Testamente, die ich gar nicht mag

  • Die Tatsache, dass die EL später ein (neueres) Konto der D vermachen wollte, könnte ein Indiz dafür sein, dass sie das alte Testament selbst als gegenstandslos angesehen hat.

    Hier bräuchte man wohl wirklich eine Glaskugel. Vielleicht lässt sich ja aber über Zeugen etwas Brauchbares ermitteln.

  • So, jetzt habe ich die Akte wieder da:
    Es war ein gemeinschaftliches Testament mit gegenseitiger Einsetzung der Eheleute. Dann heißt es: "Der finanzielle Nachlass soll wie folgt verteilt werden: 1) An A das Konto Nr...bei der X-Bank. 2) Das Konto Nr.... bei der Y-Bank zu gleichen Teilen an B + C."
    Im Nachlasstermin nach dem Erstversterbenden hatte die jetzige EL gesagt, dass die im Testament aufgeführten Teilungsanordnungen selbstverständlich erst nach ihrem Tod gelten sollen.
    Die D sollte - lt. dem ungültigen Testament - von dem Girokonto die Beerdigungskosten zahlen und den Rest für sich behalten dürfen für die jahrelange Betreuung. Auf dem Girokonto waren zuletzt etwa 7000 €, auf den beiden anderen vorhandenen Konten zusammen ca. 40.000 €. Das spricht nicht dafür, dass die EL das frühere Testament als gegenstandslos angesehen hat.
    Wenn die D uns nicht noch irgendwie weiterhelfen kann, bleibt wirklich nur die Glaskugel.

  • Man hast du Glück, ich hab soeben ein die Eheleute X auf den Tisch bekommen, die grandioser Weise zum Schlusserben zur einen Hälfte die gesetzlichen Erben des Ehemannes, zur anderen Hälfte die gesetzlichen Erben der Ehefrau, jeweils beurteilt zum Zeitpunkt des Letztversterbenden.

    Beide Kinderlos verstorben, sie hatte ca 9 Geschwister, alle vorverstorben unter Hinterlassung von ...
    und er hatte Gott sei dank nur eine Schwester ... leider auch kinderlos vorverstorben zefix, also 3te Ordnung.

    Einfach geil bei 30 Grad.

  • So, jetzt habe ich die Akte wieder da:
    Es war ein gemeinschaftliches Testament mit gegenseitiger Einsetzung der Eheleute. Dann heißt es: "Der finanzielle Nachlass soll wie folgt verteilt werden: 1) An A das Konto Nr...bei der X-Bank. 2) Das Konto Nr.... bei der Y-Bank zu gleichen Teilen an B + C."
    Im Nachlasstermin nach dem Erstversterbenden hatte die jetzige EL gesagt, dass die im Testament aufgeführten Teilungsanordnungen selbstverständlich erst nach ihrem Tod gelten sollen.
    Die D sollte - lt. dem ungültigen Testament - von dem Girokonto die Beerdigungskosten zahlen und den Rest für sich behalten dürfen für die jahrelange Betreuung. Auf dem Girokonto waren zuletzt etwa 7000 €, auf den beiden anderen vorhandenen Konten zusammen ca. 40.000 €. Das spricht nicht dafür, dass die EL das frühere Testament als gegenstandslos angesehen hat.
    Wenn die D uns nicht noch irgendwie weiterhelfen kann, bleibt wirklich nur die Glaskugel.



    Das hört sich für mich jetzt aber ganz anders an: Die EL hat vermutlich versucht, durch die Kontoauflösungen elegant die (von mir unterstellte) Wechselbezüglichkeit zu umgehen! Zu einer Gegenstandslosigkeit kann man bei dieser Falllage sicher nicht kommen. Wenn die Ehegatten, wovon auszugehen ist, ihr ganzes damaliges Vermögen an A, B und C verteilt haben, sind diese heute die Erben der EL. Problem bleiben die Erbquoten.

