§ 850c IV ZPO ?

  • Der Schuldner beantragt, seine Frau als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen. Sie hat seit 03/07 eine neue Arbeitsstelle in einem entfernten Ort und benötigt deshalb eine Zweitwohnung. Ihre Einnahmen reichen zur Sicherung ihres Bedarfs also nicht aus. Der Verwalter hat die Angaben bestätigt.
    Das Verfahren wurde in 06/07 eröffnet.
    Spontan fiel mir § 850c IV ZPO ein, nur dass der gerade den entgegengesetzten Fall regelt: dass die Person bei Berechnung des pfänbaren Lohns ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Das bedeutet doch im Umkehrschluss, dass erstmal jede unterhaltsberechtigte Person als Solche zu berücksichtigen ist. Kann ich den Verwalter darauf verweisen
    - also dass es gerade keiner Entscheidung bedarf - oder würdet ihr einen klarstellenden Beschluss machen ( in Richtung § 850g ZPO vielleicht )?.



  • Aber wenn es doch keinen Nichtberücksichtigungsbeschluss i.S.v. § 850c IV ZPO gibt, so war und ist die Ehefrau doch - wie fricla richtig feststellt - als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen ?!

    Ein klarstellender Beschluss wäre natürlich Bürgerfreundlich und im Haftungsinteresse des Verwalters...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Das konmmt davon, dass die IV/TH selbst (gerne) entscheiden ob eine Person zu berücksichtigen ist oder nicht. Mit § 36 Abs. 4 InsO haben die nicht so viel am Hut und sehen den Antrag und die gerichtliche Entscheidung eher als arbeitsaufwändige Formalie an.

    Aber wenn der Schuldner den Antrag stellt, dann wird schon etwas dahinter stecken. Er wird keinen Antrag stellen, dass alles so bleiben soll wie es ist. Also wird schon irgendjemand anderer Meinung sein.

    Man kann für solche Fälle ja eine Klarstellung dahingend machen, dass die Ehefrau immer zu berücksichtigen ist wenn keine Entscheidung des Gerichts nach § 850c Abs. 4 ZPO getroffen ist. Dann ist ggfs. der IV/TH am Zuge.

  • Ich befürchte nämlich auch, dass dann der Verwalter auf die Idee kommt, immer das Gericht entscheiden zu lassen.
    Aber egal wie man es dreht: Sage ich jetzt, es ist kein Beschluss erforderlich, bittet er um Entscheidung in den kommenden Fällen, wo dann ein Unterhaltsberechtigter Einkommen hat, ( was ja auch richtig wäre, bisher wohl aber auch so ging :cool: ), wenn diese nicht berücksichtigt werden sollen.

  • Das konmmt davon, dass die IV/TH selbst (gerne) entscheiden ob eine Person zu berücksichtigen ist oder nicht. Mit § 36 Abs. 4 InsO haben die nicht so viel am Hut und sehen den Antrag und die gerichtliche Entscheidung eher als arbeitsaufwändige Formalie an.



    Eine kleine Lanze für die bösen IV/TH:

    1. Es soll auch Insolvenzgerichte geben, die ihre IV/TH anweisen (bzw. natürlich nur freundlich ersuchen), dafür zu sorgen, dass das InsGericht von Anträgen nach § 36 IV InsO verschont bleibt.

    2. Wenn § 850 c IV ZPO im Raum steht, dann erkläre ich persönlich meinen Schuldnern in aller Regel dessen Inhalt und frage, ob wir das einvernehmlich regeln können oder ob ich Antrag beim InsGericht stellen soll - ohne jegliche Drohgebärde, versteht sich. Bei einvernehmlicher Klärung stelle ich natürlich keinen Antrag, sondern berechne den pfändbaren Lohnanteil entsprechend der Einigung.

    Allerdings hätte ich dann - um zum Ausgangsfall zu kommen - auch kein Problem, bei geänderten Verhältnissen die Unterhaltspflicht auch ohne "Klarstellungsbeschluss" des InsGerichts wieder zu berücksichtigen.

  • Grundsatz ist doch eine Unterhaltspflicht anzunehmen.
    Wenn jemand unberücksichtig bleiben soll, dann bedarf es einer Entscheidung.

    Letztlich ist über den gestellten Antrag zu entscheiden.
    Hier würde ich wohl den Schuldner auf die einvernehmliche Lösung mit dem TH / IV verweisen und keine Notwendigkeit einer gerichtlichen Feststellung sehen und dies auch so mitteilen. Besteht der Schuldner auf einer Entscheidung, dann kann er sie haben.

