Gebrauchmachen der fam. Genehmigung, § 1829 BGB

  • Paul Nur noch einmal zum Verständnis: Im Juli 2016 hast Du einen vom Notar eingereichten Erbscheinsanstrag zwischenverfügt, weil Du keine Gebrauchmachung von der Genehmigung zur Ausschlagungserklärung der Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des Mündel vorliegen hast. Danach teilte Dir der Notar mit, dass wohl ein Gebrauchmachen von der Genehmigung durch die Kindesmutter vorliegt nebst der Mitteilung, dass sie diese wohl bei dem Familiengericht eingereicht hat, das die Genehmigung erteilt hatte. Was hat denn das NachlassG danach veranlasst bis November 2016, gewartet bis die Kindesmutter sich rührt, die ja bis dato von ausging, alles richtig gemacht zu haben?

    Wenn es sich so abgespielt haben sollte, wäre es doch wohl mehr als die Pflicht des NachlassG gewesen, von Amts wegen den Sachverhalt aufzuklären und eigenständig bei dem zuständigen FamilienG nachzufragen, ob und wann die rechtskräftige Genehmigung erteilt und der Kindesmutter zugestellt wurde und wann sie denn augenscheinlich von der Genehmigung durch vermeintliche Einreichung beim Familiengericht Gebrauch gemacht hat.

    Nach dem jetzigen Kenntnisstand dürfte die Fristhemmung (wieder) im Zeitpunkt des Gebrauchmachens von der Genehmigung mit Abgabe in der Wachtmeisterei bei dem unzuständigen Amtsgericht und der entsprechenden Aussage, dass es so iO geht, eingetreten sein - wenn man denn von höherer Gewalt ausgehen mag. Und solange das NachlassG hiervon an die Kindesmutter nichts mitteilt, dürfte tatsächlich die Fristhemmung weiterhin bestehen. Sollte aber zu diesem Zeitpunkt - wie Cromwell bereits sagte - die Frist bereits verstrichen sein, also wäre das Gebrauchmachen von der Genehmigung auch nicht mehr beim zuständigen NachlassG fristgemäß gewesen, kann dahinstehen bei wem die Kindesmutter von der Genehmigung Gebrauch gemacht hat, weil die Ausschlagung für das Mündel in jedem Fall nicht mehr wirksam werden konnte (immer in Voraussetzung der Annahme, § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB analog anwenden zu wollen!).

  • Sersch
    Der Sachverhalt war so:
    Juli ES-Antrag, dann sogleich Mitteilung an Notar, dass ES-Antrag nicht entsprochen werden kann, da Kindesmutter von der Genehmigung nicht Gebrauch gemacht hat- es wurde anheim gestellt, Rücksprache mit der Kindesmutter zu nehmen und ggfs. ES-Antrag abzuändern
    Ende August dann Mitteilung vom Notar, dass Rücksprache mit Kindesmutter genommen wurde und diese beim Familiengericht (Wachtmeisterei des AG) den Genehmigungsbeschluss mít Gebrauchmachung eingereicht hat- er dort aber nicht mehr auffindbar ist - weiterhin sei Gebrauchmachung ohnehin nicht erforderlich
    Dann im Oktober (nach Urlaub im September) Anforderung der Familienakte vom Nachlassgericht
    Nach Eingang der Akte Mitteilung an Notar, dass ES-Antrag weiterhin nicht entsprochen werden kann, da auch kein Beschluss mit Gebrauchmachung in der Familienakte - Gebrauchmachung aber Wirksamkeitserfordernis
    Dann Mitteilung vom Familiengericht, dass Beschluss mit Gebrauchmachung falsch abgeheftet war und nun gefunden wurde

    Die Mutter hat die Erbausschlagung am vorletzten Tag der Frist erklärt. Wenn ich also von (erneuter) Fristhemmung ausgehe, müsste ich ihr mitteilen, dass noch keine wirksame Gebrauchmachung vorliegt, sie mir aber am spätestens am nächsten Tag die Gebrauchmachung anzeigen müsste ?
    (unterstellt habe ich dabei auch, dass die erste Fristhemmung bereits mit Aufnahme des Genehmigungsantrages beim beurkundenden Nachlassgericht eingetreten ist, denn der Genehmigungsantrag ist erst drei Tage später beim Familiengericht im gleichen Haus eingegangen)

  • Pragmatisch gelöst bekommst du das Ding m.E. ganz einfach, indem Du die Telefonnummer der Kindesmutter raussuchst, sie anrufst und fragst, ob damit eine Gebrauchmachung erfolgt ist, auf der sie mit Sicherheit nur eine Antwort hat, einen Aktenvermerk darüber machst nebst den Hinweis auch der hier bekannten Mindermeinung, dass bereits die Ausschlagung mit Zugang der rechtskräftigen Genehmigung bei der Kindesmutter wirksam sein könnte und allenfalls definitiv von höherer Gewalt auszugehen ist, wenn man der KM sagte, es sei mit der Gebrauchmachung beim unzuständigen Familiengericht so iO gewesen und anschließend - soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen - den Erbschein zu erteilen.

