§ 10 GBBerG und § 1170 BGB

  • In einem Aufgebotsverfahren habe ich folgendes Problem:

    Das Grundstück war mit einem Grundpfandrecht i.H.v. 6.500,00 RM belastet. Die Eigentümerin hat nach § 10 Abs. 1 GBBerG den umgerechneten Nennbetrag hinterlegt, dass Grundpfandrecht löschen lassen und sodann das Grundstück lastenfrei veräußert.

    Nunmehr beantragt die jetzt ehemalige Eigentümerin, den Gläubiger des Grundpfandrechts - für den sie beim AG den Nennbetrag hinterlegt hat - mit seinem Recht auf Auszahlung des hinterlegten Betrages auszuschließen, da der Gläubiger bzw. Rechtsnachfolger nicht ermittelt werden kann bzw. nicht mehr vorhanden ist.

    Ich bin der Meinung, dass für das hier beantragte Verfahren nach § 1170 BGB kein Raum ist, da die Antragstellerin zum einen nicht mehr Eigentümer des Grundstücks ist und zum anderen das Grundpfandrecht ja bereits gelöscht wurde. Die Herausgabe des hinterlegten Betrages kann m.E. erst nach der in § 19 HinterlO bestimmten Frist erfolgen. Im übrigen sieht die Hinterlegungsordnung einen Ausschluss eines Berechtigen im Wege eines Aufgebotsverfahrens nicht vor. Letztendlich dürften sich die Verfahren nach § 1170 BGB und § 10 GBBerG gegenseitig ausschließen, denn entweder die schnelle und einfache Variante des § 10 GBBerG mit der Gefahr, an das Geld erst in 30 Jahren wieder ran zu kommen oder den aufwendigen Weg des § 1170 BGB und dafür nichts hinterlegen müssen.

    Wie seht ihr dass. Die Antragstellerin versteht natürlich die Welt nicht mehr, weil man Ihr gesagt hat: "Hinterlegen Sie doch erst einmal und die Herausgabe des hinterlegten Betrages klären wir dann über das Aufgebotsverfahren." Leider hat man die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn ich böser Aufgebotsrechtspfleger sehe das leider anders.

  • Das sehe ich genau so.

    Ein Aufgebotsverfahren zur Ausschließung eines Berechtigten kann nur in den gesetzlich vorgegebenen Fällen durchgeführt werden. Im Falle der Hinterlegung gibt es (aus gutem Grund) keine entsprechende Regelung.

  • Gibt es dafür Rechtssprechung o.ä. Ich habe nichts gefunden. Dass sich § 1170 BGB und § 10 GBBerG gegenseitig ausschließen, habe ich im Ergebnis aus der Kommentierung zu § 10. Aber konret steht das da natürlich nicht. Der Antragstellervertreter springt im Dreieck, da er nur dass getan hat, was man ihm im Grundbuchamt bzw. bei der Hinterlegungstelle gesagt hat und muss sich nun gegenüber seinen Mandanten rechtfertigen, die die nächsten 30 Jahre ihr Geld nicht zurück bekommen.

    Ich möchte daher meine Entscheidung zur Ablehnung des Aufgebots vernünftig begründen und gern mit Fundstellen untermauern.

  • Ich habe gesucht, aber auch nichts gefunden.

    Es ist nun mal so, dass kein Fall des § 1170 BGB mehr vorliegt.

    Soll der Gläubiger der Hinterlegungsmasse per Aufgebot ausgeschlossen werden, so müsste es dafür eine konkrete gesetzliche Regelung geben.

  • Danke für´s suchen, raicro. Dann muss es halt so gehen. Ich lehne den Antrag mangels gesetzlicher Grundlage ab. Soll doch im Fall der Beschwerde das LG darüber entscheiden. Das Ergebnis werde ich dann hier mitteilen.

  • Auch nach erfolgter Ablösung i.S. des § 10 GBBerG ist zulässig, ein Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB (ggf. i.V.m. § 6 Abs.1 a GBBerG) durchzuführen, obwohl das Grundpfandrecht durch die Ablösung bereits erloschen ist, weil § 10 GBBerG den Eigentümer nicht benachteiligen will, sondern nur ein Verfahren zur Verfügung stellt, um eine kurzfristige Lastenfreistellung des Grundstücks herbeiführen zu können. Wird der Gläubiger nach erfolgter Ablösung dementsprechend mit seinem Recht ausgeschlossen, kann der Eigentümer somit in analoger Anwendung des § 10 Abs.3 GBBerG die hinterlegte Summe zurückverlangen (Bauer/v.Oefele/Maaß § 10 GBBerG RdNr.32; Eickmann/Böhringer, Sachenrechtsbereinigung, § 10 GBBerG RdNr.55; LG Erfurt, Beschluss vom 26.5.1995, Az. 2 T 38/95).

  • Ups, es geht also doch. Und ich hatte die von Juris2112 im Eickmann/Böhringer genannte Kommentarstelle die ganze Zeit vorliegen - nur leider immer überlesen. Allerdings haben dass die Kollegen auch nicht gewusst, sondern "nur" nach Bauchgefühl gehandelt.

    Juris2112, was würden wir nur ohne Dich tun? Danke.

  • Die Entscheidung des LG Erfurt ist laut Kommentar nicht veröffentlicht. Ich versuche Sie vom LG anzufordern. Aber jetzt ist Mittag und da geht keiner ans Telefon.

  • Haben Sie die Entscheidung nunmehr vorliegen? Wäre sicher für andere auch interessant.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Ich habe die Entscheidung vom LG Erfurt angefordert. Allerdings steht sie nur als Kopie auf dem Papier zur Verfügung. Sobald ich sie habe, werde ich das hier melden. Wer sie dann haben will, kann mir gern per PN seine Adresse geben. Ich schicke sie dann.

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