Sachenrechtliche und grundbuchrechtliche Scherzfragen

  • Nachfolgend zwei „Scherzfragen“, die ich regelmäßig in der Referendarausbildung und in der Rechtspflegerfortbildung verwendet habe:

    Fall 1:

    A und B sitzen am Stammtisch. A fragt den B, wann er denn endlich seine „geliehenen“ 10.000 € zurückbekomme. B antwortet, dass er gerade nicht flüssig sei, dem A aber gerne eine zinslose Grundschuld an dem neben seinem Wohnhaus gelegenen Acker bestelle. A erwidert, dass er hiermit einverstanden sei. Der am Nebentisch sitzende Grundbuchrechtspfleger C, der A und B sowie die örtlichen Verhältnisse genau kennt, begibt sich am nächsten Tag in seine Dienststelle und trägt die Grundschuld zu 10.000 € an dem besagten Acker ein.

    Ist die Grundschuld entstanden?

    Fall 2:

    Wie Fall 1, nur dass B dem A die Übereignung seines Ackers zur Abgeltung der Darlehensforderung des A anbietet und A hiermit einverstanden ist. Der ebenfalls am Stammtisch sitzende örtliche Notar äußert daraufhin: Ja, so machen wir das, das geht in Ordnung.“ Der „lauschende“ GB-Rechtspfleger C trägt am nächsten Tag den Eigentumswechsel im Grundbuch ein.

    Wer ist Eigentümer des Ackers?


    Na, was meint ihr?

  • Ich trau mich jetzt mal:

    Fall 1: ja, GS ist entstanden
    Fall 2: A ist Eigentümer geworden.

    Hoffentlich liest das kein früherer Dozent von mir! :eek:

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • ich schließ mich (teiweise) mal an.

    1. grundschuld (sofern brieflos, darum teilweise) entsteht durch einigung und eintragung, was hier vorliegt. formvorschriften aus der GBO sind nicht materiell-rechtliches wirksamkeitserfordernis

    2. hier gilt neben § 873 BGB die sondervorschrift des § 925 BGB, nämlich das die einigung bei gleichzeitiger anwesenheit vor zuständiger stelle (u.a. dt. notar) zu erfolgen hat. liegt aber auch vor.


    und wenn das nicht stimmt, dann sind unsere dozenten schuld, dass wir so blöd sind, weil sandy und ich die selben hatten ;)

  • Mir kommt insbesondere der erste Fall schwer bekannt vor. Ist das nicht der Einstieg ins Grundbuchrecht. (bin ich gut ;) das ganze ist fast 15 Jahre her)
    Ich schließe mich Sandy und Lucky Strike an mit der gleichen begründung.
    Der C kriegt zwar mörderisch eins auf den Deckel, aber das war ja nicht die Frage.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Tja, auch wenn mir das Ergebnis nicht gefällt:

    Ich muss mich meinen Vorrednern anschließen.

    Ich kann keinen Verstoß gegen § 873 bzw. § 925 BGB erkennen. Einigung und Eintragung liegen als Voraussetzung zum Rechtserwerb vor und die Eintragung unter Außerachtlassen der Formvorschriften der GBO dürfte dem m.E. nicht entgegen stehen.

    Fraglich ist allerdings, ob die anwesenden Beteiligten allesamt geschäftsfähig waren (Alkoholrausch??) und ob die erklärte Einigung wirklich ernst gemeint war.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Bei so scheinbar banalen und grundsätzlichen Dingen liegt man ja meist völlig daneben :D

    Trotz wage ich es, mich anzuschliessen.

    Bei einer Briefgrundschuld nur mit der Maßgabe, dass sie dem Gläubiger erst mit Briefübergabe zusteht und vorher Eigentümerrecht ist (im Prinzip wie LuckyStrike).

  • Fall 1

    Die Grundschuld ist nicht entstanden. Der Ausschluss der Brieferteilung wurde nicht vereinbart, also wäre ein GS-Brief zu erteilen. Dieser fehlt noch. Wegen der fehlenden Übergabe des GS-Briefes (§§ 1192, 1117 BGB) keine GS.

    Fall 2

    A ist Eigentümer geworden. Da schließe ich mich an.

  • Ich arbeite zwar nicht mehr im Grundbuch, möchte aber auch antworten -was gibt´s zu gewinnen?-:
    -In beiden Fällen ist kein Antrag gem. § 13 GBO gestellt worden. Kann böse für den Rechtspfleger ausgehen, denn auch ohne Antrag, wird die eingetragene Rechtsänderung wirksam, wenn die sonstigen Vorraussetzungen vorliegen.
    -Beide Eintragungen sind rechtsändernder Natur. Es bedarf daher einer Bewilligung, die ebenfalls nicht vorliegt. Wie der Antrag dürfte die Bewilligung jedoch nur verfahrensrechtlich relevant sein, so daß auch hier die eingetragene Rechtsänderung wirksam sein könnte.
    -Die materiell-rechtliche Einigung bei der Grundschuld bedarf keiner Form. Sie ist nunmehr im Grundbuch eingetragen, die Entstehungsvorraussetzungen sind mithin erfüllt, so daß die Grundschuld entstanden sein könnte. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob in dem Sachverhalt eine materiell-rechtliche Einigung vorliegt oder nur eine Absichtserklärung. Sollte keine Einigung vorliegen dürfte die GS nicht entstanden sein. M.W. kann die Einigung auch nachgeholt werden. Ich gehe aber mal davon aus, daß in den Erklärungen eine Einigung zu sehen ist, also ist die Grundschuld entstanden. Ob Briefrecht oder nicht spielt keine Rolle. Die Frage war ja nicht für wen sie entstanden ist.
    -Zum Eigentumserwerb gehört die Auflassung. Anders als bei der Grundschuld muß die Einigung dem GBA nachgewiesen werden. Wurde hier also eine Einigung erklärt oder lediglich schuldrechtlich verfügt? Ich denke letzteres, so daß mangels Einigung kein Eigentumsübergang erfolgt sein kann.

