Ein Fall aus dem Leben :

  • Pfüb über Konto erlassen am 11.01.2006
    Insolvenz eröffnet am 13.01.2006
    Freigabe des Kontos durch Treuhänder am 26.01.2006
    Pfüb an DS zugestellt am 13.02.2006.

    Fragen :

    Ich habe eine Schuldnerin, die eigentlich einen Antrag nach § 850k ZPO hinsichtlich ihres auf das freigegebene Konto eingehenden Arbeitseinkommens stellen möchte.

    Ist die Pfändung durch Pfüb vom 11.01.06 mit Insolvenzeröffnung unwirksam geworden ?

    Da die Pfändungswirkung nach § 829 III ZPO erst mit der Zustellung nach Freigabe des Kontos durch den Treuhänder eingetreten ist : Ist die Pfändung doch wirksam ?

    Wer ist bei anhängigen Insolvenzverfahren aber freigegebenem Konto für einen Vollstreckungsschutzantrag / ein Erinnerungsverfahren sachlich zuständig (die Schuldnerin pendelte bisher fröhlich zwischen Insolvenzgericht und Vollstreckunsggericht hin und her) ?

    Vielen Dank für eure hilfreichen Hinweise im voraus.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Also, ich würde sagen, dass sich alle Fragen mit § 89 ZPO beantworten lassen. Zwangsvollstreckungen für Insolvenzgläubiger (und ich gehe mal davon aus, das ist einer) sind unzulässig, unerheblich ob freigegeben oder nicht (§ 89 I InsO). Insofern kommt es auch nich darauf an, wann der Beschluss wirksam der Drittschuldnerin zugestellt wurde. Zuständig ist das Insolvenzgericht (Erinnerung; § 89 III InsO). Deshalb bedarf es auch keinen Antrag gem. § 850k ZPO mehr und Du bist fein raus.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Tja - schön wär´s.

    Die Kollegin beim Insolvenzgericht beruft sich auf die Kommentierung zu § 89 InsO und zu § 766 ZPO. Demzufolge geht ein Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO vor und hierüber hat das Vollstreckungsgericht zu entscheiden. Die arme Schuldnerin ist - wie gesagt - schon mehrfach hin und her geschickt worden.

    Und : Ich bin mir nicht sicher, inwieweit § 89 InsO (noch) gilt, wenn das Konto vom Treuhänder freigegeben wird und doch somit nicht mehr dem Insolvenzverfahren unterliegt.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Aber auf jeden Fall. § 89 InsO gilt.
    Vorraussetzung ist nur, dass ein Insolvenzgläubiger vollstreckt. Und da ein Titel für den Insolvenzgläubiger existiert muss es sich um eine vor Eröffnung begründete Forderung handeln. Damit ist der Gläubiger nach § 38 InsO Insolvenzgläubiger. Und der darf nicht vollstrecken. Grundsätzlich und in kein Vermögen des Schuldners.
    Gäbe es kein Vollstreckungsverbot, dann wäre die Insolvenzordnung mit dem Ziel, alles Vermögen des Schuldners verwerten und gleichmässig an alle Gläubiger zu verteilen, vollkommen unterlaufen. Einzelvollstreckungen würden dann munter ihren Lauf nehmen.
    Und zuständig ist meiner Ansicht nach das Insolvenzgericht. Auf jeden Fall nicht das Vollstreckungsgericht. Die Schuldnerin sollte keinen Antrag nach § 850k ZPO stellen, sondern eine Entscheidung nach § 89 III InsO begehren. Also das dieser Gläubiger so nicht vollstrecken darf, da er Insolvenzgläubiger ist.

