Grundbuchberichtigung aufgrund Erbfolge

  • Nach längerem Suchen habe ich nun die einschlägige Entscheidung herausklamüsert:

    OLG Schleswig FGPrax 1999, 206 = NJW-RR 1999, 1530 = MittBayNot 2000, 114 = MittRhNotK 2000, 117.

    Sachverhalt:

    Notarielles gemeinschaftliches Testament. Erben: Die gemeinschaftlichen Abkömmlinge ohne namentliche Benennung. Dem GBA wurden vorgelegt: Testament, Eröffnungsprotokoll, Geburtsurkunden beider Kinder und eV beider Kinder, wonach keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind.

    Das GBA hatte einen Erbschein verlangt, das LG hat diese Entscheidung bestätigt und das OLG hat sie aufgehoben, weil die Erbeneigenschaft der Kinder durch die vorgelegten Geburtsurkunden und das Nichtvorhandensein weiterer Abkömmlinge durch die eV beider Kinder nachgewiesen sei.

    Offen bleibt natürlich, wie das OLG entschieden hätte, wäre die eV nur von einem Kind abgegeben worden.

    Ich persönlich halte die Abgabe einer eV durch alle sechs Kinder für übertrieben. Immerhin hat das BayObLG (BayObLGZ 2000, 167 = Rpfleger 2000, 451) entschieden, dass auch die eV des einzigen Kindes, wonach es das einzige Kind sei, ausreichend ist. Ich würde es hier mit einer eV von einigen am gleichen Wohnort befindlichen Kindern (falls zu umständlich, auch mit der eV eines Kindes) gut sein lassen, weil ich nicht erkennen kann, dass sich die Glaubwürdigkeit einer eV nur deshalb erhöht, weil sie von mehreren Personen abgegeben wird.

    Meikel/Roth (§ 35 RdNrn.112, 117 ff., jeweils m.w.N. zur einschlägigen Rechtsprechung und Literatur) lehnt die hM zur Verwendbarkeit von eidesstattlichen Versicherungen und zur Anwendung von Auslegungsregeln (hier: § 2102 Abs.1 BGB) im Grundbuchberichtigungsverfahren nach § 35 GBO kategorisch ab. Er ist aber insoweit ein einsamer Rufer in der Wüste.

  • Besten Dank!!!

    Das ist ja klasse, dass Du die Entscheidung ausgebuddelt hast!! :daumenrau

    Einziges Argument, das dagegen spricht, nur eine eV genügen zu lassen ist, dass evtl. vielleicht gerade dieses eine Kind nichts von der Existenz eines z.B. nichtehelichen Kindes weiß. Klar, recht theoretisch aber denkbar.

    Ich denke, hier sollte die eV zumindest von dem ältesten und dem jüngsten Kind abgegeben werden. Das würde mir dann genügen.

    Ich werde aber auf jeden Fall anregen, einen Erbschein zu beantragen und die Urkunden-eV-Lösung nur als Alternative "anbieten". :teufel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich habe hier folgenden Fall::confused:
    notarielles Testament der Eheleute folgenden Inhalts:
    Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Sollten Kinder vorhanden sein, so soll der überlebende Ehegatte Vorerbe und die Kinder zu gleichen Teilen Nacherben sein.

    Eingetragener Eigentümer ist der Ehemann. Der Ehemann stirbt 2000, Ehefrau 2006. Nun kommen die Kinder und wollen das Grundbuch berichtigen lassen. Sie weigern sich einen Erbschein zu beantragen.
    Ist also die eV der Erben in notarieller Form und Vorlage der Geburtsurkunden ausreichend ? :gruebel:

    Hatte so einen Fall noch nicht !

  • Ist also die eV der Erben in notarieller Form und Vorlage der Geburtsurkunden ausreichend ? :gruebel:


    Wohl ja, wenn man den von juris2112 (und anderen) hier genannten Ansichten folgt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn in einer Erbengemeinschaft einer der Erben als (z.B.) französischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Frankreich nachverstorben ist, dieser ein in Frankreich erstelltes und dort nachlassgerichtl. eröffnetes notarielles Testament hinterlassen hat, kann dann das deutsche GBA verlangen, daß dieses Test. nochmals in der BRD eröffnet wird und dieses dann im Sinne von § 35 I S.2 GBO dem GBA vorgelegt wird um die Rechtsnachfolge zu belegen? Oder ist das GBA dann sogar gehalten, die Vorlage eines gegenständl. beschr. Erbschein zu fordern?

    Die Erbfolge kann sich ja wegen des Testaments in der BRD nicht anders ergeben als in Frankreich. Also alles eine Form-Frage?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Die Fragen nach der Notwendigkeit der Testamentseröffnung und nach der Geeignetheit eines ausländischen öffentlichen Testaments als Erbnachweis i.S. des § 35 Abs.1 S.2 GBO dürfen nicht miteinander vermengt werden.

