IN Verfahren und Analogie zu § InsO 312

  • Was halten die Praxisprofis hier von folgendem Beschluss:

    InsOGericht eröffnet IN-Verfahren und beschließt dann "analog zu § 312 InsO"

    a) keinen Berichtstermin abzuhalten
    b) Anmeldungen im schriftlichen Verfahren abzuwickeln

    :gruebel:

  • 1. Aus praktischen Gesichtspunkten durchaus nachvollziehbar - was ja auch der Gesetzgeber in einem der herumschwirrenden Änderungsentwürfe eingesehen hat, wenn ich mich recht erinnere.

    2. Methodologisch bzw. rechtlich allerdings nach derzeitiger Rechtslage kaum seriös machbar, weil eine Analogie eine planwidrige Gesetzeslücke erfordert. Da die (wiederum praktischen) Erfahrungswerte mit der gelegentlichen Planlosigkeit des Gesetzgebers noch keinen Einzug in die anerkannten Standards der Gesetzesauslegung gefunden haben, wird man vorliegend unterstellen müssen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit des schriftlichen Verfahrens durchaus geplant nur für das "vereinfachte Insolvenzverfahren" vorgesehen hat.

    Aber vorsorglich: Den Fall halte ich nicht für ausreichend skandalös, um Deinen Blutdruck über Gebühr zu beanspruchen, INTI.

  • ;) Ne, Chick, einen Skandal wittere ich da auch nicht!

    :gruebel: Allerdings kratze ich mir schon am Kopf, wie so etwas möglich ist! Dass für jedwede Analogie eine planwidrige Gesetzeslücke Voraussetzung ist, lernt man nun tatsächlich in den ersten Wochen eines juristischen Studiums.

    Dass so manches sinnvoll sein könnte, darüber braucht man nicht zu diskutieren. Aber zum Richterjob gehört es ja nun einmal die Gesetze zu befolgen und nicht diese nach eigenem Gusto zu "verbessern".

    Die Frage, die sich ergibt:

    Was folgt aus solchem Handeln? Ein solches InsOVerfahren kann doch kaum rechtens sein , oder?



  • Was folgt aus solchem Handeln? Ein solches InsOVerfahren kann doch kaum rechtens sein , oder?



    Die Zeit heilt alle Wunden. Wenn sich keiner beschwert, was soll's?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das InsO-Verfahren ist rechtmäßig eröffnet. Dies ist unabhängig von der Bestimmung der Termine. Dies folgt schon daraus, dass nach dem Gesetz die Terminsbestimmung nicht zwingend im Eröffnungsbeschluss enthalten sein muss, § 18 I (1) RPflG. Denn bei der Terminsestimmung handelt es sich nicht um eine Entscheidung über den Eröffnungsantag sondern um eine Entscheidung als Folge des Eröffnungsantrages, wo kein Richtervorbehalt besteht. Sollte jetzt aber die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses von der Terminsbestimmung des Rechtspflegers abhängig sein, bestände kein wirksamer Richtervorbehalt.

  • Ich gebe insoweit zu bedenken, das bei den allermeisten Gläubigerversammlungen überhaupt keine Gläubiger anwesend sind.

  • Ich gebe insoweit zu bedenken, das bei den allermeisten Gläubigerversammlungen überhaupt keine Gläubiger anwesend sind.

    Was will uns dieser Einwurf sagen? Dass die Praxis gezeigt hat, dass die vom Gesetz vorgeschriebenen Gläubigerversammlungen überflüssig sind und deshalb nach Gutdünken und Richterlaune abgehalten werden oder nicht??:gruebel:

  • Nein. Es zeigt allgemein das Gläubigerinteresse an 99% aller Insolvenzverfahren. Und damit auch den Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die im Eingangspost geschilderte Praxis jemals von jemanden rechtlich angegangen wird....

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • mhh, mal generell gefragt: Bin ich eigentlich zu naiv, zu blöd oder nur zu jung

    :gruebel: :gruebel: :gruebel:

    Habe hier oft den Eindruck, dass man als Bekloppter gilt:behaemmer , wenn man gern hätte, dass man sich in einem Rechtsstaat ans Gesetz hält (zumal wenn man von Beruf Richter, Anwalt oder Rechtspfleger ist).

    Ist man hier eigentlich unisono der Meinung, dass so ein bisschen "Gesetz flexibel auslegen" absolut ok ist?

  • Um es mal deutlich zu sagen:

    Ein Richter, der sich wie o.a. einer Analogie bedient, hat

    a) so gut wie keine Ahnung von Jura

    oder

    b) das Prinzip der Gewaltenteilung nicht kapiert.

    In jedem Fall gehört er sofort aus dem Dienst gekehrt!:(


  • :roll: Wenn sonst nix ist...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das

    [...] Ist man hier eigentlich unisono der Meinung, dass so ein bisschen "Gesetz flexibel auslegen" absolut ok ist?



    und das

    [...] In jedem Fall gehört er sofort aus dem Dienst gekehrt!



    paßt aber nicht so ganz zusammen... :roll:

  • @INTI

    Du musst mal die Kirche im Dorf lassen.

    Wie Gerit ja schon geschrieben hat: Keine Sau kommt zu den Terminen. Wenn deshalb jetzt ein Richter die Termine - contra legem - schriftlich abhält: :wayne:

    Glaub man ja: Der Richter weiß ganz bestimmt die Voraussetzungen für eine Analogie und hat sicherlich von Gewaltenteilung deutlich mehr Ahnung als jeder Student.

    Trotzdem: Schnell eine Analogie aus dem Hut geholt, wenns keinem schadet und in der Praxis unnützen Aufwand und Kosten vermieden. Daran kann ich persönlich nichts schlimmes entdecken... Die Rechtsordnung wird es aushalten.

    Es ist wirklich völlig überzogen, wenn du bei solchen Nebensächlichkeiten gleich die Verfassung schwanken siehst und gleich die Entlassung forderst... Das ist wirklich unangebracht und auch einem Student nicht würdig.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6



  • ....hört sich nach einen AG im südlichen Niedersachsen an

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich wollte mit meinem Einwurf nur betonen, dass die Einführung eines schriftliches Verfahrens (per Gesetz) den Interessen der Gläubiger in den meisten Fällen wohl nicht entgegenstehen dürfte.

  • 1. Aus praktischen Gesichtspunkten durchaus nachvollziehbar - was ja auch der Gesetzgeber in einem der herumschwirrenden Änderungsentwürfe eingesehen hat, wenn ich mich recht erinnere.



    .. ist in § 5 der Novelle so mit vorgesehen

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • @ INTI

    Die flammend vorgetragene Entrüstung über rechtliche und moralische Verwerflichkeiten, die bei näherem Hinsehen das Schicksal einer Dampfnudel beim vorzeitigen Öffnen des Topfdeckels nehmen, ist ein beliebtes Stilmittel (viel zu) vieler Pharisäer-, äh, Anwaltskollegen. Vielleicht reagieren auch aus diesem Grund die wohl durchaus praxisgestählten Forenteilnehmer darauf tendenziell eher entspannt bis genervt als Kampflieder anstimmend.

  • @ chick

    Von Dir Gesagtes verhallt grundsätzlich nicht ungehört. :gruebel:

    Könnte es sein, dass ich das falsche Studium gewählt habe? B.z.w. kann es sein, dass das Recht in der Praxis genauso verlogen, korrumpiert und heuchlerisch ist wie die Politik?

    Dann hätte ich ja direkt in die Junge Union gehen können.:eek:

    P.S.: Wie lange braucht man, um sich imSpiegel WIEDER zu ertragen?

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