  • Der A ist aber ein Neffe der EL, nicht des vorverstorbenen Ehemanns.
    S. Palandt bei § 2270: "Die Wechselbezüglichkeit ist vielmehr im Zweifel auf die Einsetzung der Verwandten des Erstversterbenden beschränkt (BGH). Im Umkehrschluss kann gefolgert werden, dass der Überlebende an die Einsetzung eigener Verwandter zu Schlusserben im Grundsatz nicht gebunden ist."
    Absicht in diesem Sinne war das mit der Kontoauflösung bestimmt nicht, die Bank wird ihr halt zu einer anderen Anlage geraten haben.

  • Die Problematik der Wechselbezüglichkeit stellt sich im vorliegenden Fall nicht, weil der überlebende Ehegatte nicht abweichend letztwillig verfügt hat. Es geht also nicht um die Frage, ob der überlebende Ehegatte an die für den zweiten Sterbefall getroffenen Verfügungen gebunden war, sondern um die Frage, welche Wirkungen diese Verfügungen überhaupt haben.

  • Nach #54 liegt ein Testament vor, in dem durch Zuwendung zweier Konten faktisch über den ganzen Nachlass verfügt wurde. Die Zuwendungsempfänger sind deshalb als Erben anzusehen.

    MüKo Rdnr. 12 zu § 2087:
    Hat der Erblasser letztwillig über einen Gegenstand verfügt, der beim Erbfall nicht mehr oder (entgegen seiner Erwartung) nicht zum Nachlass gehört, ist die Verfügung insoweit gegenstandslos und damit unwirksam (arg. § 2169 Abs. 1 Halbs. 1), es sei denn dass der Erblasser eine dem Wert des Gegenstands entsprechende Erbquote unabhängig vom Vorhandensein dieses Gegenstands im Nachlass hätte zuwenden wollen.

    Eine Gegenstandslosigkeit der Zuwendung der Konten aus diesem Kontext ist m. E. nicht angezeigt, da es nicht um irgendwelche untergeordneten Gegenstände ging, sondern die beiden "Gegenstände" (Konten) faktisch den gesamten Nachlass ausmachten. Das beim Erbfall auf anderen Konten vorhandene Guthaben ist ein Surrogat.

    Demnach sind die Zuwendungsempfänger weiter die Erben.

    Erbquoten sind, falls weitere Ermittlungen ohne Ergebnis bleiben, 1/2 für den Neffen (dem ein Konto vermacht war) und je 1/4 für die beiden jur. Personen (denen das zweite Konto gemeinschaftlich vermacht war), §§ 2091, 2093.

    Sollte die EL irrtümlicherweise davon ausgegangen sein, dass das Testament durch den Kontenwechsel gegenstandslos wurde und hätte sie es ohne diesen Irrtum aufgehoben (wobei ich mal nicht von Wechselbezüglichkeit ausgehe), bleibt den gesetzlichen Erben die Anfechtung gem. § 2078.

  • Die Sachverhaltsergänzung in #62 lässt es naheliegend erscheinen, dass die testierenden Ehegatten die Bedachten A, B und C mit den getroffenen Anordnungen über die "Verteilung des finanziellen Nachlasses" zu Schlusserben des überlebenden Ehegatten einsetzen wollten und dass sich die Erbquoten insoweit grundsätzlich nach dem Wert des jeweils Zugewendeten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestimmen, es sei denn, die Auslegung würde ergeben, dass die Erbquoten nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls bestimmt werden sollen (MünchKomm/Schlichting § 2087 RdNr.11 m.w.N.).

