PKH-Begrenzung geplant

  • Aus dem VdR-Newsletter vom 04.04.2006:

    Begrenzung der Prozesskostenhilfe

    Auf Vorschlag von Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann hat die Niedersächsische Landesregierung heute (4.4.2006) beschlossen, gemeinsam mit Baden-Württemberg einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe in den Bundesrat einzubringen.

    Die in den letzten Jahren stark gestiegenen Aufwendungen der Länder für die Prozesskostenhilfe sollen eingedämmt werden. Allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit haben sich die Zahlungen an beigeordnete Rechtsanwälte in den letzten sieben Jahren von bundesweit 261 Mio. Euro auf 361 Mio. Euro erhöht. Dies ist für die Länder nicht mehr verkraftbar.

    Prozesskostenhilfeempfänger sollen deshalb stärker zur Zahlung der auf sie entfallenden Verfahrenskosten herangezogen werden. Diejenigen, deren Einkommen und Vermögen über das Existenzminimum hinausgeht, sollen Prozesskostenhilfe künftig nur noch als Darlehen erhalten, das vollständig zurückzuzahlen ist. Zudem werden den Gerichten wirksamere Mittel gegen die missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe an die Hand gegeben.

    http://www.stk.niedersachsen.de/master.jsp?C=19080660&I=484&L=20

  • Reform bei Inso - Grund: Sparen.
    Reform bei PKH - Grund: Sparen.

    Soll man das alles wirklich noch ernst nehmen?

    Die Minderbemittelten sollen nicht auf ihr Recht verzichten müssen. Wer wird in deren Ausgangssituation in der Lage sein, die Kosten zurückzuzahlen - auch im Stotterwege? Ergo: Wie bei der Inso noch mehr Arbeit für die mit der Sache Befassten bei Gericht. Wer soll die Mehrarbeit verrichten? Personal fehlt, gibt´s nicht, ist gar nicht ausgebildet worden. Und nun?
    Was haben wir bloß für blinde Politiker! :cool:

  • Im Gegensatz zur InsO kann man bei PKH ja mal richtig fett was sparen. Aber wie?
    Die Crux war ja schon immer die Vermögensverhältnisse, und diese jetzt besser zu überwachen bedeutet mehr Arbeit für einige, wollen wir mal raten für wen? Aber mehr Personal wird nicht bereitgestellt. Klar, sonst wäre auch der "Spareffekt" weg.
    Das mit dem Stundungsmodell hat doch schon nicht geklappt. Jetzt das ganze auch noch bei der PKH? Stärker an der Rückzahlung beteiligen oder nur Darlehensweise. Schmarrn.

  • Lieber die Gerichtskosten kräftig anheben (kostendeckend werden die wohl nie) und dafür mehr PKH für Bedürftige deren Sache auch wirklich Aussicht auf Erfolg hat. Armen Menschen den Rechtsweg abzuschneiden ist mehr als schäbig. :eek:

  • Zitat von Erzett

    Lieber die Gerichtskosten kräftig anheben (kostendeckend werden die wohl nie) und dafür mehr PKH für Bedürftige deren Sache auch wirklich Aussicht auf Erfolg hat. Armen Menschen den Rechtsweg abzuschneiden ist mehr als schäbig. :eek:



    Das sehe ich genauso. Aber die GK anheben, das geht genauso wenig wie die RA-Gebühren nicht angehoben werden konnten. Da musste ja ein in der Ausarbeitung teures neues RVG her. Wer weiß, wie das neue GKG heißen würde...evtl. Gerichtdienstleistungsvergütungsgesetz (GDVG)? :eek: :teufel:

    Wenn ich allerdings schon sehe, wer die Idee durchsetzen will, dann bleibt ohnehin nur noch die legendäre "typische Handbewegung":[Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/more/bigs/e070.gif]

  • Das Handelsregister machts doch vor, auch wenn da die Kosten oben abgeschnitten wurden. Kosten nach den tatsächlichen Ausgaben.
    So ein Verfahren kostet dann bei ´C´einen Euro pro Seite. :teufel:

  • Zitat von Erzett

    So ein Verfahren kostet dann bei ´C´einen Euro pro Seite. :teufel:



    Jou, und dann nur noch dicke Bau- und Arzthaftungsprozesse über mindestens 2 Instanzen - wenn nicht noch mit Zurückverweisung und erneuter Berufung. :teufel:

    Mit besten Grüßen an die Insoabteilung und die Schuldnerkartei... :D

  • Ich finde es gar nicht schlecht, dass an die PKH mal drangegangen wird.

    Ich will keinem wirklich Armen von der Möglichkeit einen Prozess zu führen abschneiden aber:

    Viele Prozesse die über PKH geführt werden sind doch von vornherein aussichtslos oder gar nicht erforderlich. Da wird dann PKH gewährt, weil die Ablehnung/Ablehnung einer anwaltlichen Beiordnung ja mit Sicherheit in die Beschwerde geht und das macht ja Arbeit. Da wird besser mal eben bewilligt, hat ja keiner ein Beschwerderecht.

