Vergleich vor Rechtskraft des Urteils

  • Das macht mich jetzt ganz kirre:

    Ich meine mich dran erinnern zu können im Zöller mal nachgelesen zu haben, dass ein Vergleichsabschluss vor Rechtskraft noch möglich ist und das Urteil dann keine Wirkung mehr hat, aber meint ihr vielleicht ich würde die Stelle wiederfinden??!!:oops:

    Bevor ich verzweifel...könnt ihr mir vielleicht weiterhelfen?

    Danke schon mal im Voraus!

  • Ich finde die Stelle auch nicht, meine aber, dass Deine Auffassung zutrifft:

    Der Vergleich beendet die Rechtshängigkeit. Damit geht das Urteil ohne Rechtshängigkeit ins Leere.

  • Danke, Danke, Danke!

    Ich bin erlöst! :)

    Dann müsste doch auch nach Verkündung des Urteils noch ein Vergleich gem. § 278 VI ZPO festgestellt werden können, wenn dies die Parteien beantragen oder??

  • Bitte, bitte. :)

    Für den "unwahrlichstenen" Fall, dass du ausgerechnet so eine "wunderbare" Konstellation erwischt haben solltest (;)), würde der Vergleich nach § 278 VI ZPO ein verkündetes, jedoch noch nicht rechtskräftiges Urteil, wirkungslos werden lassen.

  • Ja, halt mal! Ich glaub, das, was bisher geschrieben wurde (und auch die Kommentierung im Zöller) betraf den prozessualen Vergleich, der die Rechtshängigkeit beendet. Wenn sich die Parteien lediglich "hintenrum" nach dem alten Kölner Motto "Ovends danze un springe, morjends de Botz net finge"
    materiell verglichen haben, das Gericht nicht informierten und erst jetzt dat Ding in prozessual trockene Tücher bringen wollen, sieht's anders aus.

    Hier gilt nun der römisch-rechtliche Grundsatz der "res iudicata".

    Der Richter hat es entschieden, damit kann es nicht mehr prozessual verglichen werden. Die Parteien können außerhalb der beendeten Rechtshängigkeit eine Art "Vollstreckungsvergleich" oder "Urteil-soll-nicht-gelten"-Vergleich schließen. Aber § 278 ZPO geht nicht mehr.

  • Aber § 278 ZPO geht nicht mehr.



    Moment! Bzgl. Rechtsnatur und Wirkung wird jedoch unter Rand-Nr. 25 zu § 278 VI ZPO auf § 794 Rand-Nr. 3 ff. (= Prozessvergleich) verwiesen. In Rand-Nr. 4 zu § 794 ZPO steht im letzten Satz: "Zwischen den Instanzen (nach Urteilsverkündung und vor Rechtsmitteleinlegung) ist ein Vergleich möglich; er nimmt dem Urteil die Wirkung (sh. Rand-Nr. 13). ...bei Letzterem waren wir schon. ;)

  • In Rand-Nr. 4 zu § 794 ZPO steht im letzten Satz: "Zwischen den Instanzen (nach Urteilsverkündung und vor Rechtsmitteleinlegung) ist ein Vergleich möglich; er nimmt dem Urteil die Wirkung"

    Ja, das schreibt Zöller in Gestalt des dortigen Kommentators Regierungsdirektor a. D. Kurt Stöber. Es ist aber falsch (und übrigens - wie in diesem Forum schon öfter beanstandet - auch ohne Begründung).

    Sagen wir mal vorsichtiger: Stöber (zu dessen aktiver Zeit als Rechtspfleger es den neuen § 278 ZPO noch nicht gab) hat nicht bedacht, dass der Erlass des Beschlusses gem. § 278 ZPO ein Verfahren voraussetzt, das aber durch das Urteil schon beendet ist. Dasselbe Gericht kann jetzt nicht durch Beschluss gem. § 278 ZPO die eigene Entscheidung abändern. Das widerspricht dem o. g. alten res-iudicata-Grundsatz. Ein Richter darf seinem Urteil nie abhelfen und es, außer bei Berichtigung, auch nicht durch andere Hoheitsakte abändern. Das gilt auch für Beschlüsse gem. § 278 ZPO.

  • @ Sören:

    Aus meiner Sicht sind die Teile des "Zöller", die von Stöber kommentiert werden, in der Tat die schwächeren. Zur Klärung einer jur. Streitfrage ist die apodiktische Behauptung, so sei es eben, wertlos. Dann kann man das Kommentieren auch gleich seinlassen.

    Was Sören hier schreibt, ist ein gutes Beispiel. Die Bemerkung von Stöber überzeugt ihn nicht (und mich auch nicht), weil sie nichts erklärt. Stöber hat aber trotzdem recht: Ich bin nicht der Auffassung Sörens, der Vergleich sei "zwischen den Instanzen" prozessual unzulässig. Was Sören als Verstoß gegen den Grundsatz der "res iudicata" moniert, ist in § 318 ZPO zu verorten. Das ist in der Tat das Problem. Vollkommer erläutert es unter Rn. 21 bei § 91 a ZPO im Zöller mustergültig. (So soll es sein, so kennt man den Zöller!) Die prozessualen Schwierigkeiten bei der Erledigung zwischen den Instanzen sind nämlich (fast) dieselben wie bei dem Vergleich zwischen den Instanzen: Zur res iudicata (§ 318 ZPO) führt Vollkommer aaO überzeugend aus, dass § 318 ZPO nicht entgegensteht, wenn nach dem Urteil die Parteien für erledigt erklären; der Rechtsgedanke des § 269 III 1 ZPO zeigt, dass das Urteil auch wieder wegfallen kann. Und die Kostenentscheidung des Urteils wird durch die gem. § 91 a ZPO (oder eben die im Vergleich) ersetzt.


  • Aus meiner Sicht sind die Teile des "Zöller", die von Stöber kommentiert werden, in der Tat die schwächeren. Zur Klärung einer jur. Streitfrage ist die apodiktische Behauptung, so sei es eben, wertlos. Dann kann man das Kommentieren auch gleich seinlassen.

    Was Sören hier schreibt, ist ein gutes Beispiel. Die Bemerkung von Stöber überzeugt ihn nicht (und mich auch nicht), weil sie nichts erklärt. Stöber hat aber trotzdem recht: Ich bin nicht der Auffassung Sörens, der Vergleich sei "zwischen den Instanzen" prozessual unzulässig. Was Sören als Verstoß gegen den Grundsatz der "res iudicata" moniert, ist in § 318 ZPO zu verorten. Das ist in der Tat das Problem. Vollkommer erläutert es unter Rn. 21 bei § 91 a ZPO im Zöller mustergültig. (So soll es sein, so kennt man den Zöller!) Die prozessualen Schwierigkeiten bei der Erledigung zwischen den Instanzen sind nämlich (fast) dieselben wie bei dem Vergleich zwischen den Instanzen: Zur res iudicata (§ 318 ZPO) führt Vollkommer aaO überzeugend aus, dass § 318 ZPO nicht entgegensteht, wenn nach dem Urteil die Parteien für erledigt erklären; der Rechtsgedanke des § 269 III 1 ZPO zeigt, dass das Urteil auch wieder wegfallen kann. Und die Kostenentscheidung des Urteils wird durch die gem. § 91 a ZPO (oder eben die im Vergleich) ersetzt.



    :daumenrau

    @Titus: Mehr solcher Beiträge bitte ! Ein Lesegenuss aus meiner Sicht.

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