Testamentsvollstrecker überträgt Anteil an GbR

  • Im Grundbuch eingetragen sind Vater und Sohn in BGB-Gesellschaft.
    Der Vater ist verstorben. Mir liegen 2 privatschriftliche Testamente und ein Testamentsvollstreckerzeugnis vor.

    Jetzt wird ein Vertrag eingereicht, abgeschlossen durch den TV, den Sohn und Frau X.
    Der 70 %-Anteil des Nachlasses an der BGB-Gesellschaft wird zu 64 % an den Sohn übertragen, zu 6 % an Frau X. Bewilligungen der Beteiligten zur Grundbuchberichtigung liegen vor.

    Der Gegenwert der Übertragung wird errechnet durch Abtretung der Abfindungsansprüche des Nachlasses an eine GmbH (Gesellschafter waren Vater und Sohn) zum Ausgleich von Verpflichtungen, die der Nachlass gegenüber der GmbH hat. Eine Berechnung ist aufgestellt, kann von mir natürlich nicht wirklich nachvollzogen werden (wie auch?). Es soll eine Nachlassinsolvenz vermieden werden.

    Ich gehe davon aus, dass die Verfügung über den Anteil an der BGB-Gesellschaft durch den TV grundsätzlich möglich ist (Schöner/Stöber, Rn. 3426). Hierzu reicht doch auch das TV-Zeugnis, ein Erbschein ist entbehrlich, oder?
    Reichen mir die Ausführungen im Vertrag, um von einer Entgeltlichkeit auszugehen? Prüfen oder nachvollziehen kann ich die Verrechnungen natürlich nicht.

    Erben sind die vier Kinder der Tochter (eines ist noch minderjährig).

    Bin ein bisschen ratlos. Sehe ich vielleicht Probleme, wo gar keine sind?

    Life is short... eat dessert first!

  • BGH NJW 1996, 1284:

    Der Erbrechtssenat des BGH hat sich in seinem Urteil vom 4. 5. 1983 (NJW 1983, 2376 = LM § 1922 BGB Nr. 13) ausdrücklich der Rechtsprechung des Gesellschaftsrechtssenats angeschlossen, wonach der im Gesellschaftsvertrag vererblich gestellte Anteil an einer Personengesellschaft nicht gemeinschaftliches Gesamthandsvermögen der Nachfolger-Erben werden kann, sondern im Wege der Sondererbfolge unmittelbar auf den oder die Nachfolger-Erben übergeht. Er hat jedoch betont, daß die so auf die Nachfolger-Erben aufgeteilten Gesellschaftsanteile gleichwohl zum Nachlaß gehören. Maßgebend hierfür war vor allem - wie im Urteil vom 14. 5. 1986 (BGHZ 98, 48 (54) = NJW 1986, 2431 = LM § 1922 BGB Nr. 14) näher ausgeführt - die Ordnung des Haftungszugriffs durch die Eigengläubiger des Erben einerseits und die Nachlaßgläubiger andererseits.
    Damit kann sich eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung grundsätzlich auch auf den der Sondererbfolge unterliegenden Gesellschaftsanteil erstrecken. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt. Diese - erbrechtliche - Ausgangslage besagt freilich noch nicht, daß der Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Gesellschaftsanteils uneingeschränkt verwaltungs- und verfügungsbefugt wäre. Vielmehr wird seine Rechtsposition aus im Gesellschaftsrecht wurzelnden Gründen begrenzt (BGHZ 98, 48 (57) = NJW 1986, 2431 = LM § 1922 BGB Nr. 14).


    M.E. muss somit zunächst geprüft werden, ob laut Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft überhaupt mit den Erben fortgeführt wird und ob der Testamentsvollstrecker nicht nur erbrechtlich sondernauch nach dem Gesellschaftsvertrag über den Gesellschftsanteil verfügen kann.

    Erst dann ist zu prüfen, ob die Entgeltlichkeit der Verfügung glaubhaft ist.

  • Ein Gesellschaftsvertrag liegt mir nicht vor. Ich hatte ihn bereits angefordert, aber stattdessen wurde nun der Vertrag eingereicht.

    Falls kein notariell beglaubigter Gesellschaftsvertrag existiert, könnten doch eh nur Berichtigungsbewilligungen abgegeben werden, oder?
    Nach dem Vertrag gehen die Beteiligten offenbar davon aus, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgeführt wird.