    Im vorliegenden Fall besteht im Hinblick auf diese beiden in Frage kommenden Zeitpunkte allerdings das gleiche Problem: Nämlich, dass sich nicht mehr feststellen lässt, in welchem Wertverhältnis A, B und C ursprünglich bedacht waren (womit die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als Bemessungsfaktor für die Erbquoten ausscheiden) und dass die ursprünglich zugewendeten Konten -da aufgelöst- im Nachlass nicht mehr vorhanden sind (womit auch die Kontostände im Zeitpunkt des Erbfalls nicht weiterhelfen). Es verhält sich allerdings nicht so, dass die testierenden Eheleute kein Wertverhältnis bei der Zuwendung bestimmt hätten, sondern so, dass der Inhalt dieser Bestimmung aus den von der Fragestellerin genannten Gründen "lediglich" nicht mehr feststellbar ist.

    Wie ist nun dieses Dilemma zu lösen?

    Den Denkansatz meines Vorredners halte ich im Grundsatz für zutreffend. Denn wenn feststeht, dass die Eheleute in ihrem gemeinschaftlichen Testament keine weiteren Personen bedacht haben, so liegt es im Ergebnis in jedem Fall näher, die Bedachten A, B und C als Erben anzusehen, anstatt vom Eintritt der gesetzlichen Erbfolge auszugehen, weil letztere dazu führen würde, dass die nicht dem Kreis der gesetzlich Erbberechtigten angehörenden Bedachten B und C völlig leer ausgingen und dies nach dem Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments schwerlich dem Willen der testierenden Eheleute entsprechen dürfte.

    Wenn man die erste Entscheidung getroffen hat, wonach nur A, B und C als Erben des überlebenden Ehegatten anzusehen sind, steht die zweite Entscheidung an, die sich mit der Frage der Höhe der Erbquoten befasst, weil sich der Inhalt der ursprünglich getroffenen testamentarischen Anordnung nicht mehr feststellen lässt.

    In dieser (zweiten) Frage vermag ich meinem Vorredner nicht zuzustimmen. Denn selbst wenn es sich bei dem im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Konten um "Surrogate" der aufgelösten Konten handeln würde (was nicht unterstellt werden kann, sondern zunächst zu belegen wäre), würde dies nichts daran ändern, dass sich der von den testierenden Eheleuten ursprünglich wertmäßig und damit gleichzeitig quotal festgelegte (und lediglich nicht mehr feststellbare!) "Verteilungsschlüssel" natürlich in unveränderter Höhe an diesen "Surrogaten" fortsetzen müsste. Der Surrogationsgedanke führt daher nicht weiter, sodass es dahinstehen kann, ob man im vorliegenden Fall überhaupt von einer "Surrogation" in dem von meinem Vorredner beschriebenen Sinne ausgehen könnte.

    Auch eine Quotenverteilung 1/2 (A) im Verhältnis zu 2 x 1/4 (B und C) kommt nach meinem Dafürhalten nicht in Betracht. Denn der Umstand, dass B und C gemeinsam mit einem Kontoguthaben bedacht wurden, besagt ja gerade nichts darüber, in welchem Wertverhältnis dieses Kontoguthaben im Vergleich zu dem Kontoguthaben stand, dass A zugewendet worden war. Selbst wenn B und C demnach i.S. des § 2093 BGB gemeinschaftlich bedacht worden wären, hilft dies für die Frage der Erbquoten somit nicht weiter, weil nicht festgestellt werden kann, mit welcher Gesamtquote B und C am Nachlass beteiligt sein sollten. Außerdem steht die hälftige Verteilung des Nachlasses zugunsten von A einerseits und zugunsten von B und C andererseits mit der zugleich getroffenen Feststellung im Hinblick auf die Erbeneigenschaft aller drei Bedachten in Widerspruch, wonach sie im Wertverhältnis der ihnen gemachten Zuwendungen bedacht sein sollten.

