Grundbuchberichtigungszwang nach § 82 GBO

  • Wie handhabt Ihr den Grundbuchberichtigungszwang nach § 82 GBO?

    Die Geschäftsstelle erledigt hier die erste Erbenaufforderung nebst Erinnerung. Dann wird die Sache dem Rechtspfleger vorgelegt. Unter Verweis auf nachfolgende Entscheidung ließe sich wohl spätestens nach zweimaliger Aufforderung auch eine Wiedervorlagefrist nach Ablauf der 2 Jahre rechtfertigen:


    1. (…)

    2. Grundsätzlich besteht innerhalb der Zweijahresfrist des § 60 Abs.4 KostO keine Veranlassung für die Erzwingung der Grundbuchberichtigung.

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 4.2.2002, 20 W 486/01
    Rpfleger 2002,433

    Aus den Gründen: 

    Zu Recht wird in der Begründung der weiteren Beschwerde hingewiesen auf die bei der Beurteilung als Parallelwertung des Gesetzgebers zu berücksichtigende Gebührenfreiheit nach § 60 Abs. 4 KostO für Erben des eingetragenen Eigentümers, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem GBA eingereicht wird. Wenn einerseits das Gesetz die innerhalb dieser Frist beantragte Eintragung noch als förderungswürdige Beschleunigung der Grundbuchberichtigung ansieht, kann andererseits nicht angenommen werden, dass schon vor Ablauf dieser Frist Anlass zur Erzwingung der Berichtigung bestehen soll, sofern im Einzelfall nicht besondere Gesichtspunkte eine andere Handhabung erfordern.

  • Anschreiben mit Aufforderung zur GB-Berichtigung, sowie die ersten beiden Erinnerungen erfolgen von mir ohne Rücksicht auf die 2-Jahresfrist des § 60 Abs. 4 KostO.

    In der 2. Erinnerung wird auch bereits ein Zwangsgeld angedroht.

    Die Festsetzung erfolgt jedoch erst nach Ablauf der 2 Jahre, es sei denn, es liegt noch ein unerledigter Antrag vor, der von der Voreintragung des Erben abhängt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zunächst denke ich, dass man der zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt aus den dort genannten Erwägungen zustimmen kann.

    Andererseits möchte ich festhalten, dass das Berichtigungszwangsverfahren in den Bundeländern mit amtlicher Erbenermittlung nahezu ein Stiefmütterchendasein führt. Die Nachlassgerichte dieser Bundeländer wirken nämlich sowohl im Falle der Erteilung eines Erbscheins als auch im Falle des Vorliegens eines notariellen Testaments bereits von sich aus auf die Stellung des Grundbuchberichtigungsantrags durch die Beteiligten hin.

    Ergibt die vom Nachlassgericht bei jedem Erbfall routinemäßig abgerufene Grundbucheinsicht, dass für die Berichtigung ein Erbschein erforderlich ist (also bei gesetzlicher Erbfolge oder privatschriftlichem Testament), so werden die Beteiligten von Amts wegen zur Stellung des erforderlichen Erbscheinsantrags vorgeladen. In diesem Termin wird dann -wie in allen anderen Fällen- gleich der GB-Berichtigungsantrag mitprotokolliert, es sei denn, dass es wegen der Vorschrift des § 40 GBO ersichtlich keiner Voreintragung der Erbfolge bedarf (z.B. bei Vermächtniserfüllung).

    Während meiner jahrelangen Tätigkeit im Grundbuchamt ist mir aus den genannten Gründen nach meiner Erinnerung kein einziger Fall untergekommen, wo ich selbst i.S. des § 82 GBO hätte tätig werden müssen.

    Wie man sieht: Die amtliche Erbenermittlung hat durchaus ihre Vorteile!

  • ich bin zwar noch nicht so lange im GBA, allerdings hatte ich schon zwei verfahren, bei denen schon arg drum gestritten werden mußte, ob man berichtigt oder nicht.

    wir handhaben das hier so:

    NL-Gericht macht Mitteilung über Erbfall und dass kein antrag gestellt wurde.
    wir vermerken das auf einer WV-liste und lassen uns die akte dann 1 1/2 jahren nach erbfall wieder vorlegen. dann schreiben wir die erben an, dass sie doch bald antrag stellen sollen und ggf. einen erbschein beantragen sollen, weil es jetzt noch kostenlos geht.
    dieses schreiben monieren wir dann solange, bis die 2-jahres-frist abgelaufen ist und leiten dann das zwangsgeldverfahren ein.

    eine "automatische" vorladung zum erbscheinsantrag gibt es meines wissens hier nicht. wenn jemand angibt, dass er keinen erbschein will wird er nur darauf hingewiesen, dass er für´s gb einen braucht. wenn er trotzdem keinen beantragt werden die erben formlos festgestellt.

  • Lucky Strike:

    In der Tat geben manche Beteiligten im Rahmen der gerichtlichen Formblattanfrage irrtümlich an, das einerseits zwar Grundbesitz vorhanden sei, sie aber andererseits dennoch keinen Erbschein benötigen. Ich bin in diesen Fällen immer so verfahren, dass ich die Beteiligten dann einfach vorgeladen und in der Ladung darauf hingewiesen habe, dass die Erbscheinserteilung für die Berichtigung des Grundbuchs unumgänglich ist. Die Beteiligten sind dann immer "brav" zum Termin erschienen und ich hatte mir auf diese Weise eine Hin- und Herschreiberei und den Beteiligten eine Verfahrensverzögerung erspart.

