Anordnung nach § 850c Abs.4 ZPO

  • Wird in dem eröffneten Verfahren angeordnet, dass der Ehegatte nicht als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen ist (oder z.B. Zusammenrechnung), wirkt diese Anordnung auch für die WVP oder verliert sie mit Aufhebung des Verfahrens ihre Wirksamkeit, so dass für die WVP eine erneute Anordnung nach § 292 Abs. 1 InsO zu erlassen ist.

    Es wird aber auch die (meiner Meinung nach nicht richtige) Auffassung vertreten, dass die Feststellung des pfändbaren Einkommens auch über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinaus gilt. § 292 Abs. 1 InsO wäre nur für den Fall gedacht, dass sich die Verhältnisse nach der Aufhebung des Verfahrens ändern. Das widerspricht meiner Meinung nach aber dem ganzen Prinzip der Zwangsvollstreckung und ist darüber hinaus auch noch unlogisch, das die Anordnung lautet: "In dem Verbraucherinsolvenzverfahren ... wird angeordnet..."

    Vielen Dank für die hoffentlich zahlreichen Meinungen.

    Gruß Hego

  • Ob die Meinungen so zahlreich werden wage ich zu bezweifeln. Es gibt wohl nur wenige mit Insolvenz beschäftigte Rechtspfleger hier im Forum, aber jetzt ist es ja wenigstens einer mehr :) .

    Also, ich habe mir noch keine großen Gedanken über die zeitliche Begrenzung der Anordnungen nach § 850c IV gemacht. Grundsätzlich ist natürlich zwischen dem eröffneten Verfahren und der Laufzeit der Abtretungserklärung oder Wohlverhaltensphase zu unterscheiden. Im Verfahren unterliegt der pfändbare Betrag dem Insolvenzbeschlag, in der WVP ist er rechtsgeschäftlich abgetreten. Und auch wenn die entscheidenden Normen im Verfahren wie auch WVP anwendbar sind, einen "automatischen Übergang" der Entscheidungen zwischen beiden ist nicht normiert.

    Also, eine Lücke. Was hätte sich der Gesetzgeber nun dabei gedacht, wenn er diese Lücke rechtzeitig bemerkt hätte? (Dumme Frage und eigentlich natürlich rhetorischer Natur: NICHTS hätte er gedacht.)
    Aber das Gericht soll so wenig wie möglich bemüht werden. Und wenn sich an den Voraussetzungen nichts geändert hat, dann würde das Gericht 2x eine gleichlautende Entscheidung treffen. Dafür gibt es keinen verständlichen Grund. Es wäre die Akte nach den getroffenen Entscheidungen zu durchforsten nur um diese zu wiederholen und bekanntzumachen, mit neuer Rechtsmittelfrist etc.

    Die Beteiligten, insbesondere die Schuldner sehen das Verfahren so oder so in der Mehrheit als einheitliches.

    Da also Entscheidungen über den pfändbaren Betrag getroffen wurden, so steht für die Beteiligten nun fest, wie hoch dieser ist. Diese Entscheidung sollte ohne weitere Erklärungen oder Wiederholungen bis zur Aufhebung der Entscheidung fortgelten. Schließlich ist es den Beteiligten unbenommen einen neuen Antrag zu stellen.

    Ich habe allerdings keine Norm, die diese meine Ansicht stützt. Im allgemeinen Zwangsvollstreckungsrecht können wir uns hier nicht anlehnen. Den da könnte es zu Unterschieden in der Auskehrung des pfändbaren Betrages führen, wenn nur ein nachrangiger Gläubiger für sich die entsprechende Entscheidung erwirkt. Im Insolvenzverfahren soll der Betrag aber für alle Gläubiger zur Verfügung stehen.

    Gibt es denn einen konkreten Fall und Anlass zu dieser Frage? Wenn dann hat wohl ein Schuldner aufbegehrt, ist zumindest denkbar.