    Was Deine Unterstellung in Klammern angeht, solltest Du noch einmal recherchieren, was ein Amtsgericht ist, sodass Du es nicht mal mehr unterstellen musst, sondern von der Tatsache ausgehen kannst, dass Fristhemmung m.E. sogar mit Aufnahme der Ausschlagungserklärung - denn § 1831 BGB verlangt ja bereits die erteilte Genehmigung zum Zeitpunkt der Ausschlagungserklärung -, spätestens mit Anregung zur Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung, eingetreten ist.

    Insoweit erspare ich mir auch die Vorgehensweise des NachlassG bei Vorliegen der Familienakte zu kommentieren, als es wohl sinnvoller gewesen wäre, die Kindesmutter von Anfang an an den Überlegungen des NachlassG teilhaben zu lassen, anstatt sie über den Notar weiter im Regen stehen zu lassen.

  • *mal aus dem Archiv heraus kram*

    Guten Morgen!

    Ich habe den ganzen Thread mehrfach gelesen. Meine Frage beantwortet sich daraus jedenfalls nicht.

    Ich habe vorliegen, eine Erbausschlagung der Kindsmutterfür das minderjährige Kind, dem die Erbschaft über den nicht sorgeberechtigten Kindsvater angefallen ist.

    Sie beantragt in der Erbausschlagungserklärung gleich die familiengerichtliche Genehmigung und bevollmächtigt das Familiengericht zum Zwecke der Wirksamkeit der Erbausschlagungserklärung den rechtskräftigen Genehmigungsbeschluss nicht nur an sie, sondern auch an das zuständige Nachlassgericht (ich) zu übersenden.

    Unabhängig davon, dass ich eine andere Meinung zur Problematik insgesamt vertrete (ich handhabe es hier so, dass die Kindsmutter selbst die Gebrauchmachung der Genehmigung erklären muss) meine Frage:

    Mir liegt in der Akte lediglich eine Beschlussabschrift des Genehmigungsbeschlusses vom Familiengericht ohne Rechtskraftvermerk vor. Offensichtlich wurde der rechtskräftige Genehmigungsbeschluss nur an dieKindsmutter zugestellt.
    Die Kindsmutter hat diesen selbst bei mir nie vorgelegt.

    Frage: Binnen welche Frist/Zeitraum hätte denn das Familiengericht den rechtskräftigen Genehmigungsbeschluss dem zuständigen Nachlassgericht (also mir) übersenden müssen, wenn eine derartige Vollmacht durch das im Wege der Rechtshilfe zuständige Nachlassgericht in der Erbausschlagung protokolliert wurde?

  • ...

    Frage: Binnen welche Frist/Zeitraum hätte denn das Familiengericht den rechtskräftigen Genehmigungsbeschluss dem zuständigen Nachlassgericht (also mir) übersenden müssen, wenn eine derartige Vollmacht durch das im Wege der Rechtshilfe zuständige Nachlassgericht in der Erbausschlagung protokolliert wurde?

    Aus meiner Sicht überhaupt nicht, wenn das für die Genehmigung der EAS zuständige Familiengericht die (zutreffende) Rechtsauffassung vertritt, dass der gesetzliche Vertreter vom Genehmigungsbeschluss Gebrauch machen muss. Das Nachlassgericht ist am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt und erhält daher auch keinen Genehmigungsbeschluss.

  • Vertritt es jedoch die Gegenauffassung, dann lautet die Antwort: unverzüglich nach Rechtskraft.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Die Genehmigungserklärung muss innerhalb der Ausschlagungsfrist beim Nachlassgericht eingehen. (Der Hemmungszeitraum wird natürlich berücksichtigt).
    Geht sie zu spät ein und die Ausschlagungsfrist ist bereits abgelaufen, dann gute Nacht.

  • Wobei wir ja auch schon Diskussionen hatten, wie damit umzugehen ist, wenn das Gericht (vermeintlich?) die Frist vergeigt hatte.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Mal eine Zwischenfrage:

    Ich vertrete die Auffassung, dass von der famg. Genehmigung Gebrauch gemacht werden muss.

    Wie beurteilt ihr es, wenn der gesetzl. Vertreter von der rechtskräftigen Genehmigung gegenüber dem Wohnort Nachlassgericht fristgerecht Gebrauch gemacht hat, da er dort auch die Ausschlagung abgegeben hat.

    Mir lag dies in der Akte mangels Weiterleitung nicht vor, weswegen ich mitgeteilt hatte, dass das Kind Erbe geworden ist.

    Wenn man am Wohnortgericht aber bereits fristgerecht ausschlagen kann, würde ich eigentlich auch bei der Gebrauchmachung der Genehmigung Fristwahrung sehen.

    Meinungen?

