Umschreibungsantrag nach Inso-Eröffnung

  • Hallo Leute!

    Ein Kollege hat folgenden Fall:

    Eingetragen ist seit dem 01.08.06 eine Vormerkung aufgrund eines notariellen Kaufvertrages über ein Erbbaurecht - mit dingl. Einigung - vom 01.06.06.

    Am 02.05.07 erfolgt nun Inso-Eröffnung über den Veräußerer/Erbbauberechtigten.

    Am 04.05.07 geht Antrag auf Umschreibung des Erbbaurechts ein. Sämtliche Eintragungserfordernisse sind erfüllt. Auch Zustimmung des Eigentümers liegt vor (vom 10.04.07).

    Am 10.05.07 geht nun Ersuchen des Inso-Gerichts auf Eintragung eines Inso-Vermerks ein. Umschreibung ist noch nicht vollzogen.

    Was tun?
    § 878 BGB trifft vom Wortlaut hier nicht zu, da der Antrag noch nicht eingegangen war, als das Inso-Verfahren eröffnet wurde.

    Aber was ist mit der bereit länger eingetragenen Vormerkung?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das Insolvenzverfahren ist eröffnet worden, bevor der Antrag auf Umschreibung eingegangen ist. Der Schutz des § 878 BGB greift nicht. Strittig ist, ob der Erwerber gegenüber dem Grundbuchamt aus § 892 BGB einen Anspruch auf Vollzug der Umschreibung und somit auf Vollendung des gutgläubigen Erwerbs hat[1]. Ob aber für einen redlichen Verfügungsempfänger gutgläubiger Rechtserwerb durch die Eintragung auch dann herbeizuführen ist, wenn das Grundbuchamt von der Verfügungsbeschränkung erfährt, ist höchst umstritten[2].

    Dein Kollege kann den Antrag auf Eintragung des neuen Erbbauberechtigten zurückweisen [3] oder dem Antrag gemäß der zunehmend vertretenen Gegenmeinung[4] stattgeben.

    [1] Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. RN 128

    [2] Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. RN 352

    [3] so z.B. OLG Karlsruhe Rpfleger 1998, 68; Berstelmeyer Rpfleger1997. 424 und Stöber, GBO-Verfahren und Grundstückssachenrecht, RN 321-326, 343.

    [4] K/E/H/E, GBO, 5. Aufl., RN 98, 100 zu § 19 GBO; MüKo, BGB, 4. Aufl. RN 70 zu § 892; Meikel, GBO, 9.Aufl., Einl. H 68 ff; Staudinger, BGB, 2002, RN 203 zu § 892 BGB

  • Nachtrag:

    Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 21.11.2005, 20 W 462/04) ist trotz einer insolvenzfesten Auflassungsvormerkung gegen die Umschreibung. In dem dort entschiedenen Fall war sogar der Antrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen. Es fehlte aber noch die Zustimmung des WEG-Verwalters. Diese ging erst nach Insolvenzeröffnung ein. Nach dem OLG Frankfurt setzt § 878 BGB voraus, dass alle materiellrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen (auch Zustimmungen Dritter) vor Eintritt der Verfügungsbeschränkung vorliegen. Der Berechtigte der insolvenzfesten Auflassungvormerkung muss seine Rechte im Zivilprozess und nicht im Grundbuchverfahren geltend machen.

  • § 878 BGB greift nicht.

    Ich persönlich stehe nicht auf dem Standpunkt, dass das GBA einen gutgläubigen Erwerb sehenden Auges ermöglichen darf.

    Damit landest Du bei der Zwischenverfügung. Behebungsmöglichkeit ist die Zustimmung des Insolvenzverwalters. Wenn er nicht zustimmt, müssen die Beteiligten das Ganze zivilrechtlich ausfechten.

    Nachdem der Inso-Vermerk nachrangig eingegangen ist, ist er m. E. derzeit nicht einzutragen. Es bleibt abzuwarten, wie die ZV des ersten Antrags erledigt wird.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nun ja, es gibt aber ja durchaus die Möglichkeit, noch nach § 892 BGB zu erwerben und da der Inso-Verwalter aufgrund der eingetragenen Vormerkung den Erwerb ohnehin nicht wird verhindern können (wenn ich § 106 InsO richtig verstehe, muss er den Vertrag erfüllen), warum dann nicht gleich jetzt umschreiben??