    Aus den genannten Gründen bin ich der Auffassung, dass im Ergebnis wohl nur in Betracht kommt, den drei Bedachten in (ggf. analoger) Anwendung von § 2091 BGB die gleichen Erbquoten (also je 1/3) zukommen zu lassen, weil der Fall, dass der Erblasser die Erbquoten nicht bestimmt hat, mit dem vorliegenden Fall gleichzusetzen ist, dass er sie zwar bestimmt hat, der Inhalt dieser Bestimmung aber nicht mehr feststellbar ist. Dies würde auch der in der Literatur vertretenen Auffassung entsprechen, wonach § 2091 BGB jedenfalls anwendbar ist, wenn die getroffene erblasserische Wert- und Quotenbestimmung unzureichend ist, weil die vom Erblasser vorgenommene Verweisung auf außerhalb des Testaments liegende Umstände im Ergebnis keine Klarheit bringt (MünchKomm/Schlichting § 2091 RdNr.6; RGRK/Johannsen § 2091 RdNr.1). Auch das BayObLG (FamRZ 1984, 825 = Rpfleger 1984, 141 LS) hat die Vorschrift des § 2091 BGB auf einen Fall für anwendbar erklärt, bei welchem die vom Erblasser geschriebenen Erbquoten unleserlich waren und sich die zutreffenden Erbteile auch durch Auslegung nicht feststellen ließen. Im vorliegenden Fall sollte man daher im Ergebnis genauso verfahren.

    Ergebnis:

    A, B und C sind testamentarische Erben zu je 1/3.

  • Das ist eine sehr gute Argumentation und es wäre ein wirklich faires Ergebnis. Vielen Dank für Eure Ausführungen. Ich werde jetzt mal versuchen, das meiner Richterin beizubringen.

  • Eben hatte ich einen ES-Antrag, bei dem sich alle Beteiligten einig waren.

    Die Verstorbene hatte "das Haus" den beiden Kindern vermacht sowie hälftige Anteile an einem Ferienhaus und einer Eigentumswohnung dem Ehemann. Das im Vergleich zu den Immobilienwerten eher niedrige Geldvermögen hatte sie aufgeteilt.

    Die Beteiligten haben erklärt, dass die Kinder Alleinerben sein sollten und die Zuwendungen an den Ehemann als Vermächtnis zu sehen sind.

  • Habe den ES auch so erteilt.

    Kostete aber immer noch 1710 EUR incl. Test. eröffnung
    (Wert Test. eröffn. 530T, Wert ES 385T).

    Bei diesen Beträgen werde ich immer leicht rot im Gesicht. :(



    Wenn Du nachrechnest, was die Angelegenheit Dich an Zeit und daher den Staat an Euronen kostete, war es für die Erben ein Schnäppchen!

  • @ raicro

    Hast Du die KostO verzapft? Nein? Warum wirst Du dann rot, wenn Du klare Zahlen nennst?
    Du müsstest den Betrag auch ohne Wimpernzucken zahlen ... es ist ja nicht so, dass Du etwas Illegales verlangst.

  • Ich verlange nichts Illegales, das ist auch mir klar.

    Ich finde nur, dass der Betrag in keinem Verhältnis zum Aufwand steht.

    Wenn hier der überlebende Ehepartner ankommt, 10.000 EUR auf dem Konto hat und ich ihm wegen des Hauses 400-500 EUR an Kosten abknöpfen muss, dann finde ich das ehrlich gesagt nicht ok.

  • Wenn ich mich recht erinnere, kostete der "teuerste" Erbschein, den ich je erteilt habe, so an die 140.000 DM (da ging es allerdings um zig Millionen). Und vor dem Erbfall ergaben die jährlichen Gebühren für das Betreuungsverfahren ebenfalls ein erkleckliches Sümmchen.

    An Deiner Stelle würde ich mir über die besagen 1.710 € daher keine großen Gedanken machen.

  • An Deiner Stelle würde ich mir über die besagen 1.710 € daher keine großen Gedanken machen.



    ... zumal es ohne unsere Testamentsauslegung 2.130 EUR geworden wären ...



    ... und du beim nächsten mal denselben Aufwand für läppische 10,- € haben könntest...

    Und nimm mal die Relation der Gebühren für die Nachlasspflegschaft zu deren Arbeitsaufwand - einfach lächerlich...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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