Gelöschter Bodenreformsperrvermerk

  • Hallo!

    Ich habe hier einen Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung und beim ersten Blick in das Grundbuch stieß ich auf etwas merkwürdiges. In Abteilung II Nr. 1 ist eingetragen: "Gelöschter Bodenreformsperrvermerk."

    Was soll mir diese Eintragung sagen?

    Weiß jemand was eine solche Eintragung zu bedeuten hat? Und was mache ich damit in meinem Verfahren. Ich habe nirgendwo gefunden, dass das meinem Verfahren im Wege steht, aber muss ich hier irgendwas beachten?:gruebel:

  • Ich vermute, dass die bereits im alten Blatt gelöschte Eintragung bei der Umschreibung des Grundbuchs lediglich als "gelöscht" in das neue Blatt übernommen wurde.

  • Ich meine, du hast keine Besonderheiten zu beachten.
    Im EGBGB Art. 233 §§ 11 ff. gibt es noch Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform, die jedoch aufgrund der bei dir vorliegenden Eigentümereintragung erledigt sein dürften (soweit ich das auf die Schnelle sehe).
    Frag doch mal die GB-Rpfl, die schon länger auch mit den Vermerken zu tun hatten, die wissen sicher mehr.

  • Ich habe damals (1990/91) Aufbauhilfe in Magdeburg und später in Burg geleistet und mir ist noch erinnerlich, dass Bodenreformsperrvermerke auch zu beachten waren, wenn sie gelöscht waren. Was damit genau war, weiss ich aber nicht mehr.
    Die dortigen (älteren) Grundbuchkollegen müssten das aber eigentlich wissen.

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Meine Grundbucherfahrung dazu:

    Die Fristen sind -soweit mir bekannt ist- abgelaufen. Eine Zeit lang (bis 2000 glaube ich) war es wichtig, im Grundbuch kenntlich zu machen, daß das Grundstück aus der Bodenreform stammt. Deshalb ist bei Neufassungen etc. nicht einfach nur "gelöscht" vermerkt worden. Die Eintragung hat also heute keine praktische Bedeutung mehr.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Allgemene Erläuterung zur Sache:

    (Quelle:
    http://www.notarkammer-sachsen.de/pressemitteilungen/p-00-13.htm)

    Durch das 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz hatte im Jahre 1992 der Gesetzgeber in das Wiedervereinigungsrecht besondere Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform (Art. 233 §§ 11 bis 16 EGBGB) eingefügt. Betroffen waren hiervon Grundstücke, die am 15. März 1990 im Grundbuch mit einem Bodenreformvermerk gekennzeichnet waren. Auch wenn der Bodenreformvermerk später gelöscht wurde, unterliegt das Grundstück weiterhin den Bodenreformabwicklungsvorschriften.

    Mit den Bodenreformabwicklungsvorschriften hat der Gesetzgeber u.a. einerseits das Eigentum der im Grundbuch eingetragenen Eigentümer bzw. ihrer Erben anerkannt und gleichzeitig geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Eigentum mit dem Ehegatten des im Grundbuch allein eingetragenen Eigentümers zu teilen ist.

    Andererseits hat der Gesetzgeber aber auch bestimmt, wann sogenannte Besserberechtigte (oftmals der Landesfiskus, aber auch Privatpersonen) das Eigentum an dem Bodenreformgrundstück von dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer bzw. von dessen Erben unentgeltlich herausfordern konnten. Dies war grundsätzlich dann der Fall, wenn dem Besserberechtigten bekannt wurde, dass der Eigentümer nicht zuteilungsfähig (d.h. nicht LPG-Mitglied und nicht bis zum Ablauf des 15. März 1990 in der DDR-Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft tätig oder vor diesem Stichtag mindestens 10 Jahre dort beschäftigt gewesen) war.

    Hatte der Bodenreformeigentümer vor dem Herausgabeverlangen des Besserberechtigten das Bodenreformgrundstück entgeltlich veräußert, bestanden keine Besonderheiten mehr für den Erwerber. Vom Veräußerer konnte der Besserberechtigte jedoch in diesen Fällen grundsätzlich das erzielte Veräußerungsentgelt fordern.

    Die vorgenannte Rechtslage hat sich am 03. Oktober 2000 entscheidend geändert, denn gem. Art. 233 § 14 EGBGB verjährten an diesem Tag die Ansprüche des Besserberechtigten. Auch nicht zuteilungsfähige Eigentümer von Bodenreformgrundstücken bzw. deren Erben, die bis zu diesem Tage die Ansprüche des Besserberechtigten nicht erfüllt haben, können damit ihr Bodenreformeigentum oder ihr erzieltes Veräußerungsentgelt endgültig behalten. Für sie ist ihr Bodenreformeigentum damit ab dem 03. Oktober 2000 wirtschaftlich voll nutzbar.

    Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Besserberechtigte zur Sicherung seiner Ansprüche zuvor verjährungsverzögernde Rechtsmaßnahmen (insbesondere Klageeinreichung bei Gericht) ergriffen hat. In diesem Fall verjähren die Ansprüche des Besserberechtigten erst nach Klärung des Einzelfalls.