    Also, mein Fazit: das Gericht soll nicht mehr bemüht als nötig werden, die einmal getroffene Entscheidung soll fortbestehen.

    Gute Anregung aber, ich werde meine § 850c IV Beschlüsse evtl. mit einem entsprechenden Passus ergänzen: "Dieser Beschluss gilt bis zur Entscheidung über die Restschulbefreiung." oder ähnliches. Oder in der Aufhebung des Verfahrens die Fortdauer der entsprechenden Beschlüsse anordnen.

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

    Die Frage stellt sich schließlich für den Drittschuldner ebenso wie für jeden anderen Beteiligten.

    Sicherlich wäre es sinnvoll in dem Beschluss zum Ausdruck zu bringen, dass die Anordnung auch für die WVP gilt.

    Ich sehe ebenso zwei verschiedene "Verfügungen". In dem Insolvenzverfahren wird bestimmt, was zur Masse gehört. Nach der Aufhebung gibt es keine Masse, nur das, was der Schuldner abgetreten hat. Der Umfang der Abtretung muss sich aus der Abtretung selbst ergeben oder, wie in diesem Ausnahmefall, nach § 292 Abs. 1 InsO bestimmt werden.

    Würde nun ein Neugläubiger in der WVP pfänden und diese Anordnung beantragen, dann stände nur ihm der Mehrbetrag zu. Ob das so gewollt ist glaube ich nicht, aber ohne Anordnung keine erweiterte Pfändung oder Abtretung.

    So ohne weiteres die Fortdauer der Anordnung anzunehmen würde ich nicht meinen, schließlich sind es zwei in sich abgeschlossene Phasen.

    Gruß Hego

  • Nun, das mit der Fortdauer ist ja gerade das Problem. Aber solange ich amtswegig daraus keines mache warte ich auf einen Antrag.

    Allerdings hat das Gericht doch schon mal eine Feststellung getroffen. Demnach ist für die Beteiligten klar wie sich der Pfändungsbetrag ermittelt. An den Umständen und Gründen des § 850c IV Beschlusses hat sich durch die Aufhebung des Verfahrens ja nichts geändert. Eine Abänderung des Beschlusses wäre ja erst auf Antrag bei geänderten Verhältnissen angezeigt.

    Aber wie siehst Du die Sache? Automatisches ausser Kraft treten der Beschlüsse? Hat sich dann der Antrag nach § 850c IV erledigt oder wäre über diesen neu zu befinden? Siehst Du eine Notwendigkeit von Amts wegen tätig zu werden oder stellst Du den Treuhänder in die Pflicht, neue Anträge zu stellen?

  • Hm. Ich sehe gerade, Du gehst die Sache von der "anderen" Seite an, nicht vom Gericht her.

    Wie sieht die Sache für einen Drittschuldner aus? Muss hier also mal schnell gedanklich die Seiten wechseln.
    Ich denke, der Drittschuldner wird sich immer auf die zuletzt ergangenen Beschlüsse im Verfahren berufen können. Wendet sich der Schuldner nun alleinig an den Drittschuldner mit der Maßgabe, es seien alle gesetzliche Unterhaltspflichten zu berücksichtigen, dann kann man den Schuldner auf einen Antrag an das Insolvenzgericht verweisen.

    Abgetreten hat der Schuldner seinen pfändbaren Betrag. Wie sich dieser ermittelt wurde durch das Gericht mit einem Beschluss nach § 850c IV festgestellt. Und bis zur Abänderung dieses Beschlusses kann sich der Drittschuldner auf diesen berufen und hat ihn meiner Ansicht nach auch zu beachten.

  • Nun, ich denke ganz einfach. Nach § 35 InsO umfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.

    Ergänzung dann durch § 36 Abs. 1 InsO (ist klar) und § 36 Abs. 4 InsO:

    Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig.

