Reisekosten des Rechtsanwalts bei einem Hamburger Verein

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen...

    ich habe da mal wieder ein mehr oder weniger kompliziertes Problem. Es geht - wie fast so oft - um Reisekosten.

    Die Partei macht Reisekosten für einen Anwalt geltend, der seinen Sitz nicht am Prozessort - hier Hamburg - hat. Bei der Partei handelt es sich um einen Verein. Aus der Akte geht hervor, dass der Verein seinen Sitz in Hamburg hat. Aus diesem Grund würde ich die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten verneinen.

    Allerdings sagt mir der Anwalt nun, dass das einzige vertretungsberechtigte Vorstandsmitglied seinen Wohnsitz in der Nähe von Rostock hat und damit wären die Reisekosten erstattungsfähig. :gruebel:

    Ich würde die Reisekosten nach wie vor absetzen, aber ich wollte mal hören, ob hier jemand schon einmal einen ähnlichen Fall hatte. Ich finde noch keine ordentliche Begründung für die Absetzung, bzw. keine, die wirklich überzeugend ist.

    Ich danke wie immer für eure Hilfe.

    SchneckeGi

  • Vorbehaltlich der Tatsache, dass der BGH wieder mal alles anders sieht:

    Partei ist der Verein mit Sitz in Hamburg. Daran muss sich die Partei messen lassen. Dafür, dass aufgrund interner Struktur der Vors. in Rostock wohnt, kann die Gegenseite nichts und daher ist sie auch nicht verpflichtet, die Mehrkosten zu übernehmen. Der interne Organisationsaufbau ist Sache der Partei selber und den muss sie sich auch zurechnen lassen. Die Reisekosten sind nach m.A. nicht erstattungsfähig.

  • Vorbehaltlich der Tatsache, dass der BGH wieder mal alles anders sieht:

    Partei ist der Verein mit Sitz in Hamburg. Daran muss sich die Partei messen lassen. Dafür, dass aufgrund interner Struktur der Vors. in Rostock wohnt, kann die Gegenseite nichts und daher ist sie auch nicht verpflichtet, die Mehrkosten zu übernehmen. Der interne Organisationsaufbau ist Sache der Partei selber und den muss sie sich auch zurechnen lassen. Die Reisekosten sind nach m.A. nicht erstattungsfähig.

    Sehe ich auch so !

  • Ich sehe das auch so und meine Recherche hat ergeben, dass ich keine anderslautende BGH-Entscheidung gefunden habe (vielleicht ist dir das ein Trost 13?).

    Ich würde da wie Himmel argumentieren.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • In § 17 ZPO ist der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person und damit auch des Vereins geregelt. Dieser wird durch den Sitz bestimmt. In § 24 BGB ist geregelt: "Als Sitz des Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird." --> Sitz Hamburg, Rechtsanwalt aus Hamburg --> keine Reisekosten.

  • @ Ernst P.:

    Bekannt war mir aus meinen Unterlagen auch nix, aber man ist ja vor Überraschungen, was die Großzügigkeit betrifft, in keiner Weise mehr sicher. Wenn, dann hätte es sich auch nur um eine ganz neue, mir nicht bekannte Entscheidung handeln können.

  • Hallo zusammen! :)

    Ich setze mich mit meinem Problemchen mal hier drunter, weiles so ähnlich gelagert ist.

    Es geht diesmal nicht um Reisekosten des Rechtsanwalts, sondern um Reisekosten des Personalleiters des beklagten Vereins:
    Dieser ist in der II. Instanz von dritten Ort (wahrscheinlich seinem Wohnort) zum Gericht gefahren. Sein persönliches Erscheinen war nicht angeordnet.


    Der Kläger wurde nun in die Kosten verurteilt und der Personalleiter der Beklagten macht seine Reisekosten geltend.

    Ich bin der Meinung, dass die Sache hier so ähnlich aussieht wie oben bereits geschildert:

    „Der beklagte Verein hat seinen Sitz am Ort des Prozessgerichts der II. Instanz. 
    Der Wohnort des Personalleiters ist bei der Berechnung der Reisekosten unerheblich. Die Gegenseite kann nicht dadurch benachteiligt werden, dass ein Vertreter der Partei von einem anderen Ort als dem Sitz der Partei anreist. Sie ist nicht verpflichtet, die aus internen Organisationsstrukturen der Partei resultierenden Mehrkosten zu übernehmen.

    Der Personalleiter ist vom dritten Ort aus angereist. Er gehört nicht zum vertretungsberechtigten Vorstand des Vereins. Ein persönliches Erscheinen war nicht angeordnet. Für eine Anreise eines Vertreters des beklagten Vereins wäre die Entfernung des Sitzes der Partei zum Gericht maßgebend. Vom Sitz des beklagten Vereins aus liegt keine Reise vor, da die Grenzen der politischen Gemeinde nicht überschritten werden.

    Reisekosten des Personalleiters als Vertreter des beklagten Vereins sind daher nicht erstattungsfähig.“

    Oder liege ich da völlig daneben?

    Vielen Dankfür Eure Antworten!

  • Ja, das dachte ich auch...

    Aber dann habe ich dazu das hier gefunden:

    Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 91 ZPO, Rn. 13:

    "Reisekosten: (...)
    der Partei:
    Begriff der „Reise“ setzt voraus, dass Partei die Grenzen der politischen Gemeinde überschreitet, in der sie wohnt (Düsseldorf MDR 97, 1070; Stuttgart JurBüro 84, 762; entspr Vorbem 7 II VV für den Begriff „Geschäftsreise“ des RA (...)."

    Darauf wollte ich jetzt mal vertrauen, auch wenn mir das neu war...

  • Aha. Nun gefunden:

    AG Limburg, Beschluss vom 16. September 2010 – 4 C 304/09 (10) –

    "Die Reisekosten einer Partei zum Gerichtstermin sind auch dann erstattungsfähig, wenn sie innerhalb des Gerichtsortes stattfinden. Ein Verlassen der politischen Grenzen des Gerichtsortes ist nicht erforderlich."

    Danke für den Hinweis!

  • Aha. Nun gefunden: AG Limburg, Beschluss vom 16. September 2010 – 4 C 304/09 (10) – "Die Reisekosten einer Partei zum Gerichtstermin sind auch dann erstattungsfähig, wenn sie innerhalb des Gerichtsortes stattfinden. Ein Verlassen der politischen Grenzen des Gerichtsortes ist nicht erforderlich." Danke für den Hinweis!

    Wieso brauchst du für diese Erkenntnis denn eine Entscheidung? Im RVG stehts ausdrücklich drin, im JVEG nicht, ergo keine Begrenzung auf das Verlassen der politischen Gemeinde bei Parteireisekosten.

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