Surrogationserwerb

  • Hallo!
    Ich habe folgendes Problem und weiß nicht weiter:
    Der eingetragene Grundstückseigentümer ist verstorben und von A beerbt worden. Ein Grundbuchberichtigungsantrag ist gestellt und A als Eigentümer eingetragen worden.
    Nun hat sich der Alleinerbe mit seinen Geschwistern über Pflichteile in einem gerichtlichen Vergleich geeinigt: alle Kinder (A, B, C und D) sollen zu ¼ eingetragen werden.
    Das Problem ist nun, dass D nachverstorben ist und beerbt wurde von E und F. Diese haben an dem Vergleich bereits anstelle des D mitgewirkt.

    Jetzt haben also A, B, C und E und F die Auflassung erklärt und wollen zu je ¼ in das Grundbuch eingetragen werden. E und F in Erbengemeinschaft und diese zu ¼.

    Kann ich das eintragen? Liegt hier ein Surrogationserwerb gem. § 2041 vor?
    Brauche ich dafür einen Erbschein nach D? Einerseits hat er überhaupt nicht bei der Auflassung mitgewirkt, andrerseits brauch ich ihn doch für die Prüfung des Erwerbs nach § 2041 BGB (sollte dieser vorliegen)?
    Wie sieht es mit dem Vergleich aus? Muss mir dieser vorgelegt werden? Zur Prüfung des Zusammenhangs zwischen Erwerb und Nachlass? Oder reicht mir eine kurze Anmerkung in der Auflassung dazu?

  • Wegen des formellen Konsensprinzips ist in meinen Augen der Vergleich nicht vorzulegen.
    Du benötigst nur die Auflassung (von 3/4 Anteilen) von A an B, C, E und F.

    Wenn E und F wirklich in Erbengemeinschaft ins GB wollen, dann wäre dafür m.E. in der Tat nachzuweisen, dass diese in Erbengemeinschaft erwerben (können). Hierzu ist der Erbnachweis nach D zu führen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich kann den Ausführungen von Ulf nicht zustimmen, weil im vorliegenden Fall nicht das formelle Konsensprinzip des § 19 GBO, sondern das materielle Konsensprinzip des § 20 GBO und die stets zu prüfende Erwerbsfähigkeit des Erwerbers in Frage steht. Gleichwohl komme ich aber zu dem Ergebnis, dass weder der Vergleich noch der Erbschein nach D vorzulegen ist.

    Wir haben hier den Fall, dass die Pflichtteilsansprüche nicht entsprechend der gesetzlichen Regel durch Geldzahlung, sondern an Erfüllungs statt i.S. des § 364 Abs.1 BGB durch die Übertragung von MiteigtAnteilen an Grundbesitz erfüllt werden, was ohne weiteres zulässig ist. Was den Pflichtteilsanspruch angeht, so war der nachverstorbene D zu Lebzeiten selbst noch Gläubiger dieses Anspruchs, bevor E und F in Erbengemein-schaft in dieser Hinsicht an seine Stelle getreten sind. Dementsprechend wird der Pflichtteilsanspruch nunmehr durch unmittelbare Leistung an E und F befriedigt, wobei nicht zweifelhaft ist, dass der geleistete 1/4-MitEigtAnteil ein Surrogat des zum Nachlass des D gehörenden Pflichtteilsanspruchs darstellt und der 1/4-Anteil E und F daher in Erbengemeinschaft zusteht.

    Die vorliegende Auflassung wurde offensichtlich nicht im Vergleich selbst, sondern zu gesonderter notarieller Urkunde erklärt. Einen Nachweis der Erbfolge nach D halte ich nicht für erforderlich, da Grundlage der neuen Eigentümereintragung nicht die Erbfolge, sondern die Auflassung ist. Es verhält sich also nicht anders, als wenn E und F mit Geldmitteln des Nachlasses ein Grundstück erwerben würden. Da eine Erbengemeinschaft aber nur im Rahmen des § 2041 BGB Grundbesitz erwerben kann (statt vieler vgl. Demharter § 19 RdNr.95 und § 20 RdNr.33 -jeweils m.w.N.-), muss der Surrogationserwerb im Einzelfall belegt sein. Dies dürfte hier auch ohne Vorlage des Vergleichs der Fall sein, sofern sich die eintretende Surrogation mit hinreichender Deutlichkeit aus der Auflassungsurkunde ergibt.

