§ 765a ZPO durch Insolvenzschuldner

  • Ich habe derzeit folgenden Fall:
    Zum VTermin lag ein Antrag nach §765a ZPO vor, von einem Anwalt den der Schuldner selbst beauftragt hatte. Der Schuldner ist aber in Insolvenz. Zum VTermin erschien der Insoverwalter und bezog sich inhaltlich auf den Antrag des Schuldnervertreters (hat also auch den Antrag nach §765a ZPO gestellt). Also habe ich Zuschlag erteilt unter Zurückweisung des gestellten Antrags nach §765a ZPO.

    Jetzt legt der Schuldner durch seinen Anwalt Beschwerde ein.
    Darf der das? Ist nicht eigentlich alleinig der Insolvenzverwalter antragsberechtigt nach § 765a ZPO und damit auch beschwerdebefugt?

    ABER: Der Schuldner soll doch vor einer sittenwidrigen Härte geschützt werden - das dürfte doch ein ganz persönliches Recht sein, oder? Nicht immer kann der Insoverwalter die außergewöhnliche Härte beurteilen. Vorgetragen hat der Schuldner als ultimative Lösung übrigens einen angedachten Mietkauf, weil er dann im Objekt wohnen bleiben dürfte. Wegen der Begründetheit habe ich aber keine Probleme. Ich frage mich nur ob die Beschwerde so zulässig ist?

    Wie seht ihr das?

  • Ich müsste nachlesen ob der Schuldner selbst beschwerdeberechtigt ist, denke aber unter gewissen Voraussetzungen schon.

    Ich würde eine Kopie der Beschwerde an den Insolvenzverwalter schicken und ihn bitten mitzuteilen, ob er sich der Beschwerde anschließt.



  • Wie seht ihr das?



    Was machst du dir Gedanken?
    Soll doch das LG entscheiden ... :teufel:

    Im Ernst: Ich denke bei 765a ZPO ist der Schuldner weiterhin auch selbst antrags- und damit auch beschwerdeberechtig. Wenn das LG dies anders sieht - bitte, aber ich würde die Beschwerde grundsätzlich für zulässig erachten.

    Begründet ist sie mit der Begründung natürlich nicht, aber das steht ja hier nicht zur Debatte.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Gute Frage. Ohne in der Kommentierung zu wühlen würde ich hier vermuten, dass der Insolvenschuldner die Verfahrenshandlung nur äußerst eingeschränkt selbst wirksam vornehmen kann.
    Darauf kommt es hier m. E. aber gerade nicht an, weil § 765a ZPO ja kein strenges vollstreckungsrechtliches Antragsverfahrens ist, sondern eine Mischform mit Elementen eines amtswegigen Verfahrens (z. B. der Pflicht zur besonders gründlichen Sachverhaltsaufklärung). Auch jemand ohne eigene Prozeßführungsbefugnis hat Anspruch auf effektiven Grundrechtsschutz.
    Wäre wirklich eine sittenwidrige Härte bekannt, dann dürfte das Vollstreckungsgericht schließlich auch nicht unter Hinweis auf einen fehlenden Antrag das Verfahren durchziehen.
    Vielleicht hilft es hier wegen der klaren Unbegründetheit ja auch einfach, sich mit einer hilfsweisen Begründetheitsentscheidung aus der Affäre zu ziehen...

  • Die Zuschlagsbeschwerde dürfte unzulässig sein, da der Schuldner nicht Beteiligter ist. Er hat in dem Zwangsversteigerungsverfahren keinerlei Rechte, kann mithin auch keine Zuschlagsbeschwerde einlegen. Auch ein Schuldnerschutzantrag ist vom Insolvenzverwalter zu stellen. Und zwar muß die sittenwidrige Härte in der Schmälerung der Insolvenzmasse begründet sein, keinesfalls aus den üblichen Schuldnergesichtspunkten.
    Der Schuldner selbst kann erst wieder nach § 765 a ZPO tätig werden, wenn es um die Räumung geht.

