BGH: Vergleichsgebühr bei Ratenzahlungsvereinbarung

  • der BGH hat mit einer heute veröffentlichten Entscheidung eine alte Streitfrage entschieden:

    Der Abschluß einer Ratenzahlungsvereinbarung während der Zwangsvollstreckung löst grundsätzlich die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO aus. Diese Kosten sind vom Schuldner zu tragen und gegen ihn festzusetzen, wenn ersich dazu in der Verinbarung verpflichtet hat.

    Diese Entscheidung dürfte auch auf das RVG anzuwenden sein, da die Anforderungen an das Entstehen der Einigungsgebühr geringer sind.

    BGH; 24.1.2006, VII ZB 74/05

  • Mit Einführung des RVG sowieso kein Problem mehr. Irgendein Wort mit T (...eilzahlungsvergleich) oder E...(igung) löst die Gebühr bereits aus. Und das sogar am Telefon :eek:

  • eine entscheidung, die über eine begründung verfügt, die ich umfänglich für überzeugend halte und die zu einem sachgerechten ergebnis führt.

  • Eine Entscheidung allerdings, die - wenn man sich die Mühe macht, die Begründung durchzulesen, ausschließlich auf die seltenen Fälle eines echten Vergleichs i.S.v. § 779 BGB = bei gegenseitigem Nachgeben beider Parteien (der Schuldner hatte im Gegenzug für die Ruhendstellung der Zwvo eine Forderung an den Gl. abgetreten) anwendbar ist.

    Auf die erhebliche Mehrzahl der Ratenzahlungsvereinbarungen, für die eine Gebühr nach § 23 BRAGO geltend gemacht wird, treffen die o.g. Voraussetzungen des § 779 BGB nicht zu, so dass die Gebühr nach hiesiger Auffassung weiter abzusetzen ist !

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • @ol Wichtig ist doch dabei, ob es sich um Zwangsvollstreckungskosten handelt. Auch wenn ein Zivilverfahren umständlich erscheint, sind Kosten, die nicht im Zusammenhang mit der ZwV stehen doch nicht Kosten derselben, nur weil es so einfacher für die Beteiligten ist. :eek:

  • ich begreife nicht, warum einige unbedingt absetzen wollen.

    schließlich hat sich doch der schulder freiwillig zur zahlung der vergleichskosten verpflichtet, da braucht doch kein gericht kommen und absetzen. wem dient man denn damit? jetzt gibt der BGH endlich eine vorlage, dass notwendigkeit und mit-beitreibbarkeit dem grunde nach gegeben sind, dann sollte das auch von den gerichten genutzt werden. und kein vergleich? wenn die parteien es als vergleich qualifiziert haben und der schuldner erklärtermaßen die kosten übernommen hat, will da das gericht kommen und sagen, es wären keine entstanden? soll der gläubiger erst einklagen müssen, was der schuldner bereits anerkannt hat?
    ein nachgeben beider hat man in gewisser weise doch auch bei der bloßen ratenzahlungsvereinbarung: der schuldner gibt seine verweigerungshaltung auf. auch in der übernahme der kosten liegt doch bereits ein vergleich.

    offenbar wollen einige absetzen und des absetzens willen, solange nur auch noch die entfernteste rechtliche argumentation zum absetzen irgendwie noch konstruiert werden kann. nur warum bloß? niemand hat etwas davon. irgendwie vermisse ich jeglichen sachlichen grund für eine absetzung.

    wozu in der streitigen gerichtsbarkeit etwas absetzen, was zwischen den parteien unstreitig, ja sogar gewollt und vereinbart ist?

  • @ol Grundsätzlich fehlt bei BRAGO das gegenseitige Nachgeben. Der Schuldner gibt überhaupt nicht nach, er erklärt sich nur zu Teilzahlungen des Gesamtbetrages bereit. Und immerhin geht es ja noch um Zwangsvollstreckungskosten. Sonst bräuchte man ja auch keinen Titel mehr, denn bei der Bestellung hat sich der Kunde ja auch zur Zahlung verpflichtet :ironie: und nur die Kennzeichnung als Vergleich macht es noch nicht zum Vergleich.

