Lebenslange Haftunfähigkeit?

  • Hey, so langsam kommt ja Bewegung ins Strafrecht Forum :) ..und damit`s net langweilig wird hab ich noch nen tollen Fall: Ein VU hat 3 Monate 2 Wochen Gesamtfhs. bekommen. Nach Ladung zum 16.01 musste ich den VU am 17.01 wegen bescheinigter Haftunfähigkeit wieder entlassen. Die JVA sah sich nicht in der Lage den VU aufzunehmen, da dieser an mehreren medikamentös zu behandelnden Krankheiten leidet, wie Diabetes, Hypertonie, Nervenkrankheit usw....). Nach Entlassung gewährte ich dem VU zunächst 3 Monate Strafausstand mit dem Hinweis am Ende eine neue aktuelle ärztliche Bescheinigung einzureichen, um über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden (in der Hoffnung Haftfähigkeit bescheinigt zu bekommen). Einige Tage später reichte mir der VU jetzt eine ärztliche Bescheinigung der "lebenslangen Haftunfähigkeit" ein. Gut, der VU ist 1935 geboren,aber er hat noch weitere Fhs. offen, welche wohl widerrufen werden. Meine Vorlage mit an den Dez. mit Hinweis auf ein evtl. Gnadenverfahren blieb erfolglos, außer des Hinweises auf § 455 StPO. Soll ich wirklich alle halbe Jahre wieder den Starfaufschub verlängern? Mir permanent Nachweise vorlegen lassen? Ich habe doch gar keine Zwangsmittel mehr. Also für mich hat der VU wohl jetzt mehr oder weniger nen Freifahrtsschein.

  • Zitat von Olli

    Soll ich wirklich alle halbe Jahre wieder den Starfaufschub verlängern? Mir permanent Nachweise vorlegen lassen? Ich habe doch gar keine Zwangsmittel mehr. Also für mich hat der VU wohl jetzt mehr oder weniger nen Freifahrtsschein.



    Ich fürchte so ist es. :( Wenn laut Amtsarzt nicht mal eine Unterbringung in einem Justizvollzugskrankenhaus möglich ist, und der Dezernent keine postive Gnadenentscheidung trifft, bleibt Dir nur das von Dir beschriebene Vorgehen gemäß §455 StPO ... und dass in schöner Regelmässigkeit.
    Dieses Dilemma (fehlendes Zwangsmittel) liegt ja ähnlich glagert vor, wenn bei einer Geldstrafe die nicht gezahlt wird ein Beschluss gemäß 459 f StPO ergeht. Da kann man dann auch alle halbe Jahre mal an die Zahlung erinnern bis Verjährung eintritt. In Deinem Fall ist die Freiheitsstrafe ja wenigstens nicht sehr lang. Und mit dem Freifahrtsschein hast Du hast schon recht, dem VU kann jetzt nicht mehr viel passieren .... :teufel:

    Was mich aber wundert ist die sehr mutige , weil weitgefasste, Aussage des Amtsarztes ("lebenslange Haftunfähigkeit"). Nach meinen Erfahrungen sind die Amtsärztlichen Aussagen zur Haftfähigkeit eher immer sehr vage und zeitlich eingeschränkt.
    Aber gut, wenn der Amtsarzt das sagt ... was willste machen ?!:aufgeb:

  • @ Olli

    Ich habe eben nochmal Deinen Beitrag gelesen und mir ist aufgefallen, dass du nur von einem ärztlichen Attest sprichst. Sollte es tatsächlich nur ein ärztliches Attest sein, wäre m.E. zunächst die Vorladung zum Amtsarzt nötig, notfalls mit HB.

    Die aufgeführten Erkrankungen reichen bei uns für eine Haftunfähigkeit nicht aus. Der VU kommt ins JVK und wird dort weiter medikamentös behandelt.

