Betreuervergütung, vertragl. Vereinbar ?

  • Hallo,
    habe das Forum durch Zufall gefunden und finde es prima.
    Mein Problem: Tätig waren im vorl. Fall bisher zwei Berufsbetreuer. Am 30.06 05 (!!! )erfolgte auf deren Antrag ein richterlicher Beschluss, dass die Zwei nunmehr ehrenamtl. Betreuer sind. Mitte Nov. kam ein Antrag, dass eine Vergütung festzusetzen sei, da erheblicher Aufwand bei der vermögenden Betreuten erbracht worden sei. Die Betreute ist in der Tat sehr Vermögend. Sollte keine Vergütung wie beantragt festgesetzt werden, soll ein Ergänzungsbetreuer zum Abschluss eines Vergütungsvertrages eingesetzt werden. Da ich eine "Vergütung" für ehrenamtl. nur in Höhe einer auch dem Berufsbetreuer zustehenden Vergütung festgesetzt habe, wurde der Richter wieder aktiv und hat einen entsprechenden Ergänzungsbetreuer bestellt. Dieser hat mit den beiden Betreuern. Hierbei wurde ein Stundensatz von 75,00 € zuzüglich Auslagen bestimmt. Die Abrechnung der Vergütung soll über einen einzusetzenden Ergänzungsbetreuer erfolgen, der die Betreuer auch überprüft. Sollte nicht rechtzeitig ein Ergänzungsbetreuer bestellt sein, entfällt § 181 BGB. Der Vertrag ist jederzeit von beiden Seiten kündbar.
    Mir gefällt das nicht. Hioer wird das Vergütungsgesetz umgangen. Finde keine Anhaltspunkte, dem Einahlt zu gebieten. VG-Genehmigungen zu versagen helfen hier nicht, da m.E. keine VG-Erforderlichkeit gegeben ist.
    Der Vertrag verstößt gegen Treu und Glauben und ist Sittenwidrig. Aber wie komme ich dran. Kann mir jemand helfen ?????
    Warte auf Antworten, damit der Kreis der Vergütungsvereinbarungen nicht "Schule macht"

  • Man kann vom VBVG halten was man will, aber so geht es nicht.

    Im einzelnen:

    Nach der Rechtsprechung des BayObLG (FamRZ 2004, 1138) kann die einem ehrenamtlichen Betreuer zu bewilligende Vergütung diejenige eines Berufsbetreuers nicht übersteigen. Die entsprechende Festsetzung der Vergütung war somit völlig in Ordnung.

    Die Lösung des eigentlichen Vergütungsproblems ist relativ einfach. Die Vergütung von Berufsbetreuern und ehrenamtlichen Betreuern ist im Gesetz abschließend geregelt (§ 1836 I BGB i.V.m. dem VBVG bzw. § 1836 II BGB) und einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen Betreutem und Betreuer daher nicht zugänglich. Damit ist der geschlossene Vergütungsvertrag nach § 134 BGB nichtig, weil das "gesetzliche Verbot" i.S. dieser Vorschrift im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sein muss, sondern sich auch aus dem Zusammenhang des Gesetzes ergeben kann (BGHZ 51, 262; Palandt/Heinrichs, 65. Aufl., § 134 RdNr.2). Ob der Vertrag -wäre er zulässig- einem vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungstatbestand unterläge, ist somit völlig unerheblich, weil nichtige Verträge ohnehin nicht genehmigungsfähig sind.

    Ebenso nichtig ist natürlich die Vereinbarung, welche das Vergütungsprocedere der Kontrolle des VormG entziehen und dem Ergänzungsbetreuer übertragen soll, weil über Vergütung und Aufwendungsersatz ausschließlich das Gericht zu entscheiden hat.

    Ich möchte es mir an dieser Stelle versagen, das Verhalten des zuständigen Richters unter naheliegenden strafrechtlichen Aspekten zu erörtern. Es genügt, insoweit festzuhalten, dass der Richter eine Ergänzungsbetreuung mit einem Wirkungskreis angeordnet hat, der von seinem Inhalt her eindeutig gegen das Gesetz verstößt. Dass die ebenfalls rechtlich mehr als fragwürdige "Umwidmung" der bisherigen Berufsbetreuung in eine ehrenamtliche Betreuung nicht zum "gewünschten" vergütungsrechtlichen Ergebnis (nämlich einer höheren Vergütung) geführt hat, dürfte vermutlich ausschließlich auf die fehlenden Rechtskenntnisse des Richters und beider Betreuer zurückzuführen sein. Ein Blick in den Palandt (hier: auf § 1836 RdNr. 10) und die Kenntnis der Rechtsprechung des BayObLG hätte bereits genügt, um zu realisieren, dass der genannte "Kunstgriff" vergütungsrechtlich "nichts bringt".

