Insolvenzanfechtung_Neues Problem

  • Ich muss derzeit über folgendes Problem nachdenken und würde mich über ein paar Denkanstöße freuen.

    Die Bank betreibt die Zwangsverwaltung eines Hotels, welches an die Schuldnerin X verpachtet ist. Während der Dauer der Zwangsverwaltung zahlt diese die Pacht nur sehr unregelmäßig, teilweise weist Sie den Zwangsverwalter auch auf ihre desolaten Vermögensverhältnisse hin. Die Bank bekommt hiervon aufgrund der Berichte des Zwangsverwalters Kenntnis. Nunmehr wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin X eröffnet. Sind die Pachtzahlungen gegenüber der Bank anfechtbar?

  • Ich wüsste nicht, warum die Zahlungen nicht anfechtbar sein sollten. Gerade dann, wenn die Schuldnerin auf Rückstände zahlt.

    Das ist ganz interessant, weil man bei einer Zwangsverwaltung eigentlich durchgängig ein starkes Indiz hat, dass die Bank von einer Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hat, außer es geht um eine reine Sicherung des Gebäudes.

  • Mein Problem ist, dass sich die Zwangsverwaltung nicht gegen die Schuldnerin richtete. Dieser war nur Pächterin des Objektes.

  • Die Bank bekommt hiervon aufgrund der Berichte des Zwangsverwalters Kenntnis. Nunmehr wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin X eröffnet. Sind die Pachtzahlungen gegenüber der Bank anfechtbar?

    Warum gegen die Bank anfechten und nicht gegen den Zwangsverwalter als Partei kraft Amtes? :gruebel:


  • Wegen § 143 InsO. Der Zwangsverwalter ist nach Weitergabe an die Gläubiger entrhl eichert.

    Exec

    Wohl eher nicht. Nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO wird auf die Rechtsfolgen verwiesen, die den bösgläubigen Bereicherungsschuldner treffen. Und da fällt der Einwand der Entreicherung weg (§ 819 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB).


    Und wenn der Zwangsverwalter nicht mehr genug Masse hat um die Anfechtung zu bezahlen, wird er wohl bei den Gläubigern eine Zahlung in die Masse anfordern müssen.

    Das alles jetzt ohne tiefschürfende Recherche.

  • Wenn ich das von mir bei #4 zitierte Urteil richtig lese, wird dort die Auffasung vertreten, dass nur dann Gläubigerbenachteiligungsabsicht unterstellt werden kann, wenn Schuldner und Vermieter (hier: Zwangsverwalter) mit dem Ziel zusammengewirkt haben, den übrigen Gläubigern Zugriffsobjekte zu entziehen, wobei es dem Insolvenzschuldner weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflicht als vielmehr auf die Vereitelung der Ansprüche seiner übrigen Gläubiger ankommt.

    Dann ist nix mit § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Bei näherem Nachdenken: § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO wird meines Erachtens so gemeint sein, dass man sich nicht auf Entreicherung berufen kann, wenn man sich in Ansehung der Anfechtung bösgläuig entreichert. Nicht gemeint sein kann, dass man schon dann bösgläubig ist, wenn man wegen evtl. Kenntnis der Vermögenslosigkeit Leistungen annimmt und diese dann weiterleitet. Dann könnte man sich bei Erfüllung eines Anfechtungstatbestandes nie auf Entreicherung berufen.:gruebel:

    Aber ich bin ja eh der Meinung, dass schon kein Anfechtungstatbestand erfüllt ist.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • @ usto:
    Die Möglichkeit, das Geld vom Zwansgverwalter zurückzufordern, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich habe von ihm nur die Aussage bekommen, dass teilweise "Ausschüttungen" an die Bank erfolgt sind. Außerdem besteht das Problem, dass sich der Zwangsverwalter seiner Meinung nach an das Teilungsverzeichnis halten muss und deshalb Probleme sieht, Gelder "an mich" zu überweisen.

    @ Exec:
    Hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sehe ich aber gute Anhaltspunkte. Eine Schuldner wird m.E. auch seinen Vermieter bevorzugt behandeln, da dieser ihm genauso wie Krankenkassen und Finanzamt kurzfristig den Betrieb stilllegen kann. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an. Im Übrigen befinden sich die Gelder teilweise noch beim Zwangsverwalter, so dass zumindest insoweit keine Probleme bestehen.

