Voreintragung

  • Hallo Kollegen,
    weiß jemand, ob es neuere Rechtsprechung gibt zur Frage der Voreintragung der Erben bei Belastung mit einem Grundpfandrecht durch einen Käufer vor Eigentumsumschreibung auf diesen.
    Gruß blue

  • Zunächst ist es so, dass bereits umstritten ist, ob die Eintragung einer vom Erben bewilligten Auflassungsvormerkung von der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs.1 Alt.1 GBO erfasst wird (bejahend z.B. Demharter, 25. Aufl., § 40 RdNr.17; verneinend Meikel/Böttcher, 9. Aufl., § 25 RdNr.18 und § 40 RdNr.26 -jeweils m.w.N.-). Meines Erachtens sprechen die besseren Gründe dafür, die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des § 40 GBO in diesem Fall zu bejahen, weil eine Eigentumsübertragung ohne vorherige Sicherung durch Vormerkung (von Übereignungen innerhalb der Verwandtschaft abgesehen) nahezu nicht vorkommt und der wichtigste und häufigste Fall der Übereignung durch den Erben ansonsten nahezu vollständig aus dem Anwendungsbereich des § 40 GBO herausfiele. Eine andere Frage ist natürlich, ob dem Erwerber aus anderen Gründen zu raten ist, die Voreintragung des Erben herbeiführen zu lassen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Nachweis der Erbfolge nach § 35 GBO nicht durch Erbschein, sondern durch notarielles Testament und Eröffnungsniederschrift geführt wird. Denn in diesem Fall scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus, falls der Verfügende tatsächlich nicht Erbe des Erblassers geworden ist. Ist dagegen ein Erbschein erteilt, kann der Erwerber auch ohne Voreintragung des Erben gutgläubig erwerben („doppelter“ guter Glaube nach § 892 BGB und nach § 2366 BGB).

    Vertritt man die Auffassung, dass die Eintragung einer vom Erben bewilligten Auflassungsvormerkung nicht von der Voreintragung des Erben abhängig ist, so stellt sich (nur dann) die weitere Frage, ob diese Voreintragung auch für die Eintragung der auf Rechnung des Erwerbers bewilligten Finanzierungsgrundpfandrechte entbehrlich ist. Dies ist m.E. zu bejahen. Denn wenn die Eintragung einer Vormerkung der Übertragung gleichsteht, so handelt es sich um einen Fall, bei welchem die Übertragung (im Sinne der Eintragung einer Vormerkung) gleichzeitig mit einer Belastung des Grundbesitzes verbunden ist (Demharter § 40 RdNr.17; Meikel/Böttcher § 40 RdNr.25).

    Meines Erachtens verkennen die genannten Kommentatoren, dass die genannten Fallgestaltungen außerhalb der Vormerkungsfrage überhaupt keine Probleme im Anwendungsbereich des § 39 GBO aufwerfen. War der Erblasser z.B. Grundschuldgläubiger und tritt Erbe A die Grundschuld an B ab, so handelt es sich bei einer von B bewilligten und gleichzeitig mit der Abtretung einzutragenden Rangänderung bereits um eine Verfügung des Erwerbers B. Dieser ist aber aufgrund des Grundbuchvollzugs der Abtretung im Hinblick auf die nachfolgende Rangänderung ohnehin ordnungsgemäß voreingetragen. Damit stellt sich das Problem des § 40 GBO von vorneherein nur im Hinblick auf das Erfordernis oder die Entbehrlichkeit der Voreintragung des erstverfügenden Erben. Einer weiteren „Ausnahme“ für die Eintragung der Rangänderung bedarf es somit nicht.

    Ergebnis: Auf Rechnung des Erwerbers bestellte Finanzierungsgrundpfandrechte können ohne Voreintragung des Erben eingetragen werden, wenn für den Erwerber eine Vormerkung eingetragen ist oder wenn eine solche Vormerkung gleichzeitig mit den Finanzierungsgrundpfandrechten eingetragen wird. Ist der Anspruch des Erwerbers dagegen (im Ausnahmefall) nicht durch Vormerkung gesichert, so verbleibt es beim Erfordernis der Voreintragung des Erben.

  • :2sorry: juris 2112 aber Deiner Meinung kann ich so nicht folgen.

    Warum soll denn die Grundschuldbestellung so zu behandeln sein wie die Vormerkung? Nur, weil beides in der Regel im Rahmen eines Verkaufes statt findet?

    Ich sehe es eher so, dass die AV doch viel enger mit dem Verkauf verknüpft ist als die Grundschuld. Die Vormerkung ist ein Sicherungsmittel für den Käufer und die Eintragung steht damit in direktem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verkauf - von dem rechlichen Charkter der AV her betrachtet.
    Das fehlt mir bei der Grundschuld. Diese mag zwar tatsächlich mit dem Verkauf in einem Zusammenhang stehen aber eine Grundschuld ist eine Grundschuld.
    Und wie sollte man es einem Erben erklären, dass er zwar ohne Voreintragung die Grundschuld für einen Käufer eintragen lassen kann, eine für den Erben selbst bestellte Grundschuld z.B. für dringend notwendige Erhaltungsarbeiten am Objekt hingegen nicht??!