    Das meinte ich mit "automatischer" Vorladung. Meines Wissens verfahren die meisten Kollegen in BY so.

  • Bei uns bereitet die Geschäftsstelle ein Formblatt unterschriftsreif vor. :) Dabei wird die Eintragung des Vorgangs in einer Überwachungsliste und die Wiedervorlage in 1,5 Jahren verfügt. Die Einleitung eines Zwangsgeldver-fahrens war bisher noch nicht nötig, da die Erben den Antrag auf Berichtigung selbst gestellt haben oder schon beim Notar waren und der eine Urkunde vorlegt, in der der Antrag enthalten ist soweit noch notwendig.

  • Erbenaufforderung erfolgt hier durch den Rechtspfleger, nachdem die Geschäftsstelle die Mitteilung des Nachlassgerichtes selbstständig zunächst 3 Monate auf Frist gelegt hatte.

    Kommt der Erbe meiner ersten freundlichen Aufforderung nicht nach, werde ich dann bei der zweiten Aufforderung verbindlicher.

    Habe aber die Erfahrung gemacht, dass der Hinweis auf die Möglichkeit der Berichtigung von Amts wegen (§ 82a GBO) und dem Wegfall der Kostenbefreiung mit dem Enstehen von bis zu einer 2,0 Gebühr (§ 60 Abs. 6 KostO) besser zieht, als das Zwangsgeldverfahren.

    Vom Zwangsgeldverfahren habe ich die Schnauze voll, nachdem mich das Landgericht mit einer Festsetzung aufgehoben hat. Der Erbe (Rechtsanwalt) hat sich als Begründung für die Hinderung einen Berichtigungsantrag zu stellen mit Urlaubsabwesenheiten und Arbeitsüberlastung (das zog sich über 1 1/2 Jahre!) rausgeredet und ist damit durchgekommen.:binsauer

  • Ich gestatte mir, juris2112 bei allem Respekt zu widersprechen. Mögen auch die amtliche Erbenermittlung und andere Umstände dazu führen, dass ein Berichtigungsverfahren nicht die Regel ist, so bleibt doch festzustellen, dass die Stiefmütterchen in beachtlicher Menge auftauchen, wenn man mal nachbohrt. Dazu reicht es übrigens völlig aus, gelegentlich alte Grundbuchblätter umzuschreiben, die Mitteilungspflichten ernst zu nehmen und bei Unzustellbarkeit einer solchen Eintragungsmitteilung mal Nachforschungen anzustellen.

    Ergebnis: Zahlreiche Verfahren

    Das passiert den Beteiligten übrigens recht schnell. Beispiele:
    - Bauernhof im Landkreis A (Richtung Landkreisgrenze), Einzelgrundstücke im Nachbarlandkreis; hier versagt § 83 GBO, weil man meistens in wirtschaftlichen Einheiten denkt und die Einzelgrundstücke vergisst
    - Spekulationsobjekte, die sich als Flop erwiesen haben und um die sich keiner reisst
    - geringwertige Grundstücke, etwa Waldstücke, ehemalige Torfgruben, Kiesgruben, deren Eigentümer oft außerhalb des Landkreises wohnen
    - Grundstücke, die - wirtschaftlich betrachtet - in einer Art Gesellschaft geführt werden
    - der (Irr-)Glaube, das Grundstück x wäre bereits im Alleineigentum von X. Wenn die ganze Familie davon ausgeht, taucht das Grundstück in keiner Erwägung oder Mitteilung mehr auf

    In mehreren Fällen (ich glaube vier oder fünf) gab es auch schon Ersuchen nach § 82a S. 2 GBO an die Nachlassgerichte.

    In einigen Fällen habe ich feststellen müssen, dass bereits (Ex-)Kollegen/Kolleginnen die Grundakte in der Hand hatten, aber mangels Antrag... soviel Arbeit... etc.... Weiter bleibt zu konstatieren, dass ein wesentlicher Grund für das Unentdecktbleiben solcher Fälle die Unsitte der Justizverwaltungen und des Gesetzgebers ist, Umschreibungen nur für die Fälle anzuordnen, in denen irgendetwas beantragt wird (Anfallsumschreibung). Damit bleiben solche Grundstücke natürlich unentdeckt. Bislang habe ich fast alle Erben irgendwann gefunden. Ausnahmen:
    - Ehepaar; er 1900 gestorben, 1905 nach dem dritten Erbschein bereits 25 Erben (stets gesetzliche Erbfolge); von ihr ist nur bekannt, dass sie etwa 1925 verstorben ist, allerdings weder wo das war noch unter welchem Namen; Aufgebotsverfahren sind nicht in Gang zu bekommen
    - Erbe ist nach Elsaß-Lothringen verzogen

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Andreas:

    Für die genannten Fälle der Uralt-Erbengemeinschaften, der "vergessenen" Grundstücke usw. sind wir uns völlig einig. Meine Stellungnahme hatte sich mehr auf die in neuerer Zeit durchgeführten Nachlassverfahren bezogen, bei welchen die NachlG in Bundesländern mit amtlicher Erbenermittlung in aller Regel auch die notwendige Grundbuchberichtigung im Auge behalten.

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