  • ich find nur komisch, dass im eigentlichen ZPO-hauptverfahren alles zugesprochen wird, was unstreitig bzw. vom gegener zugestanden ist und im anhängselverfahren vollstreckung das nicht so sein soll.

  • @Ol: weshalb interessiert man sich beim Notariat für so eine Entscheidung?

    Ich halte das neue RVG für zu anwaltsfreundlich, da hätte man gleich für jeden Auftrag eine Mehrfachpauschale einführen können, dann hätte man sich die einzelnen Gebührentatbestände sparen können.
    Die Entscheidung des BGH wird zusätzlich unnötigerweise zur Verteuerung der Zwangsvollstreckungsverfahren führen, eine Tilgung der Forderung wird durch diese unnötigen Mehrkosten nochmals erschwert, insbesondere dann wenn die "Vergleichsgebühr" vielleicht sogar noch pro Zwangsvollstreckungsmaßnahme geltendgemacht wird?
    Der Inkassoanwalt wird vielleicht etwas davon provitieren, der vertretene Gläubiger aber wohl nicht, weil es wegen der Mehrkosten für den Schuldner oft sinnlos sein wird, einen derartigen Vergleich abzuschließen, weil er dann Raten eh nur auf die Kosten zahlen wird und es nie nur Tilgung der Hauptforderung kommen wird.
    @erzett: Dein Wort in Gottes Ohr.

  • @wood

    1.zunächst der Hinweis, dass diese BGH-Entscheidung zur BRAGO erging. Es besteht also keine Veranlassung in diesem Zusammenhang das RVG als zu anwaltfreundlich zu bezeichnen
    2. Das RVG ist das Vergütungsrecht der RAe, also ist es per se amwaltsfreundlich, soll es etwa anwaltsfeindlich sein?
    3. Ist denn der Gläubiger schuld, dass ihm der Schuldner etwas schuldet? Wer hat denn Veranlassung zur Zwangsvollstreckung gegeben?
    4. In der Regel ist es doch der Schuldner der um Teilzahlungen ersucht!

  • Die so genannten Ratenzahlungs"vergleiche" wurden doch nur erfunden, um Kosten ansetzen zu können. Eine einfache Zusage von Gläubigern: du zahlst die monatlichen Raten und ich vollstrecke dann nicht, hätte aus Sicht der meisten Schuldner völlig ausgereicht und den selben Zweck erfüllen. Sonst sehe ich das wie "Erzett" und "the bishop". Außerdem geht es nicht um ein Absetzen, sondern das obige BGH-Zitat sagt ja erst einmal nur: Diese Kosten sind vom Schuldner zu tragen und gegen ihn festzusetzen, wenn er sich dazu in der Vereinbarung verpflichtet hat.

  • ... und zum Argument, der Schuldner hätte sich schließlich zur Zahlung verpflichtet und der Anwalt könnte sich die Beträge ohne weiteres titulieren lassen : es gibt OLG-Entscheidungen, die dies verhindern :strecker :

    Das Argument lautete (aus der Erinnerung heraus) sinngemäß : Es ist nicht davon auszugehen, dass der Schuldner sich als juristischer Laie zur Zahlung einer Gebühr verpflichten wollte, die tatsächlich im vorliegenden Fall (eben mangels echtem Vergleichsabschluss i.S.v. § 779 BGB) nicht entsteht. Es fehlt eben am echten Entgegenkommen seitens der Schuldnerpartei.

    Dies habe ich in einem Standard-Auflage umfangreich aufgeführt mit dem Ergebnis, dass beim hiesigen Gericht die Gebühr zu BRAGO-Zeiten nur in den seltenen Fällen eines echten Vergleichsabschlusses i.S.v. § 779 BGB (mit gegenseitigem Nachgeben beider Parteien und unter Nachweis, dass sich der Schuldner zur Zahlung verpflichtet hat,) nach § 788 ZPO ohne Titulierung berücksichtigt wird. Bisher bin ich nie aufgehoben, sondern vom hiesigen Landgericht (leider zumeist nur mit Dreizeiler-Beschlüssen "aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ...") bestätigt worden.

    Mehr sagt die o.g. BGH-Entscheidung auch nicht, so dass sich für mich (für den BRAGO-Zeitraum !)quasi nichts ändert.

