2. Vollstreckbare - Urschrift weg...

  • Misteriös....

    Mir liegt eine Sachstandsanfrage bzgl. eines Antrags auf Erteilung einer 2. vollstreckbaren Ausfertigung eines Vergleichs aus dem Jahre 95 vor. Ich habe weder ein Retent mit dem Antrag, noch ist die Urschrift des Vergleichs bei den ausgesonderten Titeln zu finden. Meine Serviceeinheit und ich haben schon alles auf den Kopf gestellt. Vom Antragstellervertr. habe ich jetzt nur eine einfache Kopie des Vergleichs bekommen. Es hat auch keine Kostenanforderung erhalten. Der Antrag hat also offensichtlich meinen Schreibtisch bisher nicht erreicht.
    Den Antrag kann ich mir ja nochmal schicken lassen, aber kann ich eine Ausfertigung erteilen, wenn ich keine Urschrift mehr habe?????:confused::confused:

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

  • Ich fürchte, da brauchst Du eine Uraltverordnung:

    "Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder abhanden gekommener gerichtlicher oder notarischer Urkunden" vom 18. Juni 1942, Reichsgesetzblatt I S. 395 (immer noch in Kraft)

    Gilt auch für die Wiederherstellung von Gerichtsakten. Macht immer wieder Spaß.... :teufel:

  • Es gibt ein Verfahren zur Wiederherstellung abhanden gekommener Aktenbestandteile. Daran müssen die Beteiligten mitwirken. Wenn du da ne Kopie des Vergleichs bekommen nhast, ist das schon ne ganze Menge. Was sagt denn der Gegner dazu?

    da war ich wohl 0,00000000001 Sekunden langsamer

  • Ich fürchte, da brauchst Du eine Uraltverordnung:

    "Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder abhanden gekommener gerichtlicher oder notarischer Urkunden" vom 18. Juni 1942, Reichsgesetzblatt I S. 395 (immer noch in Kraft)

    Gilt auch für die Wiederherstellung von Gerichtsakten. Macht immer wieder Spaß.... :teufel:



    :meinung: Das kommt gar nicht mal so ganz selten vor, denn bei der Aussonderung von Akten wird mehr geschlampt als einem lieb sein kann. Vor allem bei VBs hatte ich schon des öfteren das Vergnügen. Und ja - die olle Vorschrift ist noch immer gültig... Dazu noch eine Uralt-Entscheidung: :D



    1. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt vor, wenn die Kammer über einen Ersetzungsantrag entscheidet, für den der Urkundsbeamte zuständig ist.

    2. Zur Wiederherstellung einer Urkunde genügt, dass die Urkunde ihrem wesentlichen Inhalt nach bekannt ist.

    KG Berlin, Beschl. v. 21.12.1954 – 1 W 33/54

    Aus den Gründen:
    1. …

    2. Das LG geht zu Unrecht davon aus, eine Urkunde könne lediglich ersetzt werden, wenn ihr genauer Wortlaut zu ermitteln sei. Diesem Ausgangspunkt kann in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden. Er lässt sich auch keineswegs, wie es das LG tut, aus der Überlegung herleiten, dass § 3 der VO vom 18.06.1942 nur die Möglichkeit eröffne, andere Beweismittel als Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften zu verwenden, dass im Übrigen aber der Beweis so zu führen sei, dass er die gleiche Gewissheit wie Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften verschaffe. Aus der Tatsache, das die VO vom 18.06.1942 Zeugenaussagen zur Feststellung des Inhalts abhanden gekommener Urkunden ausdrücklich zulässt, ist vielmehr zu folgern, dass eine Wiederherstellung von Urkunden auch dann möglich ist, wenn zur Überzeugung des Gerichts der Inhalt der Urkunde ermittelt worden ist, selbst wenn die Möglichkeit besteht, dass der genaue Wortlaut, die Satzstellung oder ganz unbedeutende Angaben nicht wiedergegeben werden. Würde die VO verlangen, dass der Inhalt der zu ersetzenden Urkunde Wort für Wort festgestellt werden muss, so wäre es unverständlich, dass die Vernehmung von Zeugen als Beweismittel zugelassen ist. Denn durch sie wird die wörtliche Wiederherstellung des Inhalts einer Urkunde naturgemäß nicht gesichert. Es kann daher nur darauf ankommen, ob die Urkunde ihrem wesentlichen Inhalte nach wiederhergestellt wird.

  • Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder abhanden gekommener gerichtlicher oder notarischer Urkunden


    Eingangsformel

    Auf Grund des § 44 der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 1658) und des § 10 der Verordnung über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 31. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2139) wird verordnet:


    § 1


    (1) Ist die Urschrift einer von einem Gericht oder einem Notar aufgenommenen oder ausgestellten Urkunde oder einer gerichtlichen Entscheidung ganz oder teilweise zerstört worden oder abhanden gekommen und besteht Anlaß, sie wiederherzustellen, so wird die Urschrift, wenn noch eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift vorhanden ist, durch eine beglaubigte Abschrift dieser Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift ersetzt.
    (2) 1Auf der Ersatzurkunde ist zu vermerken, daß sie an die Stelle der zerstörten oder abhanden gekommenen Urschrift tritt. 2Der Vermerk kann mit dem Beglaubigungsvermerk verbunden werden. 3Er ist vom Gericht oder Notar unter Angabe von Ort und Zeit zu unterschreiben. 4Wird die Ersatzurkunde den Beteiligten ausgehändigt, so ist sie überdies mit dem Siegel oder Stempel des Gerichts oder Notars zu versehen.


    § 2


    Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Ersuchen eines Notars, bei dem ein Verfahren nach § 1 schwebt, dem Besitzer von Ausfertigungen oder beglaubigten Abschriften aufgeben, diese dem Gericht zur Einsicht vorzulegen.


    § 3


    (1) 1Ist eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift nicht vorhanden, so kann das Gericht oder der Notar den Inhalt der Urkunde durch Beschluß feststellen. 2Der Beschluß tritt an die Stelle der Urschrift.
    (2) 1Das Gericht (der Notar) bestimmt das Verfahren nach freiem Ermessen. 2Vor der Beschlußfassung sollen regelmäßig einer oder mehrere Beteiligte gehört werden. 3Handelt es sich um einen bürgerlichen Rechtsstreit, so sind die Parteien zu hören. 4Hält der Notar die eidliche Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen oder Maßnahmen zur Erzwingung der Aussage für erforderlich, so kann er das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Zeugen oder Sachverständigen aufhalten, oder ein anderes geeignetes Amtsgericht um die Vernehmung ersuchen. 5Dem Amtsgericht ist auch die Entscheidung darüber vorbehalten, ob die Verweigerung der Aussage oder der Abgabe eines Gutachtens gerechtfertigt ist.


    § 4


    (1) 1Für die Ersetzung der Urschrift nach den §§ 1 und 3 ist das Gericht oder der Notar zuständig, von dem die Urkunde aufgenommen oder ausgestellt worden ist. 2An die Stelle eines ausgeschiedenen Notars tritt die Stelle, bei der die Akten des ausgeschiedenen Notars verwahrt werden.
    (2) Hat ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle die Urkunde aufgenommen oder ausgestellt oder die Entscheidung erlassen, so ist er auch für die Ersetzung der Urschrift zuständig.


    § 5


    (1) 1Im Falle des § 1 ist dem Antragsteller und nach dem Ermessen des Gerichts oder des Notars auch anderen Beteiligten eine Ausfertigung zuzustellen. 2In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist die Ausfertigung den Parteien zuzustellen.
    (2) Im Falle des § 3 ist der Beschluß dem Antragsteller und den sonst Beteiligten, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten den Parteien zuzustellen.
    (3) Wer Beteiligter ist, bestimmt das Gericht oder der Notar nach freiem Ermessen.


    § 6


    (1) Gegen die Ersetzung der Urschrift steht den Beteiligten, denen die Ausfertigung oder Entscheidung zugestellt worden ist (§ 5), die sofortige Beschwerde zu.
    (2) 1Im übrigen kann jeder, der durch die Entscheidung des Gerichts (Notars) betroffen ist, die erneute Einleitung des Verfahrens beantragen. 2Lehnt das Gericht (der Notar) eine Änderung der neuen Urschrift ab, so steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
    (3) 1Für das Beschwerdeverfahren gelten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung, in Strafsachen die Vorschriften der Strafprozeßordnung, in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Notarsachen) die Vorschriften des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 2Richtet sich die Beschwerde gegen die Verfügung eines Notars, so entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat. 3Richtet sich die Beschwerde gegen die Verfügung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, so ist innerhalb der Beschwerdefrist die Entscheidung des Gerichts nachzusuchen, zu dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gehört; das Gericht hat das Gesuch, wenn es ihm nicht entsprechen will, dem Beschwerdegericht vorzulegen.
    (4) Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig.


    § 7


    (1) 1Das Verfahren nach den §§ 1 und 3 ist gebührenfrei. 2Für die den Beteiligten zugestellten Ausfertigungen werden Schreibgebühren erhoben. 3Befand sich die Urschrift im Besitz eines Beteiligten und hat dieser den Verlust zu verantworten, so hat er für die Wiederherstellung die gleiche Gebühr wie für die erstmalige Aufnahme oder Ausstellung der Urkunde zu entrichten.
    (2) 1Handelt es sich um eine Urkunde über Erklärungen der Beteiligten und ist eine Ersetzung der Urschrift nach § 1 nicht möglich, so werden für eine erneute Beurkundung des gleichen Vorgangs Gerichts- oder Notargebühren nur in Höhe eines Drittels erhoben. 2Dies gilt nicht, soweit die ursprünglichen Erklärungen in wesentlichen Punkten ergänzt oder geändert werden.