    Ob es vernünftiger gewesen wäre, E und F hätten sich im Zuge der Auflassung gleich auseinandergesetzt und zu je 1/8 erworben, ist natürlich eine andere Frage.

  • Ein Surrogationserwerb iSv § 2041 BGB liegt m.E. nicht vor:
    - zwischen A, B, C, E und F besteht keine EG, sondern eine
    Bruchteilsgemeinschaft
    - es handelt sich nicht um die vertragliche Wiederherstellung einer EG,
    sondern um die Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft
    - es verhält sich nicht so, dass eine EG ein Grd im Sinne des Nachlasses
    erwirbt, sondern um eine Auflassung von Miteigentumsanteilen
    - eine Surrogation iSv § 2041 BGB liegt nicht vor (keine Ersatzsurrog.
    und keine Mittelsurrogation).
    Daher kann m.E., wie auch bereits Ulf ausgeführt hat, die Auflassung unproblematisch erfolgen, erforderlich ist nur die Auflassung, die dingliche Einigung, vgl. § 20 GBO, nicht jedoch auch der Vergleich.
    Soweit der Erwerb durch E und F in Erbengemeinschaft bzgl. eines 1/4 Anteils betroffen ist, bin ich wie Ulf der Ansicht, dass hier der Erbnachweis iSv § 35 Abs 1 GBO zu führen ist.
    Nach dem Nachweistypenzwang des § 35 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch Erbschein oder durch Vorlage eines öffentlichen Testaments samt Eröffnungsniederschrift geführt werden, nicht jedoch durch Erklärung vor dem Notar, und zwar in der Auflassungsurkunde. Ohne Nachweis der Erbfolge besteht auch die Gefahr der GB-Unrichtigkeit (falsches Beteiligungsverhältnis).

  • Dass ein Surrogationserwerb im vorliegenden Fall überhaupt nur für den von E und F erworbenen 1/4-MitEigtAnteil in Betracht kommt, steht völlig außer Frage, weil es nur einen Nachlass gibt (nämlich denjenigen nach D), an dem mehrere Miterben beteiligt sind.

    Ich halte daran fest, dass der Erbschein nach D im vorliegenden Fall nicht vorzulegen, sondern nur der Surrogationserwerb zu belegen ist. Wenn erwerbende Eheleute angeben, in Gütergemeinschaft zu leben, verlangt man auch nicht die Vorlage des Ehevertrags.

  • Ich kann den Ausführungen von Ulf nicht zustimmen, weil im vorliegenden Fall nicht das formelle Konsensprinzip des § 19 GBO, sondern das materielle Konsensprinzip des § 20 GBO und die stets zu prüfende Erwerbsfähigkeit des Erwerbers in Frage steht.


    Ja, natürlich ist das ein Fall von § 20 GBO. Dennoch braucht uns der schuldrechtliche Hintergrund - also wieso und warum etwas übertragen wird - nicht näher interessieren.
    Der Vergleich ist hier nur schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft, die dingliche Einigung ist gesondert in notarieller Urkunde erklärt. Die Vorlage des Vergleichs ist also überflüssig, da sich der Eigentumsübergang allein nach der Auflassung richtet.


    Ich halte daran fest, dass der Erbschein nach D im vorliegenden Fall nicht vorzulegen, sondern nur der Surrogationserwerb zu belegen ist. Wenn erwerbende Eheleute angeben, in Gütergemeinschaft zu leben, verlangt man auch nicht die Vorlage des Ehevertrags.


    Das ist allerdings richtig.

    In der Praxis würde ich mir einen bereits erteilten oder beantragten Erbschein dennoch vorlegen lassen. Ich würde aber nicht darauf drängen, dass extra nur deshalb noch ein ES-Verfahren angestrengt wird.
    (Obwohl das natürlich nicht konsequent ist, was mir aber durchaus bewusst ist.)

    Ulf

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