Testator unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt

  • Hallo!

    Mir liegt ein Testament von einem Erblasser, der über 50 Jahre unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt bzw. früher Vormundschaft stand, vor.

    Nun habe ich auch den Erbscheinsantrag bekommen. Ich kann aus den Betreuungsakten nicht erkennen, ob der Erbl. zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung geschäfts- bzw. testierfähig war. Mir ist nur bekannt, dass er schizophren war.

    Kann ich einfach von der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ausgehen oder muss ich Ärzte bzw. den Betreuer anhören?

    Hinzu kommt, dass derzeit keine gesetzlichen Erben bekannt sind, die ich anhören kann. Der Notar hat nur mitgeteilt, dass keine Erben der ersten und zweiten Erbordnung vorhanden sind. Auf meine Bitte, die Anschriften der Erben der 3. Erbordnung mitzuteilen, kam lediglich die Antwort, dass der testamentarischen Erbin nicht bekannt sei, ob und welche Erben dritter Ordnung vorhanden sind.

    Ich werde dem Notar zunächst mitteilen, dass die Anschriften der gesetzlichen Erben zwingend mitgeteilt werden müssen.

    Ich hoffe ihr könnt mir sagen, wie ich in der Sache weiter verfahre wenn mir gesetzliche Erben mitgeteilt werden und diese nach Anhörung keine Einwände gegen die beantragte Erbscheinserteilung haben!

  • Wenn der Betreute früher unter Vormundschaft stand, muss er entmündigt gewesen sein. Also ist zunächst anhand der Akten zu klären, ob er vor oder nach seiner Entmündigung testiert hat. Außerdem muss der Entmündigung ein ärztliches Attest zugrunde gelegen haben, das sich ebenfalls in der Akte befinden dürfte.

  • Ja, er war früher entmündigt. Das Testament hat er allerdings 2001 errichtet, als er unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stand. 2002 wurde der Einwilligungsvorbehalt rausgenommen, da er nur noch im Heim war.

  • War der Betreute wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche entmündigt? Liegen aus der damaligen Zeit ärztliche Atteste vor?

    Was lässt sich den in der Betreuungsakte befindlichen ärztlichen Gutachten im Hinblick auf die Geschäfts- und Testierfähigkeit des Betroffenen entnehmen. Da die Vormundschaft 1992 in eine Betreuung überführt wurde, muss spätestens 2002 eine Überprüfung der Betreuung stattgefunden haben.

  • Er wurde 1959 wegen Geisteskrankheit entmündigt.

    Es liegt ein Gutachten von 1997 vor. Darin heißt es u.a. er war am xx.xx.1997 wach, orientiert, bewusstseinsklar....Die Gedanken waren häufig sprunghaft. Immer wieder redete er an den gestellten Fragen vorbei....Konzentration, Aufmerksamkeit, Urteils- und Kritikvermögen hinsichtlich der Herstellung zu Realitätsbezügen waren deutlich eingeschränkt....erklärt sich damit einverstanden sich freiwillig auf einer geschlossenen geführten Station behandeln zu lassen.....er ist krankheitsbedingt weiterhin nicht in der Lage, seine Angelegenheiten selbständig zu regeln...Betreuung für sämtliche Angelegenheiten... für Vermögensangelegenheiten wird empfohlen, Einwilligungsvorbehalt anzuordnen mit zeitlicher Befristung auf 1 JAhr.

  • Wenn die Testamentserbin wirklich eine Cousine ist, dann gehört sie selbst der dritten Erbordnung an. Also muss sie auch über die diesbezüglichen Verwandtschaftsverhältnisse (zumindest über diejenigen väterlicher- oder mütterlicherseits des Erblassers) Bescheid wissen.

    Im übrigen schätze ich die Sachlage so ein, dass das NachlG den Erbschein aufgrund des vorliegenden Testaments nicht ohne erneutes ärztliches Gutachten erteilen kann. Die Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung sind zu schwerwiegend.

  • Kann ich nicht sagen.

    Ich werde mal unseren Nachlassrichter fragen, wie er das in derartigen Fällen vor dem Zuständigkeitswechsel gehandhabt hat. Evtl. sollte ich auch den Betreuer laden und anhören - allerdings hat der in dem Zeitraum als das Testament errichtet wurde nur Zwangsgeldandrohungen- und festsetzungen erhalten, weil er sich um nichts gekümmert hat.

    Eine Rechtspflegerin an unserem Gericht hat den Betreuten, zu der Zeit als das Testament errichtet wurde, mal zu einem Grundstücksverkauf angehört. Die kann sich allerdings auch nicht mehr wirklich an den Testator erinnern.

  • Da es sich um ein privatschriftliches Testament zu handeln scheint, braucht man auf jeden Fall die gesetzlichen Erben. Ausnahme: es geht nur um ein paar Kröten, die für Bestattung und Grabpflege aufgebraucht werden (Summe ergibt sich ja aus der Schlussrechnung des Betreuers).
    Wenn sich die gesetzlichen Erben nicht leicht ermitteln lassen, wäre auch eine Nachlasspflegschaft möglich. Bei der geschilderten Falllage gibt es ja tatsächlich Unklarheit, wer Erbe ist (OLG Karlsruhe FamRZ 2004,222 oder OLG Köln FamRZ 1989, 435)
    Wir haben hier Amtsermittlungsgrundsatz. Die Feststellungslast für die Echtheit des Testamentes trägt der Erbe, der einen Erbschein beantragt. Hier geht es aber wohl "nur" um die Testierfähigkeit. Da gilt, dass bis zum Beweis des Gegenteils von Testierfähigkeit auszugehen ist. Wenn aber Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit vorliegen (und das würde ich so sehen bei einer Person, die früher unter Vormundschaft stand und später Einwlligungsvorbehalt hatte), muss das VH von Amts wegen aufklären (§§2358 IBGB 12FGG)

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