  • 1. Eine Anfechtung gegenüber dem Zwangsverwalter kommt m.E. nicht in Betracht. Zwangsverwaltung ist Zwangsvollstreckung. Durch die Zwangsvollstreckung erlangt ausschließlich der Vollstreckungsgläubiger etwas; was faktisch nicht bei ihm landet, sind die Kosten der Vollstreckung. Genausowenig wie m.E. gegenüber dem Vollstreckungsgericht oder dem Gerichtsvollzieher bezüglich deren Beteiligung an einer Vollstreckungsmaßnahme angefochten werden kann, geht das gegenüber dem Zwangsverwalter. Das Vollstreckungsorgan ist nur Durchgangsstelle.

    Vielmehr hat der Vollstreckungsgläubiger als Anfechtungsgegner ggf. alles zu erstatten, was aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben wurde (also inklusive der Vollstreckungskosten, die nicht bei ihm gelandet sind - was in der Zwangsverwaltung ein ganz schöner Haufen sein kann).

    2. Nach einer neueren BGH-Entscheidung (NZI 2007, 98) erwirbt der Grundpfandrechtsgläubiger mit dem Grundpfandrecht ein Absonderungsrecht auch an den mithaftenden Miet- und Pachtzinsforderungen. Damit stellt die Mietzinsforderung keine freie Masse dar und es dürfte für eine Anfechtung bezüglich der an den Zwangsverwalter gezahlten Mieten an der Gläubigerbenachteiligung fehlen.

  • 1. Eine Anfechtung gegenüber dem Zwangsverwalter kommt m.E. nicht in Betracht. Zwangsverwaltung ist Zwangsvollstreckung. Durch die Zwangsvollstreckung erlangt ausschließlich der Vollstreckungsgläubiger etwas; was faktisch nicht bei ihm landet, sind die Kosten der Vollstreckung. Genausowenig wie m.E. gegenüber dem Vollstreckungsgericht oder dem Gerichtsvollzieher bezüglich deren Beteiligung an einer Vollstreckungsmaßnahme angefochten werden kann, geht das gegenüber dem Zwangsverwalter. Das Vollstreckungsorgan ist nur Durchgangsstelle.

    Vielmehr hat der Vollstreckungsgläubiger als Anfechtungsgegner ggf. alles zu erstatten, was aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben wurde (also inklusive der Vollstreckungskosten, die nicht bei ihm gelandet sind - was in der Zwangsverwaltung ein ganz schöner Haufen sein kann).

    2. Nach einer neueren BGH-Entscheidung (NZI 2007, 98) erwirbt der Grundpfandrechtsgläubiger mit dem Grundpfandrecht ein Absonderungsrecht auch an den mithaftenden Miet- und Pachtzinsforderungen. Damit stellt die Mietzinsforderung keine freie Masse dar und es dürfte für eine Anfechtung bezüglich der an den Zwangsverwalter gezahlten Mieten an der Gläubigerbenachteiligung fehlen.



    Punkt eins finde ich 100%ig einleuchtend. Mit Punkt zwei habe ich wohl Denkschwierigkeiten. Die Grundpfandgläubiger haben doch höchtens ein Absonderungsrecht an den Mietforderungen des Grundstückseigentümers. Aber hier geht es doch um die Insolvenz der Pächterin. Das sind für mich zwei verschiedene Schuhe, oder denk ich falsch...:gruebel:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Exec
    Du denkst schon richtig. Ich habe hier falsch gedacht (wohl zu sehr gefreut, dass ich die Entscheidung noch im Kopf hatte)!:oops:

    Das Absonderungsrecht an den Mietzinsforderungen wäre natürlich nur in der Insolvenz des Eigentümers/Vermieters von Bedeutung. Also bitte meine Ziff. 2 wieder vergessen.

  • Exec
    ...(wohl zu sehr gefreut, dass ich die Entscheidung noch im Kopf hatte)!:oops:



    Du hattest die Entscheidung inkl. Fundstelle im Kopf :hair: . Hut ab :wow . Ich muss am Montag erstmal sicherstellen, ob ich die Entscheidung in meiner Datenbank habe.

    Schönes Rest-Wochenende!
    :daumenrau

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Danke, dass die Anfechtung gegenüber dem Zwangsverwalter nicht funktioniert, leuchtet mir jetzt ein. Wäre aus grundsätzlichen Erwägungen auch nicht so toll :D.

    Festzuhalten ist m.E., dass es sich trotz Zwangsvollstreckung um eine Rechtshandlung der Schuldnerin handelt, da diese nicht zugleich Vollstreckungsschuldnerin ist. Die Zahlungen erfolgten sehr unregelmäßig und unter ständigen Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Situation. Ich werde nochmals genau prüfen, was die Gläubigerin hiervon mitbekommen hat. Je nach dem Ergebnis werde ich zur Tat schreiten...

