Übergabevertrag und vorbehaltene Rechte

  • Das OLG München (früher BayObLG :daumenrau ) beschert uns in der neuesten NJW-RR 2006, 239, frisch aufgewärmte Rspr zum Thema "Rang von Rechten aus einem Übergabevertrag". Vorgelegt wurden zwei Urkunden, zum einen der Übergabevertrag mit einer vorbehaltenen RückAV und einem vorbehaltenen Wohnungsrecht, zum anderen eine vom Erwerber bereits bewilligte Grundschuldurkunde. Wie das OLG ausführt, ist hier von einer stillschweigenden Rangbestimmung auszugehen: die vorbehaltenen Rechte des Veräußerers erhalten Rang vor der vom Erwerber bestellten Grundschuld, anderenfalls würde der Sicherungszweck der vorbehaltenen Rechte (Rang nach der vom Erwerber bestellten Grundschuld !) gefährdet.
    Ich übergebe.

  • Macht doch Sinn.

    Damit der erwerber die GS bestellen kann muß er eigentümer werden, da nur dann seine bewilligungsbefugnis gegeben ist. das wird er mit vollzug der übergabe/auflassung.
    allerdings stehen im zusammenhang mit der auflassung die vorbehaltsrechte. hier liegt ein vorbehalt nach § 16 II GBO vor.

    D.h. erst auflassung und zusammenhängende rechte eintragen, dann GS.

    die leute in bayern haben das schon drauf ;)

  • Wie du bereits sagtest, ist das Thema nur neu aufgewärmt. In den Kommentaren steht das schon länger drin mit der stillschweigenden Rangbestimmung bei dieser Art Verträge.
    Und dass der Sicherungszweck verloren geht, wenn der neue Gläubiger auf seinem Vorrang besteht, was er in aller Regel macht, ist auch nichts neues. Sobald also der neue Eigentümer in das Anwesen investiert, ist der Sicherungszweck bis zur Tilgung des Darlehens für den Übergeber flöten. Ich schätze mal, dass nicht viele Notare die Beteiligten auf diesen Umstand hinweisen, wenn sie die diversesten Sicherungsmöglichkeiten (bei Eltern noch mit kostspieligen Einzelrechten) bei der Beurkundung der Übergabeverträge anbieten.

  • @ blue:

    denke auch nicht, dass das gemacht wird. schließlich kommt es sehr häufig vor, dass mit der übergabe gleich eine GS bestellt wird, hinter die die eltern dann gleich zurücktreten.

  • Bei den vorbehaltenen Rechten finde ich derzeit besonders interessant die sog. "Brandvormerkung", also die Vormerkung, die den Anspruch auf Einräumung eines neuen Wohnungsrechtes sichert für den Fall, dass das Palais/die Hütte in Flammen aufgeht. Schließlich führt ja die Zerstörung des Gebäudes dazu, dass das Wohnungsrecht erlischt. Also Achtung vor dem Feuer:teufel: .

  • Die auch in Rpfleger 2006, 68 veröffentlichte Entscheidung des OLG München bringt im Hinblick auf die stillschweigende Rangbestimmung und den Vorbehalt i.S. des § 16 II GBO in der Tat nichts Neues.

    In den anderen Teilen der Entscheidung scheint sich allerdings bereits ein gewisser Qualitätsverlust im Vergleich zur Rechtsprechung des BayObLG bemerkbar zu machen. Für diejenigen, welche die Entscheidung nicht zur Hand haben, hier in Kürze der Sachverhalt:

    Urkunde vom 7.11.2001: A übergibt an ihren Sohn B gegen Wohnungsrecht und Rück-AV. Der Vertrag wird vorerst nicht zum Vollzug beim GBA vorgelegt.
    Urkunde vom 21.11.2001: Der Erwerber B bestellt eine Grundschuld für C mit der Rangbestimmung, dass die Grundschuld den Vorrang vor den Veräußererrechten des A erhalten soll.
    Beide Urkunden werden dem GBA zusammen zum Vollzug vorgelegt. Das GBA trägt den Eigentumswechsel auf B und sodann die Grundschuld im Rang vor den Veräußererrechten ein.
    Das OLG bejaht die Eintragung eines Amtswiderspruchs, weil das GBA die stillschweigende Rangbestimmung nicht beachtet habe und die Grundschuld nicht mit dem eingetragenen Rang entstanden sei.

    Das ist natürlich Unsinn:

    Erwerber B und Grundschuldgläubiger C haben sich über den (Vor)Rang der Grundschuld geeinigt und die Grundschuld wurde auch mit diesem Rang eingetragen. Damit ist das Grundbuch richtig!
    Es stellt sich also nicht die Frage (so das OLG), ob die Grundschuld (ggf. mit welchem Rang) entstanden ist, sondern ob die Veräußererrechte des A mangels Übereinstimmung von rangrechtlicher Einigung A/B und abweichender Grundbucheintragung überhaupt materiell zur Entstehung gelangt sind. Letzteres ist aber natürlich entsprechend § 139 BGB zu bejahen, weil schlechterrangige Rechte natürlich besser als überhaupt keine Rechte sind.

  • Zitat von juris2112


    Das ist natürlich Unsinn:

    Erwerber B und Grundschuldgläubiger C haben sich über den (Vor)Rang der Grundschuld geeinigt und die Grundschuld wurde auch mit diesem Rang eingetragen.