    Wie sollte man nun am besten vorgehen:

    1. Der "kriegerische" Weg: Zuleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft.

    2. Der "Delegationsweg": Unterrichtung der aufsichtsführenden Betreuungsstelle mit der Anregung um Prüfung und förmliche Beschwerde beim Landesjustizministerium.

    3. Der "raffinierte" Weg: Bestellung eines vertrauenswürdigen Verfahrenspflegers für das Vergütungsverfahren und anschließende Lancierung des Sachverhalts durch diesen an die Presse.

    4. Der "saubere" Weg: Nach der ersten Absegnung einer Vergütungsabrechnung durch den Ergänzungsbetreuer: Ganz normaler Vergütungsbeschluss mit Festsetzung einer Vergütung in Höhe der Berufsbetreuervergütung, wobei der Erlass und der Inhalt des Beschlusses mit der Nichtigkeit der vorliegenden Vergütungsvereinbarung zu begründen ist. Außerdem -im Rahmen des Vergütungsbeschlusses- Anordnung der Rückzahlung des überschießenden und bereits entnommenen Betrages zum Vermögen des Betreuten. Den Betreuer möchte ich sehen, der sich traut, gegen diesen Beschluss Beschwerde einzulegen und die Sache damit im gesamten LG-Bezirk publik zu machen!

    Akzeptieren die Betreuer den Beschluss, ist die Sache ein für allemal erledigt, weil sie dann voraussichtlich aus naheliegenden Gründen in Zukunft nicht mehr auf der Durchführung der "Vergütungsvereinbarung" bestehen.

    Trotz allem: Für mich ein Fall für die Staatsanwaltschaft!

  • Vielen Dank, liege mit meiner Ansicht doch nicht falsch.
    Hatte mir selbst schon überlegt, den "sauberen Weg " einzuschlagen. Hatte jedoch nicht mehr die Muße, den Weg zu Ende zu durchdenken und blieb somit hängen. Vielen, vielen Dank !!!

  • Gerne geschehen!

    Wer mich (trotz meiner "Anonymität" hier im Forum) kennt, weiß, dass ich der erste bin, der die Vergütung nach dem VGVG für viel zu gering hält.

    Aber solchen Schweinereien muss wirklich rechtzeitig Einhalt geboten werden.

  • Nachtrag:

    Nach meinem Dafürhalten gibt es im Hinblick auf eine Vergütungsvereinbarung eine einzige Ausnahme: Wenn ein Nachlasspfleger die Erben ermittelt, von diesen bevollmächtigt wird und dann die Vergütung außergerichtlich regelt.

  • Ich möchte ich noch ergänzend anregen, dass vor Erlass des Vergütungsbeschlusses im Rahmen der angedachten "sauberen" Lösung in jedem Fall ein Verfahrenspfleger für das gesamte Vergütungsverfahren (also für alle Instanzen)bestellt werden sollte. Dieser Verfahrenspfleger sollte dann gegenüber dem Gericht die Auffassung von der Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung vertreten, sodass sich das Gericht mit seinem Beschluss dann quasi lediglich der Auffassung des Verfahrenspflegers anschließt. Die Bestellung des Verfahrenspflegers hat außerdem den weiteren Vorteil, dass die Vertretung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren und die evtl. weitere Einlegung von Rechtsmitteln gewährleistet ist.

    Ich denke, das wird dann für alle Beteiligten eine schöne Überraschung geben!

  • Zuerst ist zu fragen, wie die Ehrenamtlichkeit konstruiert worden ist. Die Berufsmäßigkeit ist doch festzustellen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, und kann nicht nach Belieben per ordre mufti wieder aufgehoben werden. Es kann auch nicht dazu optiert werden. Der Gesetzgeber sieht nur ein "entweder - oder". Man kann doch nicht in zig Verfahren Berufsbetreuer sein, um auf jeden Fall Knete zu bekommen, und in einem Verfahren zwecks Optimierung der Gewinnspanne als Ehrenamtler rumlaufen. Als einzige Ausnahme ist denkbar: der Berufsbetreuer betreut seine eigene Ehefrau oder nahe Anverwandte. Was könnte der Verfahrenspfleger in der Vergütungssache machen: (Einfache) Beschwerde einlegen gegen Feststellung der Ehrenamtlichkeit. Hilft der Richter nicht ab, muss er vorlegen.