    Grundsätzlich sind ausländische öffentliche Testamente als Erbnachweis i.S. des § 35 Abs.1 S.2 GBO geeignet (KG OLGE 3, 221). Das GBA hat insoweit aber zu prüfen, ob die letztwillige Verfügung von einer ausländischen öffentlichen Behörde innderhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises aufgenommen und die dabei vorgeschriebene Form beachtet ist (Bauer/v.Oefele/Schaub, Intern. Abzüge, RdNr. 588). Für Frankreich kommt insoweit die Errichtung vor zwei Notaren oder vor einem Notar und zwei Zeugen in Betracht (Art. 971-975, 980 CC; zu Einzelheiten der Errichtungsförmlichkeiten vgl. Bauer/von Oefele/Schaub a.a.O. RdNr. 598). Ein Legalisationszwang für ausländische Urkunden im Grundbuchverfahren besteht nicht (so bereits Féaux de la Croix DJ 1938, 1346, 1348). Bei fehlender Legalisation muss das GBA daher die Echtheit der Urkunde nach § 438 Abs.1 ZPO nach seinem pflichtgemäßen Ermessen prüfen (Bauer/von Oefele/Knothe, Intern. Bezüge RdNr. 626 m.w.N.).

    Durch die Feststellung, dass ein ausländisches öffentliches Testament im Einzelfall als Erbnachweis geeignet ist, wird die Vorlage der von § 35 Abs.1 S.2 GBO darüber hinaus geforderten Eröffnungsniederschrift aber natürlich nicht entbehrlich. Es kann daher durchaus sinnvoll und erforderlich sein, dass das zuständige NachlG das ausländische Testament nochmals im Inland eröffnet.

    Ein gegenständlich beschränkter Erbschein kann grundsätzlich nicht verlangt werden. Das GBA ist vielmehr verpflichtet, ein Testament auch unter Berücksichtigung ausländischen (Erb)Rechts zu prüfen. Es kann also kein Erbschein unter Hinweis auf die mangelnde Kenntnis ausländischen Erbrechts verlangt werden (KGJ 7, 250, 255; LG Aachen Rpfleger 1965, 233). Eine Ausnahme vom "Grundsatz der Selbstbeschaffung von Rechtskenntnissen" gilt nur, wenn sich das ausländische Erbrecht nicht oder nicht sicher feststellen lässt.

  • Durch die Feststellung, dass ein ausländisches öffentliches Testament im Einzelfall als Erbnachweis geeignet ist, wird die Vorlage der von § 35 Abs.1 S.2 GBO darüber hinaus geforderten Eröffnungsniederschrift aber natürlich nicht entbehrlich. Es kann daher durchaus sinnvoll und erforderlich sein, dass das zuständige NachlG das ausländische Testament nochmals im Inland eröffnet.



    Deine Antwort ist wie immer umfassend. Vielen Dank!!
    Bitte erlaub´mir aber trotzdem nochmal die Frage, ob das GBA nicht auch die vom ausländischen Gericht vorgenommene Testamentseröffnung anerkennen kann. Dann wären beide Voraussetzungen des 35 I 2 GBO doch erfüllt, oder?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ausgeschlossen ist das nicht.

    Allerdings besteht oft das Problem, dass das jeweilige ausländische Recht keine formelle Testamentseröffnung (analog zu den Vorschriften des deutschen Rechts) kennt.

  • Ich hänge mich mit einer mir grad vorliegenden Akte mal an das Thema dran. Mir wurde von einem auswärtigen NachlG ein Erbvertrag - nach dem Tode des Längstlebenden - zur Grundakte eingereicht, und nun liegt mir auch der Grundbuchberichtigungsantrag vor. In dem Erbvertrag heißt es:

    "Der Überlebende von uns soll frei entscheiden, wen er als seinen Erben bestimmen will. Trifft der Überlebende keine letztwillige Verfügung, sollen Erben des Längstlebenden von uns die Kinder aus unserer Ehe sein."

    Bzgl. der Problematik "die Kinder" (ohne namentliche Bezeichnung) würde mir gemäß der obigen Diskussion die notarielle eV genügen, wonach nur die Kinder A und B vorhanden sind.

    Ich habe aber ein anderes Problem, dessen Lösung sicherlich schon des öfteren diskutiert wurde, das ich aber nicht mehr "auf dem Schirm habe" und auch grad nicht mehr finden kann (man sollte um diese Uhrzeit nicht mehr im Büro sitzen...:(). Ich frage mich nämlich, wie es mit der Erklärung "keine (weitere) letztwillige Vfg. des Überlebenden" im zweiten Satz der obigen Verfügung aussieht. Wie ist das noch - genügt insoweit die Einsichtnahme in die Nachlassakte und Feststellung, dass sich darin keine weitere letztwillige Vfg. befindet? :gruebel:


  • Ich frage mich nämlich, wie es mit der Erklärung "keine (weitere) letztwillige Vfg. des Überlebenden" im zweiten Satz der obigen Verfügung aussieht. Wie ist das noch - genügt insoweit die Einsichtnahme in die Nachlassakte und Feststellung, dass sich darin keine weitere letztwillige Vfg. befindet? :gruebel:


    Mir würde das reichen. Bei jeder Grundbuchberichtigung aufgrund notariellen Testament oder Erbvertrag stehe ich doch vor diesem Problem, auch wenn so ein Satz nicht drinsteht. Wenn sich aus der Nachlassakte keine andere letztwillige Verfügung ergibt, muss ich davon ausgehen, dass es keine weitere gibt.

