§ 1822 bei Erweiterung Sicherungszweckerklärung?

  • Auf dem Grundstück einer Erbengemeinschaft mit Mdj. ist eine Grundschuld über 60.000 € eingetragen. Die dazugehörige Zweckerklärung sichert nur Verbindlichkeiten über 40.000 €, die eine von den Erben betriebene GmbH gegenüber der Bank hat.

    Nun soll der Kredit der GmbH und damit die Sicherungszweckerklärung der Grundschuld auf weitere 10.000 € erweitert werden.

    Fällt dieses Rechtsgeschäft unter § 1822 Nr. 10 BGB "zur Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft"? Grundsätzlich wohl ja (Palandt/Diederichsen, Rdnr. 23), aber die dingliche Haftung ändert sich ja nicht :gruebel: .

  • Im vorliegenden Fall ist die Grundschuld wirksam zu Lasten des minderjährigen erbengemeinschaftlichen Miteigentümers bestellt, weil die Grundschuld bereits vor dem Erbfall (mit Zweckerklärung über 40.000 €) im Grundbuch eingetragen war. Die Rechtslage ist somit die gleiche, als wenn die Grundschuld von den Erben bestellt und im Hinblick auf die Minderjährigkeit eines Miterben (mit Zweckerklärung über 40.000 €) vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden wäre.

    Für die Anwendung des § 1822 Nr.10 BGB ist nicht alleine darauf abzustellen, ob sich die dingliche Haftung des Minderjährigen erweitert. Entscheidend ist vielmehr, ob durch die Zweckerklärung im Vergleich zum bisherigen Rechtszustand eine zusätzliche fremde Verbindlichkeit i.S. der Norm übernommen wird (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1822 RdNr.44). Dies ist zweifelsfrei der Fall, weil die neue Zweckerklärung die Haftung für fremde Verbindlichkeiten um weitere 10.000 € erhöht. Es gilt somit der Grundsatz, dass die gegenüber einem Minderjährigen -gleich aus welchem Rechtsgrund- wirksam gewordene Zweckerklärung ohne familien- bzw. vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht mehr nachträglich zum Nachteil des Minderjährigen geändert werden kann (Senft MittBayNot 1986, 230, 232).

    Die famg/vormg Genehmigung ist also erforderlich.

  • nur mal interesse halber:

    ist im ursprünglichen sicherungsvertrag nicht eine formulierung enthalten, dass die grundschuld alle, also auch künftige forderungen gegen den persönlichen schuldner absichert ?

    in diesem fall wäre doch dann zu überlegen, ob nicht vielleicht ein neuer sicherungsvertrag unnötig wird.
    allerdings hab ich von sicherungsvereinbarungen zu wenig ahnung, um da detailiert was dazu sagen zu können.

  • Eine unbeschränkte Zweckerklärung für alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen ist im allgemeinen nur üblich, wenn dinglicher und persönlicher Schuldner identisch sind. Ist dies nicht der Fall, so wird die Zweckerklärung in der Regel auf einen konkreten Forderungsgrund (Darlehen Nr. ...) und auf eine konkrete Forderungshöhe beschränkt. Für den Normalfall ist daher davon auszugehen, dass bereits die vom Erblasser unterzeichnete Zweckerklärung in diesem Sinne beschränkt war, wenn er von vorneherein ebenfalls nur dinglicher Schuldner war. Liegt dagegen unüblicherweise eine unbeschränkte Zweckerklärung des Erblassers vor, so ist LuckyStrike natürlich darin zuzustimmen, dass es überhaupt keiner neuen Zweckerklärung (und damit natürlich auch keiner gerichtlichen Genehmigung hierzu) bedarf.

    Ein kurzer Vergleich mit der Bürgschaft: Wenn jemand für die Verbindlichkeiten eines Dritten bürgt, ist es aus den genannten Gründen ebenfalls üblich, dass die Bürschaft ebenfalls auf den konkreten Forderungsgrund und -vor allem- auf einen bestimmten Höchstbetrag- beschränkt wird. Ansonsten würde der Bürge ja ein unkalkulierbares Risiko im Hinblick auf den Umfang seiner Bürschaft eingehen. Für die dingliche Besicherung fremder Verbindlichkeiten durch Grundpfandrechte gilt aber insoweit nichts anderes.

  • Nach dem Ausgangsfall wird doch auch die GmbH von der Erbengemeinschaft betrieben, der das Grundstück gehört. Hier stellt sich mir die Frage, ob es sich dann überhaupt um eine fremde Verbindlichkeit handelt.

  • Das habe ich mir auch schon überlegt, wollte es aber nicht problematisieren, weil die Fragestellung nicht darauf abzielte. Eine wirtschaftliche Identität von dinglichem Schulder (Eigentümer) und persönlichem Schuldner (GmbH) kann m.E. nur vorliegen, wenn im Hinblick auf Grundstückseigentum und GmbH exakt die gleichen personellen und beteiligungsmäßigen Verhältnisse herrschen. Da dies bereits ausscheidet, wenn der Erblasser nur Mitgesellschafter der GmbH war, erscheint eine solche Identität allenfalls denkbar, wenn es sich um eine Einmann-GmbH des Erblassers gehandelt hätte.