    § 8


    Das Amtsgericht ist auch zuständig, Urkunden, die von Dienststellen der Wehrmacht im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgenommen oder ausgestellt sind und sich in dauernder gerichtlicher Verwahrung befinden, in gleicher Weise wie Urkunden, die das Amtsgericht selbst aufgenommen oder ausgestellt hat, wiederherzustellen.


    § 9


    Die Vorschriften zur Ausführung dieser Verordnung werden im Verwaltungsweg erlassen.


    § 10


    [...]



    Der Reichsminister der Justiz

  • Hab jetzt gerade so einen Fall, dass das Urteil weggeschmissen wurde. Nur noch eine Leseabschrift ist bei den Akten.

    Ich soll jetzt nur eine Rechtsnachfolgeklausel erteilen.

    Muss dazu die Urschrift wieder hergesetllt werden?

    Wenn ja, ist das Richtersache oder muss/darf das der Rechtspfleger machen?

    Einmal editiert, zuletzt von Bimbi (22. März 2010 um 12:30) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Was heißt denn "weggeschmissen"? Ist die Akte bereits ausgesondert?

  • Dann würde ich die Leseabschrift (sei froh, dass die da ist :D) als neue Urschrift deklarieren. Zuständig bist Du.

  • Dass ich für die Klausel 727 ZPo zuständig bin ist klar.

    Aber wer ist für die Ersetzung der Urschrift des Urteils auf Grund der " Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder abhanden gekommener gerichtlicher oder notarischer Urkunden" vom 18. Juni 1942, Reichsgesetzblatt I S. 395 zuständig.

    Dazu finde ich nichts.

    Ist bei dieser Vorschrift der Richter das Gericht?

  • Da werden alle Meinungen vertreten - von der Verwaltungsleitung über den Referatsrichter bis zur SE oder dem RPfl.

    Ich glaube, es ist so, dass die Verwaltung die Wiederherstellung der Akte anordnet, die Ausführung aber vom jeweiligen Referat durchgeführt wird.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Ich meine auch, das muss man sich eher zusammenreimen unter Zuhilfenahme von § 4 der Vorschrift und der mickerigen Rechtsprechung, die es gibt. Direkt gesagt wird es meines Wissens nach nirgends.

  • Vielleicht muss man es gar nicht so kompliziert machen.

    Bei uns werden die Akten vor der Vernichtung mikroverfilmt. Wenn dann später jemand eine weitere vollstreckbare Ausfertigung haben möchte, wird eine sogenannte "Ersatzakte" angelegt, in der sich dann Kopien der mikroverfilmten Seiten befinden. Ich habe bisher nicht gezögert, die weiteren vollstreckbaren Ausfertigungen aufgrund der Kopien zu erteilen und die Erteilung auf der Kopie in der Ersatzakte zu vermerken.

    Die Verwaltung oder die Richter haben damit nichts zu tun. Die Geschäftsstellen fordern die Akten in der Registratur für weggelegte Akten an; wenn das Original schon vernichtet ist, gibt's eben die Ersatzakte.


    Anders als im Fall zu #1 ist doch hier offenbar die Gerichtsakte noch vorhanden, sodass alle benötigten Informationen vollständig sind (nur eben teilweise nicht im Original).

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • Na, Mikroverfilmung ist ja nun ganz was anderes, als wenn man nur noch eine (unbeglaubigte?) Leseabschrift hat.


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  • Für den Fall der bereits erfolgten Aussonderung - so habe ich das hier verstanden - ist die Akte nicht mehr da, sondern nur noch die dauernd aufzubewahrenden Entscheidungen in Ur- und Abschrift. Fehlt dann der Titel, kann man ohne Zusendung einer Kopie von der Partei nur sehr schlecht operieren. Insofern ist das Vorhandensein der Leseabschrift (?) hier von unschätzbarem Vorteil.
    Ich schätze mal, dass in den wenigsten Gerichten mikroverfilmt wird.

  • Na, Mikroverfilmung ist ja nun ganz was anderes, als wenn man nur noch eine (unbeglaubigte?) Leseabschrift hat.


    Wieso? Sind Eure Leseabschriften nicht identisch mit dem Original? Wenn Mikrofilme wieder auf Papier gebracht werden, habe ich doch auch nur noch eine einfache, unbeglaubigte Fotokopie. Anders als im Fall zu #1 kommt doch die Kopie/Leseabschrift nicht vom Anwalt, sondern aus den Gerichtsakten.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


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