Beerdigungskosten des Schuldners - § 850 f ZPO?

  • Ich bräuchte mal wieder Eure werte Meinung zu folgendem Fall:

    Schuldnerin befindet sich in der WVP, Treuhänder zieht pfändbare Beträge ein und hat auch noch einen Steuererstattungsanspruch der Schuldnerin aus der Zeit des eröffneten Insolvenzverfahrens eingezogen.

    Jetzt teilt die Schuldnerin mit, dass sie wohl demnächst an einer schweren Krankheit versterben werde und die Beerdigungskosten nicht ihrem Ehemann und den Kindern aufhalsen will, die selbst nix haben und wegen der Insolvenz auch nichts erben. Sie bittet darum, dass der Treuhänder den pfändbaren Betrag bis zu ihrem Versterben in wenigen Monaten nicht mehr einziehen möge und ihr auch die Steuererstattung überlassen werde. Sie legt auch ärztliche Befunde vor, aus denen sich der von ihr geschilderte schlechte Gesundheitszustand ergibt.

    Jetzt käme ich auf § 850 f Ib) ZPO und frage mich da gerade, ob Vorsorge für die Beerdigungskosten unter "besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen Gründen" fällt. Hab dazu in der Kommentierung nichts gefunden. Eigentlich ist es ja eher das Bedürfnis der Erben, aber andererseits sehe ich ja auch ein, dass einer sich eine würdige Beerdigung sichern will. Eine entsprechende Versicherung wird sie wohl jetzt nicht mehr abschließen können, vermute ich mal.

    Hatte jemand schon einmal so einen Fall (evtl. ja vielleicht auch in der Zwangsvollstreckung) oder hat sonstige Tipps dazu?

  • So einen Fall hatte ich auch noch nicht, aber § 850f ZPO greift m.E. hier nicht, da es sich nicht um die Bedürfnisse des Schuldners handelt, wie Du schon richtig ausgeführt hast. Denkbar wäre der Abschluss einer Sterbeversicherung, aber ich weiß nicht, wie lange man die abschließen kann.

    Denkbar wäre vielleicht auch, dass man den Steuererstattungsanspruch nach § 850i ZPO freigeben kann.

  • Wie machen das denn andere Personen, die nichts haben?

    Hier ist weder § 850f I, noch § 765a ZPO anwendbar, weil es immer um den Schuldner selbst geht. So traurig das ist, aber es ist auch eigenartig wenn die Gläubiger letztdlich für die Beerdigung des Schuldners aufkommen sollten.

    Die Frage ist dann noch, ob Ehemann und/oder Kinder ebenfalls nichts haben.

  • bitte nicht schlagen, aber wenn es schon so schlimm steht, warum wird der Antrag auf Erteilung der RSB nicht zurückgenommen?

    Die Schuldnerin könnte über ihr Einkommen voll verfügen, die Gläubiger bekommen dies doch eh nicht mit und wenn sie es dann mitbekommen, wird es für die Ausbringung einer Pfändung zu spät sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • bitte nicht schlagen, aber wenn es schon so schlimm steht, warum wird der Antrag auf Erteilung der RSB nicht zurückgenommen?

    Die Schuldnerin könnte über ihr Einkommen voll verfügen, die Gläubiger bekommen dies doch eh nicht mit und wenn sie es dann mitbekommen, wird es für die Ausbringung einer Pfändung zu spät sein.



    Stimmt, das wäre eigentlich die geschickteste und wohl auch die humanste Lösung :daumenrau

  • dies ist zwar weder in §296-298 so vorgesehen, das Verfahren ist aber nach § 299 InsO bei der Rücknahme des Antrages zu beenden. Mit Rechtskraft der Entscheidung über die Versagung der RSB verliert auch die Abtretung ihre Wirkung.

    Ich finde das Thema schon makaber genug.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das sollte doch nur heißen, dass das Verfahren nicht von jetzt auf gleich aufgehoben werden kann wenn der Antrag zurückgenommen wird. Oder doch?

    Dann müsste der Schuldner der abgetretenen (pfändbaren) Teile der Bezüge noch über den Verzicht (des TH) auf die Rechte aus der Abtretung unterrichtet werden. Und bis der die Zahlung einstellt vergeht auch noch einige Zeit.

