Abtretung / Pfändungsrang

  • Hallo,

    habe folgenden Fall:

    Wir haben eine Lohnpfändung für einen Gläubiger beim Schuldner ausgebracht (§ 850 f Abs. 2 ZPO); für zwei weitere Gläubiger wurden Abtretungen -im Datum nach der Pfändung- beim Drittschuldner vorgelegt.

    Nun wurden Raten vereinbart in den 3 Sachen.

    Die Lohnpfändung wurde ruhend gestellt; was passiert mit den zur Vorlage
    gebrachten Abtretungen, wenn weitere Gläubiger Pfändungszugriffe auf
    die Lohnforderungen des Schuldners nehmen.

    Können Abtretungen "ruhen"? Der Drittschuldner weiß ja jetzt, daß Abtretungen vorliegen und zu welchem Rang.

    Der Rang der Pfändung bleibt ja erhalten, was wie ist das mit den Ab-
    tretungen?

    Könnte mir jemand weiterhelfen?

    Gruß Uffi

  • Ich sag den Sch immer, das ist wie ne Schlange auf dem Marktplatz. Der vorderste kriegt was, die anderen nix. Ist der Vorderste fertig, geht er und der nächste ist dran. Wenn er sich es noch mal überlegt (Pfändung ruht) geht er zur Seite und der nächste ist dran, bis der "an der Seite" wartende sich entschieden hat.

  • Abtretungen können ebenso ruhen wie Pfändungen (sog. fiduziarische Zession).

    Das Ruhen der Abtretungen und der Pfändungen sind ein Entgegenkommen der Gläubiger dem Schuldner gegenüber. Sie soll dem Schuldner wieder die Verfügungsgewalt über sein Einkommen geben.

    Es widerspricht nach Stöber dem Sinn und Zweck dieses Entgegenkommens, wenn sich nun andere (durch die Zustellung weiterer Pfändungen) dieser Verfügungsgewalt ermächtigen und die pfändbaren Beträge einziehen.

    Der AG sollte in der Regel die vorrangigen Verfügungen von sich aus wieder offenlegen und diese wieder in der Rangfolge bedienen.

  • Es dürfte einem Sch kaum gelingen, mehrere Pfändungen und Abtretungen zum Ruhen zu bringen. Dabei ist es egal, ob es eine Pfändung oder Abtretung ist. Sobald die Gl der ruhenden Sachen merken, daß ein anderer Gl befriedigt wird (und der Sch seine Versprechen nicht mehr einhalten kann) werden sie ihr Pfandrecht wieder aufleben lassen. Und deshalb wären sie schön doof, wenn sie auf ihr Pfandrecht verzichten würden. Und bei zuvielen Gl sollte der Sch vielleicht mal über ein InsO-Verfahren nachdenken.

  • Auf welcher Rechtsgrundlage findet die Ruhenderklärung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner oder Drittschuldner statt??

    Ein pfiffiger Schuldner könnte hier eine "Rückgabe der Pfandsache" geltend machen, womit das Pfändungspfandrecht weg wäre (§§ 1253, 1257 BGB).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Tommy : Das würde ich als abwägig erachten.
    Nach Palandt, Rdn. 1 zu § 1257 BGB findet die Vorschrift des § 1257 BGB (und somit die analoge Anwendung des § 1253 BGB) auf das Pfändungspfandrecht keine Anwendung. Es gelten die Sondervorschriften der §§ 803 f. ZPO, 1279 ff. BGB. § 1284 BGB ermöglicht den Parteien, abweichende Vereinbarungen zu treffen. i.Ü. ist der Gläubiger Herr des Vollstrckungsverfahrens und es obliegt ihm, auf seine Forderung in vollem Umfang oder teilweise zu verzichten oder die Stundung zu bewilligen :

    Es handelt sich m.E. bei der Ruhendstellung nicht um einen Verzicht sondern nur um ein Entgegenkommen der Gläubigerpartei mittels Vereinbarung mit dem Schuldner i.S.v. § 205 BGB , nämlich um eine "Stundung" der Forderung (die i.d.R. i.V.m. einer Ratenzahlungsvereinbarung einhergeht).

    Ein findiger Schuldner könnte sich auf § 775 Nr. 4 ZPO stützen. Jedoch besagt § 776 ZPO ausdrücklich, dass die getroffene Zwvo-Maßnahme bestehen bleibt. Der PfÜb "ruht".

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von Erzett

    Es dürfte einem Sch kaum gelingen, mehrere Pfändungen und Abtretungen zum Ruhen zu bringen. Dabei ist es egal, ob es eine Pfändung oder Abtretung ist. Sobald die Gl der ruhenden Sachen merken, daß ein anderer Gl befriedigt wird (und der Sch seine Versprechen nicht mehr einhalten kann) werden sie ihr Pfandrecht wieder aufleben lassen. Und deshalb wären sie schön doof, wenn sie auf ihr Pfandrecht verzichten würden. Und bei zuvielen Gl sollte der Sch vielleicht mal über ein InsO-Verfahren nachdenken.



    Das sehe generell ich nicht so. Es gibt schließlich viele Schuldner die mehrere Baustellen haben und brav ihre monatlichen Ratenzahlungen erfüllen. Schuldner sind nicht grundätzlich bösgläubig.

