Zwangshypothek bei Testamentsvollstreckung

  • Hallo,
    ich habe eben wieder einen Fall auf dem Tisch, wo ich nichts finden konnte.
    Es liegt ein Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek des Finanzamtes vor. Das Finanzamt bestätigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung gem. § 322 III 2 AO vorliegen. In Abt. II ist neben einem -hier wohl unbeachtlichen Nacherbenvermerk- Testamentsvollstreckung vermerkt. Als Schuldnerin ist nur die Vorerbin angegeben, vom TV steht nichts drin. Kann ich mich allein auf die Versicherung des FA verlassen oder muss ich mir nachweisen lassen, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckung auch gegen den TV vorliegen?

  • Die angeordnete Nacherbfolge samt eingetragenem Nacherbenvermerk stünde der Eintragung der Zwangshypothek nicht entgegen. Denn selbst wenn es sich bei den Forderungen des Finanzamts um solche gegen die Vorerbin persönlich und nicht um solche des Erblassers (also um Nachlassverbindlichkeiten) handeln würde, wäre der Nacherbe von der eingetragenen Zwangshypothek wegen § 2115 BGB nicht tangiert, weil sie ihm gegenüber beim Eintritt des Nacherbfalls unwirksam wird.

    Anders verhält es sich mit der angeordneten Testamentsvollstreckung, weil Vollstreckungsmaßnahmen von Eigengläubigern des Erben in den der Verwaltung des TV unterliegenden Nachlass nach § 2214 BGB schlechthin unzulässig sind. Es kann bei Eigengläubigern des Erben somit überhaupt nicht der Fall eintreten, dass der TV deren Vollstreckungsmaßnahmen zu dulden hätte. Demzufolge ist die Unzulässigkeit solcher Vollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen vom Vollstreckungsgericht (hier: vom GBA) zu beachten (MünchKomm/Zimmermann § 2214 RdNr.5; Haegele/Winkler RdNr.180). Die Eintragung der beantragten Zwangshypothek kommt somit überhaupt nur in Betracht, wenn sich die Forderungen des Finanzamts bereits gegen den Erblasser gerichtet haben, was das Finanzamt in geeigneter Weise (etwa durch Vorlage der betreffenden Steuerbescheide) nachzuweisen hat. Die Eingangsfrage, ob die Bestätigung des Finanzamts über das Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen ausreichend ist, kann sich demzufolge nur stellen, wenn dargetan ist, dass die Vollstreckung als solche nicht gegen § 2214 BGB verstößt.

  • M.E. ist das Grundbuchamt nicht befugt, zu überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vorliegen. Dies hat die Vollstreckungsbehörde gem. § 322 Abs. 3 AO zu bescheinigen. Das Grundbuchamt ist hieran gebunden und hat kein eigenes Prüfungsrecht (§ 322 Abs. 3 Satz 3 AO) und ist insoweit an des Ersuchen gebunden (Bauer v. Oefele, GBO, 2. Aufl. Rn 86 zu § 38 GBO). Sofern nicht gegen die §§ 866 Abs. 3 und 867 Abs. 2 ZPO verstoßen wird und das Ersuchen formal (§ 29 Abs. 3 GBO) in Ordnung ist, muss das Grundbuchamt eintragen.

  • Das sehe ich anders.

    In der zitierten Fundstelle bei Bauer/v.Oefele/Bauer wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Bescheinigung der ersuchenden Behörde i.S. des § 323 Abs.3 S.2 AO darauf beschränkt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung in Gestalt des Bestandes der im Leistungs-bescheid titulierten Forderung vorliegen und dass dem GBA daher sehr wohl eine Prüfungspflicht in Bezug darauf zukommt, ob für die dem Ersuchen zugrunde liegende Forderung nach Art und Grund die Vollstreckung eröffnet ist. Genau darum geht es aber bei § 2214 BGB. Ansonsten wäre auch die einhellige Rechtsauffassung unsinnig, wonach das Vollstreckungsgericht den Mangel i.S. des § 2214 BGB von Amts wegen zu beachten hat, weil es ihn bei unterstellter Richtigkeit der in #3 genannten Auffassung ja gerade nicht beachten würde.

  • 2Sie (Die Vollstreckungsbehörde) hat hierbei zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. 3Diese Fragen unterliegen nicht der Beurteilung des Vollstreckungsgerichts oder des Grundbuchamts.

    Diese Sätze des Abs. 3 des § 322 AO sind eindeutig. § 2214 BGB hat hier die Vollstreckungsbehörde und nicht das Grundbuchamt zu beachten.

    Die Fundstelle im Bauer v.Oefele heißt richtig:

    "Damit beschränkt sich die Prüfungspflicht des GBAs darauf, ob für die dem Ersuchen zugrunde liegende Geldzahlungsforderung nach Art und Grund die Verwaltungsvollstreckung eröffnet ist ..."