  • Interessanter Vorschlag mit der Rücknahme!

    Im Uhlenbruck steht bei § 287, RdNr. 20, dass die Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung gleichzeitig einen Widerruf der Abtretungserklärung darstellt. Das verstehe ich so, dass da nicht noch irgendeine Frist einzuhalten ist, sondern mit wirksamem Widerruf die Abtretungserklärung hinfällig ist. Zahlt der Drittschuldner noch an den TH müsste der das Geld halt an den Schuldner rausgeben. Also würd ich sagen die Abtretungserklärung ist doch von jetzt auf gleich aus der Welt und dem Schuldner wäre schnell geholfen. Oder??

  • Zitat Hego: Wie machen das denn andere Personen, die nichts haben?

    Für bedürftige Angehörige springt das Sozialamt nach § 74 SGB XII für Beerdigungskosten ein. Betreffende Familie soll sich evtl. auch an Hospizdienst und Beratunsstelle Diakonie/Caritas wenden. Hier gibt es psych. Unterstützung in dieser schwierigen Situation und evtl. auch noch Leistungen aus "Sondertöpfen".

  • Interessanter Vorschlag mit der Rücknahme!

    Im Uhlenbruck steht bei § 287, RdNr. 20, dass die Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung gleichzeitig einen Widerruf der Abtretungserklärung darstellt. Das verstehe ich so, dass da nicht noch irgendeine Frist einzuhalten ist, sondern mit wirksamem Widerruf die Abtretungserklärung hinfällig ist. Zahlt der Drittschuldner noch an den TH müsste der das Geld halt an den Schuldner rausgeben. Also würd ich sagen die Abtretungserklärung ist doch von jetzt auf gleich aus der Welt und dem Schuldner wäre schnell geholfen. Oder??



    Grundsätzlich ist die Abtretungserklärung ein Vertrag und kann in der Regel somit nicht von dem Zedenten einfach widerrufen werden. Der Neugläubiger (TH) müsste dem zustimmen.

  • Interessanter Vorschlag mit der Rücknahme!

    Im Uhlenbruck steht bei § 287, RdNr. 20, dass die Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung gleichzeitig einen Widerruf der Abtretungserklärung darstellt. Das verstehe ich so, dass da nicht noch irgendeine Frist einzuhalten ist, sondern mit wirksamem Widerruf die Abtretungserklärung hinfällig ist. Zahlt der Drittschuldner noch an den TH müsste der das Geld halt an den Schuldner rausgeben. Also würd ich sagen die Abtretungserklärung ist doch von jetzt auf gleich aus der Welt und dem Schuldner wäre schnell geholfen. Oder??



    Grundsätzlich ist die Abtretungserklärung ein Vertrag und kann in der Regel somit nicht von dem Zedenten einfach widerrufen werden. Der Neugläubiger (TH) müsste dem zustimmen.



    Die Abtretungserklärung ist doch kein Vertrag. Wie der Name schon sagt "Abtretungserklärung", ist dies eine einseitige Willenserklärung.

  • Das sehe ich nicht so, Hego. Die Schuldnerin soll ja den Antrag auf Erteilung der RSB zurücknehmen und dadurch erlischt dann - lt. Kommentar - die Abtretungserklärung automatisch. Der TH wird da wohl kaum zustimmen müssen. Wenn sich ein Schuldner entscheidet, dass er keine RSB mehr haben will, dann kann da auch der TH nichts dran ändern.




  • Das noch dazu.

  • Ein Blick in das (Bürgerliche) Gesetz (Buch) erleichtert die Rechtsfindung:

    § 398 Abtretung

    Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

  • Der BGH ( ZInsO 2006, 872 ) hat sich allerdings nunmehr der Auffassung angeschlossen, die die Abtretungserklärung als prozessuale Erklärung versteht (ebenso FK-Ahrens § 287http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_31 Rn. 19 ff.; MK-Stephan § 287http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_32 Rn. 34). Sie stellt demnach eine besondere Prozessvoraussetzung für die Durchführung der Restschuldbefreiung dar; der Übergang der Bezüge erfolgt kraft Gesetzes infolge der Bestimmung des Treuhänders durch das Gericht und dessen Amtsübernahme