    Prof. Günther Helwich, Dozent an der Nds. Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege - Fakultät Rechtspflege - in Hildesheim, spricht sich in seinen Unterlagen zum Kontaktstudium 2005 "Auswirkungen von Verfügungsbeschränkungen des Grundstückseigentümers auf das Grundbuchverfahrensrecht" aus folgenden Gründen für die Eintragung der Umschreibung aus:

    1. Die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs ist vom Gesetzgeber bei Schaffung der InsO bewusst und ausdrücklich positiv berücksichtigt worden. § 91 Abs. 2 InsO schafft ausdrücklich die Möglichkeit, trotz erfolgter Eröffnung nach § 892 BGB noch gutgläubig vom Inso-Schulder zu erwerben.
    2. Nach dem Prioritätsgrundsatz der GBO hat das GBA streng nach der Reihenfolge des § 17 GBO vorzugehen. Das spätere Ersuchen des Inso-Gerichts hat daher bis zu Erledigung des früheren Umschreibungsantrags gar nicht zu interessieren, da ein Erwerb des Käufers materiell nach wie vor (über §§ 91 InsO, 892 BGB) möglich ist.

    Die Auffassung in Bezug auf den gutgl. Erwerb wird für die Fälle, in denen für den Erwerber bereits eine Vormerkung eingetragen ist (wie hier), auch vom OLG Karlsruhe gestützt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.09.1997, Az. 11 Wx 60/97, Rpfleger 1998, 68).
    Hier wird argumentiert, dass der Erwerber durch die Vormerkung bereits eine besonders gesicherte Rechtspostition inne hat, denn selbst bei zwischenzeitlicher Eintragung eines anderen Eigentümers wäre noch auf den vormerkungsberechtigten umzuschreiben, da der Zwischenerwerb dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam wäre.

    Sooo eindeutig wie von HorstK dargestellt, ist die Rechtslage hier also wohl nicht und man kann sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass ohne weiteres noch umgeschrieben werden könnte.

    Weitere Meinungen??

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sooo eindeutig wie von HorstK dargestellt, ist die Rechtslage hier also wohl nicht und man kann sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass ohne weiteres noch umgeschrieben werden könnte.



    Wieso eindeutig? Zu #2 habe ich doch dargestellt, dass es auch möglich ist, dem Antrag auf Eintragung des Erwerbers stattzugeben. Mich stört persönlich an dieser Variante nur, dass das Grundbuchamt mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweismitteln überhaupt nicht beurteilen kann, ob der Erwerber gutgläubig ist. Woher will ich denn i.R. wissen, ob der Erwerber zum Zeitpunkt der Antragstellung von der Verfügungsbeschränkung nichts wusste (§ 892 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Und es überzeugt mich das OLG Karlsruhe, dass verlangt, dass bis zur Eintragung der der wahre Berechtigte und nicht der künftige eventuell gutgläubiger Erwerber zu schützen sei(Rpfleger 98, 68(69). Auch meiner Meinung nach schüzt das BGB den gutgläubigen Erwerber, wenn er denn eingetragen ist, aber nicht den Erwerbsvorgang.

    Und § 17 GBO schreibt nicht vor, dass ich die Erkenntnisse aus nachrangigen Anträgen nicht verwenden darf. Es wird lediglich verlangt, dass der früher gestellte Antrag vorher erledigt werden muss (Bestelmeyer, Rpfleger 1997, 424 (425). Dies kann auch durch Zurückweisung geschehen, weil ich erfahren habe, dass der Betroffene schon vor der Antragstellung seine Verfügungsbefugnis verloren hatte.

  • Sooo eindeutig wie von HorstK dargestellt, ist die Rechtslage hier also wohl nicht und man kann sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass ohne weiteres noch umgeschrieben werden könnte.



    Wieso eindeutig? Zu #2 habe ich doch dargestellt, dass es auch möglich ist, dem Antrag auf Eintragung des Erwerbers stattzugeben.