    Ehrenamtler haben erst mit der Festsetzung einen Vergütungsanspruch, vgl. § 1836 Absatz II BGB (n. F.; a. F.: Absatz III). Der Grund wurde oben genannt: Kontrolle durch das VG.
    Da weder der Betreute selbst noch ein legitimierter Vertreter dem Betreuer einen Auftrag per Rechtsgeschäft erteilt hat, kann auch keine Vergütung (frei) vereinbart werden.


    Der richterliche Beschluss, dass, falls eine Vergütung nicht wie beantragt festgesetzt wird, das geschilderte Vertragswerk in Angriff genommen werden soll, ist doch offensichtlich vor der Festsetzung zu den Akten gelangt. Ich hätte vor diesem Hintergrund eine Vergütung von 0,00 Euro festgesetzt. Das provoziert Rechtsmittel. Die Begründung mag zwar fadenscheinig sein, aber mit dem gegebenen Rechtsmittel Sof. Beschwerde geht die Geschichte an das LG und dieses kann mit Ruhe die richterliche Rechtsfortbildung des Amtsgerichts genießen.

    Wird der Ablehnungsbeschluss rechtskräftig, sei es, dass kein Rechtsmittel eingelegt wird, sei es, dass das LG die Beschwerde zurückweist, ist auch diese obskure, rechtlich nicht mögliche vertragliche Vereinbarung nicht mehr denkbar. Wer in Kenntnis, dass rechtskräftig entschieden kein Vergütungsanspruch besteht, eine Vergütung aushandelt, muss sich entgegen halten lassen, dass er Geschenke aus dem Betreutenvermögen macht (1908i, 1804 BGB) mit der Folge des § 1833 BGB. Dieses bekäme der Ergänzungsbetreuer von mir direkt im Verpflichtungsgespräch gesteckt.

    Wird der Ablehnungsbeschluss vom LG aufgehoben, kann man ja sehen, wie sich dieses zum Komplex § 1836 II BGB im gegebenen Fall stellt.


    Ob dieser Versuch, das Vergütungsrecht und das Festsetzungsprocedere zu umgehen, strafrechtlich von Relevanz ist, ist im Bereich des Möglichen. Als Tatbestand fällt mir die Untreue ein. Auch dies bekäme der Ergänzungsbetreuer mit auf dem Weg.

    Im Rahmen der Rechnungslegung sehe ich ja, wie die Angelegenheit zum Abschluss gebracht wird. Alsdann: Feuer frei.


    Bei geschäftsfähigen Betroffenen besteht natürlich das Dilemma, dass diese selber - bequatscht von ihrem Betreuer - weit mehr als gesetzlich fixiert als Vergütung aushandeln. Geht dieser Betrag nicht in die Rechnungslegung ein, ist der klassische Fall des Schwarzgeldes gegeben, ansonsten dürfte die StA zumindest den Anfangsverdacht prüfen.

  • Ich schließe mich meinen Vorrednern an und schüttel den Kopf! So einfach kann man das VBVG nicht umgehen. Auch wenn dieses Problem durch das VBVG hasugemacht wurde (Was hat sich der Gesetzgeber dabei mal wieder gedacht?)
    Ich würde zwar nicht eine 0,00 Vergütung festsetzen sondern schon den Satz nach VBVG - aber keinen Cent mehr. Und der Idee mit der STA wegen Untreue wäre ich sehr angetan. Sowas sollte man auf keinen Fall durchgehen lassen, denn sonst macht das ganze Schule.

  • Der angesprochene strafrechtliche Aspekt der Untreue dürfte wohl nur bei den Betreuern in Betracht kommen. Was die "gerichtliche Handhabung" der Angelegenheit angeht, könnte man bei strenger Betrachtungsweise evtl. auch beim Rechtsbeugungstatbestand landen. Hierzu bedürfte aber das subjektive Element des Tatbestands einer eingehenden Prüfung. Gemeinhin scheidet der Vorsatz in solchen Fällen interessanterweise wegen der Rechtsunkenntnis des betreffenden Rechtsanwenders aus. Denn wenn man die Rechtslage falsch einschätzt, kann man ja schlecht vorsätzlich gegen das Gesetz entscheiden.

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