    Müssten diese Parteien ihre Rechtsstreite selber zahlen, gäbe es diese Auseinandersetzungen erst gar nicht.

    Insofern würde ich, abweichend von dem Entwurf, ein besseres Beschwerderecht der Staatskasse vorschlagen.

    Die Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fällt dann dem Rechtspfleger als orginäre Zuständigkeit zu. Ich habe dann ja mehr Zeit, weil die KFBs kosten und es dadurch weniger zu tun gibt.

    Die Rückforderung aus der erstrittenen Forderung macht nur eingeschränkt Sinn: Wer seinen Lohn nicht bekommen hat und diesen einklagen muss, benötit hinterher sein Geld, um den Dispo wieder auszugleichen. Und eine titulierte Forderung ist noch lange kein Bargeld (wem sag ich das)

  • Ich denke der mit Abstand größte Posten an PKH-Vergütung geht für Familiensachen drauf.
    Da werden dann auf Staatskosten die gescheiterten Beziehungen in gerichtlichen Privatfehden ausgetragen. Mein Eindruck ist hier, dass arme Parteien wesentlich unbesonnener und willkürlicher Klagen und sich bekriegen als die Parteien, die selbst blechen müssen.

    Das gilt insbesondere für Kindschaftssachen wo sich einzelne Parteien ohne eine müde Mark in der Tasche auch überhaupt keine Gedanken über das Kostenrisiko machen müssen. Außer bei Unterhaltsklagen sind die Kosten i.d.R. gegeneinander aufzuheben. Dann hat man mangels anderweitiger Beschäftigung auch noch genügend Zeit sich in den Konflikt hineinzusteigern usw.

    Hier gehört meines Erachtens ein Riegel vorgelegt.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Ich stimme eher Tommy und jojo zu!

    In vielen Bereichen wird PKH und BerH m.E. schlichtweg missbraucht, ohne dass die Gerichte eine Handhabe dagegen haben.

    Im F-Bereich bekommt hier nahezu jeder PKH, weil sich alle arm rechnen. Selbst Lehrer mit A12. Das kann doch auch nicht richtig sein, dass sich solche Leute auf Kosten der Allgemeinheit scheiden lassen können.
    Außerdem werden dort leichtfertig Prozesse angestrengt. Man bekommt manchmal den Eindruck, es wird auf Teufel komm raus geklagt, weil man so ja dem Ex noch eins auswischen kann.
    Und auch die RM haben stark zugenommen.
    Alles nach dem Motto: Kostet (mich) ja nichts! Also beschäftigen wir Anwalt und Gerichte doch mit jedem Sch...!

    Und, wer Geld für eine Hochzeit hatte, der muss auch Geld für die Scheidung aufbringen können - und wenn es eben in Form eines Kredites ist, der zurück gezahlt werden muss.

    Sofern die Änderungen tatsächlich mal mit Sinn und Verstand gemacht werden und nicht dazu führen, dass eine wirklich vermögenslose Partei nicht mehr zu ihrem Recht kommen kann, kann ich sie nur begrüßen!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Gegen ein Rückzahlung habe ich auch überhaupt nichts, denn was nichts kostet taugt auch nichts. Der Willkür kann aber bereits heute ein Riegel vorgeschoben werden: Bei Streitereien über die Grösse des Gartenzwerges eben kein PKH bewilligen. Dazu muß an den derzeitigen Bestimmungen nichts geändert werden.
    In der Zwangsvollstreckung wird dieses in Hamburg bereits durchgezogen: Beiordnung in der Regel nicht (möge der Gl zur Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle gehen oder zum Gericht). Sinnlose PfÜBse reden wir RA damit aus, dass es bei Pfändungen, die ins Leere gehen, nur noch die Mindestgebühr zahlen. Und das LG sieht das auch so.

  • Zitat von Erzett


    Der Willkür kann aber bereits heute ein Riegel vorgeschoben werden: Bei Streitereien über die Grösse des Gartenzwerges eben kein PKH bewilligen. Dazu muß an den derzeitigen Bestimmungen nichts geändert werden.



    Leider nein!
    Wenn jemand wegen Hausratsteilung oder auf Regelung des Umgangsrechts oder auf Festsetzung von Unterhalt klagt, obwohl beim Gegner offensichtlich nichts zu holen ist, dem kann nicht immer Mutwilligkeit nachgeweisen werden. Zwar ist sein Verhalten unwirtschaftlich (deshalb würde er wohl nicht so handeln, wenn er selbst zahlen müsste), dieses steht aber einer PKH-Bewilligung nicht entgegen.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ulf Ich meinte auch nicht jeden Fall, es gibt aber genügend, in denen man mit der Bewilligung nicht so großzügig sein sollte. Aber rechtfertigen Haushaltslücken eigentlich alles? :gruebel:

  • @Erzett: Ich beobachte hier, dass offensichtlich für alles und jedes PKH bewilligt wird:

    Kein Kündigungsschutz, trotzdem PKH in vollem Umfang.

