Nacherbenvermerk (mal wieder)

  • So schnell kann ein Kaufpreis von 370.000 € auf 765.000 € steigen ...

    Der vorliegende Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei eingetragenen Nacherbenvermerken und vorgeblich angemessenen Kaufpreisen äußerst vorsichtig zu agieren und die Nacherben in jedem Fall am Verfahren zu beteiligen.

    Der die Nacherben vertretende Anwalt wird -volle Entgeltlichkeit unterstellt- nun das Problem haben, dass der Kaufpreis als Surrogat beim befreiten Vorerben praktisch keiner Kontrolle mehr durch die Nacherben unterliegt.

    Unabhängig hiervon:

    Was mir hier noch nicht geklärt erscheint, ist das Schicksal der einstweiligen Verfügung und der mit ihr angestrebte etwaige eigene Eigentumserwerb der Nacherben.

  • Ich kann nur bestätigen, wie wichtig es ist, die Nacherben anzuhören und sensibel auf alle Informationen zu reagieren. In meinem Dezernat entwickeln sich die Grundstückspreise „stündlich“. Die Infos über die Weiterveräußerung liegen bereits in der Grundakte, da ist das Nachlassgrundstück noch nicht einmal umgeschrieben. Den erhöhten Verkehrswert melde ich dann erstmal an die Nachlassabteilung zur Überprüfung der Kostenrechnung dort.

    Ich lasse die Schreiben an die Nacherben, mit denen diese die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, immer zustellen mit Urkunde. Vor zig Jahren hatten wir einen solchen Fall mal beim Landgericht, in dem der Nacherbe angeblich dieses Schreiben nicht erhalten hatte. Zu spät stellte sich heraus, dass da mal eben ein paar Millionen DEM zuwenig gezahlt wurden.

    Und jetzt gerade bearbeite ich einen Fall mit einem Nachnacherbenvermerk im Grundbuch. Die Nachnacherben sind aber noch unbekannt. Leider hatte der Notar diesen Vermerk vollkommen ignoriert. Und der „Erwerber“ hat bereits weiterveräußert. Der nächste „Erwerber“ will das Grundstück belasten. Das wird lustig.

  • "Lustig" in Anführungszeichen, zumal das Grundbuchamt ja alles unbesehen einträgt, solange der Nach(nach)erbenvermerk eingetragen ist.

    Ich habe in solchen Fällen -noch vor der Eintragung der AV- immer den Telefonhörer zur Hand genommen und den betreffenden Sachbearbeiter des Notariats darauf hingewiesen, dass er da wohl etwas übersehen hat.

  • Klar, ist bereits geschehen. Miteinander zu reden, ist die beste Lösung. Das Verhältnis zwischen den hiesigen Notaren und den Rechtspflegern ist deswegen auch gut und wird nur manchmal getrübt durch die Ungeduld der Antragsteller, die alle Seiten unter Druck setzen.

  • Ich habe zu dem Thema auch eine Frage:

    Vorerbe ist A. Nacherben sind die ehelichen Abkömmlinge des A. Können oder wollen alle Abkömmlinge des A nicht Nacherbe werden, ist zunächst B Nacherbe. Kann oder will B nicht Nacherbe werden, so sind weitere Ersatznacherben C-F.

    B ist verstorben. Er kann also nicht mehr Nacherbe werden.

    Der befreite Vorerbe A hat nun das Grundstück verkauft. Zur Löschung des Nacherbenvermerkes bedarf es noch der Anhörung der Nacherben.
    Ob A eheliche Abkömmlinge hat, weiß ich nicht.

    Wen muss ich den nun Anhören????

    Wenn A Abkömmlinge hat, dann doch diese und ein Pfleger für unbekannte Erben, da noch weitere geboren werden könnten.
    Wenn A keine Abkömmlinge hat???? :gruebel:

    Viele Grüße
    melanie

  • Beruht die Eintragung der Erbfolge nebst Nacherbenvermerk auf einem Erbschein oder einer notariellen Verfügung von Todes wegen?

    Ist für die Bestimmung der Persönlichkeit der Nacherben auf den Zeitpunkt des Vorerbfalls oder auf den Zeitpunkt des Nacherbfalls oder auf beide Zeitpunkte abgestellt?

    Denkbar wäre:

    - X und Y (Abkömmlinge im Zeitpunkt des Vorerbfalls);
    - Abkömmlinge im Zeitpunkt des Nacherbfalls, derzeit X und Y;
    - X und Y sowie noch hinzukommende Abkömmlinge.

  • Alleine dies wäre schon Grund genug gewesen, für die Eintragung der Erbfolge einen Erbschein zu verlangen, weil einen diese ungeklärte Frage nunmehr im Anhörungsverfahren wieder einholt.

    Im notariellen Testament ist überhaupt keine Rede davon, ob und ggf. welche Abkömmlinge der Erblasser im Zeitpunkt der Testierung hatte?

    Wurden schon die Nachlassakten beigezogen, um diese Frage ggf. klären zu können?

  • Wenn der Vorerbe A bei Errichtung des Testaments erst 14 Jahre alt war, erscheinen zwei Dinge evident: Zum einen, dass sich aus der Nachlassakte nichts über seine etwaigen Abkömmlinge ergeben kann, und zum anderen, dass es für die Bestimmung der Persönlichkeit der Nacherben auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls ankommt.

    Damit hätten wir den Fall, dass die Nacherben insgesamt i.S. des § 1913 BGB unbekannt sind, und zwar unabhängig davon, ob A bereits Abkömmlinge hat, weil nicht gesagt ist, dass diese "derzeitigen" Nacherben später auch die wahren Nacherben sein werden. Aber natürlich kann die Anhörung auch der "derzeitigen" Nacherben nicht schaden.

    Ich würde demzufolge A um die Namen und Anschriften seiner evtl. vorhandenen Kinder bitten und gleichzeitig die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1913 BGB für Anhörungszwecke beim Betreuungsgericht anregen.

  • Ich hätte mal eine Frage zur praktischen Handhabung:

    Ich habe einen Nacherben zur beabsichtigten Löschung des Nacherbenvermerks angehört, er hat begründete Einwendungen erhoben, weshalb ich per Zwischenverfügung ein Gutachten angefordert habe. Das ist jetzt da, in meinen Augen ausreichend und weist einen Verkehrswert aus, der geringer ist als der vereinbarte Kaufpreis. Ich würde daher jetzt die Umschreibung vornehmen.

    Wie handhabt ihr das/würdet ihr das handhaben im Hinblick auf die Nachricht an den Nacherben? Kommentarlos übersenden? Kurz erläutern, warum umgeschrieben wurde? Womöglich sogar das Gutachten übersenden?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Danke für deine Rückmeldung. Eigentlich einleuchtend.
    Ich hatte Freitag Nachmittag den Fall schon aufgerufen und wollte freigeben, habe die Akte dann aber doch nochmal übers Wocheneden beiseite gelegt, weil es mir in dem Moment nicht richtig erschien.
    Dann war's ja gut so.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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