zeitpunkt schon längst wieder außer Kraft getreten war. Aber es blieb natürlich dabei, dass sich der Fiskus rechtswidrig in Millionenhöhe durch die Bewilligung zu geringer Vergütungen bereichert hatte.

  • @ juris 2112:
    kann mich der meinung betreffend den sachentscheidungen, die nach eigener auffassung zu treffen sind nur anschließen.

    schließlich ist man ja genau deswegen sachlich unabhängig. das bringt halt auch die verantwortung mit sich, sich selber entscheiden zu müssen.
    da ist man es sich doch dann selber - und auch dem bürger oder hier bertreuer - gegenüber schuldig, dass man sich nicht immer hinter dem revisor oder sonst wem verschanzt.
    natürlich empfiehlt es sich manchmal, sich der herrschenden meinung zu beugen, aber wenn das der eigenen rechtsauffassung nach intensiver überlegung zuwiderläuft, dann muß man halt die mindermeinung vertreten und sich ggf. im beschwerdeverfahren aufheben lassen.


  • Gerade trudelt die erste Entscheidung des OLG München ein, wonach bei einem Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem Berufsbetreuer für die Stundenpauschalen des § 5 VBVG nicht auf den Betreuerwechsel, sondern auf den Zeitpunkt der Anordnung der Betreuung ankommen soll (Beschluss vom 9.2.2006, Az. 33 Wx 237/05). Lt. Entscheidung soll sich auch bereits das OLG Schleswig in diesem Sinne geäußert haben (Beschluss vom 25.1.2006, Az. 2 W 240/05). An der Münchener Entscheidung hat übrigens Herr Dr. Knittel mitgewirkt. Damit ist unschwer zu prognostizieren, welche Auffassung er demnächst in seinem Kommentar vertreten wird.

    Ehrlich gesagt hatte ich nichts anderes erwartet. Aber immerhin kann das BayObLG froh sein, dass nicht mehr sein Name auf Münchener Entscheidung steht.

  • hab ne neue entscheidung zum thema vom LG regensburg:

    maßgeblich ist die erstmalige AO der betreuung, auch wenn wechsel von ehrenamt auf berufsbetreuer.
    der neue betreuer bekommt also nicht die vergütung aus der ersten stufe (LG Regensburg vom 13.02.06, Az.: 7 T 75/06).

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