  • Ich sehe es nach wie vor anders. Da es bei 765a-Anträgen meistens um (höchst) persönliche Belange geht, idR Krankheit oder gar Suizid, würde ich wie gesagt eher dazu tendieren, diese zuzulassen und dann notfalls als unbegründet zurückweisen wie sie gleich als unzulässig abzubügeln.
    Gleiches gilt auch für die entsprechende Beschwerde.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
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    No!

  • Ich sehe das grundsätzlich wie Stefan, kann aber die Bedenken hinsichtlich der persönlichen Betroffenheit des Schuldners nachvollziehen.
    Würde daher ausführlich zur Zulässigkeit der Antragstellung/Beschwerde begründen und daneben auch die eigentliche Begründetheit prüfen.
    Und da verwundert mich so ein bisschen der Vortrag des insolventen Schuldners zum Mietkauf. Oder hab ich das falsch verstanden und ein anderer will kaufen ?
    Fakt ist aber auch, ob InsO oder nicht, wenn der Termin erstmal ansteht, ist für angedachte andere Veräußerung in 99,9 % der Fälle der Zug einfach mal abgefahren.
    Wenn da nichts hieb- und stichfestes kommt und der Gläubiger zustimmt, würde ich immer die beantragte Einstellung ablehnen.

  • Aber es gibt eine Gegenmeinung: s. dazu Stöber Einl. Rn. 53.1 letzter Satz.
    Ich würde mich wohl unter gewissen Umständen dieser Meinung anschließen.
    In diesem Fall hat der InsO-Verwalter den § 765a-Antrag im Versteigerungstermin ja auch gestellt. Somit hätte ich keine Bedenken.

  • Ich vermute herrschende Meinung: Stefan, Zöller und das BVerfG, a. A. hiro und Stöber (& HorstSergio). Den Grundsatz des antragsgebundenen Vollstreckungsverfahrens seh ich im Fall des angestrebten Mietkaufs aber auch eher als nicht durchbrochen an, da das m. E. weniger einer höchstpersönlichen Grundrechtswahrung zuzuordnen wäre als der originären Kompetenz des Prozeßstandschafters. Die Ansicht, der Insolvenzschuldner habe im Versteigerungsverfahren keinerlei Rechte halte ich zumindest in ihrer Absolutheit für schwer haltbar, weil ja auch bereits durch den Zuschlag (Grund-)Rechtseingriffe mit Wirkung auf den Schuldner erfolgen.
    Alles in allem ein Streit um des Kaisers Bart, denn auch die Begründetheitsentscheidung sollte sich in groben Zügen ja bereits aus der vorausgegangenen (gespeicherten) Entscheidung ergeben.

  • Interessant wird´s aber, wenn die Beschwerde des Insolvenzschuldners (im ZVG-Verfahren ist er ja nicht Schuldner) begründet sein sollte.



    Stimmt, dann wird's richtig interessant. Unterstellen wir mal, die nach h.M. antragsberechtigten Beteiligten - insbesondere der Insolvenzverwalter - pennen einfach und der "unbeteiligte" Insolvenzschuldner legt ein sachlich begründetes, nach h.M. aber unzulässiges Rechtsmittel ein. Kann man ihn dann wirklich nur auf eine etwaige Haftung der Beteiligten verweisen? Und welche Beteiligten haften dann ggf.?

  • In einem solch schönen wie unwahrscheinlichen Fall unterstelle ich nach einem Blick in meine Glaskugel dann aber auch mal, dass eine Verfassungsbeschwerde durchkäme - aber da müßte die Fallvariante wohl noch mit etwas Bilanz-Suizid-Gefahr oder ähnlichen Spezereien angereichert sein. Und wenn wirklich etwas ernsthaft sittenwidriges im Busch ist, dann ist auch anzunehmen, dass auch der Insolvenzverwalter ohne Probleme Schutzantrag stellen würde.
    Aus praktischen Erwägungen ist natürlich die Ansicht der h. M. vorzuziehen, weil man sich damit einiges an unnötigen Scherereien erspart.
    Zu sagen: Eigentumsübergang ist machbar, Du kannst Dich ja später in der Vollstreckung wehren wird aber abstrakt betrachtet m. E. nicht allen denkbaren Fällen gerecht, weswegen ich ja z. B. auch der Meinung bin, § 765a ZPO sei auch ohne konkrete Vollstreckungsmaßnahme zulässig. Suizidgefahr kann ja z. B. auch für den Fall des Eigentumsverlusts zu besorgen sein.