    Das heißt lediglich, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Forderung handeln muss und keine privatrechtliche Forderung (z.B. aus einem Lieferantenvertrag) sein darf, weil dann die Verwaltungsbehörde als Privater klagen und vollstrecken muss.

  • Sehe ich wie juris2112, da auch im Bereich der sonstigen Gesamtrechtsnachfolgen die Verwaltungsvollstreckungspraxis eine ähnliche Bestätigung vorsehen, vgl. Hock/ Mayer/ Hilbert/ Deimann, Immobiliarvollstreckung, 3.A., Rn 2278 ( = S. 406).
    Gleiches gilt für den Duldungsbescheid nach § 191 AO, auch hier hat das Finanzamt eine eigene Bestätigung abzugeben (Vorlage nicht erforderlich, vgl. Deimann, Zwhyp/ Arresthypo im Grundbuch, Rn 111 am Ende).
    Im Übrigen dürfte es für das Finanzamt auch kein Problem bedeuten, zu bestätigen, dass auch insofern die Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen

  • Ich stimme juris2112 zu.

    In diesem Falle muss sich aus dem Ersuchen selbst ergeben, dass die gesetzlichen ZV-Voraussetzungen gegen den TV vorliegen. Dies ergibt sich z.B. aus § 265 AO i.V.m. § 748 ZPO.

    Fehlt -wie hier offenbar- im Vollstreckungsersuchen jeglicher Hinsicht auf den TV muss das GBA dies rügen.

    Nach meinen Erfahrungen mit den Vollstreckungsersuchen öffentl.-rechtl. Gläubiger ist dort die Bedeutung einer TV oder auch einer Insolvenz für das Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht bekannt.
    Das liegt nicht an der Ignoranz der dortigen Vollstreckungssachbearbeiter, sondern auch der insoweit unzulänglichen Ausbildung. Auf diese vollstreckungsrechtl. Spezialitäten sind die Finanzbeamten (zumeist Kollegen des mittleren Dienstes) gar nicht vorbereitet.

  • Im vorliegenden Falls hat das Finanzamt bestätigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vorliegen. Dies deckt alles ab (auch § 748 ZPO). Da § 265 AO sich vorrangig an die Vollstreckungsbehörde richtet, gehe ich davon aus, dass deren Mitarbeiter diese Vorschrift auch beachten. Wenn dem nicht so ist, ist es Aufgabe des Testamenstvollstreckers den Nachlass zu schützen und gegen die Gläubigerin vorzugehen.

    Wenn ich 1556 folgen würde, müsste ich im Rahmen einer nicht rangwahrenden Aufklärungsverfügung (Ich rüge ja ein vollstreckungsrechtliches Hindernis) der Finanzbehörde quasi mitteilen, dass ich ihre Bescheinigung nicht akzeptiere, weil ja amtsbekannts sei, dass ihre Mitarbeiter zu blöd seien, um die Problematik mit der Testamentsvollstreckung zu erkennen. Dies geht zu weit. Es ist h.M., dass bei Eintragungen aufgrund eines Ersuchens (§ 38 GBO) lediglich die Formalien (§ 29 Abs. 3 GBO) zu prüfen sind und, ob die begehrte Eintragung abstrakt denkbar, möglich und inhaltlich zulässig ist und ob die Behörde grundsätzlich befugt ist, um die Eintragung zu ersuchen. Ob die Eintragung im konkreten Einzelfall rechtmäßig erfolgt verantwortet die ersuchende Behörde und nicht das Grundbuchamt.

  • Im Rpfleger 1983, 481-482 und 1984, 232 sind Entscheidungen über die Prüfungspflicht des GBA bei Verwaltungszwangsvollstreckung erschienen.

  • Allein aus der Tatsache, dass im Eintragungsersuchen des FA der eingetragene Erbe als Schuldner bezeichnet wird und nicht der TV, ergibt sich nach meinem Verständnis die Notwendigkeit, eine "Aufklärungsverfügung" zu erlassen, da durch diese Art der Schuldnerbezeichnung objektiv zu Tage tritt, dass § 2214 BGB eben nicht beachtet ist.

  • Danke Euch allen.
    Es freut mich, dass genau meine Gedanken und Bedenken sich in den Meinungen widerspiegeln. Ich habe mich jetzt zur pragmatischen Lösung entschlossen. Obwohl ich überzeugt bin, dass es sich nur um Eigenverbindlichkeiten der Vorerbin handeln kann, habe ich das FA gebeten, noch eine Bestätigung vorzulegen, dass es sich um eine Nachlassverbindlichkeit handelt. Wenn die Zwangshypothek fälschlicherweise eingetragen wird, habe ich später auch noch ein Problem mit der Löschung.

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