    Falls gewünscht, stelle ich die Auflage nächste Woche als Dateianhang ein.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Schließlich hängt es dann immer noch am entscheidenen Satz der einschlägigen RVG Vorschriften "wenn die Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis (durch den Vergleich) beseitigt wird ".
    Dies ist meiner Ansicht nach regelmäßig nicht der Fall wenn bereits ein Titel vorliegt.
    Allerdings werde ich zukünftig in allen Fällen in denen sich der Schuldner zur Zahlung der Gebühren verpflichtet hat, diese auch mit beitreiben......

  • @GVCom : Die RVG-Diskussion hatten wir m.E. bereits mehrfach, jedoch mit dem Ergebnis, dass die Einigungsgebühr mangels Voraussetzung des § 779 BGB sehr viel leichter entsteht, als die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO und daher im Zweifel zu berücksichtigen ist ?!

    the bishop :kardinal:

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  • zur Einigungsgebühr des RVG:


    [Blockierte Grafik: http://www.justizforum.nrw.de/templates/ubb/images/icon_minipost.gif]Verfasst am: 27 Dez 2005, 20:52 [Blockierte Grafik: http://www.justizforum.nrw.de/templates/ubb/images/lang_english/icon_profile.gif]Titel: Ratenzahlungsvereinbarung/Einigungsgebühr Nr. 1000 VV-RVG[Blockierte Grafik: http://www.justizforum.nrw.de/templates/ubb/images/lang_english/icon_quote.gif] 1. Eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV-RVG) nebst Auslagenpauschale entsteht bei einer im Rahmen der Zwangsvollstreckung vereinbarten Ratenzahlung nicht. Die Ratenzahlungsvereinbarung im Rahmen beseitigte weder einen Streit noch eine Ungewissheit der Vertragschließenden über ein Rechtsverhältnis.

    2. Bei den Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung handelt es sich nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 ZPO.

