Vereinfachtes Verfahren: Streitwert und Kostenschuldner bei Antragsrücknahme

  • Ich habe hier ein vereinfachtes Unterhaltsverfahren.

    Antragsteller war das Land (vertreten durch Jugendamt) aufgrund Leistungsbezug nach Unterhaltsvorschussgesetz.

    Nachdem der Antrag dem Antragsgegner zugestellt worden ist, hat sich für ihn ein RA bestellt, und PKH beantragt.

    Ich habe PKH bewilligt und den RA beigeordnet.

    Im Laufe des Verfahrens konnte dann der Antragsgegner belegen, dass er nicht leistungsfähig ist, worauf die antragstellerin den antrag zurückgenommen hat.

    Nun kommt wie erwartet das Schreiben des RA, in dem er beantragt:

    a) Festsetzung des Streitwerts
    b) Der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen.

    Wie ist das mit der Kostentragung?

    Kann ich dem Land nach Antragsrücknahme die Kosten auferlegen?

    Hebe ich die Kosten gegeneinander auf, weil der Gegner ja die Unterlagen auch früher hätte vorlegen können, oder lege ich die kosten aus dem selben Grund dem Gegner auf, weil das Verfahren ja nur durch seine fehlende Mitwirkung zustande kam.

    Wie wirkt sich die Kostenbefreiung des Landes aus?

    Wie sieht es mit dem Streitwert aus? Nehme ich das, was laut Antrag festzusetzen gewesen wäre, oder gibt es da einen bestimmten Wert bei antragsrücknahme?

  • Der Streitwert hängt nicht vom Ausgang des Verfahrens ab. Er ist also genau so zu berechnen, als wenn eine antragsgemäße Festsetzung erfolgt wäre.

    Wenn bei mir der Ast. den Antrag zurücknimmt, würde ich auf Antrag der Gegenseite dem Ast. die Kosten auferlegen, ohne nach dem Hintergrund der Rücknahme zu fragen.
    Ich halte das für billig.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.


  • Kann ich dem Land nach Antragsrücknahme die Kosten auferlegen??

    Ja, warum nicht. Es gelten §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.


    Wie wirkt sich die Kostenbefreiung des Landes aus?

    Die Kostenbefreiung wirkt sich dahingehend aus, dass die Gerichtskosten und die übergegangene Rechtsanwaltsvergütung (KV 0130, § 59 RVG) nicht geltend gemacht wird.


    Wie sieht es mit dem Streitwert aus? Nehme ich das, was laut Antrag festzusetzen gewesen wäre, oder gibt es da einen bestimmten Wert bei antragsrücknahme?

    Der Streitwert setzt sich aus dem Rückstandsbetrag zzgl. 12 x des monatlichen Unterhaltsbetrages (m.E. nach Kindergeldanrechnung) zusammen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Wollte meinen vorherigen Beitrag noch in ein anständiges Deutsch bringen, aber irgendwie wird mir das verwehrt.

    @ Tommy, der §269 Abs. 3 ZPO ist bekannt, trotzdem können der Gegenseite die Kosten auferlegt werden, wenn Sie Anlaß zur Klage oder zum Antrag gegeben hat. Woraus sich das ergibt weiß ich im Moment nicht. Müßte nach § 91a ZPO sein??? aber ohne Gewähr

  • @ tommy

    ne,ne so einfach ist das m.E. nicht. Ich habe oft genug Akten in der Hand gehabt in denen die Klägerin die Klage auf Grund von Zahlung zurückgenommen hat und der Gegenseite die Kosten auferlegt wurden, nur weil sie Anlass zur Klageerhebung gegeben haben. Dies dürfte doch für den Ausgangsfall auch anzuwenden sein.

  • Auch wenn der Thread sehr alt ist, passt meine Frage hier recht gut rein:

    Antrag auf Festsetzung im vereinfachten Verfahren wurde durch Jugendamt als Beistand eingereicht.

    Antragsgegner nahm sich einen RA, der im Rahmen der VKH beigeordnet wurde. Aufgrund der vorgebrachten Einwände wurde Antragsrücknahme erklärt.

    Der beigeordnete RA beantragte nun die Festsetzung des Verfahrenswertes.

    Nach Sichtung der vorhandenen Kommentare bin ich noch nicht so richtig schlau geworden.

    Bei einer Rücknahme fällt eine Gerichtsgebühr mangels Entscheidung nicht an. Grundsätzlich würde ich also eine Wertfestsetzung nicht vornehmen.