    So, jetzt bitte ich um Nachsicht. Mein Studium liegt nun fast 30 Jahre zurück und GB mag ich eigentlich garnicht mehr.

  • Ich muss mich zum Fall 1 präzisieren:

    Dem A steht die Grundschuld erst mit Briefübergabe zu. Er ist also kein GS-Gläubiger. Entstanden ist hier eine Eigentümergrundschuld. Die Frage ist von daher zweideutig: Ist die GS entstanden, oder ist eine GS entstanden?

  • Mal von den ganzen verfahrensrechtlichen Mängeln abgesehen.

    zu 1. Schließe mich voll und ganz an, EGS mangels Briefübergabe.

    Zu 2. Dem Wortlaut der Aufgabe nach bietet B die Übereignung an, A ist damit einverstanden, also mit dem Angebot einverstanden, nicht dem Eigentumsübergang. Nicht durch den Sachverhalt dargetan ist die Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück selber. Eigentlich ist dieses Angebot und Einverständniserklärung als Verpflichtungsgeschäft zu betrachten, Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit durch Auflassung des Grundstücks. Anwesender Notar hin oder her, diese wäre formnichtig, aber heilbar. Mangels erklärter Auflassung erfolgte kein Eigentumsübergang, trotz Grundbucheintrag.

  • Also, auch ich wage mal die Beantwortung der Fragen und schließe mich meiner Kollegin Sandy an... ob ich jetzt gleich mein ehemaliger Dozent kommt udn mir eines auf den Deckel gibt?... *wartet*... nö... alles glatt gegangen... :D

  • @ Harry

    Zu Fall 2 steht im Sachverhalt:
    "... B dem A die Übereignung seines Ackers zur Abgeltung ..."
    "A erwidert, dass er hiermit einverstanden sei. "


    Also, wenn dass keine Auflassung ist!?

  • Aber auch so denkbar:
    "Pass auf, wegen dem Darlehen, wie wäre es Du kriegst meinen Acker und die Sache ist erledigt?"
    "Ist in Ordnung, den Acker würde ich schon nehmen."

    Ist mit dem Sachverhalt vereinbar.
    Für mich klingt die Sache eher nach einem Verpflichtungsgeschäft.

  • Schon, aber ich dachte auch, so was wie in den Klausuren an der FH oder die Fälle im Studium, das gibts doch gar nicht in der Praxis.
    Keine 2 Wochen am GBA gewesen, und schon hatte ich die Problematik eines wirksamen Kaufvertrages samt enthaltenen Erklärungen rauf und runter.
    Oder am Amtsgericht, da kriegte ich nach 3 Monaten ein Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff ZPO, wegen im Strafverfahren beschlagnahmter und hinterlegter Gelder. Halleluja.

    Es gibt halt nichts, was es nicht gibt, sonst gäbe es auch das Forum nicht.

  • Stimmt schon, ich hatte mal den typischen Klausurfall nach 1612 II 2 BGB. Ich habe mich dann auf den Standpunkt gestellt, dass ich entscheiden darf (weil Teil der elterlichen Sorge) und wohl das Erste und vielleicht einzige Mal in meinem Leben eine einstweilige Anordnung erlassen. Damit war die Sache dann auch schon vom Tisch. Gehört aber eigentlich nicht hierher.

  • 1. Die GS ist nicht entstanden.

    2. Es hat kein wirksamer Eigentumsübergang stattgefunden.

    Beide Eintragungen sind gemäß § 53 GBO von Amts wegen zu löschen, da sie nichtig sind. Es fehlen hier insbesondere verfahrensrechtlich wirksame Erklärungen (§ 29 GBO). Da diese gänzlich fehlen, sind die vorgenommenen Eintragungen unzulässig und daher von Amts wegen zu löschen. Im übrigen würde ich dem Kollegen c) raten den Rechtspflegerberuf an den Nagel zu hängen.

  • Zitat von Leau-Tar

    1. EGS nach 873, 1191, 1192, 1113, 1116 I, 1117, 1163 II, 1177

    2. Eigentumsübergang nach 873, 925 (+)



    Huch! Was haben denn diese ganzen Zahlen zu bedeuten??! War das ne Matheaufgabe?!

    Ach, warte mal! Die 873 und 925 hab ich auch schon mal irgendwo gesehen...

    ;)

    Ulf

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