    In dem Beschluss heißt es dann in der Regel:

    In dem Insolvenzverfahren..... wird angeordnet.

    Logisch wäre dann ja auch, dass diese Anordnung mit der Aufhebung des Verfahrens seine Wirksamkeit automatisch verliert und der TH einen Antrag (nach § 292 Abs. 1 InsO) stellen müsste. Ich weiß, dass das eigentlich Blödsinn ist. Aber wenn die Anordnung in dem Insolvenzverfahren ergeht und nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass es auch für die Laufzeit der Abtretung gilt, dann habe ich da meine Zweifel. Gleiches würde ja auch für eine Erhöhung der unpfändbaren Beträge nach § 850f Abs. 1 ZPO gelten.

    Dann stört mich noch ein Wort, nämlich "....der Zwangsvollstreckung unterliegt..." Hier ist nicht von der Insolvenzmasse die Rede, aber auch nicht von der Abtretung. Die Abtretung ist nun mal keine Zwangsvollstreckung, auch wenn das abtretbar ist, was pfändbar ist. Es kommt vielleicht nicht zu sehr darauf an was gewollt ist, sondern was gesagt (angeordnet) ist.

    Es findet sich weder in § 36 Abs. 4 InsO eine Bestimmung, dass die Anordnung dann auch für die WVP gilt, noch in § 292 Abs. 1 InsO, dass eine Anordnung nach § 36 Abs. 4 InsO weiter gilt und schon gar nicht in § 287 Abs. 2 InsO.

    Es ist richtig, dass die Gerichte so wenig wie möglich und während der WVP so gut wie gar nicht belastet werden. Aber das gilt auch für den AG, der aufgrund der im vom Gesetzgeber zugedachten Sicherheit, Klarheit und Bestimmtheit der Beschlüsse wissen muss, in welchem Umfang die Anordnung wirken soll. Eine Entlastung der Gerichte kann nicht zu Lasten des AG führen.

    Leider finde ich dazu weder bei Nehrlich/Römermann noch bei Eberhard Braun etwas in den Kommentaren. Vielleicht werde ich ja sonst wo noch fündig, ich werde es dann auf jeden Fall mitteilen.

    Es wäre aber auf jeden Fall sinnvoll, dass ein solcher Beschluss erkennen lässt, wie lange er wirken soll.

    Gruß Hego

  • Leider ist auch die BT-Drucksache nicht geeignet, Licht in die Sache reinzubringen:

    http://dip.bundestag.de/btd/14/064/1406468.pdf

    Es gibt keine Verbindung der beiden §§ 36 und 292.

    Aber hier:

    Absatz 4
    Für die Entscheidung, ob ein bestimmter Gegenstand der
    Zwangsvollstreckung unterliegt und damit vom Insolvenzbeschlag
    erfasst wird, soll das Insolvenzgericht zuständig
    sein.

    wird nur von dem Insolvenzbeschlag gesprochen.

    ...und hier:

    6. Zu § 292 Abs. 1

    Gerade in der Treuhandphase des Restschuldbefreiungsverfahrens
    ist es sinnvoll, die Vorschriften der Zivilprozessordnung
    entsprechend anzuwenden, die es erlauben, besonderen
    Fallkonstellationen Rechnung zu tragen, die von den
    pauschalierten Pfändungsfreigrenzen nicht erfasst werden.
    In einem neuen Satz 3 wird deshalb auf die in § 36 Abs. 1
    Satz 2 angeführten Vorschriften der Zivilprozessordnung
    verwiesen. Auch in dem Restschuldbefreiungsverfahren soll
    das Insolvenzgericht für die Entscheidung zuständig sein,
    welche Gegenstände der Zwangsvollstreckung unterliegen
    und damit abtretbar sind.

    nur von den Gegenständen, die abtretbar sind.

    Aber das bringt nicht wirklich weiter, auch wenn in beiden Fällen von "...Gegenständen der Zwangsvollstreckung unterliegen..." die Rede ist.

