Erzwingungshaft/ Insolvenz

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,
    ich habe zwei Probleme mit Geldbußen:
    1.) ich vollstrecke eine Geldbuße in Höhe von 75,00Euro nebst Kosten. Nach Mahnung und Nichtreaktion durch den Betroffen teilt mir nun der GV auf meinen Vollstreckungsauftrag hin mit, dass " Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner im Insolvenzverfahren durch Beschliss des AG G. vom 11.09.2007 einstweilen eingestellt sind und Einzelzwangsverfahren z.Zt. nicht stattfinden." Eine Antragstellung nach § 96 OwiG dürfte demnach ja wohl ausfallen oder? Lässt man dann auf Verjährung laufen?

    2.) Urteil mit einer!! Geldbuße in Höhe von 50,00Euro für zwei verschiedene und abgeurteilte Verstöße. VZR Mitteilung ja oder nein?

    Danke schön...

  • Nabend, also ich meine ich hätte letzte woche nen Artikel gelesen, der sich gut auf deine Problemstellung beziehen lässt.

    Die Geldbuße ist im Insolvenzverfahren als nachrangige Forderung gemäß § 39 Abs 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse zu berichtigen.
    Die Erzwingungshaft als reinens Beigemittel ist unzulässig, da nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Verfügungsrecht gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergeht und der Betroffene nicht mehr berechtigt ist, die Forderung zu begleichen.
    Die Erzwingungshaft wäre daher nicht geeignet, den Zweck der Maßnahme zu erreichen.
    Auf die Zahlungsunfähigkeit des Betroffenen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, die sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zwingend ergibt, da gemäß § 18 InsO auch bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit das Verfahren eröffnet werden kann, kommt es demnach nicht an.


    Entscheidung des LG Krefeld
    "...hat die erste große Strafkammer des LG Krefeld...am 28.04.2004 beschlossen:
    Die angefochtenen Beschlüsse werden aufgehoben. Die Anträge der Stadt Krefeld auf Anordnung der Erzwingungshaft werden zurückgewiesen....
    Gründe:
    (...) Gemäß § 89 InsO besteht ab diesem Zeitpunkt (Anm.: Eröffnung InsO)
    ein Vollstreckungsverbot....Auch die Forderungen der Staatskasse wegen Geldbußen sind Insolvenzforderungen (...)
    Damit besteht für die Staatskasse hinsichtlich der beiden Geldbußen...Vollstreckungsverbot, so dass auch die Anordnung von Erzwingungshaft in dieser Zeit nicht möglich ist(...)"

  • Hier noch etwas was ich grad gelesen habe:

    Die Zahlungsunfähigkeit belegen lassen.

    Niederschlagung wegen Zahlungsunfähigkeit beantragen (§ 95 Abs. 2 OWiG). Wenn eine nachweisliche Zahlungsunfähigkeit besteht, kann keine Geldbuße vollstreckt werden, d.h., auch eine Erzwingungshaft scheidet aus.
    Und wie du ausgeführt hast:
    Geldbuße der Verjährung zuführen: Da die Vollstreckung nach § 95 Abs. 2 OWiG wegen Zahlungsunfähigkeit nicht möglich ist, was hier durch eine Bescheinigung des HLU-Bedarfs belegt werden müsste, laufen die Verjährungsfristen weiter. Geldbußen bis 1.000 € sind nach 3 Jahren, Geldbußen von mehr als 1.000 € nach 5 Jahren (von der Rechtskraft des Bußgeldbescheides an gerechnet) nicht mehr zu vollstrecken (§ 34 OWiG).

    So das wärs soweit zu Problem Teil 1.Hoff mal hilft dir entsprechend weiter.

  • Zu der zweiten Problemstellung fällt mir folgendes ein:

    Also im Verkehrszentralregister werden folgende Mitteilungen eingetragen 

    1.) Von den Fahrerlaubnisbehörden, die Fahrerlaubnisse versagen, entziehen oder neu erteilen, angeordnete und durchgeführte Maßnahmen melden.

    2.) Von den Bußgeldbehörden, die Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von mindestens 40 € oder einem Fahrverbot ahnden.

    3.) von den Gerichten, die Verurteilungen wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr aussprechen oder im Ordnungswidrigkeitenverfahren Geldbußen oder Fahrverbote.



  • 2.) Von den Bußgeldbehörden, die Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von mindestens 40 € oder einem Fahrverbot ahnden.


    3.) von den Gerichten, die Verurteilungen wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr aussprechen oder im Ordnungswidrigkeitenverfahren Geldbußen oder Fahrverbote.



    Auch bei Bußgeldverurteilen, die durch Gerichte ausgesprochen wurden, gilt m.E. die 40-€-Grenze.
    Bei 50,- € müsste man also Mitteilung machen. Aber wenn es zwei Verstöße sind und die einzeln abgeurteilt und jeweils < 40,- € festgesetzt worden wären (was bei 50,- € gesamt wahrscheinlich ist), hätte er auch keinen Eintrag bekommen. Insofern eine Benachteiligung...
    :gruebel:

    Da die Frage schon vom 21.09. ist: Hast du das Problem schon gelöst? Wenn ja, wie?

    A.

  • @ Schätzelein,
    Da stimm ich dir auf jeden fall zu, das bei Geldbußen in Höhe von 50€ Mitteilung gemacht werden müsste.Ist wohl nicht so klar rausgekommen.
    Aber wie das Problem nun gänzlich gelöst wurde würde mich schon mal interessieren.

  • Hey, also...der Antrag ans AG zur Festsetzung der Erzwingungshaft ging ohne Probleme durch. Als Antragsbegründung habe ich auf die mangelde Mitwirkung des Betroffenen und insbesondere auf die (bei einer Geldbuße in Höhe von 75,00Euro) (bei einer geringen Ratenzahlung bzw. auch bei einer Einmalzahlung)nicht einzutretende Härte für den Betroffen hingewiesen. Diesem ist meiner (und der Meinung des Gerichts) nach die Zahlung des Betrages ggf. auch aus dem pfändungsfreien Geld leistbar und dies für ihn auch zumutbar.

    Hinsichtlich der Mittelung zum VZR habe ich dies nach Rücksprache mit diesem nicht veranlasst, da insofern eine (Gesamt-) Geldbuße vorliegt.
    MfG
    Olli

  • BVerfG B 24.08.2006, 2 BvR 1552/06
    NZI 06, 711

    Schuldner ist Beschwerdeführer, die Vollstreckung der Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe wurde gegen ihn für zulässig gehalten. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, kurz und
    bündig am Ende der Begründung: eine Besserstellung des Insolvenzschuldners soll es nicht geben, Strafe kann vollstreckt werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BVerfG B 24.08.2006, 2 BvR 1552/06
    NZI 06, 711

    Schuldner ist Beschwerdeführer, die Vollstreckung der Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe wurde gegen ihn für zulässig gehalten. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, kurz und
    bündig am Ende der Begründung: eine Besserstellung des Insolvenzschuldners soll es nicht geben, Strafe kann vollstreckt werden.




    Die Begründung finde ich haaresträubend! Schließlich geht es nicht nur um die Schuldnerinteressen (etwa Besserstellung), sondern in der Insolvenz primär um Gläubigerinteressen. Das die Masse zugunsten der Staatskasse hier geschmälert werden dürfte (darauf läuft die Erzwingungshaft hinaus), bedeutet eine Schlechterstellung der Insolvenzgläubiger entegegen der Insolvenzordnung. Sehr paradox!

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