    LG Bonn, Beschl. v. 06. 12. 2005, 4 T 415/05

    Die Gläubigerin vollstreckt aus einem der Schuldnerin am 20.1.2004 zugestellten Vollstreckungsbescheid vom 18.12.2003.
    Ausweislich ihrer im jetzigen Verfahren vorgelegten Forderungsaufstellung erwirkte sie im März 2004 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, auf den aber offenbar der Drittschuldner keine Zahlungen leistete.
    Am 20.12.2004 unterzeichnete die Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der sie sich verpflichtete, den „bis heute geschuldeten Betrag, einschließlich Kosten, in Höhe von 1.758,89 Euro (vgl. anliegende Forderungsaufstellung Anlage 1)“ in acht monatlichen Raten zu je 200,- Euro und einer Schlußrate von 195,69 Euro, beginnend am 15.1.2005, zu zahlen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin unterzeichnete die Vereinbarung am 25.1.2005. Die Anlage besteht aus einem Forderungskonto, in das mit Datum des 21.12.2004 eine Einigungsgebühr nach dem RVG in Höhe von 127,50 Euro nebst Auslagenpauschale in Höhe von 20,- Euro eingebucht ist und das per 22.12.2004 einen Stand einschließlich Kosten und Zinsen in Höhe von 1.758,89 Euro aufweist (Bl. 27ff. d.A.).
    Da die Schuldnerin keine Zahlungen leistete, beauftragte die Gläubigerin den Gerichtsvollzieher mit der Mobiliarvollstreckung. Der Gerichtsvollzieher zog am 28.2.2005 einen Betrag von 344,40 Euro und am 1.4.2005 weitere 1.293,70 Euro ein.
    Gegenstand des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens ist die Weigerung des Gerichtsvollziehers, auch die von der Gläubigerin geltend gemachten Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung gemäß § 788 ZPO mit einzuziehen.
    Die Gläubigerin hat die Auffassung vertreten, diese Kosten stellten notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 ZPO dar; im übrigen habe die Schuldnerin diese Kosten in dem Ratenzahlungsvergleich ausdrücklich übernommen.
    Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit Beschluß vom 6.10.2005, auf den wegen seiner Begründung Bezug genommen wird (Bl. 42f. d.A.), zurückgewiesen.
    Gegen diesen Beschluß wendet sich die Gläubigerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie verfolgt das Erinnerungsbegehren, den Gerichtsvollzieher zur Einziehung der Kosten des Ratenzahlungsvergleichs anzuweisen, weiter. Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf den Schriftsatz der Gläubigerin vom 31.10.2005, Bl. 54ff. d.A., Bezug genommen.
    Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO statthaft, auch im übrigen zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
    Das Amtsgericht hat die Erinnerung zu Recht zurückgewiesen. Wegen der Kosten des Ratenzahlungsvergleichs kann aus dem Vollstreckungsbescheid vom 18.12.2003 nicht gemäß § 788 ZPO vollstreckt werden.
    Nach Auffassung der Kammer ist die von der Gläubigerin geltend gemachte Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV-RVG) nebst Auslagenpauschale nicht erfallen. Die Ratenzahlungsvereinbarung beseitigte weder einen Streit noch eine Ungewißheit der Vertragschließenden über ein Rechtsverhältnis. Die Forderung der Gläubigerin war nicht mehr im Streit, da der Vollstreckungsbescheid vom 18.12.2003 in Rechtskraft erwachsen war. Soweit nahezu ein Jahr nach Zustellung des Titels und nach einem vergeblichen Versuch der Forderungspfändung überhaupt noch eine Ungewißheit über die fehlende Zahlungsbereitschaft der Schuldnerin bestand, ist diese jedenfalls durch deren schlichte Erklärung, die Forderung in Raten zu begleichen, nicht beseitigt worden.
    Jedenfalls aber handelt es sich bei den Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 ZPO. Die Vorschrift des § 788 ZPO, in der von den Kosten der Zwangsvollstreckung die Rede ist, betrifft ihrem Wortsinn nach nur solche Aufwendungen, die unmittelbar zur Vorbereitung oder Durchführung der Vollstreckung entstanden sind (vgl. LG München Rpfleger 1998, 531; LG Münster DGVZ 1995, 168; AG Aachen DGVZ 1987, 62), wohingegen die Kosten einer nach rechtskräftigem Abschluß des Erkenntnisverfahrens geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung allenfalls aus Anlaß der Zwangsvollstreckung angefallen sind. Denn der Abschluß einer Ratenzahlungsvereinbarung dient weder der Vorbereitung noch der Durchführung der Zwangsvollstreckung, sondern vielmehr der Vermeidung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen durch freiwillige Befriedigung des Gläubigers (vgl. die