    Was sie aber nicht ohne die Mitwirkung von A tun können! Denn dieser hat sich mit der Übergabe gleichzeitig (stillschweigend) den Vorrang seiner Rechte ausbedungen. Und diese Vereinbarungen gehen den weiteren Verfügungen des Erwerbers voraus. Von der Begründung her also doch nachvollziehbar.
    Aber ob das in den Verantwortungsbereich des Rpfls (GBamtes) gefallen ist, bedürfte m.E. einer genauen Untersuchung der Notarvollmachten.

  • In dinglicher Hinsicht können sich B und C über alles einigen, und zwar unabhängig davon, ob sich B hierdurch gegenüber A im schuldrechtlichen Sinne schadensersatzpflichtig macht. Das ist eben der Unterschied zwischen Schuldrecht und Sachenrecht und der Unterschied zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht.

  • Wenn ich als Grundbuch-Rpfl. die zwei Verträge vor mir habe, und in dem einen evtl. eine "stillschweigende" Rangbestimmung drin ist, im anderen aber eine ausdrückliche, dann stütze ich mich doch selbstverständlich auf die ausdrückliche... Da muss ich juris2112 zustimmen: Die Entscheidung ist blöd!

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • Damit wir uns nicht missverstehen: Dass das GBA im vorliegenden Fall falsch gehandelt und eine Gesetzesverletzung begangen hat, steht außer Frage, denn die Thematik im Hinblick auf stillschweigende Rangbestimmungen und Vorbehalte i.S. des § 16 II GBO im Zusammenhang mit Überlassungsverträgen ist doch längst ausgekocht. Der springende Punkt ist aber, dass die Grundschuld trotz dieser Gesetzesverletzung mit ihrem eingetragenen Rang materiell entstanden und das GB daher richtig ist!

  • Zitat von juris2112

    Damit wir uns nicht missverstehen: ...



    Nee, nee, ist schon klar. Nur find ich die Rechtsprechung zu diesem Thema insgesamt nicht so toll. In fast allen Fällen (an die ich mich erinnern kann ;)), sind die Übergeber mit ihren Rechten hinter neu einzutragende Grundpfandrechte zurückgetreten. Also ist denen doch eh nicht so viel am Vorrang gelegen. Welche Hintergründe der Rücktritt im Einzelfall hat, ist natürlich etwas anderes.

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • LuckyStrike:

    Genau. Veräußerer A kann allerdings das ausbedungene Rückforderungsrecht für den Fall der ohne seine Zustimmung erfolgenden und aus seiner Sicht rangrichtigen Belastung des Grundbesitzes geltend machen. Die Grundschuld für C bleibt aber dann natürlich trotzdem bestehen. A kann somit nur Schadensersatzansprüche gegen B oder (wenn erfolglos) Amtshaftungsansprüche gegen den Fiskus geltend machen.

  • Ein kleines Fällchen zur Thematik § 45 GBO:

    In einem Übergabevertrag wird für die Übergeber ein Wohnungsrecht bestellt. Weiter werden zwei Auflassungsvormerkungen bestellt, eine für Übergeber 1 und eine für aufschiebend bedingten Anspruch für Übergeber 2.

    Das Wohnungsrecht soll an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden. Weiter soll "die Auflassungsvormerkung für Übergeber 1 Rang vor der Vormerkung für Übergeber 2 erhalten, im übrigen Rang nach dem Wohnungsrecht".

    Ich habe gesagt, dass ich die AV für Übergeber 2 nur im Gleichrang mit Wohnungsrecht eintragen kann. Der Notar meint, dass die AV Übergeber 2 denknotwendig (schönes Wort) Rang nach dem Wohnungsrecht haben muss.
    Ich habe mich auf § 45 Abs. 1 GBO und darauf, dass keine (auch nicht stillschweigende) Bestimmung nach § 45 Abs. 3 GBO vorliegt, berufen.
    Wer hat Recht?

  • Ausgehend von dem Grundsatz: Wer recht hat zahlt eine Maß! - Selbstverständlich der Notar.:D

    Zwar hat der Notar unrecht hinsichtlich der Denknotwendigkeit, denn streng nach den Buchstaben der Rangbestimmung kann man die Sache durchaus so sehen, wie von Dir hier verstanden, andererseits ist schon recht klar, dass hier das WohR grdsl. Rang vor beiden AVs haben soll, noch dazu wo der Notar hier insoweit noch eine Auslegungshilfe eingereicht hat ;)

    Hier ein förmliche Klarstellung zu verlangen erscheint irgendwie überzogen:gruebel:

  • Wenn AV und Grunschuld gleichzeitig ohne Rangbestimmung eingehen, ist mir auch recht klar, dass die AV eigentlich Rang nach der Grundschuld haben soll, aber..... ich trag sie trotzdem sofort im Gleichrang ein :teufel:

    Nach Meikel GBO, § 45 RNr. 102 ist "regelmäßig eine stillschweigende Rangbestimmung dahin anzunehmen, dass diese Rechte untereinander Gleichrang haben sollen.." (wenn in einem Vertrag mehrere Rechte für den Veräußerer als Gegenleistung bestellt werden)

  • "wenn in einem Vertrag mehrere Rechte für den Veräußerer als Gegenleistung bestellt werden"
    Gegenleistung ist doch nur das WohR, die Rück-AVs sind Rückversicherungen.

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