    Liebe Grüße

  • Ich stelle mir in diesem Zusammenhang folgende Frage:

    Hat der Inhaber der elterlichen Sorge oder der Betreuer die familien- bzw. betreuungsgerichtliche Genehmigung bereits zum Zeitpunkt der Erklärung der Ausschlagung vor dem Wohnsitznachlassgericht i.S. des § 344 VII FamFG erhalten, wann wird dann die Ausschlagungserklärung wirksam?

    Mit Abgabe der Ausschlagungserklärung beim Wohnsitznachlassgericht?
    Oder mit Eingang der Ausschlagungserklärung und der familien- bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigung beim Nachlassgericht nach § 343 FamFG?

  • Der Adressat der Gebrauchmachung ändert sich nicht dadurch, dass es sich nicht um eine (auch bei Ausschlagungen zulässige) Nachgenehmigung, sondern um eine Vorgenehmigung handelt.

    Eben.

    Das führt gerade wieder dazu: "Wer A sagt" und ein Gebrauchmachen der dem gesetzlichen Vertreter bekannt gemachten rechtskräftigen Genehmigung für erforderlich erachtet, muss "auch B sagen können" und gegenüber dem Adressaten, welches für die Empfangnahme der Ausschlagungserklärung örtlich zuständig ist, das Gebrauchmachen von der erteilten Genehmigung gegen sich gelten lassen.

    Mithin hat der gesetzliche Vertreter also m.E. ein Wahlrecht, ob er gegenüber dem örtlich zuständigem Nachlassgericht nach § 343 FamFG oder gegenüber dem Nachlassgericht, welches bereits für die Empfangnahme der Ausschlagungserklärung nach § 344 Abs. 7 FamFG besonders zuständig ist, von der ihr bekannt gemachten rechtskräftigen Genehmigung Gebrauch macht.

    Es kann daher überhaupt nicht das Argument überzeugen, weil das eine nach § 344 Abs. 7 FamFG geregelt sei, könne das andere zum Gebrauchmachen der Genehmigung dafür nicht gelten. Insoweit ist ja das Gebrauchmachen einer Nachgenehmigung von einseitigen Rechtsgeschäften bereits gesetzlich schon nicht vorgesehen!

    Folgt man der Ansicht, dass bereits im Zeitpunkt mit der Bekanntmachung der rechtskräftigen -ausnahmsweise zulässigen Nach- Genehmigung an den gesetzlichen Vertreter die Ausschlagungserklärung wirksam ist, stellen sich solche Fragen in jedem Fall nicht!

  • Du brauchst nur noch ein wenig Geduld zu haben. Nach dem aktuellen Entwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat der Gesetzgeber vor, das bisherige Recht nicht nur in diesem Punkt, sondern auch im Übrigen vollständig zu zertrümmern.

  • Kannst kurz ansprechen, was sich bzgl. "gebrauchmachen" ändert? Hab immer mal wieder Fälle, wo nicht eingereicht wird, obwohl ich unmissverständlich darauf hinweise und erkläre/schreibe was, wo, wie, wann einzureichen ist.:( Hoffentlich wird es da besser.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Der Entwurf lautet wie folgt:

    § 1858 Einseitiges Rechtsgeschäft

    (1) Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Betreuer ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts vornimmt, ist unwirksam.
    (2) Nimmt der Betreuer mit Genehmigung des Betreuungsgerichts ein einseitiges Rechtsgeschäft einem anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Betreuer die Genehmigung nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
    (3) Nimmt der Betreuer ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Gericht oder einer Behörde ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts vor, so hängt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der nachträglichen Genehmigung des Betreuungsgerichts ab. Das Rechtsgeschäft wird mit Rechtskraft der Genehmigung wirksam. Der Ablauf einer gesetzlichen Frist wird während der Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt. Die Hemmung endet mit Rechtskraft des Beschlusses
    über die Erteilung der Genehmigung.

    Der hier interessierende § 1858 Abs. 3 S. 2 des Entwurfs ist in der Sache verfehlt und Abs. 3 S. 3 und 4 sind überflüssig wie ein Kropf. Diese Problematik wurde seinerzeit schon in einem Arbeitskreis in Bad Boll erörtert und ich hatte schon damals den Eindruck, dass man die Problematik nicht durchschaut. Ich habe derlei also schon befürchtet bzw. fast schon erwartet.

    Auch andere (weite) Teile des Entwurfs sind aus meiner Sicht absolut untauglich. Wenigstens muss ich mich in praxi mit diesem Schrott nicht mehr herumplagen.

  • Jetzt ist das Reformgesetz seit einiger Zeit da und genauso gekommen, wie Cromwell angekündigt hatte. Heißt das also wirklich, dass die Ausschlagung schon wirksam wird, wenn die Genehmigung rechtzeitig beim Betreuungs- oder Familiengericht beantragt wurde und der Zugang beim Nachlassgericht keine Rolle mehr spielt?

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

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