Beschlüsse der Kammer vom 22.01.1998 [4 T 843/98], 23.02.1999 [4 T 103/99] und 6.5.2002 [4 T 242/02]; vgl. auch LG München, a.a.O.; LG Münster, a.a.O.; LG Coburg DGVZ 1988, 75; AG Erkelenz DGVZ 1995, 175; AG Siegen, DGVZ 1991, 27; AG Aachen, a.a.O.; Kessel, DGVZ 2004, 179, 180). Der Gegenmeinung, nach der von § 788 ZPO auch diejenigen Kosten erfaßt werden, durch die eine weitere Vollstreckung vermieden wird (vgl. Lorenz DGVZ 1997, 129, 136 m.w.N.), schließt sich die Kammer nicht an. Der Einwand, daß anderenfalls die vom Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 788 ZPO angestrebte Prozeßökonomie nicht erreicht werde, weil der Gläubiger zur Geltendmachung der Kosten einer Ratenzahlungsvereinbarung in einem gesonderten Verfahren gezwungen werde (so LG Darmstadt DGVZ 1995, 46; Lorenz, a.a.O.), rechtfertigt für sich allein keine extensive Anwendung des § 788 ZPO (vgl. LG Münster, a.a.O.). Auch ist nicht ohne weiteres zu befürchten, daß in diesem Fall der auch den Interessen des Schuldners Rechnung tragende Ratenzahlungsvergleich für einen Gläubiger erheblich an Attraktivität verlieren würde (so Lorenz, a.a.O.). Denn durch den Abschluß einer Ratenzahlungsvereinbarung erspart der Gläubiger sich, jedenfalls sofern der Schuldner die vereinbarten Zahlungen leistet, weitere, u.U. sogar mehrmalige Vollstreckungsversuche, die ebenfalls Kosten auslösen. Letztlich handelt es sich bei den Kosten eines Ratenzahlungsvergleichs auch nicht um notwendige Kosten im Sinne des § 788 ZPO, da der Gläubiger auch ohne den Abschluß des Vergleichs gegen den Schuldner vollstrecken kann (vgl. LG Essen DGVZ 1993, 56; AG Wiesbaden DGVZ 1994, 158; Ottersbach Rpfleger 1990, 283, 284). Aus diesem Grunde besteht für einen Gläubiger keine Notwendigkeit, die Entgegennahme etwa vom Schuldner angebotener Teilzahlungen auf eine titulierte Forderung davon abhängig zu machen, daß der Schuldner sich auf eine Vereinbarung über Ratenzahlungen einläßt.
    Ob die Schuldnerin in der Ratenzahlungsvereinbarung vom 20.12.2004/
    25.1.2005 eine materiell wirksame Verpflichtung zur Zahlung einer Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale übernommen hat, kann dahinstehen. Aus einer solchen Vereinbarung kann nicht unmittelbar die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Den Gerichten und Organen der Zwangsvollstreckung ist die Prüfung und Feststellung von materiellen Ansprüchen grundsätzlich versagt; dies bleibt dem Erkenntnisverfahren vorbehalten (vgl. BGH NJW 2003, 515, für die Prüfung des Schuldgrundes in den Fällen des § 850f Abs. 2 ZPO). Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die unmittelbare Eintreibung einer materiellen Kostenforderung einem praktischen Bedürfnis (auch) der Schuldnerin entspreche, weil dies für die Schuldnerin kostengünstig sei. Die Zwangsvollstreckung ist ein Eingriff der Staatsgewalt in grundrechtlich geschützte Eigentumsrechte der Schuldnerin. Sie setzt mit gutem Grund eine Titulierung des zu vollstreckenden Anspruchs in einem Verfahren voraus, das der Schuldnerin zumindest die Möglichkeit bietet, sich gegen ihre Inanspruchnahme zu verteidigen. Der Umstand, daß dies die Schuldnerin im Unterliegensfall Geld kostet, veranlaßt die Kammer nicht dazu, eine Zwangsvollstreckung ohne Titel zuzulassen. Ein denkbares Interesse der Schuldnerin an der Vermeidung weiterer Kosten kann nur von dieser selbst, etwa durch freiwillige Zahlung der Einigungsgebühr an die Gläubigerin, wahrgenommen werden, nicht aber durch einen Akt der Fürsorge (oder Bevormundung) der Gläubigerin oder der Gerichte und Organe der Zwangsvollstreckung.
    Ob im vorliegenden Falle die materielle Einigung über die Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung einer Prüfung am Maßstab des § 305c BGB standhält, braucht die Kammer daher letztlich nicht zu entscheiden. Die Ratenzahlungsvereinbarung selbst spricht nur von der Zahlung des „bis heute geschuldeten Betrages einschließlich Kosten“. Ob dieser Text die von der Gläubigerin für den Abschluß der Vereinbarung geforderten weiteren Kosten einschließt, ist zweifelhaft. Diese Kosten sind zwar in der Gesamtsumme enthalten, werden aber in der in Bezug genommenen Anlage ohne besondere Hervorhebung aufgeführt. Dies spricht dafür, daß die Gläubigerin die mit dem Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung verbundene Erhöhung der Gesamtforderung vor der Schuldnerin verstecken wollte.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.


    Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO).
    Beschwerdewert: 140,73 Euro :idea:

  • In meinem Beritt ist aus der BRAGO-Zeit eine Ratenzahlungsvereinbarung auch nie Auslöser einer Vergleichsgebühr gewesen, was die Obergerichte auch bestätigt haben. Die Gründe hierfür sind genannt worden.

    Einigen sich die Parteien aber auf eine freiwillige Übernahme einer solchen Gebühr im Rahmen einer (Vergleichs-)Vereinbarung, dann sehe ich keinen Grund, gegen den Willen beider Parteien gegenanzustinken. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.
    Letztlich müsste man dann noch weiter ausholen und analysieren, ob der Schuldner nicht über den Tisch gezogen wurde, da etwas vereinbart wurde, was eigentlich gar nicht entstanden sein kann.


    @ JosefStamm:
    Der Leitsatz des LG Bonn zu Ziffer 1 scheint nicht vollständig zu sein:

    Zitat

    Die Ratenzahlungsvereinbarung im Rahmen beseitigte weder einen Streit noch eine Ungewissheit der Vertragschließenden über ein Rechtsverhältnis.



    ...im Rahmen...von was?

  • Zitat von 13

    Einigen sich die Parteien aber auf eine freiwillige Übernahme einer solchen Gebühr im Rahmen einer (Vergleichs-)Vereinbarung, dann sehe ich keinen Grund, gegen den Willen beider Parteien gegenanzustinken. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.



    genauso ist es, der tragende grundgedanke des ZPO-verfahrens.

    dass ich nicht verstehe, was diese anwaltskostenfeindlichkeit bei einigen rpfl. soll, habe ich ja schon an anderer stelle ausgeführt. denn man stelle sich vor: das ganze macht durchaus arbeit, warum soll eine diestleistung nach dem willen der rpfl. unbedingt für lau erbracht werden?

    typischer weise läuft es nämlich so: schuldner ruf im RA büro an, fragt nach ratenzahlung. ihm muss erläutert werden, dass das der mandant zu entscheiden habe. dann handelt man, um überhaupt eine dem mandanten empfehlenswerte grundlage zu haben, angemessene, möglichst hohe raten aus, denn die schuldner wollen ja meist hohe forderungen mit 50 euros abzahlen. dann brief an mandant mit der frage um zustimmung. dann antwort, meist anruf, von mandant, ggf. noch verbunden mit weiterer beratung, ob er das annehmen solle oder wie die erfolgsaussichten der forführung der vollstreckung zu zeit wären. dann antwort an schuldner, ggf. zusendung einer zu unterzeichnenden ratenzahlungsvereinbarung, überwachung des rücklaufs, überwachung/nachfrage, ob denn ratenzahlung nun läuft. dann irgendwann noch anfertigung einer aktualisierten forderungsaufstellung unter berücksichtigung der teilzahlungen etc.

    wer macht denn sowas alles als dienstleister unentgeltlich? ein fernliegender gedanke.

  • Entscheidend ist wohl auch, dass es sich bei einem Zivil- und Folgeverfahren um einen PARTEIprozess handelt, bei dem die Parteien sich um Verlauf, Anspruchsbegründung und Verfahrensablauf wesentlich einzubringen haben. dieses vorausgesetzt halte ich es für bedenkenfrei, dass die Parteien etwas vereinbaren, was nicht unbedingt der ständigen Übung entspricht, gleichwohl aber noch legitim ist. Daher gibt es nach meiner Auffassung kein Grund, sachlich einzugreifen, wenn der Wille der Parteien zu diesem Ergebnis klar erkennbar ist.

  • Zitat von oL

    warum soll eine diestleistung nach dem willen der rpfl. unbedingt für lau erbracht werden?

    Neben den bereits weiter oben verschiedentlich genannten Gründen: vielleicht einfach deshalb, weil es schwer fällt, in diesen so genannten Vergleichen eine Dienstleistung zu sehen.

    Zitat von oL

    ihm muss erläutert werden, dass das der mandant zu entscheiden habe. dann handelt man, um überhaupt eine dem mandanten empfehlenswerte grundlage zu haben, angemessene, möglichst hohe raten aus, denn die schuldner wollen ja meist hohe forderungen mit 50 euros abzahlen. dann brief an mandant mit der frage um zustimmung. dann antwort, meist anruf, von mandant, ggf. noch verbunden mit weiterer beratung, ob er das annehmen solle oder wie die erfolgsaussichten der forführung der vollstreckung zu zeit wären.

    Vielleicht ist das bei einigen Anwälten so, aber gewiss nicht der typische Weg. Und dabei meine ich nicht nur die großen Vollstreckungsbüros. Sehr oft sind die üblichen Vollstreckungsversuche ja auch schon erfolglos verlaufen und der Anwalt/Gläubiger ist froh, überhaupt einige Raten zu bekommen. Und eine Absprache mit den Gläubigern??? Die meisten würden sich aber bedanken und antworten: Sie haben doch Vollmacht.

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