    Selbst wenn man grundsätzlich Deiner Meinung folgt und die Grundschuld ohne Voreintragung vornehmen würde, verstehe ich nicht, warum die Grundschuld nur dann ohne Voreintragung möglich sein soll, wenn auch eine AV eingetragen ist bzw. wird?
    Verzichtet der Erwerber auf das Sicherungsmittel einer Vormerkung, so soll - wenn ich das richtig verstanden haben - dann die Eintragung der Grundschuld aufgrund Belastungsvollmacht nicht ohne Voreintragung möglich sein?! Wieso??

    :bahnhof:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Dieses unbefriedigende Ergebnis würde ich auch gern vermeiden. Da bin ich einer Meinung mit Ulf. Leider gibt es kaum eine Entscheidung in diesem Sinn. Ich möchte auch nicht unbedingt einen Alleingang in dieser Richtung wagen. Im Übrigen beantragen bei uns die Notare in der Regel die Voreintragung wegen der Sicherheit im Hinblick auf ggl. Erwerb. Dass dieser bei Vorliegen eines Erbscheines auch ohne Voreintragung möglich sein soll, war mir allerdings neu.

  • Mein letzter Beitrag bezog sich nicht auf Ulfs neues Statement. Ich hatte zwischenzeitlich im Kommentar gestöbert und nicht registriert, dass Ulf erneut geantwortet hat.

  • Nicht nach § 892, sondern wegen § 2366 BGB. Das sehe ich ebenso wie juris2112.

    Bezüglich des Voreintragungserfordernisses bei Grundpfandrechten meine ich allerdings, dass die Voreintragung notwendig ist. § 40 GBO spricht nur von der Übertragung oder Löschung. Man kann die Vormerkung noch als direkte Vorbereitung der Übertragung betrachten, weswegen sie im Regelfall als ebenfalls unter § 40 fallend betrachtet wird. Das ließe sich auch damit begründen, dass für die Vormerkung einer so erleichterten Eintragung nicht etwas anderes gelten muss als für die Eintragung selbst. Indirekt damit zusammenhängende Eintragung fallen m. E. nicht unter § 40 GBO.

    Pragmatisch betrachtet: Weh tut es nur dann, wenn ein (Mit-)Erbe erwirbt, Zwischenfinanzierung benötigt und das jeweilige Grundbuchamt § 60 IV KostO auch bei Auseinandersetzungen anwendet oder wenn hinterher (kostenpflichtig) Nacherben- oder Testamentsvollstreckervermerke zu löschen sind. Ansonsten kann es den Erben im Regelfall egal sein, ob sie noch eingetragen werden oder nicht. Aus der Sicht des Grundbuchamts würde ich mir die Zwischeneintragung vor allem bei umfangreichen Erbengemeinschaften sehr gerne ersparen, aber eben: § 40 GBO greift nicht mehr.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ulf:

    Ich hatte ja schon selbst darauf hingewiesen, dass man im Hinblick auf das Erfordernis der Voreintragung des Erben bei für Rechnung des Erwerbers bestellten Finanzierungsgrundschulden unterschiedlicher Meinung sein kann. Das eigentliche Problem liegt wohl darin, ob man sich eng an den Wortlaut des § 40 GBO anlehnt (dann Voreintragung erforderlich) oder ob man sein Augenmerk nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift mehr darauf legt, dass die Belastung im vorliegenden Fall in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der (voreintragungsfreien) Übertragung des Erbenrechts steht. Man kann hier sicher mit guten Gründen beide Auffassungen vertreten. Dennoch liegt es nach meinem Dafürhalten näher, den bestehenden Zusammenhang mit der erfolgenden Veräußerung in dieser Hinsicht für den entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkt zu halten und das Erfordernis der Voreintragung demzufolge zu verneinen. Dieser rechtliche Zusammenhang wird insbesondere deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die Grundschuld entweder von vorneherein im Rang vor der Vormerkung eingetragen wird oder dass der Erwerber mit seiner Vormerkung bei späterer Belastung im Rang hinter die Grundschuld zurücktritt.

    Wenn man dieser Ansicht folgt, so muss man aber berücksichtigen, dass sich der verfahrensrechtliche Zusammenhang mit einer beabsichtigten „Übertragung“ des Erbenrechts nur ergibt, wenn sich der betreffende Übertragungstatbestand auch bereits (durch Vormerkung) im Grundbuchinhalt niedergeschlagen hat. Denn die rechtliche Gleichstellung von Vormerkung und endgültiger Übertragung im Anwendungsbereich des § 40 GBO eröffnet ja erst die grundsätzliche Möglichkeit, auch die nachfolgende Belastung unter den Übertragungstatbestand der Norm zu subsumieren. Ist aber keine Vormerkung eingetragen, so handelt es sich bei der „nackten“ Grundschuld um eine Belastung, die zwar im Zusammenhang mit einer Veräußerung steht, die sich grundbuchmäßig aber als isolierte Grundstücksbelastung darstellt. Der Grund für die von mir gemachte Unterscheidung besteht somit darin, dass der Übertragungstatbestand des § 40 GBO aus dem Grundbuch ersichtlich sein muss, um eine ausnahmsweise Belastung ohne Voreintragung des Erben zu rechtfertigen.