  • Der BGH ( ZInsO 2006, 872 ) hat sich allerdings nunmehr der Auffassung angeschlossen, die die Abtretungserklärung als prozessuale Erklärung versteht (ebenso FK-Ahrens § 287 Rn. 19 ff.; MK-Stephan § 287 Rn. 34). Sie stellt demnach eine besondere Prozessvoraussetzung für die Durchführung der Restschuldbefreiung dar; der Übergang der Bezüge erfolgt kraft Gesetzes infolge der Bestimmung des Treuhänders durch das Gericht und dessen Amtsübernahme




    Also das mit der prozessualen Erklärung ist zwar strittig, aber ich hab´s bisher eigentlich auch immer als solche betrachtet. Es gibt, aber - wie gesagt - auch andere Meinungen (z. B. Uhlenbruck) und dann läge Hego selbstverständlich völlig richtig.


  • Also das mit der prozessualen Erklärung ist zwar strittig, aber ich hab´s bisher eigentlich auch immer als solche betrachtet. Es gibt, aber - wie gesagt - auch andere Meinungen (z. B. Uhlenbruck) und dann läge Hego selbstverständlich völlig richtig.



    Gut, aber wir befinden uns in der InsO bzw. ZPO und dort ist die Abtretungserklärung nun mal als prozessuale Handlung zu behandeln, wenn man von der Wirksamkeit der Abtretungserklärung spricht. Zumindest m.M. ;)

  • DieEntscheidung vom 13.07.2006 ist mir duchaus bekannt und wurde von mir hier auch wiederholt zitiert.

    Das bedeutet für mich aber nicht, dass der Schuldner durch Rücknahme des Antrages auf Restschuldbefreiung die Wirkungen der Abtretung beseitigen kann.

    Die Entscheidung des BGH ist doch eine rein pragmatische Sache. Der Gesetzgeber wollte, dass der Schuldner seine pfändbaren Teile der Bezüge auf den TH überträgt und hat dafür die Abtretungserklärung gewählt. Er hätte es ja auch anders machen und bestimmen können, dass der AG des Schuldners (und die anderen Schuldner des Schuldners, die durch die Abtretung verpflichtet werden) die pfändbaren Teile wirksam nur an den TH abführen darf. Warum er das nicht gemacht hat weiß ich nicht.

    Für die Abtretung hat er im vergangenen Jahr die Watschen von dem BGH kassiert, die von der Begründung her auch logisch sind um die pfändbaren Teile des Einkommens für die Befriedigung der Gläubiger zu sichern.

    Auch als Prozesshandlung (der BGH hat gesagt, dass die Abtretung vorrangig als solche anzusehen ist) hat sie die gleichen Wirkungen wie alle übrigen Abtretungen. Das Problem lag lediglich in der Annahme des TH, die erst nach Aufhebung des Verfahrens möglich war (weil der TH vorher noch nicht feststand und die Abtretung somit noch nicht angenommen werden konnte).

    Wenn nun, nach Ansicht des BGH der TH sein Amt beendet (aus welchem Grund auch immer) hätte die Abtretung durch den nächsten TH wieder angenommen werden müssen. Das hätte zur Folge gehabt, dass Neugläubiger, die in der WVP ja pfänden dürfen der Abtretung (wegen der späteren Annahme der Abtretungserklärung durch den neuen TH) im Rang vorgegangen wären. Genau das wollte der BGH damit verhindern.

    Ob es nun eine materiell-rechtliche Erklärung oder eine Prozesshandlung ist spielt letztlich für die Wirkunden (meiner Meinung) nach keine wesentliche Rolle. Die Abtretung ist ein abstraktes, von ihrem Rechtsgrund losgelöstes Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit grundsätzlich unabhängig von der Rechtsgültigkeit des Grundgeschäfts ist (BAG Urteil vom 27.06.1968).

    Die Abtretung ist also für den Arbeitgeber so lange wirksam bis das Gericht durch Beschluss die Wirksamkeit der Abtretung aufhebt oder der TH die Abtretung für unwirksam erklärt, bzw. auf die Recht aus der Abtretung verzichtet.

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