Bescheinigung der Rechtswirksamkeit eines Vergleichs

  • An der Sinnhaftigkeit der BGH-Entscheidung habe ich auch meine Zweifel, aber sie ist nun mal da und sie ist eindeutig.
    Es handelt sich laut BGH zweifelsfrei um eine 726er Klausel, also reicht es nicht aus, den Text der einfachen Klausel draufzupinnen und den Rpfl unterschreiben zu lassen.

    Ich lass mir die Akte mit dem Vermerk vorlegen, dass innerhalb der Widerrufsfrist kein Widerruf auf der Geschäftsstelle eingegangen ist, dann erteile ich die Klausel mit folgenden Wortlaut:
    "Vorstehende Ausfertigung wird dem Kläger zu Händen RA X zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.
    Die Tatsache, dass der Vergleich innerhalb der Widerrufsfrist nicht widerrufen wurde, ist offenkundig.
    Tommy, Rpfl"

    § 726 ZPO verlangt prinzipiell den Nachweis der Tatsache durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden. Es ist aber allgemein anerkannt, dass die Offenkundigkeit hier analog zu § 727 ZPO angewendet werden kann und somit den Urkundennachweis nebst deren Zustellung entbehrlich macht. Befindet sich der Aktenvermerk der Geschäftsstelle in der Akte, so ist die Tatsache für mich gerichtskundig und damit iSd. §§ 727, 726 offenkundig.

    Fehlt der Zusatz, ist die Klausel m.E. mangelhaft. Ob das Zwangsvollstreckungsgericht bzw. der Gerichtsvollzieher sie deswegen bemängeln wird, kann oder darf ist eine andere Frage. Ich möchte, dass meine Klauseln richtig sind. Aber ich bin halt Klauselfetischist :teufel:.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Ich lese gerade den Aufsatz von Frau Jungbauer in JurBüro 9/2006. Danach soll ab 01.01.07 der UdG auch bei wideruflich geschlossenen Vergleichen, die nicht widerrufen werden, die Vollstreckungsklausel erteilen. Ich denke gerade an einen Fall, bei dem ich schon gerne die vorrangigen Gläubiger bei der Rente raushätte. Aber: in der Praxis doch nicht durchführbar, weil ich den Titel einsehen müsste, um festzustellen, von wem die Klausel unterzeichnet wurde. Dass jedenfalls der UdG unterzeichnen kann, finde ich richtig.

  • Dann hätten wir ja fast den Urzustand wiederhergestellt, denn die ganz überwiegende Zahl der Widerrufsvergleiche werden zumindest bei uns in der Tat nicht widerufen. Mir ist immer noch nicht klar, was sich BAG und BGH dabei gedacht haben...anscheinend kennen die auch den Spruch nicht: Never touch a running system!

    Typisch deutsch: Erst wird drin rumgemurkst, bis alles durcheinander ist, anschließend wird aufwändig der alte Zustand wieder hergestellt. Man fasst es nicht!

  • Zitat von Tommy

    Ab einer bestimmten größe kann sich jedes System vollkommen mit sich selbst beschäftigen.:cool:



    Das wird es wohl sein - und schon deklariert es sich als Folge chronisch überlastet...klasse!"

  • Zitat von Diabolo


    Stand:
    Widerrufsvergleich mit Vollstreckungsklausel erteilt vom UdG.
    BGH:
    Vollstreckungsklausel auf Widerrufsvergleich muss vom Rechtspfleger erteilt werden

    :zustimm: Meine Ausbildung ist noch nicht allzu lange her und ich kann nur sagen, dass ich als UdG auf den Vergleichen, die sofort wirksam sind anbringe:

    Ort, Datum

    Der Vergleich ist rechtswirksam.

    Ausgefertigt

    Name, Dienstbezeichnung
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle


    und die Vollstreckungsklausel:

    Vorstehende Ausfertigung wird dem .... zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.

    Ort, Datum


    Name, Dienstbzeichnung
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle


    Bei den Widerrufsvergleichen muss seit kurzem laut BGH-Entscheidung der Rpfl. die Rechtswirksamkeitsbescheinigung unterschreiben!

    Ich bereite dann als UdG die vollst. Ausf. vor, unterschreiben die Vollstreckungsklausel, lege sie dann dem Rpfl. zur Unterzeichnung der Rechtswirksamkeitsbescheinigung vor!

    Die BGH-Entscheidung kann ich auch gerne mal am Montag posten! :)

  • @VIP :-):
    Auch wenn deine Ausbildung noch nicht lange zurückliegt, wurde leider in puncto Widerrufsvergleich falsch ausgebildet.

    Hier der Leitsatz der BGH-Entscheidung:
    "[Blockierte Grafik: http://www.juris.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Ist ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt geschlossen worden, ist der Rechtspfleger für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig" (BGH, Beschluss v. 04.10.2005, VII ZB 40/05).

    In der Begründung heißt es weiter: "Die Vollstreckungsklausel ist jedoch von der nicht zuständigen Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erteilt worden. Ist ein Vergleich unter Widerrufsvorbehalt und damit unter einer Bedingung geschlossen worden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 5. November 2003 - 10 AZB 38/03 , NJW 2004, 701) der Rechtspfleger für die Erteilung der Vollstreckungsklausel gemäß § 726 Abs. 1 ZPO zuständig. Dem tritt der Senat bei."