    Wenn es aus einem momentanen Engpass heraus zu Lohnpfändungen und Abtretungen dieser Gläubiger kommt (natürlich nicht bei 10 gleichzeitig), kann es dem Schuldner durchaus gelingen (Erfahrung) mit mehreren Gläubigern zu vereinbaren, die Abtretung/Pfändung ruhen zu lassen und Ratenzahlung in der ursprünglich vereinbarten Höhe wieder zu leisten. Das klappt natürlich nur dann, wenn alle mitziehen.

    Sofern dann keine neuen Pfändungen dazu kommen, klappt das dann auch ganz gut. Nur im Falle neuer Pfändungen gibt es dann Probleme. Diese kann man dann dadurch lösen, dass die erstrangigen Gläubiger ihre Abtretungen/Pfändungen bei dem Drittschuldner auf eine geringere Zahlung als den pfändbaren Betrag beschränken. Diese Vereinbarung gilt natürlich nicht für nachfolgende Gläubiger, die dann aber den Vorteil haben, dass sie den pfändbaren Mehrbetrag bekommen können. Das ist denen dann lieber, als wenn sie Jahre lang warten müssen, bis die vorrangigen Gläubiger voll befriedigt sind.

    Natürlich klappt das nur dann, wenn entsprechend hohe pfändbare Beträge zur Verfügung stehen.

  • Zitat von Hego

    Natürlich klappt das nur dann, wenn entsprechend hohe pfändbare Beträge zur Verfügung stehen.



    Dann wäre es aber nicht der Durchschnittsschuldner.

  • Hallo,

    beim Sch. handelt es sich um einen Handelsvertreter, der nur einen Auf-
    traggeber hat und seinen Lebensunterhalt nur von diesem Einkommen be-
    streitet, also Pfändung-Handhabung wie bei "normalem" Arbeitsverhältnis.

    Ich habe -sobald dieser die JVA (Anlagebetrug) verlassen hatte - sofort
    Pfändung ausgebracht und zwei Abtretungen unterschreiben lassen. Der
    Sch. verdient sehr gut (es gelingt ihm, den Leuten was "zu verkaufen").

    Stehe auch in Konkurrenz mit dem Landratsamt wg. Unterhaltsforderungen.
    Wir sind vorrangig mit vors. unerl. Hdlg. und "Notbedarf". Jetzt konnte auch mit LRA Einigung erzielt werden und Sch. zahlt Raten.

    In die Abtretungserklärungen habe ich eingetragen, daß der Sch. bei Vorlage der Abtretungserklärung mit Festsetzung eines Pfändungsfreibetrages unterhalb des normalen einverstanden ist, da die Forderung aus einer vors.
    unerl. Hdlg. resultiert.

    Weiß, daß das mit Abtretungen normal nicht geht. Kann man das mit einem Sch. aber vereinbaren?

    Sch. hatte im Strafverfahren ca. 87 Gläubiger. So nach und nach tut sich
    da jetzt was. Könnte in die Insolvenz laufen... Neben uns haben -soweit
    ich weiß- nur eine "Handvoll" Gläubiger einen Titel aus vors. unerl. Hdlg. .
    Die anderen haben "normale" Titel.

    Vielen Dank nochmals für die interessanten Anregungen.

    Gruß Uffi

  • Zitat von Hego

    Wenn es aus einem momentanen Engpass heraus zu Lohnpfändungen und Abtretungen dieser Gläubiger kommt (natürlich nicht bei 10 gleichzeitig)...



    Also ich hatte kürzlich einen "Künstler" (Versicherungsverm.), der es tatsächlich geschafft hat, 5 Pfändungs-Gläubiger dazu zu bringen, die PfüBe ruhend zu stellen und 5x Raten zu zahlen...;)

    Zitat von Uffi

    Weiß, daß das mit Abtretungen normal nicht geht. Kann man das mit einem Sch. aber vereinbaren?



    Ich halte eine solche Vereinbarung in Anbetracht von § 400 BGB (korrespondiert mit § 851 ZPO) für bedenklich.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !



  • Vereinbaren kann man so einiges und wo kein Kläger ist, da ist bekanntlich auch kein Richter, aber rechtlich unzulässig (nach meiner Meinung).

    Soweit der Schuldner der Einbehaltung höherer Beträge zugestimmt hat, handelt es sich um eine jederzeit widerrufbare "Überweisungsbermächtigung".

    Besonders das LRA könnte hier in die Suppe spucken, wenn bei deren Pfändung ein unpfändbarer Betrag nach § 850d ZPO festgesetzt wurde. Die Bevorrechtigung geht bekanntlich auf den über, der den Unterhalt tatsächlich geleistet hat und darf lediglich nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten selbst gereichen. Das wäre z.B. der Fall, wenn ein Sozialamt Unterhaltsbeträge vollstreckt und den unpfändbaren Betrag so festsetzen lässt, dass der laufende Unterhalt für diese Person nicht mehr gezahlt werden kann.

    Aber wenn diese Abtretung dem LRA den erweiterten Pfandbereich kaputt macht, dann könnten die das nicht so lustig finden und den AG auf Zahlung des Betrages verklagen, der aus dem nur ihnen (rechtlich) zustehenden zu entnehmen ist.

    Wenn der Schuldner in die Inso geht, dann ist auch diese Abtretung nach zwei Jahren futsch. Da, wie the bishop schreibt, die Vereinbarung gegen § 400 BGB verstößt, dürfte die Abtretung spätestens ab Eröffnung nur noch in Höhe des pfändbaren Betrages (für gew. Forderunge) bedient werden. Sonst könnte Gläubigerbevorzugung vorliegen.

    Gruß Hego

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