    Einfache Lohnklage, VU, trotzdem wird nach VU PKH unter Anwaltsbeiordnung bewilligt. Die Rechtsprechung sagt, keine anwaltliche Beiordnung.

    Klagerücknahme wegen Erfolglosigkeit, trotzdem PKH

    Ich habe mit unseren Richtern mal drüber gesprochen. Antwort: Wenn ich zurückweise oder einschränke bekomme ich eine Beschwerde. Das macht dann Arbeit und ich weiss nicht, ob ich durch die (zugegebenermaßen eigenartige) Beschwerdekammer aufgehoben werde.

    Das kann und darf m.E. nicht sein. Wie gesagt, die Sach und Rechtslage ist eindeutig und trotzdem wird anders entschieden. Ich habe solche Sachen dem Bez-Rev hochgeschickt und bekam es zurück mit dem Bemerken: Ist falsch, aber ich habe kein Rechtsmittel.

    Insofern ist m.E. ein Rechtsmittel für die Staatskasse erforderlich. Traurig genug, dass manche Leute ihre Arbeit nicht richtig machen.

  • Zitat von jojo

    Traurig genug, dass manche Leute ihre Arbeit nicht richtig machen.



    Genau da liegt das Problem. Sehe ich so ähnlich wie die Rufe nach härteren Strafen, wo doch der Strafrahmen meist nicht ausgenutzt wird. Die Möglichkeit zur Ablehnung besteht. Und wenn erst mal Sachen durch die Rechtsmittelinstanz gehen, hat man recht schnell ein Muster, wo die Grenze liegt.

  • RM nützt aber auch wenig, wenn die RM-Instanz das ganze seeehr großzügig beurteilt.
    Insbesondere die wirtschaftlichen Voraussetzungen werden hier von der RM-Instanz leider noch sehr zu Gunsten der PKH-Partei entschieden.
    :(

    Ich mein, es wird überall gespart und in Zeiten von Hartz IV und anderen Reformen ist auch eine PKH-Reform notwendig, damit wenigstens bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens mal Klarheit erzielt wird und bei der Anrechnung gewisser Positionen zum Armrechnen ein Riegel vorgeschoben wird!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @Erzett: Das Problem ist ja grade, es wird bewilligt, obwohl die Rechtsprechung anderes entscheidet. Da gibts dann keine Rechtsmittel, also keine Arbeit.

    Und die Landeskasse kann nicht in die Beschwerde gehen, weil kein Beschwerderecht. Entsprechende Bemerkungen stehen dann im jährlichen Prüfbericht des Bez-Rev, aber wer interessiert den schon ?

    Nebenbei: Bei sinkenden Eingangszahlen ist die Menge der Verfahren mit PKH im vergangen Jahr gestiegen. Seit 1997 (Einführung HKR-TV) haben sich die Ausgaben für PKH verdoppelt.(Schon 2003, also vor dem RVG, dass bei mir eine Steigerung von ca. 30 % ausmacht).

    Die Ausgaben für PKH übersteigen die vollständigen sonstigen Ausgaben des Gerichts, einschließlich des kompletten Personals des niriDies.

  • Das mag ja alles richtig sein. Trotzdem reden wir darüber, dass wir PKH nicht aus rechtlichen Gründen, sondern aus Gründen des Haushaltssanierung versagen wollen. Wer sind wir eigentlich? Büttel des Finanzsenators.

  • @Erzett: Also ich für meinen Teil stänkere schon länger rum. Die Gründe, warum die klügsten Männer der Welt das Thema jetz aufgreifen, interessiert mich weniger (Ok, die Diätenerhöung muss finanziert werden, sehe ich ein, wer tolle Gesetze macht, muss auch toll bezahlt werden). Mir schwillt nur immer der Hals, wenn ich die hiesige Praxis beobachte.

  • wer ernsthaft so eine begrenzung plant macht sich illusionen ,und liefert lediglich ein weiteres beispiel für den lärmenden stillstand , der uns dann als politische massnahme verkauft werden soll.
    die jetzige verteilung auf pkh mit zb (also letztlich das darlehensmodell)und auf die fälle ohne dürfte in etwa gleich bleiben . oder wird ein hartz IV empfänger plötzlich reicher ?
    effekt gleich oder nahe null

    das der gesetzgeber auch anders kann , zeigte der beitritt der ddr . dort gab es keinen anwaltszwang in familiensachen . das hatte zur folge das die scheidungslustigen bei mir auf der rechtsantragstelle erschienen und dort den scheidungsantrag nebst folgesachen zu protokoll erklärt haben . ich habe mir dafür aus dem zöller ein formular gestrickt und die leute weiter über elterliche sorge unterhalt vermögensteilung befragt .
    dann habe ich sie belehrt wann eine ehe als gescheitert gilt und sechs wochen später waren sie geschieden . dafür gabs dann ein paar gerichtsgebühren und alle waren zufrieden .

    mit anderen worten : verfahren können sich leute nicht leisten , wenn anwälte ins spiel kommen . das ist die ursache und rechtfertigung für pkh und demzufolge der einzige erfolgversprechende ansatz .

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