    Die Eintragung einer für eigene Rechnung des Erben bestellten Grundschuld ist (unstreitig) von der Voreintragung des Erben abhängig. Es ist aus der Sicht des Erben also nicht zu fragen, weshalb die eine Grundschuld ohne Voreintragung des Erben eingetragen werden kann und die andere nicht, sondern festzustellen, dass das Gesetz nur für eine der beiden Fallgestaltungen eine grundbuchrechtliche Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz und daher wenigstens für eine der beiden Fallgestaltungen eine verfahrensrechtliche Erleichterung der grundbuchmäßigen Abwicklung vorsieht.

    blue:

    Ist ein Erbschein erteilt, sind für den gutgläubigen Erwerb drei Fälle zu unterscheiden: a): Der eingetragene Erblasser war nicht Eigentümer; hier hilft § 892 BGB. b): Der verfügende Erbe ist nicht Erbe: hier hilft § 2366 BGB. c): Der Erblasser war nicht Eigentümer und der Erbe ist auch nicht Erbe: hier helfen §§ 892 und 2366 BGB.

    Ist kein Erbschein erteilt, so hilft § 892 BGB nur für das fehlende Eigentum des Erblassers (Fälle a und c). Ein Mangel im Erbrecht des Verfügenden (Fälle b und c) kann somit nur durch dessen Voreintragung beseitigt werden, weil für die Eintragung des (Schein)Erben dann wieder unmittelbar § 892 BGB zur Anwendung gelangt.

  • Also ich gehe da mit Andreas konform aber gönne natürlich jedem seine eigene Meinung.
    Die von juris2112 vertreten Auffassung klingt für mich allerdings recht konstruiert.

    Ulf

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  • Ulf
    Das finde ich nicht. Und sachgerecht fandst du das doch ehemals auch nicht.
    Es sprechen durchaus gute Gründe dafür:

    Zitat von juris 2112

    Das eigentliche Problem liegt wohl darin, ob man sich eng an den Wortlaut des § 40 GBO anlehnt (dann Voreintragung erforderlich) oder ob man sein Augenmerk nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift mehr darauf legt, dass die Belastung im vorliegenden Fall in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der (voreintragungsfreien) Übertragung des Erbenrechts steht.


    Aber darüber könnte man lange diskutieren. Vorerst bleibe ich wohl bei der Voreintragung, zumindest so lange, bis juris seine Meinung veröffentlicht hat. :)
    In meinem konkreten Fall hat der Notar offenbar die GBberichtigung nur vergessen. Denn in der Übertragungsurkunde ist der Antrag der Erben enthalten.
    Danke an alle für eure Meinungen.

  • Ist ja richtig, dass es irgendwie die Sache verkompliziert, wenn man die Voreintragung als Voraussetzung verlangt. Da bin ich noch immer der Meinung, dass es insofern nicht unbedingt sachgerecht ist.

    Das Problem, was ich sehe, ist halt, dass es m.E. keinen überzeugenden rechtlichen Grund dafür gibt, von dem engen Wortlaut des § 40 GBO abzuweichen.
    Bei der AV ist es noch nachvollziehbar (siehe Andreas' und meine Ausführungen oben) aber bei der Grundschuld m.E. eben nicht mehr so unbedingt.

    Auch wenn mir das Ergebnis nicht so wirklich gefällt, halte ich eine Ausnahme von der Voreintragung leider nicht für möglich. Die Argumentation von juris2112 ist für mich da nicht überzeugend. :2sorry:

    Ulf

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  • Man kann die Grundschuld doch nicht einfach so eintragen.
    Da geht eine Eigentumsänderung für die Statistik verloren.

    Zunächst ist das Grundbuch zu berichtigen, egal was da kommt. Den Erbnachweis nach § 35 GBO muß der Verkäufer sowieso erbringen.

    Hoch lebe der Vorgang !


    Gruß

  • Spaß beiseite.

    Wird die Grundschuld ohne Voreintragung des Erben eingetragen, ist sie jedenfalls materiell entstanden, wenn der wahre Erbe verfügt (Erwerb vom Berechtigten) oder der Scheinerbe durch einen Erbschein ausgewiesen ist (gutgläubiger Erwerb). Ich bin wirklich jahrelang so verfahren und es hat nie irgendwelche Schwierigkeiten gegeben, weil die hiesigen Notare darauf achten, dass die Voreintragung beantragt wird, sofern sich der Erbe nicht durch einen Erbschein legitimieren kann.

  • Zitat von GRG-Uwe

    Deswegen seit ihr so gut besetzt und könnt Euch im Forum rumtreiben.Unglaublich. Und was ist mit den Kosten?Gruß



    Was heißt denn hier "im Forum herum treiben"? :confused:
    Die Ausdrucksweise lässt schon mal tief blicken...

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