  • 1. Eine Anfechtung gegenüber dem Zwangsverwalter kommt m.E. nicht in Betracht. Zwangsverwaltung ist Zwangsvollstreckung. Durch die Zwangsvollstreckung erlangt ausschließlich der Vollstreckungsgläubiger etwas; was faktisch nicht bei ihm landet, sind die Kosten der Vollstreckung. Genausowenig wie m.E. gegenüber dem Vollstreckungsgericht oder dem Gerichtsvollzieher bezüglich deren Beteiligung an einer Vollstreckungsmaßnahme angefochten werden kann, geht das gegenüber dem Zwangsverwalter. Das Vollstreckungsorgan ist nur Durchgangsstelle.


    Leuchtet mir nicht ein. Die Aufgaben des Zwangsverwalters gehen weit über die Aufgaben eines Gerichtsvollziehers hinaus. (§ 152 Abs. 1 ZVG):

    Zitat

    Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.

    Und die Verteilung erfolgt auch nicht an einen Gläubiger sondern an die Gläubiger nach einem Verteilungsschlüssel (§ 155 ZVG).

    Wenn die Mietzahlungen an einen Insolvenzverwalter erfolgt wären, hättest Du doch auch kein Problem damit, diese Zahlungen gegenüber dem Verwalter anzufechten? Oder würdest Du gegen die Insolvenzgläubiger vorgehen? ;)

    Oder nimm die Krankenkassen oder die Finanzkassen. Die leiten die Gelder auch an die Gläubiger weiter und sind als Anfechtungsgegner die richtigen Ansprechpartner für die durch sie wirtschaftlich für die Gläubiger eingezogenen Gelder.

  • @usto

    Ich stimme Dir zu, dass bei Insolvenz des Anfechtungsgegners gegenüber dessen Insolvenzverwalter die Anfechtung geltend gemacht werden muss. Ein m.E. wesentlicher Unterschied zum Zwangsverwalter besteht allerdings darin, dass es für diesen keine § 80 InsO entsprechende Vorschrift gibt, er also nicht vollumfänglich in die rechtliche Position "seines" Schuldners eintritt.

    Die Rechtsprechung zur direkten Anfechtungsmöglichkeit gegenüber einer (fremdnützigen) Einzugsstelle der Sozialkassen gibt natürlich Anlass zum Nachdenken. Trotzdem meine ich, dass dies auf den Zwangsverwalter nicht übertragbar ist. Die Zwangsverwaltungskonstellation entspricht m.E. am ehesten derjenigen bei einer mittelbaren Zuwendung, und da ist letzter Stand, dass richtiger Anfechtungsgegner in aller Regel (ausschließlich) der mittelbare Leistungsempfänger ist (vgl. z.B. Gottwald/Huber, InsRHdb., 3. Aufl., § 51 Rz. 59 u. § 52 Rz. 17, jeweils m.w.N.).

    Für diese Variante spricht ja auch der bereits erwähnte Aspekt, dass der Anfechtungsgegner bei anfechtbarer Zwangsvollstreckung die Vollstreckungskosten nicht vom Rückgewährsanspruch des IV absetzen kann (vgl. MüKo-Kirchhof, § 143 Rz. 27 m.w.N.). Gesamtschuldnerschaft gibt es i.R.d. Insolvenzanfechtung aber nur, soweit eine unteilbare Leistung zurückzugewähren ist (Gottwald/Huber, § 51 Rz. 58 m.w.N.).

    Der Problemkreis wäre aber sicherlich mal einen Aufsatz wert; speziell zu unserem Zwangsverwalterproblem habe ich in den einschlägigen Werken nichts Konkretes gefunden.

  • Du hattest die Entscheidung inkl. Fundstelle im Kopf :hair: . Hut ab :wow .



    Du kannst den Hut auflassen - ich hatte nur im Kopf, dass es die Entscheidung gibt. Daten, Zahlen und Namen kann ich mir in der Regel nicht merken.;)

  • So es wird nun Ernst. Ich habe heute mit dem Kollegen gesprochen. Er wußte auch nicht, ob ich ihn in Anspruch nehmen kann. Bedenken bestehen für ihn dergestalt, dass er an den gerichtlich vorgegebenen Teilungsplan gebunden ist. Vielleicht könnten hier die Zwangsverwalter-Rechtspfleger was dazu sagen?

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