Pfändung aus Kfz-Versicherung

  • Hallo!

    Wurde kurzfristig als Vertretung für M-Sachen eingesetzt und habe folgendes Problem:

    Durch Pfüb soll das Recht zur Kündigung des Kfz-Versicherungsvertrages gekündigt werden.
    Soweit das Gericht das Kündigungsrecht nicht für selbständig pfändbar hält, so soll dieser Passus gestrichen werden und das Kündigungsrecht soll sich somit ohnehin aus § 836 I ZPO ergeben (sagt der Gläubiger).

    Und genau das ist es, was ich nicht so ganz glauben kann. Das Kündigungsrecht ist selbst nicht pfändbar und daher der entsprechende Passus zu streichen! Lediglich der Auszahlungsanspruch der zuviel entrichteten Versicherungssumme, welcher bei Kündihgung durch den Vers.-nehmer entsteht, ist pfändbar (nicht aber die Kündigung selbst!)

    Wie sieht es denn mit § 836 I ZPO aus, woraus sich angeblich ohnehin das Kündigungsrecht ergeben soll?
    Gl. behauptet, dass der Gl. im eigenen Namen die Forderung kündigen, einziehen, mit ihr aufrechnen ... kann. :gruebel:

    Wie könnte ich das begründen, dass es nicht geht?

  • Kündigungsrecht nicht pfändbar.

    Grund: Das Kündigungsrecht bei Kfz-Versicherung hat keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung (anders als bei der Lebensversicherung).

    BGH 17.02.1966; Az. II ZR 286/63:
    "Außer dem Anspruch auf den Rückkaufswert hat die Beklagte die gegenwärtigen und künftigen Rechte ihres Schuldners auf Kündigung des Versicherungsvertrages pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch insoweit der Widerspruchsklage stattgegeben.
    Auch bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung eines Dritten verbleibt dem Versicherungsnehmer das Recht, das Versicherungsverhältnis jederzeit zu kündigen (§ 165 Abs. 1 VVG; § 6 Nr 1 AVB). Das folgt daraus, daß der Versicherungsnehmer allein dem Versicherer verpflichtet bleibt und ein Kündigungsrecht hat, um sich bei einem Wechsel der Verhältnisse von der Zahlung weiterer Prämien befreien zu können (Amtl Begr zu § 165, Neudruck der Motive zum VVG, 1963, 224).
    Das ausgeübte Kündigungsrecht beendet aber nicht nur die Prämienzahlungspflicht durch Aufhebung des Versicherungsvertrages, sondern bringt auch den Anspruch auf den Rückkaufswert zur Entstehung. Dieser Rechtsinhalt erfährt bei einer Übertragung des Kündigungsrechts keine Änderung. Das Kündigungsrecht ist deshalb nach heute herrschender Ansicht kein höchstpersönliches Recht (Prölss aaO § 165 Anm 5; Bruck/Dörstling aaO, 2. Aufl, S 103 mwN; Niewisch, Die Zwangsvollstreckung in die Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag, 1939, 34ff). Es besitzt aber für sich allein keinen Vermögenswert, sondern erhält seine wirtschaftliche Bedeutung erst im Zusammenhang mit dem Recht auf den Rückkaufswert; es kann deshalb nicht selbständig, sondern nur zusammen mit diesem Recht übertragen und gepfändet werden (Bruck/Dörstling aaO 2. Aufl § 15 Nr 56; Niewisch aaO 36). Hierbei kann dahinstehen, ob es überhaupt einer besonderen Pfändung bedarf oder das Kündigungsrecht als unselbständiges, akzessorisches Gestaltungsrecht nicht ohne weiteres mit dem Anspruch auf den Rückkaufswert übergeht, wenn dieser zu Recht gepfändet und zur Einziehung überwiesen wird (so Gilbert, DR 1941, 2356, 2360/61; Niewisch aaO 37).
    Das Kündigungsrecht ist danach zwar beim Versicherungsnehmer geblieben, kann aber hier von dessen Gläubigern nicht gepfändet werden, weil der Anspruch auf die Rückvergütung nicht dem Vollstreckungsschuldner, sondern der unwiderruflich bezugsberechtigten Klägerin zusteht, die daher auch insoweit ein begründetes Widerspruchsrecht hat."

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Mal abgesehen von der zutreffenden Meinung Execs, darf eine Pfändung immer nur (ggf. mittelbar) auf die Befriedigung des Gläubigers gerichtet sein.
    Wie bitteschön wäre es damit vereinbar, das Kündigungsrecht aus dem Kfz-Versicherungsvertrag des Schuldners zu pfänden?