  • Da kann ich dem Vollstrecker nur zustimmen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es sich hier um Gefälligkeitsatteste handelt. Wenn der VU in der Lage ist, Zuhause Medikamente einzunehmen und sich evt. zu spritzen, dann kann er das auch in der Zelle oder im JVK tun. Teilweise sind die JVK´s besser ausgestattet, als die kleinen Krankenhäuser auf dem Land.

  • Hm..naja bisher habe ich nur die Stellungnahme eines "normalen Arztes" und der JVA. Dann werde ich mir mal ne großzügige Frist setzen und den VU dem Amtsarzt vorstellen. Ich frage mich nur wie zu verfahren ist wenn der VU da nicht mitspielt ?! Also ich würde mich als VU weigern und auf stur stellen, dem Amtsarzt die Tür net öffnen usw. schließlich hat die Justiz wohl keinerlei Handhabe mehr ...

  • Aber Klar ... natürlich hast du eine Handhabe.
    Zuerst wird der VU förmlich zum Amtsarzt geladen. Bei uns läuft das so ab, dass wir den Amtsarzt beauftragen, und wir uns dann eine Frist setzen. Der Amtsarzt läd den VU zunächst ohne, bei Nichterscheinen dann mit ZU. Erscheint er immer noch nicht, benachrichtigt uns der Amtsarzt.

    Dann wird Haftbefehl erlassen mit dem Zusatz :"Der Verurteilte ist zunächst dem zuständigen Amtsarzt vorzuführen." Das klappt hier immer wunderbar. :teufel:

    Die blosse Aussage des behandelnden Arztes reicht mir nie aus, um eine Entscheidung nach §455 StPO zu treffen. Der Anstaltsarzt der JVA kann m.E. auch keine 'lebenslange Haftunfähigkeit' bescheinigen. Dem Anstaltsarzt geht es evtl. nur darum, dass der VU zum Haftantritt nicht in der Weise haftfähig war, wie es für dortige JVA notwendig ist. Das heisst aber nicht, dass nicht ein Justizvollzugskrankenhaus das genauso sieht.

    In einigen Bundesländer muss man mit dem JVK vor der Ladung/ Haftbefehl Rücksprache halten, wann der VU dort aufgenommen werden kann. In jedem Fall schickst Du das amtsärztliche Gutachten an das JVK mdB um Mitteilung, ob dort die im Gutachten genannten medizinischen Voraussetzungen erfüllt werden können.

    Das würde ich auf jeden Fall durchziehen. Ich hatte hier schon etliche Fälle in denen der Hausarzt des VU mit Haftunfähigkeitsattesten um sich schmiss und der Amtsarzt dann ganz klar auf Haftfähigkeit, oder zumindest auf bedingte Hatfähigkeit (in einem JVK) abgestellt hat.

  • Puh Olli, da haste ja was schönes würd gerne was produktives beitragen aber hab so was noch nie gehabt???
    Aber was der Vollstrecker so schreibt hört sich gut an!

  • Danke für den Hinweis, hab mich auch gleich mit dem Gesundheitsamt in Verbindung gesetzt. Da diese aber eine Kostenübernahme von hiesiger STA haben wollen frage ich mal in den Raum ob jemand eine hat?? Vollstrecker?? Oder muss ich mir selbst eine basteln, schließlich sind es ja Vollstreckungskosten, die letztlich dem VU auferlegt werden und dafür sind wir "Herren des Verfahrens"!!

  • @ Olli

    Diese "Kostenübernahme" erkläre ich immer formlos, schriftlich gegenüber dem Gesundheitsamt. Da reicht m.E. ein Satz in der 'Beauftragung': Kostenübernahme durch hiesige Behörde wird zugesagt. (oder sowas ähnliches). Wenn die Gebührenrechnung dann eingeht einfach den Anweisungsbeamten zur Auszahlung vorlegen.

    Die Kosten werden dann wiederum vom Kostenbeamten dem VU auferlegt.

  • Ach wie schön...wenn nur alles so einfach wäre. Na dann werd ich mich mal dransetzen. Besten Dank für die kompetenten und schnellen Tipps.

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