    Life is short... eat dessert first!


  • Ich frage mich nämlich, wie es mit der Erklärung "keine (weitere) letztwillige Vfg. des Überlebenden" im zweiten Satz der obigen Verfügung aussieht. Wie ist das noch - genügt insoweit die Einsichtnahme in die Nachlassakte und Feststellung, dass sich darin keine weitere letztwillige Vfg. befindet? :gruebel:


    Mir würde das reichen. Bei jeder Grundbuchberichtigung aufgrund notariellen Testament oder Erbvertrag stehe ich doch vor diesem Problem, auch wenn so ein Satz nicht drinsteht. Wenn sich aus der Nachlassakte keine andere letztwillige Verfügung ergibt, muss ich davon ausgehen, dass es keine weitere gibt.



    Danke, Mola.

    (Noch eine kleine Anmerkung: Überdurchschnittlich viele Akten mit fehlerhaften Anträgen:daumenrun, fehlenden Unterlagen :heul:, nicht vorhandenen, aber dennoch zur Löschung bewilligten Rechten :eek: usw. und so fort :wall: haben mich heut irgendwie mißtrauisch werden lassen.... ;))

  • Habe einen Fall den ich so noch nicht hatte und nicht weiterkomme.

    Im Grundbuch ist B (deutsche Staatsangehörige) als Eigentümerin eingetragen und verstorben. Sie hat mit A ein gemeinschaftliches notarielles Testament errichtet, wonach C Erbe von B werden soll. Jahre später errichteten A + B ein weiteres gemeinschaftliches notarielles Testament, welches das vorherige Testament ausdrücklich nicht ersetzen soll. In diesem zweiten Testament ist A Alleinerbe nach B, jedoch nur für alle Vermögensgegenstände in Frankreich.

    C stellt ein Antrag auf Grundbuchberichtigung.

    Kann nur hinsichtlich der Vermögensgegenstände in Frankreich eine abweichende Erbeinsetzung vorgenommen werden? Das habe ich so noch nie gesehen und denke das diese Sondererbfolge für bestimmte Gegenstände so nicht möglich ist.

  • A und B sind demnach verheiratet, sonst würde ja kein gemeinschaftliches Testament funktionieren?!

    Mein Lösungsversuch:
    Da B deutsche Staatsangehörige ist, unterliegt sie auch dem deutschen Erbrecht. Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge würde so etwas nicht funktionieren, sondern z.B. nur über Vermächtnisse. Da du als GBA nicht ermitteln darfst, würde ich in diesem Fall einen Erbschein verlangen.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Da wird man sich wohl konkret mit dem Kollisionsrecht beschäftigen müssen. Nach Kroiß/Ann/Mayer, BGB | Erbrecht, Bearb: Frank, Rn. 3 ff. (insbesondere Rn. 9 ff. mit Ausführungen zu Immobilienvermögen deutscher Erblasser in Frankreich) des Länderteils Frankreich kann es bei unbeweglichem Vermögen zu einer Nachlassspaltung kommen.

  • Da wird man sich wohl konkret mit dem Kollisionsrecht beschäftigen müssen. Nach Kroiß/Ann/Mayer, BGB | Erbrecht, Bearb: Frank, Rn. 3 ff. (insbesondere Rn. 9 ff. mit Ausführungen zu Immobilienvermögen deutscher Erblasser in Frankreich) des Länderteils Frankreich kann es bei unbeweglichem Vermögen zu einer Nachlassspaltung kommen.

    Wie in Frankreich die Erbenstellung gesehen wird, ist für mich unerheblich, bzw. welche Rechtsordnung Anwendung findet. Für mich ist relevant, wer meine deutsche Erblasserin hier beerbt hat und dies kann ich irgendwie aus den beiden Testamenten nicht erkennen.


    In Frankreich gilt anscheinend auch der Grundsatz der Universalsukzession. (Kroiß/Ann/Mayer, BGB I Erbrecht, Bearb. Frank Rn. 54)

  • Es wäre wichtig zu wissen, wann der Erbfall eingetreten ist und wo der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Erblasserin war. Zumindest in Anwendung der EUErbVO dürfte eine Nachlassspaltung für diesen Fall ausgeschlossen sein.

    Bei Anwendung deutschen Erbrechts würde ich die Vorlage eines Erbscheines oder ENZ für erforderlich halten, da für die Auslegung weitere Ermittlungen erforderlich wären.

  • Der Erbfall war erst und der letzte gewöhnliche Aufenthalt war in Deutschland.

    Ich nehme mal an dies bedeutet, dass die EUErbVO anwendbar ist.

    Dann gilt eindeutig deutsches Recht für den gesamtes Nachlass und die die Einsetzung einer Erben nur für die in Frankreich befindlichen Nachlassgegenstände ist nicht möglich.
    Daher würde ich einen Erbschein/ENZ verlangen.

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