    Im Übrigen würde eine isolierte Kündigung des Vertrages einen (strafbewehrten) Verstoss gegen das Pflichtversicherungsgeesetz darstellen und ggf. eine Zwangsabmeldung des Fahrzeuges nach sich ziehen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hallo Ihr Lieben,
    ich häng mich hier einfach mal dran, denn auch ich hab mit einem solchen PfüB zu kämpfen:

    Ich möchte hier auf die Entscheidung zum Kündigungsrecht des AG Sinzig, NJW RR 1986, 967, BGH NJW 1978, verweisen. Danach hat das AG Sinzig entschieden, daß die Forderungen aus einem Pflichtversicherungsvertrag pfändbar sind, soweit sie Ansprüche aus Prämienrückerstattung, Beitragsrückvergütung oder andere Ansprüche auf Auszahlung von Geldbeträgen betreffen. Damit der Rückerstattungsanspruch tatsächlich realisiert werden kann, muß der Gläubiger nach Pfändung dieses Anspruchs den Versicherungsvertrag kündigen. Die Berechtigung hierzu ergibt sich aus § 836 Abs. 1 ZPO, während das Kündigungsrecht als solches nicht selbständig pfändbar ist (AG Sinzig, NJW-RR 1986, 967). Danach ersetzt die Überweisung (§ 835 ZPO) die förmliche Erklärung des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des BGB die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist (Zöller-Stöber, ZPO, 26. Aufl. § 836 Rdnr. 4). Hierzu gehört auch die Kündigung des Versicherungsvertrages (BGH NJW 1978, 1914, AG Sinzig a.a.O.)

    Danach hat der Schuldner also zwei Möglichkeiten:

    Entweder er meldet das Fahrzeug ab, da er dies nicht ohne Pflichtversicherung betreiben darf oder er schließt eine neue Pflichtversicherung ab, was erneut die Möglichkeit einräumen würde, in gleicher Weise wieder vorzugehen.


    Was meint Ihr dazu? Kennt Ihr aktuellere Entscheidungen, die eine Pfändung des Kündigungsrechts verneinen oder gar bejahen? Wäre Euch für Hilfe dankbar!

    Einmal editiert, zuletzt von alexandra1976 (26. April 2012 um 13:59)

  • Ihr Lieben,

    heute erreichte mit folgender Beschluß des Landgerichts Köln, nachdem ich gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts sofortige Beschwerde eingelegt hatte:


    "... hat die ... Zivilkammer des Landgerichts ... beschlossen:

    Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluß des Amtsgerichts ... vom ... i.V.m. dem Nichtabhilfebeschluß des Amtsgerichts ... vom ... insoweit aufgehoben, als der Antrag des Gläubigers das Recht zur Pfändung des Kraftfahrzeug-Versicherungsvertrages zurückgewiesen werden.

    Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

    Gründe:

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Das Verfahren ist an das Amtsgericht zur erneuten Prüfung zurückzugeben.

    Bei der erneuten Prüfung des Antrags der Gläubigerin wird zu berücksichtigen sein:

    Entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts handelt es sich bei der seitens des Gläubigers beantragten Pfändung des Kündigungsrechts lediglich um ein Gestaltungsrecht, dem kein selbständiger Vermögenswert zukommt (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 42. Aufl., § 857 Anm. 1 B c). Dennoch steht dem Gläubiger hier ein Kündigungsrecht zu, welches sich als Annex aus der Pfändung und Überweisung zur Einziehung von Geldansprüchen aus dem Versicherungsvertrag ergibt.

    Dem steht auch nicht entgegen, daß es sich bei der Kfz-Versicheurng um eine Pflichtversicherung handelt. Forderungen aus dem Versicherungsvertrag sind grundsätzlich nicht unpfändbar (LG Frankfurt, VersR 1978, VersR 1978, 1059; Baumbach-Lauterbach, § 851 Anm. 3). Dies gilt auch für Pflichtversicherungsverträge, wie die Kfz-Haftpflichtversicherung. Denn durch diese Versicherung sollen Unfallgeschädigte geschützt werden. Dagegen ist nicht der Schutz des Kraftfahrzeughalters vor eventuellen Gläubigern bezweckt. Kündigt ein Gläubiger den Versicherungsvertrag aufgrund eines Pfändungs- u. Überweisungsbeschlusses, wozu er berechtigt ist, da die Überweisung einer Forderung gem. § 836 Abs. 1 ZPO beinhaltet, dass der Gläubiger zur Kündigung des der forderung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses im eigenen Namen berechtigt ist (BGH, NJW 1978, NJW 1978, 1914; BGH, WM 1981, WM 1981, 338), so ist es Sache des Schuldners, das nunmehr nicht versicherte Fahrzeug nicht mehr zu benutzen oder eine neue Versicherung abzuschließen."


    Sieht also doch sehr danach aus, daß das Kündigungsrecht in diesem Falle sehr wohl mit dem PfüB gepfändet werden kann!

  • Weil man da ein kleines Problem bei Leasing-Fahrzeugen hat oder das Kfz vielleicht einfach nicht mehr so viel Geld wert ist (außer vielleicht dem Besitzer, weil er dadurch eben mobil ist)?? Aber das steht auf einem anderen Blatt!

    Es geht drum, daß mit Pfändung eines Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages eben auch das Gestaltungsrecht, also die Möglichkeit der Kündigung, gepfändet wird. Und genau das wird derzeit von einem Großteil der Rechtspfleger eben verneint. Nach dem nun vorliegenden Beschluss des Landgerichts wird dies vermutlich in Zukunft etwas anders aussehen ...