  • Leider liegen sich im "Kampf" InsO gegen ZwV-Gericht die Kollegen in den Haaren. Und so muss man erst einmal den Antrag entgegen nehmen um ihn dann abzubürsten, damit man mal ne Entscheidung vom LG bekommt. :(

  • Man kann es natürlich auch so sehen: Erinnerung, § 766 ZPO. Der Vollstreckungs-Rpfl kann der Erinnerung abhelfen. Hilft er nicht ab, Entscheidung durch InsoRichter (so vgl. BGH, ZinsO 2005, 708).
    Insofern muß in diesen Fällen tatsächlich erst die Erinnerung dem Vollstr.G zur möglichen Abhilfe vorgelegt werden. Und Du kannst ja abhelfen und den PfüB aufheben (§ 89 I InsO).

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  • Tja - dummer Weise habe ich keine Erinnerung sondern (mittlerweile) einen Antrag nach § 850k ZPO vorliegen (Gründe : Konto unterliegt nicht dem Inso-Verfahren, da freigegeben -> normaler 850k-Antrag). Ich habe der armen Wurst erst einmal etwas vorab freigegeben ("Auf die Erinnerung bzw. den Vollstreckungsschutzantrag hin ...":teufel: ).

    De Antrag nach § 850k ZPO in eine Erinnerung umzudeuten und den Pfüb aufzuheben halte ich für etwas hergeholt ?!?

    "Was tun ?" sprach Zeus...

    the bishop :kardinal:

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  • Bei mir ist das mal so gelaufen,
    Die Pfändung lief und lief...., das Insolvenzverfahren wurde eröffnet und die Verwalterin hat das Konto freigegeben, alles supi! Ca. ein Jahr nach Eröffnung des Verfahrens war die Pfändung plötzlich wieder im Computer der Bank aktiv. Warum konnte die Bank nicht sagen und die wollte unbedingt einen Freigabebeschluss vom AG, was die Verwalterin denen geschrieben hat war denen egal!

    Die Freigabe des Kontos erfolgte durch das Vollstreckungsgericht.
    Problematisch wurde es erst, als pfändbare Bezüge ins Spiel kamen.
    Denn die Pfändbaren Bezüge wollte die Bank an niemanden auszahlen, an Gläubiger ging nicht wegen Insoverfahren und an Verwalterin ging nicht wegen der Pfändung!
    Mit viel Telefoniererei mit der Bank und der Insolvenzverwalterin war das Konto dann wieder urplötzlich frei.
    Frag mich nicht was die Bank da gemacht hat :wechlach:

    Also, soll sich doch bitte der Verwalter drum kümmern, dass er die Pfändung für nicht wirksam erklärt und das Konto wieder freigibt!

  • Zitat von the bishop

    Tja - dummer Weise habe ich keine Erinnerung sondern (mittlerweile) einen Antrag nach § 850k ZPO vorliegen (Gründe : Konto unterliegt nicht dem Inso-Verfahren, da freigegeben -> normaler 850k-Antrag). Ich habe der armen Wurst erst einmal etwas vorab freigegeben ("Auf die Erinnerung bzw. den Vollstreckungsschutzantrag hin ...":teufel: ).

    De Antrag nach § 850k ZPO in eine Erinnerung umzudeuten und den Pfüb aufzuheben halte ich für etwas hergeholt ?!?

    "Was tun ?" sprach Zeus...



    Tja, was willste machen ? Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Ich würde es einfach in eine Erinnerung umdeuten und komplett freigeben (Argument § 89 III InsO). Der Gläubiger ist ja weder durch die Umdeutung noch durch die Vorabfreigabe beschwert.

    Andererseits kannst Du natürlich auch den Weg einfach weitergehen und gemäß § 850k ZPO aufheben. Wenn Du damit wirklich alles freigeben kannst, dann ist das Ergebnis ja auch das gleiche. Und was soll dann passieren ?

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  • Mann o Mann, wer treibt denn da bei Bishop auf dem Insolvenzgericht so quer? Dabei ist die Sache so schnell und einfach aus der Welt zu schaffen. Ein Beschluss mit 2 Sätzen. Gibt es das häufiger?