  • Wenn TH/IV, Schuldner oder Drittschuldner einen entsprechenden Klarstellungsbeschluss haben wollen, dann bekommen sie ihn auch. Sicher versuchen es die Verwalter ohne, aber wenn es manchmal zu Streitigkeiten kommt, dann ist so ein Beschluss eben mal erforderlich.



  • Das mag zwar in Einzelfällen zutreffen, aber es ist auch für den TH im Interesse klarer Rechtsverhältnisse sinnvoll.

    Angenommen ein TH hat mit dem Schulnder vereinbart, dass der Ehegatte nicht berücksichtigt werden soll und der Arbeitgeber denkt sich, dass es in Ordnung ist wenn der Schuldner zugestimmt hat und berücksichtigt das so.

    Wenn nun ein Neugläubiger (während der WVP) oder auch Unterhaltsgläubiger während des eröffneten Verfahrens hinzukommt kann es schon Probleme geben. Vorrangig vergriffen ist nämlich nur das, was gesetzlich zulässig ist (also ohne Anordnung nur das was mit Ehegatte pfändbar ist). Und schon hat man ein Problem.

    Ich hatte einen Fall in dem der TH unbedingt den Ehemann unberücksichtigt lassen wollte. Mit dem üblichen Gehabe: "Sie sind verpflichtet weil der Ehemann ausreichendes eigenen Einkommen hat..."

    Hab ich natürlich abgelehnt. Beschluss hat mir der TH per Fax übermittelt damit nur von der nächsten Gehaltszahlung auch der höhere Betrag einbehalten werden konnt. Fax ist keine Zustellung und somit war das Gehalt vor Eingang des Beschlusses weg. Spater habe ich erfahren, dass der TH das Geld der Schulderin noch abgenommen hat.

    Nach Aufhebung des Verfahrens habe ich auf einen Beschluss bestanden, dass der ursprüngliche Beschluss weiter wirksam ist weil der Beschluss (ohne Ehmann) meiner Meinung nach nicht über die Aufhebung wirksam ist.

    Rechtspflegerin war der gleichen Meinung und legte dem neuen TH (gleiche Kanzlei) nahe einen neuen Antrag zu stellen. Der neue TH hat dem Gericht mitgeteilt, dass er keinen neuen Antrag stelle, weil das Einkommen des Ehemannes (das übrigen unverändert war) nicht hoch genug sei den Ehemann unberücksichtigt zu lassen. (Eine Kanzlei - zwei Meinungen)

  • Wenn nun ein Neugläubiger (während der WVP) oder auch Unterhaltsgläubiger während des eröffneten Verfahrens hinzukommt kann es schon Probleme geben. Vorrangig vergriffen ist nämlich nur das, was gesetzlich zulässig ist (also ohne Anordnung nur das was mit Ehegatte pfändbar ist). Und schon hat man ein Problem.



    Bei einem Neugläubiger dürfte sich das Problem zumindest während des laufenden Insolvenzverfahrens wegen § 89 II 1 nicht stellen; ob der nach § 89 II 2 vollstreckende Unterhaltsgläubiger mehr bekommen kann als den Einkommensteil, der nur über das Privileg zu erlangen ist, halte ich für zweifelhaft.

    In der WVP kann das aber tatsächlich anders aussehen. Insoweit also ein guter Hinweis.

  • Natürlich ist es auch für den erweiterten Pfandbereich wichtig die Anordnung zu beantragen und zu erlassen. Das mit dem Neugläubiger hatte ich auch extra mit dem Klammerzusatz (in der WVP) ergänzt :strecker

    Ohne Anordnung ist der erweiterte Pfandbereich (weil Ehefrau bei dem Teil der zur Masse gehört noch zu berücksichtigen ist) größer als er wäre, wenn die Ehefrau unberücksichtigt zu belassen ist.

    Außerdem bringt man den Arbeitgeber in Schwierigkeiten wenn der Unterhaltsgläubiger darauf bestehen würde, dass er die pfändbaren Mehrbeträge bekommt, die sich aus dem Unterschied zwischen § 850d und § 850c ZPO zu seinen Gunsten ergeben. Ohne Anordnung hat der Arbeitgeber nur die gesetzlichen Vorschriften zu beachten und keine Klüngelabsprachen :D zwischen Schuldner/TH und sonst noch wem. Es gibt auch Dinge, die der Gesetzgeber (scheinbar gut) durchdacht hat:cool:.

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