    In einem der Kommentare las ich jedoch beim § 55 FamGKG, eine Festsetzung des Wertes sei nach Abs. 2 beim Verfahrensende stets vorzunehmen. Aber gilt dessen Absatz 2 überhaupt, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 FamGKG überhaupt nicht vorliegen? :gruebel:

    Müsste ich den für die RA-Gebühr maßgebenden Wert dann nicht eigentlich nach § 33 RVG festsetzen? :gruebel:

    Wem alles stelle ich den Beschluss zu bzw. gewähre zuvor rechtliches Gehör (auch dem Bezirksrevisor, weil später Auszahlung von Vergütung aus der Staatskasse?)?

    Wie handhabt ihr solche Fälle?

  • Allen, deren Gebührenschuld und Gebührenanspruch berührt wird, ist rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu zählt auch die Partei selbst. Das wäre für mich also hier Antragsgegner und Landeskasse. So lese ich jedenfalls Göttlich/Mümmler, RVG, 2. Aufl. unter dem Stichwort Wertfestsetzung.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Allen, deren Gebührenschuld und Gebührenanspruch berührt wird, ist rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu zählt auch die Partei selbst. Das wäre für mich also hier Antragsgegner und Landeskasse. So lese ich jedenfalls Göttlich/Mümmler, RVG, 2. Aufl. unter dem Stichwort Wertfestsetzung.

    Sehe das andere auch so? Ich würde mich über weitere Meinungen freuen.

  • Da in Deinem Fall dem Antragsgegner VKH bewilligt worden ist, musst Du ohnehin von Amts wegen eine Kostengrundentscheidung treffen (§§ 243, 111 Nr. 8, 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 und 5 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 4 Satz 2 ZPO) und vorher den Antragsteller anhören. Ich praktiziere es so, dass ich in der Kostengrundentscheidung auch den Wert mit festsetze. Das Recht des Gerichts, den Verfahrenswert festzusetzen, dürfte immer bestehen. Hier ist sogar ein entsprechender Antrag gestellt, sodass Du darüber hinaus auf § 32 Abs. 2 RVG zurückgreifen kannst.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Da in Deinem Fall dem Antragsgegner VKH bewilligt worden ist, musst Du ohnehin von Amts wegen eine Kostengrundentscheidung treffen (§§ 243, 111 Nr. 8, 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 und 5 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 4 Satz 2 ZPO) und vorher den Antragsteller anhören. Ich praktiziere es so, dass ich in der Kostengrundentscheidung auch den Wert mit festsetze. Das Recht des Gerichts, den Verfahrenswert festzusetzen, dürfte immer bestehen. Hier ist sogar ein entsprechender Antrag gestellt, sodass Du darüber hinaus auf § 32 Abs. 2 RVG zurückgreifen kannst.

    Vielen Dank für deinen Beitrag.

    Irgendwie finde ich es merkwürdig, über Kosten zu entscheiden, die gar nicht angefallen sind. Im Gegensatz zu Zivilverfahren entsteht im vereinfachten Verfahren eine Gebühr erst mit der Entscheidung.

    Sollte der Gesetzgeber auch für diese Verfahrensart tatsächlich eine Zwangsentscheidung über die Kosten gewollt haben? :gruebel:

  • Die Kostengrundentscheidung macht durchaus Sinn, nämlich wegen der Anwaltskosten des Antragsgegners (§ 123 ZPO).

    § 123 ZPO passt hier nicht so wirklich, der Antragsteller hat nämlich keine VKH.

    Unabhängig davon würde ich auch bei einer Kostenentscheidung diesem wohl eher nicht die Kosten auferlegen. Der Antragsgegner hat sich erst nach Zustellung des Antrages zum JA begeben und sich durch Urkunde zum Unterhalt verpflichtet.

  • Die Kostengrundentscheidung macht durchaus Sinn, nämlich wegen der Anwaltskosten des Antragsgegners (§ 123 ZPO).

    § 123 ZPO passt hier nicht so wirklich, der Antragsteller hat nämlich keine VKH.

    Unabhängig davon würde ich auch bei einer Kostenentscheidung diesem wohl eher nicht die Kosten auferlegen. Der Antragsgegner hat sich erst nach Zustellung des Antrages zum JA begeben und sich durch Urkunde zum Unterhalt verpflichtet.

    Wenn der Antragsteller keine VKH hat, wäre eine Kostenfestsetzung gegen ihn "erst recht" möglich.

    Ich habe aktuell zwei Verfahren, in denen ich die Kosten nach Antragsrücknahme dem Antragsteller auferlegt habe und dieser dagegen sofortige Beschwerde erhoben hat. Im Moment läuft noch die Anhörung der Gegner, danach werde ich über eine eventuelle Abhilfe entscheiden und die Akten voraussichtlich dem OLG zur Entscheidung vorlegen.

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