    Stimmt! :oops:

    Mich stört persönlich an dieser Variante nur, dass das Grundbuchamt mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweismitteln überhaupt nicht beurteilen kann, ob der Erwerber gutgläubig ist. Woher will ich denn i.R. wissen, ob der Erwerber zum Zeitpunkt der Antragstellung von der Verfügungsbeschränkung nichts wusste (§ 892 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB).


    Ist ein Argument, dass aber nicht in jedem Fall zutrifft.

    Ich weiß jetzt nicht, wie es in unserem Fall ist, aber wenn z.B. das Notaranschreiben zum Umschreibungsantrag vor dem Eröffnungstag datiert, kann man wohl davon ausgehen, dass der Erwerber bis dahin nichts wissen konnte.


    Und es überzeugt mich das OLG Karlsruhe, dass verlangt, dass bis zur Eintragung der der wahre Berechtigte und nicht der künftige eventuell gutgläubiger Erwerber zu schützen sei(Rpfleger 98, 68(69).


    Okay. Aber was ist mit der im gleichen Beschluss heraus gestellten besonderen Rechtspostition eines Vormerkungsberechtigten??


    Und § 17 GBO schreibt nicht vor, dass ich die Erkenntnisse aus nachrangigen Anträgen nicht verwenden darf. Es wird lediglich verlangt, dass der früher gestellte Antrag vorher erledigt werden muss (Bestelmeyer, Rpfleger 1997, 424 (425). Dies kann auch durch Zurückweisung geschehen, weil ich erfahren habe, dass der Betroffene schon vor der Antragstellung seine Verfügungsbefugnis verloren hatte.


    Schon. Aber das GBA hätte dem Umschreibungsantrag ja z.B. auch noch am Tag des Eingangs stattgeben können und dann hätte es noch keine Kenntnis vom Inso-Verfahren gehabt. Warum soll die "Langsamkeit" des GBA hier zu lasten des Erwerbers gehen?!

    Ulf

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  • Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Bereichen gutgläubigen Erwerb zugelassen hat, bedeutet m. E. nicht, dass das Grundbuchamt da mitwirken darf, wenn es schon weiß, dass nur noch ein Erwerb kraft guten Glaubens stattfinden kann.

    Man beachte: Wenn das GBA das weiß, dann weiß es auch, dass das Grundbuch unrichtig ist. Ich dachte eigentlich, eine bekannte Grundbuchunrichtigkeit sei in jeder Lage des Verfahrens zu beachten?

    Ich wirke beim gutgläubigen zumindest nicht wissentlich mit. Die Zustimmung des Insolvenzverwalters dürfte ja kein Problem sein, wenn alles "sauber" ist.

    Und wie HorstK schon sagt: Wie will ich als Grundbuchamt die Gut- bzw. Bösgläubigkeit beurteilen können? Das ist schlicht nicht möglich. Ob der Erwerber etwas wusste, wissen konnte oder wissen musste - die Fragen beantworten wir sicherlich nicht in der gebotenen Form. Und mit Vermutungen würde ich nicht arbeiten wollen. Warum willst Du Dir diesen Schuh anziehen, wenn - wie gesagt - der IV schlicht zustimmen kann?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • @ Andreas und HorstK:

    Würdet Ihr die Sache genau so beurteilen, wenn zwischen den beiden Eingangszeitpunkten nicht nur eine relativ kurze Zeit liegen würde, sondern wenn z.B. das GBA den Umschreibungsantrag über Monate nicht vollzogen hätte und dann das Ersuchen eingeht?

    Es kommt hier nämlich auf der anderen Seite durchaus schon mal vor, dass Anträge noch am Tag des Eingangs erledigt werden.
    Sollte man nicht sagen, man darf den Erwerber hier nicht schlechter stellen??

    Oder sollte man Eingänge immer ein paar Wochen liegen lassen, weil ja evtl. noch Inso-Ersuchen kommen könnten? :ironie:

    Übrigens:
    Die materielle Wirkung von § 892 BGB ist völlig unabhängig von einer Kenntnis des GBA bei Eintragung der Umschreibung gleich. Darauf, dass das Ersuchen dem GBA bereits vorliegt oder nicht, kann es daher eigentlich nicht ankommen, oder?!