  • Dann solltest du auch konsequenterweise die Privathaftpflicht, die Hausratversicherung und die Rechtsschutzversicherung des Schuldners kündigen....

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Soweit ok. Aber unter welchen Voraussetzungen soll sich das überhaupt für den Gläubiger lohnen?
    Schuldner zahlt Versicherung bis zum Vertragsende im Vorraus, Gläubiger kündigt zum Vertragsende... welche Beträge will er dann eigentlich bekommen :gruebel:

  • Moin, ich hänge mich hier mal dran:

    Auch bei mir ist beantragt die Kfz Haftpflichtversicherung zu pfänden. Und zwar sollen alle Rechte aus dem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag wie folgt gepfändet werden:

    1. Den HV, Teilkasko, Kaskovertrag , insbesondere die Ansprüche aus diesen Verträgen auf Zahlung der Versicherungssumme, Rückvergütung wegen Unfallfreiheit, oder des bei Aufhebung auf die Versicherung entfallenden Beitrages der Prämienreserve.

    2. Das Recht auf Kündigung und Umwandlung der Vers. sowie auf Bestimmung , Änderung und Widerruf der Bezugsberechtigung

    3. Das Recht auf Pfändung des PKW-Kennzeichens x-xx-1234

    4. das Recht auf Abmeldung des PKW-Kennzeichens x-xx-1234


    Was haltet ihr von der Sache? ist ja schon einige Zeit ins Land gegangen seit dem Start dieses Themas und bei mir wollen die ja auch ein bisschen mehr.

    Danke im Voraus!

  • Das mit der Pfändung der Kennzeichen verstehe ich nicht. Was soll denn das bringen. Ich denke auch, dass es sich nicht um einen pfändbaren Anspruch handelt. welchen geldwerten Vorteil sollte der Gläubiger daraus erhalten.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Vermutlich deshalb, weil die Kennzeichen bei der Abmeldung zur Entwertung vorgelegt werden müssen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Hab meinen Stöber zurückbekommen und siehe da: Auch Stöber hält die Rechte nicht für pfändbar und folgt AG Sinzig und LG Köln nicht.

    Ich werde es dieser und meiner eigenen Rechtsauffassung folgend ablehnen und wenn der Gläubiger nicht selbst abändert das LG entscheiden lassen.

    Schönes WE

  • Hab meinen Stöber zurückbekommen und siehe da: Auch Stöber hält die Rechte nicht für pfändbar und folgt AG Sinzig und LG Köln nicht.

    Ich werde es dieser und meiner eigenen Rechtsauffassung folgend ablehnen und wenn der Gläubiger nicht selbst abändert das LG entscheiden lassen.

    Schönes WE

    Hallo, in die Runde. Nun gibt es aber die Entscheidung auch noch vom LG Aurich (26.03.2018 - 7 T 97/18) und Kommentarmeinungen (Bsp.: Langheid/Wandt/Mönnich, 2. Aufl. 2017, VVG § 168 Rn. 23). Deine Fundstelle im Stöber würde mich deshalb interessieren. Richtig finde ich es auch nicht, bislang finde ich aber nichts gegenteiliges mit Ausnahme meines Gefühls.

  • Stöber, Forderungspfändung, 16. Auflage, Rn. 151a und insbesondere Fußnote (in anderen Auflagen sollte es ebenfalls unter Haftpflichtversicherung, Beitragsrückvergütung stehen).

    Steht dort, macht Sinn und ich folge dem so lange, bis der BGH oder mein LG das ändert.


    Zuletzt: Ich würde ja auch nur zu gern wissen, was passiert, wenn der Gläubiger die Versicherung kündigt und der Schuldner just an diesem Tag dann einen Unfall baut und dabei jemanden in den Rollstuhl bringt...Ist diese Person dann mangels Versicherungsschutz vollkommen im A... dank LG Aurich und Co?

  • Stöber, Forderungspfändung, 16. Auflage, Rn. 151a und insbesondere Fußnote (in anderen Auflagen sollte es ebenfalls unter Haftpflichtversicherung, Beitragsrückvergütung stehen).

    Steht dort, macht Sinn und ich folge dem so lange, bis der BGH oder mein LG das ändert.


    Zuletzt: Ich würde ja auch nur zu gern wissen, was passiert, wenn der Gläubiger die Versicherung kündigt und der Schuldner just an diesem Tag dann einen Unfall baut und dabei jemanden in den Rollstuhl bringt...Ist diese Person dann mangels Versicherungsschutz vollkommen im A... dank LG Aurich und Co?

    Genau das war auch mein Gedanke. Danke, für die Fundstelle.

  • Stöber, Forderungspfändung, 16. Auflage, Rn. 151a und insbesondere Fußnote (in anderen Auflagen sollte es ebenfalls unter Haftpflichtversicherung, Beitragsrückvergütung stehen).


    In der jetzt 17. Aufl. (Stöber/Rellermeyer) bei Rn. A.210 zu finden.

    Es gibt noch einen Aufsatz von Tkotsch (DGVZ 2019, 141-144) mit dem Titel (Un)Pfändbarkeit einer Kfz-Haftpflichtversicherung.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
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