    Nur wenn die beschriebene (vollständige) wirtschaftliche Identität vorliegt, kann sich überhaupt die Frage stellen, ob es sich im vorliegenden Fall um eine „fremde“ Verbindlichkeit i.S. des § 1822 Nr.10 BGB handelt. Ich würde dies bejahen, weil der minderjährige GmbH-Gesellschafter ja nur mit seiner Einlage haftet, während durch die Erweiterung der Zweckerklärung in jedem Fall eine Verschärfung der dinglichen Haftung des Minderjährigen für dessen Privatvermögen herbeigeführt wird. Unabhängig davon, dass ohnehin keine rechtliche Identität zwischen dinglichem und persönlichem Schuldner besteht, muss eine solche Haftungsverschärfung entsprechend dem Normzweck dem Genehmigungserfordernis unterliegen. Dies gilt umso mehr, als der GmbH-Geschäftsführer ansonsten die Möglichkeit hätte, beliebig Darlehen (ohne erforderliche gerichtliche Genehmigung!) für die GmbH aufzunehmen und sie ohne jede gerichtliche Kontrolle auf dem Privatvermögen des Minderjährigen dinglich abzusichern.

  • Ich gehe mal davon aus, dass der Mdj. keine persönliche Haftung übernimmt und stelle folgende These in den Raum:

    Das Grundstück haftet bereits dinglich für 60.000 EUR. Eine Erweiterung dort ist nicht eingetreten.

    Wenn der Mdj. auch keine persönliche Haftung übernimmt, ist m.E. der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 10 nicht erfüllt.

    Die Bank hat wegen der Grundschuld doch immer die Möglichkeit, in das Grundstück wegen 60.000 EUR zu vollstrecken. Worin besteht dann also dann die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich habe einen ähnlichen Fall gehabt.
    Die Eltern sind Eigentümer zu je 1/2 Anteil, das Grundstück ist mit einer Grundschuld in Höhe von 100.000,00 Euro belastet.

    Die Mutter ist verstorben, Erben sind die Kinder und der Mann gemeinsam.
    Der Mann hat den Kredit umgeschuldet, wegen günstigerer Zinsen.
    Für den neuen Kredit ist nur der Mann Darlehensnehmer,
    zur absicherung soll das Grundstück haften.

    hierzu ist eine Sicherungsabrede zu unterschreiben, die auch für die Kinder als Eigentümer mit abegegebn werden muss.
    Sonst kann die Bank wegen dieser Forderung nicht in das Grudbuch vollstrecken.
    Genehmigung war in dem Fall für die Sicherungsabrede

  • Jenny:

    Drehen wir den Fall doch einmal anders herum: Der Umschuldungskredit wäre gemeinsam von Vater und Kindern aufgenommen worden (wogegen ja gar nichts zu sagen wäre, wenn die Kinder Miterben und damit auch Mitschuldner der Erblasserverbindlichkeiten sind). In diesem Fall wäre die Kreditaufnahme nach § 1643 Abs.1 BGB i.V.m. § 1822 Nr.8 BGB vom Familiengericht zu genehmigen gewesen. Nun nimmt der Vater aber generöserweise den Umschuldungskredit alleine auf (was dem Familiengericht natürlich recht ist). Hierfür muss infolge Gläubigerwechsels natürlich eine neue Zweckerklärung erstellt werden, die nunmehr von den Kindern als ausschließlich dingliche Schuldner zu unterzeichnen ist. Wie Jenny völlig richtig bemerkt, bedarf die Zweckerklärung hier der familiengerichtlichen Genehmigung, weil die Kinder die dingliche Haftung für die persönlichen Schulden ihres Vaters übernehmen.

    Wieso sollte es anders sein, wenn persönlicher Schuldner von vorneherein ein Dritter ist und die bereits bestehende Zweckerklärung erweitert werden soll?

    Ulf:

    Du darfst nicht die abstrakte rechtliche (dingliche) Möglichkeit der Vollstreckung wegen des gesamten Grundschuldbetrages zum Maßstab nehmen. Denn die schuldrechtliche Zulässigkeit der Vollstreckbarkeit wird ja gerade durch die Zweckerklärung bestimmt, mit welcher Eigentümer und Gläubiger regeln, aufgrund welcher Forderungen und in welcher Höhe eine Vollstreckung überhaupt erfolgen darf. In diesem Kontext kann es aber doch nicht zweifelhaft sein, dass durch die Erweiterung der Zweckerklärung auf einen höheren Kreditbetrag eine Haftungsverschärfung für den Minderjährigen eintritt.

    Bitte nicht nur immer alles in dinglicher Hinsicht betrachten!

  • Wie sieht die Genehmigung einer Zweckerklärung eigentlich kostenrechtlich aus.

    Gilt § 95 II KostO mit der Folge, dass der Wert der Nennbetrag der Grundschuld ist (nach Hartmann, Rdnr. 18, kommt es allein auf den objektiven Wert des Rechtsgeschäfts an)?

  • Ich bin in F zwar nicht Kostenbeamter aber ich würde - aus dem Bauch heraus - den Nennbetrag der Grundschuld oder den Darlehensbetrag nehmen (den niedrigeren Wert). Ist das betr. Kind nur Miteigentümer, dann würde ich nur einen entsprechenden Bruchteil des genannten Werts ansetzen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wie sieht die Genehmigung einer Zweckerklärung eigentlich kostenrechtlich aus.

    Gilt § 95 II KostO mit der Folge, dass der Wert der Nennbetrag der Grundschuld ist (nach Hartmann, Rdnr. 18, kommt es allein auf den objektiven Wert des Rechtsgeschäfts an)?


    Was gilt heutzutage nach FamGKG hinsichtlich des Wertes für das Genehmigungsverfahren? Bin leider nicht fündig geworden in der Kommentierung.

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