    Ulf

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  • Speziell für die Anhörungs-Fans (;) ) unter uns:

    Wie wäre es mit einer Anhörung des Inso-Verwalters vor Umscheibung?? Wenn der nicht vorträgt, dass gutgl. Erwerb hier nicht möglich wäre, stünde IMO einer Umschreibung nichts im Wege.

    Ulf

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  • Foerste schreibt in Insolvenzrecht, 2. Aufl., Rn. 186 zu dem Thema noch Folgendes:

    "Manche Grundbuchämter stehen auf dem Standpunkt, die Insolvenzeröffnung löse stets eine "Grundbuchsperre" aus, da die Verfügungsbeschränkung dem Schuldner auch die Fähigkeit zur Bewilligung der Rechtsänderung (§ 19 GBO) nehme. Demnach nützt dem Erwerber seine Redlichkeit nichts, denn das Grundbuchamt trägt ihn nicht mehr ein, wenn es von der Insolvenz weiß (zust. BayObLGZ 1994, 66, 71). Diese Praxis ist rechtswidrig: Wenn das Verfahrensrecht sich schon am materiellen Recht (der Verfügungsbeschränkung) orientiert, muß es auch respektieren, dass diese gegenüber redlichen Erwerbern zurücktreten soll. Es darf deren Erwerb also nicht blockieren, zumal es nur dienende Funktion hat (Lenenbach, NJW 1999, 923 ff.; Förste, a.a.O."

    Das würde ja für Folgendes sprechen:

    [...]

    1. Die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs ist vom Gesetzgeber bei Schaffung der InsO bewusst und ausdrücklich positiv berücksichtigt worden. § 91 Abs. 2 InsO schafft ausdrücklich die Möglichkeit, trotz erfolgter Eröffnung nach § 892 BGB noch gutgläubig vom Inso-Schulder zu erwerben.
    2. Nach dem Prioritätsgrundsatz der GBO hat das GBA streng nach der Reihenfolge des § 17 GBO vorzugehen. Das spätere Ersuchen des Inso-Gerichts hat daher bis zu Erledigung des früheren Umschreibungsantrags gar nicht zu interessieren, da ein Erwerb des Käufers materiell nach wie vor (über §§ 91 InsO, 892 BGB) möglich ist.

    [...]



    Spontan würde ich sagen, dass die Erledigung des ersten Antrags nicht durch Zurückweisung zu erfolgen hat.

  • Ich kann die bisher mitgeteilten Auffassungen nicht teilen.

    Zunächst kommt es auf die Streitfrage, ob das GBA zu einem erkanntermaßen nur noch kraft guten Glaubens möglichen Rechtserwerb beitragen muss, überhaupt nicht an, weil der Erwerber seine bereits vor Insolvenzeröffnung eingetragene Vormerkung zweifelsfrei wirksam erworben hat. Da der wirksame Vormerkungserwerb auch den endgültigen Rechtserwerb schützt, ist die Insolvenzeröffnung nicht mehr geeignet, den Erwerb zu verhindern (Palandt/Bassenge § 885 RdNr.11).

    Das OLG Karlsruhe (Rpfleger 1998, 68) hat dies für den Fall entschieden, dass die Vormerkung gutgläubig erworben wurde. Also muss dies erst recht gelten, wenn die Vormerkung -wie im vorliegenden Fall- noch wirksam vom Berechtigten erworben wurde.

    Ergebnis:

    Der zuerst gestellte Antrag auf Eintragung der Auflassung ist zu vollziehen und das später eingegangene Ersuchen des Insolvenzgerichts ist zurückzuweisen.

  • Ulf: :confused:

    Wenn der Antrag da ist und das GBA von der Insolvenz nichts weiß, dann weiß es eben nichts davon und trägt ein. Fertig. Das ist durchaus in Ordnung.
    (Auch ich mache Eigentumsumschreibungen, ohne vorher die Insolvenzgerichte der Republik dazu anzuhören.)