  • Nach meiner Meinung ist nur der Inso-Verwalter antragsberechtigt. Er ist der Schuldner des Verfahrens über ein Grundstück, das der abgesonderten Befriedigung dient. Und nur der Schuldner des Verfahrens kann einen Antrag nach § 765a ZPO stellen.
    Anders wäre es, wenn der Inso-Verwalter das Grundstück freigegeben hätte.
    Der Inso-Verwalter hat auch den Antrag gestellt, aber offensichtlich mit einer Begründung, die aus dem persönlichen Bereich des Grundstückseigentümers/Inso-Schuldners stammt.
    Die Fraqe lautet demnach, ob jemand seinen Antrag mit nicht ihn selbst betreffenden, also aus einer fremden Sphäre stammenden Argumenten stützen kann. Das wage ich stark zu bezweifeln.

    Für die Zuschlagsbeschwerde ist der Inso-Schuldner nicht legitimiert. Er ist überhaupt nicht an dem Verfahren beteiligt.

  • Mit dem Fokus auf dem formellen Vollstreckungsrceht ist das sicherlich richtig. Im materiellen Recht ist er im Hinblick auf einen Verlust der Eigentümerstellung selbstverständlich betroffen und z. B. ein insoweit suizidaler Eigentümer muß m. E. in einem rechtsstaatlichen Verfahren die Möglichkeit haben sich wehren zu können. Hat er die nicht, dann hat die ZPO an der Stelle einen verfassungsrechtlichen Mangel.


  • Sie ist es.
    Allerdings absolut zwecklos.
    Mietkauf ringt mir schon lange nicht mal ein Grinsen ab.

    Ich hatte den Fall allerdings mal so, das der Schuldner selbst Anwalt und pleite war.
    Der KO-Verwalter hat ihm Vollmacht zur Stellung des Antrags erteilt. Sinngemäß wie hier.

    Zulässig, aber in der Sache unbegründet.

  • Das entwickelt sich zu einer interessanten Diskussion.

    Pragmatisch gedacht: Das Problem ist doch (ich will hier niemandem was unterstellen, aber gewisse Schilderungen von Schuldnern deuten doch darauf hin), dass viele Inso-Verwalter sich nicht so intensiv um das gegen sie laufende Versteigerungsverfahren kümmern, wie sie es könnten/sollten/müßten. Ist auch durchaus verständlich, denn das Absonderungsrecht der Grundpfandgläubiger geht nunmal vor, ein Übererlös für die Masse ist in den seltensten Fällen zu erwarten, was soll der Inso-Verwalter da machen? IdR nichts, laufen lassen und sich sinnvolleren Aufgaben widmen.
    Hat nun der Schuldner wirklich ernthafte gesundheitliche Probleme oder besteht sogar Suizidgefahr, setzt sich der Inso-Verwalter dann wirklich hin, setzt seitenlange Schriftsätze auf und kämpft so vehement für die Sache, wie der Schuldner selbst es machen würde? Ich denke nein.

    Insofern (jetzt eher dogmatisch) muss es meiner Ansicht nach dem Schuldner möglich sein, wenn wirklich die genannten ernsthaften Gefahren bestehen, selbst tätig zu werden. Nicht umsonst wird 765a auch als "ultima ratio" des Vollstreckungsrechts bezeichnet, und dem Schuldner diesen Weg zu versperren ist meiner Meinung nach verfassungswidrig (insoweit wie HorstSergio)

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

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