    Am 03. Oktober 2000 sind jedoch nicht alle Besonderheiten für Bodenreformgrundstücke weggefallen. So besteht z.B. auch nach dem 03. Oktober 2000 weiterhin der etwaige hälftige Eigentumsanspruch des Ehegatten des Bodenreformeigentümers (vgl. Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB) oder der Eigentumsanspruch des Mitnutzers gem. Art. 233 § 12 Abs. 5 EGBGB. Mitnutzer ist derjenige, dem auf einem Bodenreformgrundstück Wohnraum zur selbständigen, gleichberechtigten und nicht nur vorübergehenden Nutzung zugewiesen wurde.

    Gruß, Saxon Surveyor


  • Hattest Du denn schon mal einen nichtgelöschten Bodenreformvermerk?




  • Ich hatte noch nie einen Bodenreformvermerk egal ob gelöscht oder ungelöscht. Deshalb musste ich mich auch noch nie damit befassen.

  • Für das Verfahren ergeben sich keine Auswirkungen.

    Ich vermute, daß auf diese Weise wegen der bereits in den Vorbeiträgen geschilderten rechtlichen Besonderheiten (Erbrecht, Ehegatten- und andere Ansprüche usw.) die Herkunft des Grundstücks aus der Bodenreform dokumentiert werden sollte. Insofern könnte sich eine Rückfrage beim Grundbuchamt anbieten. Im hiesigen Bereich erfolgte diese Kenntlichmachung mit einer Aufschrift auf dem Deckblatt.

  • Danke für die Antworten.

    Ich werd mein Verfahren dann also ganz normal abwickeln. Den Vermerk werde ich dann aber bei Zuschlag nicht im Grundbuch löschen lassen.
    Bis zu einem Termin habe ich ja auch noch viel Zeit mich über das Thema Bodenreform zu belesen.

  • Eine erschöpfende Darstellung der Bodenreformproblematik findet sich bei Meikel/Böhringer § 20 RdNrn.B 50-203. Die Bedeutung von eingetragenen oder sichtbar gehaltenen gelöschten Bodenreformvermerken wird in den RdNrn.185-189 erörtert.

    Die dortigen Ausführungen dürften Deine Fragen beantworten.

  • Eine erschöpfende Darstellung der Bodenreformproblematik findet sich bei Meikel/Böhringer § 20 RdNrn.B 50-203. Die Bedeutung von eingetragenen oder sichtbar gehaltenen gelöschten Bodenreformvermerken wird in den RdNrn.185-189 erörtert.

    Die dortigen Ausführungen dürften Deine Fragen beantworten.



    :2danke
    Ich ermittle gerade ob das Buch hier am Amtsgericht zu haben ist.

  • Wir haben in einigen Grundbüchern den Eintrag "Gelöschter Bodenreformvermerk" stehen und wir sind uns uneins, ob wir den Eintrag in der Flurbereinigung als entbehrlich löschen lassen können. Ich dachte mal gehört zu haben, dass Rechtspfleger dies einfach vom Amts wegen löschen, wenn sie heute auf einen solchen Eintrag stoßen. Leider habe ich nichts dergleichen im Internet gefunden. Wie ist Eure Rechtsauffassung?

  • Da es sich nicht um eine Eintragung eines Rechts o. ä. handelt (nur ein Hinweis wie schon beschrieben), würde ich keine Dispositionsmöglichkeit der Flurbereinigungsbehörde sehen.

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  • Da gebe ich Dir recht, wenn man den § 49 FlurbG wörtlich nehmen muss. Andererseits gibt uns § 37 Abs. 1 letzter Satz FlurbG noch die Aufgabe die rechtlichen Verhältnisse zu ordnen. Weiterhin haben wir noch die Möglichkeit gem. § 48 FlurbG Gemeinschaftsformen zu ändern. Regelmäßig dürften aufgrund bereits privatrechtlicher Eigentumsänderungen oder aufgrund unserer Maßnahmen keine Ansprüche mehr aus Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB herleiten können und der Vermerk wird doch sicher gegenstandslos? Wann löscht Ihr denn so einen gelöschten Bodenreformvermerk? Gibt es da irgendwelche Vorgabe/Kriterien?

  • Vorgaben sind mir nicht bekannt. Wenn ich mir als GBA allerdings sicher sein kann, daß keine irgendwie gearteten Ansprüche aus der Bodenreform mehr kommen können, nehme ich den Hinweis nicht mehr mit bei Abschreibungen. Gerötet war er bei uns ohnehin schon meist. Wenn noch nicht geschehen, wäre er auf jeden Fall dann jetzt zu röten. Eine ausdrückliche "Löschung" dieser Nichteintragung kommt ja nicht in Betracht.

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  • Ah verstehe, der Vermerk "gelöschter Bodenreformvermerk" ist das gleich wie die Rötung eines Bodenreformvermerkes. Dann wäre dies nur eine "doppelte" Rötung.

  • Darauf läuft es im Ergebnis hinaus. Dir schon mal ein schönes Wochenende.

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