    Ob und inwieweit der UdG vorbereitet ist in der Außenwirkung egal. Ist die Klausel nicht von Rpfl sondern vom UdG unterschrieben, ist sie falsch, da die funktionelle Zuständigkeit verletzt wurde.

    Die Rechtswirksamkeitsbescheinigung, für die es i.Ü. keine gesetzliche Grundlage/Regelung gibt, ist hier m.E. vollkommen unrelevant.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Tommy
    Sorry, du hast recht, habe mich verzettelt! :oops:
    Habe das richtige gemeint, dedoch falsch geschrieben.
    Ich lege selbstverständlich nicht die Rechtswirksamkeitsbescheinigung dem Rpfl. zur Unterschrift vor, sondern die Vollstreckungsklausel bei den Widerrufsvergleichen.

    Asche auf mein Haupt!

  • da hat der Tommy 101-Prozentisch rescht. (was den Verstoss gg. die funkt. Zuständigkeit betrifft: Umkehrschluß aus § 8 V RpflG)- Bin ebenfalls Klauselfetischist. Komm tommy wir gebens uns jetzt gegenseitig!

  • @Chaos
    Wenn die Parteien bzw. deren Vertreter im Termin anwesend waren, wird das Sitzungsprotokoll nicht zugestellt. Die Frist rechnet sich seit dem Vergleichsabschluss im Termin.


  • Es soll jetzt dazu ein neuer § 795b ZPO eingeführt werden, nach dem die Klausel bei einem gerichtl. Vergleich vom UdG erteilt werden kann/soll, wenn die Wirksamkeit des Vergleichs "ausschließlich vom Eintritt einer sich aus der Verfahrensakte ergebenden Tatsache abhängt".

    Vgl. dazu "2. Justizmodernisierungsgesetz" - Drucksache 16/3038 - welches am 30.11.2006 vom Bundestag angenommen worden ist.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hallo!
    Vor einiger Zeit habe ich einen Gessetzesentwurf der Bundesregierung vom 17.05.2006 gelesen, wonach bei Vergleichen, deren Wirksamkeit ausschließlich von dem Eintritt einer sich aus der Verfahrensakte ergebenden Tatsache abhängt, die Klausel von dem U.d.G zu erteilen ist.
    Danach habe ich davon nichts mehr gehört. Sind Kenntnisse vorhanden, wonach der Entwurf Gesetz geworden ist?

    Nach dem BGH Beschluss vom 04.10.2005, welcher sich auf den Beschluss des BAG vom 05.11.2003 bezieht wäre in einem solchen Fall bislang der Rechtspfleger funktionell zuständig.
    Wie sieht die Praxis an anderen Gerichten derzeit aus?

  • Die GSt. bereitet bei Widerrufsvergleichen die Vollstreckungsklausel vor und ich unterschreibe sie - eben wegen der genannten Entscheidungen (die ich allerdings für hirnrissig halte). Über den Stand der genannten Rechtsprechung hinaus bin ich auch nicht, insbesondere ist mir keine "Gesetzwerdung" bekannt.

  • Unter Beachtung der leidigen Entscheidungen des BAG und des BGH erteilt hier der Rechtspfleger die Klausel bei Widerrufsvergleichen, was zu einem lästigen Aktenumlauf führt. Ich bekomme aber alles schon "vorgestempelt" vorgelegt und unterschreibe nur noch da, wo die Geschäftsstelle für mich das Kreuzchen gemacht hat.

  • Thanks an KlausR für den Tipp mit § 795b ZPO. Soweit war ich noch gar nicht gekommen mit dem 2. JuMoG. Damit haben sich die Entscheidungen des BAG und BGH erledigt und interessanterweise hat das OLG Stuttgart richtig gelegen, das sich gleich gegen das BAG gestellt hat. Endlich hat der Gesetzgeber auch mal den richtigen Knopf gedrückt! :yes:


    § 795b ZPO
    Vollstreckbarerklärung des gerichtlichen Vergleichs

    Vorschrift eingefügt durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz / 2. JuMoG) vom 22.12.2006 m.W.v. 31.12.2006.

    Bei Vergleichen, die vor einem deutschen Gericht geschlossen sind (§ 794 Abs. 1 Nr. 1) und deren Wirksamkeit ausschließlich vom Eintritt einer sich aus der Verfahrensakte ergebenden Tatsache abhängig ist, wird die Vollstreckungsklausel von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs und, wenn der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt.



    Zur ZV aus einem in bestimmter Frist widerruflichen, aber nicht widerrufenen Vergleich genügt eine einfache Vollstreckungsklausel nach § 724 ZPO, die von der UdG des Gerichts zu erteilen ist. Eine qualifizierte Vollstreckungsklausel nach § 726 ZPO ist nicht erforderlich (entgegen BAG, NJW 2004, 701 = NZA 2004, 117).

    OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.03.2004 – 8 W 108/04 = NJW 2005, 909 = DJ 2005, 215 = NZA 2005, 431 = JurBüro 2005, 275 = OLGR Stuttgart 2005, 350 = juris (KORE 424182005)

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