    Wenn der Antrag da ist und das GBA weiß von der Insolvenz, so ist zu unterscheiden:
    - § 878 BGB greift - dann wird eingetragen und fertig (deswegen halte ich auch das Beispiel mit der sehr langen Bearbeitungsdauer beim GBA für nicht ganz geglückt; dann wird § 878 BGB im Regelfall nämlich irgendwann immer einschlägig sein).
    - § 878 BGB greift nicht - Zwischenverfügung: Zustimmung des IV erforderlich (meine Ansicht). Der Streit, ob das GBA sehenden Auges zum gutgläubigen Erwerb verhelfen darf/soll/muss ist alt. Es bringt m. E. nichts, ihn hier neu anzufachen, weil jede Seite ihre Heiligen vorweisen kann. Ich persönlich meine halt, dass das GBA nicht darf, weil § 892 BGB ausschließlich auf die Kenntnis des Erwerbers abstellt und dem GBA dagegen gar nichts sagt, ihm insbesondere in keiner Weise grünes Licht gibt.
    Wenn man meint, dass das geht, dann sollte man sich bewusst sein, dass ein Gutteil der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht der Ansicht ist, dass das GBA diese Erwerbshilfebefugnis habe.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...


  • Zunächst kommt es auf die Streitfrage, ob das GBA zu einem erkanntermaßen nur noch kraft guten Glaubens möglichen Rechtserwerb beitragen muss, überhaupt nicht an, weil der Erwerber seine bereits vor Insolvenzeröffnung eingetragene Vormerkung zweifelsfrei wirksam erworben hat. Da der wirksame Vormerkungserwerb auch den endgültigen Rechtserwerb schützt, ist die Insolvenzeröffnung nicht mehr geeignet, den Erwerb zu verhindern (Palandt/Bassenge § 885 RdNr.11).


    Ich wusste doch, dass wir der Vormerkung bei der Diskussion bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatten.

    Daher :zustimm: und :2danke !

    Und zur Streitfrage um die Anwendung des § 892 BGB nur noch:

    Die Anwendung ist streitig und es gibt Argumente für beide Ansichten. Klar. Es muss somit jeder selbst entscheiden, welchen Argumenten er eher geneigt ist, zu folgen.
    Ich meine aber, dass auch eine Umschreibung ohne Mitwirkung des Verwalters ihre Berechtigung hat, so dass einem so verfahrenden Kollegen nichts vorzuwerfen wäre.

    Ich schlage außerdem erneut den Mittelweg für solche Fälle vor:

    Anhörung des Verwalters mit Gelegenheit zur Stellungnahme und Hinweis, dass nach Fristablauf die Umschreibung erfolgt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ob einem Kollegen im Fall der Herbeiführung eines gutgläubigen Erwerbs kein Vorwurf zu machen wäre, wage ich zu bezweifeln, weil die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung -ohne jede Ausnahme- auf dem Standpunkt steht, dass das GBA in einem solchen Fall nicht eingtragen darf.

    Die These, dass das GBA einen gutgläubigen Erwerb vollziehen müsse, ist aus materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Erwägungen nicht haltbar. Dies macht folgendes Beispiel deutlich.

    2.1.: A erklärt die Auflassung an B und bewilligt gleichzeitig dessen Eigentümereintragung. Eine Vormerkung wird nicht bestellt.
    3.1.: Über das Vermögen des A wird das Insolvenzverfahren eröffnet.
    4.1.: A beantragt die Eigentumsumschreibung.
    5.1.: Das GBA erfährt von der Insolvenzeröffnung. Ein Ersuchen liegt noch nicht vor.

    Folge:

    § 878 BGB greift nicht ein, weil der Antrag zu spät gestellt ist. Es kommt also nur noch ein gutgläubiger Erwerb in Betracht. Durch die Insolvenzeröffnung hat A seine Verfügungsbefugnis verloren. Da § 878 BGB nicht anwendbar ist und die Verfügungsbefugnis bis zur Vollendung des Rechtserwerbs fortbestehen muss, hat die Insolvenzeröffnung zur Folge, dass Auflassung und Bewilligung vom 2.1. unwirksam geworden sind und der Antrag vom 4.1. anfänglich unwirksam war.