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  • Nach meinen Erfahrungen gibt es in der Regel keinen förmlichen Gesellschaftsvertrag bei solchen Familien-GbRs. Daher wird hier wohl nur die Berichtigungsbewilligung durch alle alten und alle neuen Gesellschafter möglich sein. Die Erben des verstorbenen Gesellschafters können dabei IMO wirksam durch den TV vertreten werden. Von einer Unentgeltlichkeit kann man nach dem Inhalt des Übertragungsvertrages wohl nicht ausgehen.

    Wenn man sich hingegen auf den Standpunkt stellt, dass die Entgeltlichkeit wirklich dem GBA objektiv nachzuweisen wäre, dann würde wohl kein Weg an einem Wertgutachten für den Gesellschaftsanteil vorbei führen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Grundsätzlich setzt die Berichtigung des durch den Tod eines Gesellschafters unrichtig gewordenen Grundbuches auch bei einer Berichtigungsbewilligung zusätzlich die Vorlage des Gesellschaftsvertrages voraus (OLG Zweibrücken, FGPrax 1995, Seite 93). Wenn kein notarieller Gesellschaftsvertrag vorliegt, genügt ausnahmsweise ein Vertrag in einfacher Schriftform (BayObLG, DNotZ 1992, 157; Demharter, GBO, 25. Aufl. RN 41). Wurde der Gesellschaftsvertrag mündlich geschlossen, ist der Inhalt des Vertrages zur Überzeugung des Grundbuchamtes durch den Antragsteller darzulegen (BayObLG, DNotZ 1998, 811). Dies kann m.E. durch glaubhafte Darlegung des Vertragsinhaltes in der Berichtigungs-bewilligung geschehen.

  • Also müsste ich auf jeden Fall noch einmal den Gesellschaftsvertrag anfordern.



    Auf jeden Fall.

    Zitat von Mola

    Die Beteiligten gehen sicher davon aus, dass sich meine Anforderung durch den jetzt gestellten Antrag erledigt hat.



    Aus diesem Grunde habe ich in den Zwischenverfügungen, mit denen ich noch einiges angefordert hatte, immer angemerkt, dass weitere Auflagen vorbehalten bleiben.

  • Grundsätzlich setzt die Berichtigung des durch den Tod eines Gesellschafters unrichtig gewordenen Grundbuches auch bei einer Berichtigungsbewilligung zusätzlich die Vorlage des Gesellschaftsvertrages voraus (OLG Zweibrücken, FGPrax 1995, Seite 93).


    Diese Auffassung halte ich für nicht überzeugend, da schon das Gesetz selbst es anders sagt:
    Nach § 22 GBO wird ein Unrichtigkeitsnachweis zur Berichtigung nur dann erforderlich, wenn keine Bewilligung vorliegt (Umkehrschluss aus § 22 Abs. 1 S. 1 GBO). Das OLG Zweibrücken fordert hier aber anscheinend beides.

    M.E. genügt daher Bewilligung sämtlicher Gesellschafter (alte und neue) nach §§ 22 Abs. 1 u. 19 GBO sowie ggf. Zustimmung weiterer Miteigentümer (wenn die GbR nicht Alleineigentümerin war), § 22 Abs. 2 GBO.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Allerdings muss man schon wissen, ob auch der "Richtige" die Grundbuchberichtigung bewilligt.


    Deshalb müssen ja auch alle alten Gesellschafter mit bewilligen. Wenn sie wüssten, dass nach dem Gesellschaftsvertrag der "Neue" nicht eintreten könnte, dürften sie die Bewilligung natürlich nicht abgeben.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Prüfung, wer alles zu den "alten" Gesellschaftern gehört, setzt aber die Vorlage des Gesellschaftsvertrags (bzw. die Glaubhaftmachung von dessen Inhalt) voraus.

  • Hää, die "alten" sind doch im GB eingetragen, oder bin ich jetzt völlig auf dem falschen Dampfer?!
    Und für den verstorbenen Mitgesellschafter handeln die Erben (hier müssen natürlich Nachweise vorliegen, da Tote naturgemäß keine Berichtigungsbewilligung hinsichtlich der Erbfolge mehr abgeben können).