  • Die Kollegin des Insolvenzgerichts hat der Schuldnerin mitgeteilt, dass die Erinnerung der Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 89 InsO vorginge. Die Antragsaufnahme hat anstelle einer Erinnerung einen Antrag nach § 850k ZPO aufgenommen und ich habe jetzt eine §850k II ZPO-Entscheidung (und sei es als Teilabhilfe der Erinnerung nach §§ 766, 732 II ZPO :strecker ) gemacht, damit die Schuldnerin etwas zu beißen hat.

    Sodann beabsichtige ich, das gesamte auf das Konto eingehende Einkommen als unpfändbar zu stellen, da die pfändbaren Gehaltsanteile dem Insolvenzverfahren unterliegen.

    Da ich keine Erinnerung gegen den Pfüb vorliegen habe, sehe ich mich nicht dazu in der Lage, den gesamten Pfüb aufzuheben (auch, wenn ich dies tun wollte).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Pragmatisch und machbar, aber irgendwie vollkommen systemwiedrig.
    Nur zur Klarstellung: ich verstehen das Verhalten von Bishops Insolvenzgericht nicht. Da hätte die Entscheidung getroffen werden können und müssen. Irgendeinen "Vorrang" von gerichtlichen Entscheidungen herbeiführen zu wollen halte ich für verfehlt.

  • Stimme voll und ganz zu (ohne Vorrang). Halte die Ansicht der Kollegin für -Tschuldigung im Vorwege - vollkommenen Blödsinn. Hier ist der Paradefall für eine Erinnerung. Über diese entscheidet gem. § 89 III InsO das Insolvenzgericht. Wo da ein "Vorrang" zu sehen ist, erschließt sich mir -leider- nicht.Aber ich werde vielleicht zukünftig diese Ansicht hier unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung bei einem der größten Insolvenzgerichte anwenden...

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  • Vorschlag: Einstweilen einstellen, ´k´zurückweisen mit der Begründung, daß das InsO-Gericht tätig werden muß und auf ein weises LG hoffen.

  • @Erzett : Na - nu´ habe ich schon § 850 k Abs. 2 gemacht - da sieht´s ein bisschen blöd aus, wenn ich § 850 k Abs. 1 zurückweise... ?! :gruebel:

    the bishop :kardinal:

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  • indeed.

    So beabsichtige ich, zu verfahren (auch, wenn´s objektiv / formal falsch sein mag). ;)

    Ich denke aber, dass der Gläubiger wohl wissend, was ihm im Falle einer Erinnerung blüht, sich ruhig verhalten wird.

    the bishop :kardinal:

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  • By the way : Ich hatte gestern eine Diskussion mit unserem Admin und hieraus hat sich folgende Frage ergeben:

    Wenn der Treuhänder ein Konto "freigibt", unterliegt dieses Konto doch nicht (mehr) dem Insolvenzverfahren mit der Folge, dass Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen in dieses - nicht die Insolvenzmasse darstellende - Schuldnervermögen durch Privatgläubiger des Sch. zulässig ist - oder ???

    So war (wohl) auch die Argumentation des antragsaufnehmenden Kollegen.

    :gruebel:

    the bishop :kardinal:

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  • Es kommt ja nicht darauf an, dass das Konto freigegeben wird. Entscheidend ist, dass Insolvenzgläubiger nicht mehr vollstrecken dürfen. Und noch dazu dürfen sie nicht in das sonstige Vermögen vollstrecken. Also selbst, wenn es nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 89 InsO). Und InsoGläubiger sind alle, die einen persönlichen Vermögensanspruch bei Eröffnung des Verfahrens haben (§ 38 insO).

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  • Wir kamen im Zusammenhang mit der Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens auf das Thema zu sprechen - aber da gibt es natürlich Absonderungsrechte im Gegensatz zu meinen Insolvenzgläubigern.

    the bishop :kardinal:

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