    Wer das GBA verpflichten will, einen erkanntermaßen nur noch kraft guten Glaubens möglichen Erwerb zu vollziehen, befürwortet demnach, dass das GBA im Beispielsfall eine Eintragung vornimmt, obwohl Auflassung, Bewilligung und Antrag erkanntermaßen unwirksam sind. Es muss das Geheimnis der Vertreter dieser Ansicht bleiben, wie sie dies rechtfertigen wollen, da bereits das Verfahrensrecht (§§ 13, 19, 20 GBO) die Eintragung verbietet. § 17 GBO führt im Beispielsfall schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil bisher mangels Ersuchen überhaupt nur ein einziger Antrag vorliegt und die Anwendbarkeit der Norm daher überhaupt nicht in Frage steht. Hieraus folgt, dass das Ergebnis natürlich nicht anders lauten kann, falls auch das später eingegangene Ersuchen des Insolvenzgerichts vorliegt. Denn § 17 GBO spricht nur aus, in welcher Reihenfolge die Anträge erledigt werden müssen, aber nicht, wie über sie entschieden werden muss. § 17 GBO ist daher auch gewahrt, wenn der zuerst gestellte Antrag zurückgewiesen und das später eingegangene Ersuchen anschließend durch Eintragung erledigt wird.

    Die Aussagen, dass das Gesetz einen gutgläubigen Erwerb grundsätzlich ermöglicht, dass das Verfahrensrecht dem materiellen Recht nicht entgegenstehen dürfe und dass das Verfahrensrecht im Verhältnis zum materiellen Recht nur dienende Funktion hat, sind letztlich nur Phrasen, die nichts beweisen, sondern bestenfalls unterstellen, was es erst zu prüfen gilt, und zwar unabhängig davon, ob sie von Eickmann, Böttcher oder Foerste oder von Lenenbach und Helwich vertreten werden. Es kann eben keine Eintragung vorgenommen werden, wenn die Verfahrensvoraussetzungen für diese Eintragung nicht erfüllt sind. Und im Beispielsfall -und in allen übrigen Fällen des denkbaren gutgläubigen Erwerbs- sind sie eben nicht erfüllt.

    So einfach ist das.

  • Die Argumentation kann ich ja durchaus nachvollziehen dennoch änder das nichts daran, dass die Eintragung des Erwerbers - sofern die Voraussetzungen des § 892 BGB erfüllt sind - dazu führt, dass der Erwerber trotz fehlender Verfügungsbefugnis materiellrechtlich Eigentümer geworden ist.

    Das GB ist daher dann auch nicht etwa unrichtig.

    Wenn in juris2112' Beispielsfall das GBA keine Kenntnis von der Eröffnung erlangt, sind die Rechtsfolgen im Hinblick auf die mangelnde Verfügungsbefugnis die gleichen.
    Auch dann ist durch die bereits erfolgte Eröffnung des Inso-Verfahrens der Eigentümer/Schuldner materiell nicht mehr verfügungsbefugt.
    Ob das GBA davon Kenntnis hat oder nicht ist für diese Beurteilung völlig ohne Belangen.

    Oder überspitzt formuliert:
    Es kann doch aber nicht sein, dass in einem Rechtsstaat so etwas Wesentliches wie die Eigentumsumschreibung u.U. davon äbhängt, ob der zuständige GB-Rpfl. zufällig von seinem Inso-Kollegen nebenbei in der Kaffeepause erfahren hat, dass über den Eigentümer X gerade eben das Inso-Verfahren eröffnet wurde.
    Es braucht klare Regeln und gerade die bietet die Gegenmeinung an, die eben sagt, so lange der Inso-Vermerk nicht eingetragen ist, darf das GBA sich nicht gegen einen materiellrechtl. möglichen gutgläubigen Erwerb sperren.
    Und für die Eintragung des Vermerks gilt die Reihenfolge des § 17 GBO.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Dem muss ich widersprechen.

    Wo steht geschrieben, dass § 17 GBO eine Aussage darüber trifft, dass der zuerst gestellte Antrag positiv verbeschieden werden muss?

    Antwort: Nirgends.