    Gruß Hego

  • Aber das ist doch auch schon des Pudels Kern, um den wir herumtanzen: pfändbar ist was abtretbar ist. Und abgetreten hat der Schuldner seinen pfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens. Und nur der pfändbare Anteil des Einkommens ist der Zwangsvollstreckung (von ein paar Ausnahmen abgesehen) unterworfen. Daher immer die gegenseitige Bezugnahme.
    Der Umfang, bzw. die Höhe des pfändbaren Betrages nun ist variabel und ergibt sich aus der Tabelle. Noch einmal, wenn eine Entscheidung getroffen wurde über den pfändbaren Betra, und derer kann es einige geben, nicht nur § 850c IV, dann wurde der pfändbare Betrag in seinem Umfang durch das Gericht bestimmt, erst wenn die Umstände sich ändern, dann ändert sich der unpfändbare Betrag. Der pfändbare Betrag ändert sich nicht durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

    Hätte ich als Insolvenzgericht darüber zu entscheiden wäre dies mein Argument. Das Insolvenzverfahren im Hinblick auf den Schuldner endet mit der Entscheidung über die Restschuldbefreiung. Und bis dorthin würde ich die Beschlüsse als wirksam und existent ansehen. Ich denke, das hat der Gesetzgeber auch so gewollt. Die Normen der InsO richten sich dergestalt jeweils auf neue Anträge.

    Umgekehrt betrachtet hat der Gesetzgeber aber auch nicht normiert, das die Beschlüsse ausser Kraft treten sollen oder gar müssen. Wie schon aus Posting #2: was hätte er gewollt, wenn er es erkannt hätte?
    Meine Vermutung: Fortbestand, denn das macht Sinn!

  • Vielen Dank, aber trotzdem für mich nicht ganz so logisch. Zwar vom Zweck her schon, nicht aber, wenn man von der allgemeinen Verfahrensweise im Vollstreckungswesen ausgeht. Da verliert der Beschluss nämlich automatisch die Wirksamkeit mit der Pfändung zu der er erlassen wurde.

  • Dabei werfe ich gleich mal einen anderen Punkt in den Raum: Kann denn der Treuhänder überhaupt einen Antrag gem. § 850c IV InsO in der WHV stellen ? Nach § 292 ist er ja eigentlich nur Geldeinsammler.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Zitat von Hego

    § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO:

    § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend.



    Das ist mir schon klar.

    Aber grundsätzlich hat der Treuhänder ja den Schuldner nicht zu überwachen. Er hat nach dem Gesetz den Drittschuldner von der Abtretung zu unterrichten und die Beträge, die er erlangt, ggfs. einmal jährlich auszukehren. Ob er daneben - ohne konkrete Beauftragung gem. § 292 II InsO - zu überprüfen hat, ob der pfändbare Betrag richtig errechnet wurde und ob vielleicht eine Unterhaltspflicht entfallen ist, ist ja zumindest diskussionswürdig.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Also komme ich zu dem Schluss, dass manchmal mehr Unsinn als Sinn in der InsO steckt, zumindest was dieses Thema angeht.

    Die TH meinen ohnehin überwiegend das selbst bestimmen zu können.

  • Ja, der Treuhänder hat das Geld einzusammeln. Also ist er dazu verpflichtet und wenn ihm dann auch noch ein Antragsrecht auf Abänderung des pfändbaren Betrages eingeräumt wird, dann hat er wohl den "maximalen" pfändbaren Betrag einzusammeln. Tut er das nicht, dann macht er sich schadensersatzpflichtig.

    @ Hego: bei der Dauer der "Entwicklung" der InsO macht man sich schon Gedanken, welche Gedanken sich die Entwickler dieses Gesetzes nicht gemacht haben. Ein Beispiel möchte ich in einen neuen Thread einstellen.

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