    Wer trotz Berichtigungsbewilligung einen GS-Vertrag verlangt, der müsste m.E. konsequent sein und auch bei der Ersteintragung einer GbR als Eigentümer (aufgrund Auflassung z.B.) ein GS-Vertrag verlangen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Ulf:
    Mein Problem ist aber doch auch, ob der TV insoweit für die Erben handeln kann (s. HorstK in #2). Denn ich habe nur ein TV-Zeugnis, aber keinen Erbschein bzw. mitwirkende Erben.

    Ich werde jedenfalls erst mal den Gesellschaftsvertrag einsehen. Mir fehlen eh noch ein Vollmachtsnachweis und die UB des Finanzamtes.

    Life is short... eat dessert first!

  • Noch mal zur Verdeutlichung, worauf ich hinaus will:

    Die Frage, ob der TV hier ohne Mitwirkung der Erben handeln kann, entscheidet sich daran, was für Anforderungen man einen Nachweis der Entgeltlichkeit stellt. Meines Wissens gibt es durchaus Meinungen, die die entsprechende Versicherung des TV genügen lassen, sofern nicht eine Unentgeltlichkeit offenkundig zu Tage tritt.
    (Wenn ich den Sachverhalt richtig interpretiert habe, liegt eine entsprechende Erklärung in dem Übertragungsvertrag vor.)

    Wie dem auch sei. Dieses ist ein völlig anderes Problem als die Frage, wie bei einer eingetragenen GbR die GB-Berichtigung vorgenommen werden kann.
    (Nach meiner o.g. Auffassung ist Berichtigungsbewilligung durch alle eingetragenen Eigentümer und Erben bzw. TV möglich und ausreichend.)

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Nach § 22 GBO wird ein Unrichtigkeitsnachweis zur Berichtigung nur dann erforderlich, wenn keine Bewilligung vorliegt (Umkehrschluss aus § 22 Abs. 1 S. 1 GBO). Das OLG Zweibrücken fordert hier aber anscheinend beides.

    M.E. genügt daher Bewilligung sämtlicher Gesellschafter (alte und neue) nach §§ 22 Abs. 1 u. 19 GBO sowie ggf. Zustimmung weiterer Miteigentümer (wenn die GbR nicht Alleineigentümerin war), § 22 Abs. 2 GBO.


    Allerdings muss man schon wissen, ob auch der "Richtige" die Grundbuchberichtigung bewilligt.



    Darum verlangt das OLG Zweibrücken zum Beleg der Bewilligungsbefugnis der Erben den Gesellschaftsvertrag. So auch BayObLG, Rpfleger 1993, 105. Schöner (Anm. zu BayObLG in DNotZ 1998, 815) hält die Vorlage des Gesellschaftsvertrages dagegen nicht für erforderlich. Die Bewilligungsbefugnis hat auch Ertel dem Erben ohne weiteres zugesprochen, weil die Buchposition ohne Rücksicht auf das rechtliche Schicksal der durch sie verlautbarten materiellen Berechtigung auf die Erben übergegangen sei (MittBayNot 1992,11 ff).

  • Frage Ulf:

    Warum sollte der TV das denn in diesem Fall nicht können??

    Weil das "Verfügenkönnen" des TV im vorliegenden Fall nicht nur eine erbrechtliche, sondern auch eine gesellschaftsrechtliche Komponente hat (vgl. HorstK in #2).

  • Ja schon aber hier wirken doch alle Gesellschafter mit. Daher würde ich davon ausgehen, dass der TV auch gesellschaftsrechtlich handeln kann, da andernfalls die Mitwirkung der übrigen Gesellschafter (hier der Sohn) irrwitzig wäre.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • So, der (natürlich formlose) Gesellschaftsvertrag wurde jetzt vorgelegt.

    Der letzte § des Vertrags lautet:
    Rechtsnachfolge
    Die Gesellschaft wird vom Tode eines Gesellschafters aufgelöst. Der verstorbene Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft aus.

    Widersprechen sich die beiden Sätze nicht? Wenn die Gesellschaft durch den Tod des Vaters aufgelöst ist, kann der Anteil des Nachlasses an der Gesellschaft doch nicht an den Sohn und an Frau X übertragen werden?


    :akteferti

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