    Zutreffend ist, dass das Grundbuch durch den Vollzug eines gutgläubigen Erwerbs nicht unrichtig wird. Zutreffend ist aber auch, dass sich die Verweigerung der Eintragung in diesen Fällen nicht auf das Legalitätsprinzip, sondern darauf gründet, dass bereits die Verfahrensvoraussetzungen für die betreffende Eintragung nicht vorliegen.

    Außerdem ist es nichts Ungewöhnliches, dass das Eintragen oder Nichteintragen von der Kenntnis des GBA von gewissen Umständen abhängt. Weiß der Grundbuchrechtspfleger zufällig (weil er auch Betreuungssachen bearbeitet), dass der Auflassende geschäftsunfähig ist, darf er nicht eintragen (Begründung: wiederum nicht das Legalitätsprinzip, sondern die Unwirksamkeit der Auflassung als Verfahrensvoraussetzung nach § 20 GBO). Weiß er es dagegen nicht, wird er natürlich eintragen.

    So ist das halt.

    Wäre die Gegenansicht richtig, würde § 878 BGB im übrigen im wesentlichen seines Anwendungsbereichs entkleidet. Denn in den Fällen, bei welchen der Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung zeitlich vor dem Ersuchen eingeht, bedürfte es der Anwendung des § 878 BGB nicht mehr. Und in den Fällen, bei welchen der Antrag nach dem Ersuchen eingeht, dürfte man auch bei unterstellter Nichtexistenz des § 878 BGB nach der Gegenansicht nicht eintragen.

    Abschließend erlaube ich mir den Hinweis, dass bei der vorliegenden Diskussion zu kurz kommt, dass es materiellrechtlich darum geht, ob der wahre Verfügungsbefugte oder sogar der wahre Berechtigte sein Recht verliert. Denn die geschilderte Problematik besteht ja nicht nur bei Verfügungsbeschränkungen, sondern auch in den Fällen, bei welchen ein im Grundbuch eingetragener und nicht in seiner Verfügungsbefugnis beschränkter Nichtberechtigter verfügt und das GBA dies weiß (oder auch nicht).


  • Wo steht geschrieben, dass § 17 GBO eine Aussage darüber trifft, dass der zuerst gestellte Antrag positiv verbeschieden werden muss?

    Antwort: Nirgends.


    Korrekt aber hier gar nicht relevant.

    Meinem Hinweis auf § 17 GBO liegt ja folgende Überlegung zugrunde:

    Es kann gem. § 892 BGB so lange umgeschrieben werden, wie der Inso-Vermerk nicht eingetragen ist.
    Der Inso-Vermerk kann aber erst nach Erl. des vorherigen Antrags eingetragen werden (§ 17 GBO).

    Somit habe ich - so lange der "nachrangige" Vermerk nicht eingetragen ist - (nach der dargestellten Meinung) ja gar keinen Grund, dem vorgehenden Antrag nicht stattzugeben.


    Zutreffend ist, dass das Grundbuch durch den Vollzug eines gutgläubigen Erwerbs nicht unrichtig wird. Zutreffend ist aber auch, dass sich die Verweigerung der Eintragung in diesen Fällen nicht auf das Legalitätsprinzip, sondern darauf gründet, dass bereits die Verfahrensvoraussetzungen für die betreffende Eintragung nicht vorliegen.


    Das ist - wie gesagt - schon nachvollziehbar. Ich halte diese Meinung ja auch für vollkommen vertretbar.
    (Die Gegenmeinung allerdings auch. :cool: )

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitate Ulf:

    Es kann gem. § 892 BGB so lange umgeschrieben werden, wie der Inso-Vermerk nicht eingetragen ist.

    Wo steht das geschrieben?

    Die Eintragungsvoraussetzungen fallen nicht erst mit dem Eingang des Ersuches, sondern bereits mit Insolvenzeröffnung weg.

    Der Inso-Vermerk kann aber erst nach Erl. des vorherigen Antrags eingetragen werden (§ 17 GBO).

    Der frühere Antrag ist auch dann ordnungsgemäß i.S. des § 17 GBO zuerst erledigt, wenn er zurückgewiesen wird. Aus § 17GBO lässt sich daher für die vorliegende Problematik kein Honig saugen.

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