Auslandsberührung- Polen

  • Ich finde nichts im Forum, daher:

    Mein deutscher Erblasser hat in Polen vor einem dortigen Notar ein Testament errichtet; das Original des Testamentes befindet sich bei den polnischen Behörden, die es nach Angaben der Erbin nicht herausgeben.
    Kann ich davon ausgehen, dass dort eine Eröffnung stattgefunden hat und deshalb hier eine Eröffnung der mir vorliegenden Ausfertigung nebst begl Abschrift der deutschen Übersetzung unterbleiben kann?
    Es muss ein Erbschein für hier befindlichen Nachlass her.

  • Die Erbin hat das Testament nebst dortigem Gerichtsprotokoll in gerichtsbeglaubigter Kopie hier in Deutschland vorzulegen.

    Dann ist das Testament selbstverständlich auch hier in Deutschland zu eröffnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • TL
    Die Erbin behaptet, die Polen rücken nichts raus;
    im Palandt steht zudem für Österreich, dass die erneute Eröffnung hier entbehrlich ist, soweit eine dortige stattgefunden habe;

    Raicro:
    Klar, mein Erblasser hat in meinem Gerichtsbezirk zuletzt gewohnt,

    und danke euch beiden

  • @Elfi:

    Das Original rücken die nicht raus, aber gerichtsbeglaubigte Kopien schon.

    Österreich ist nicht = Polen

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • "Wir" rücken ja auch keine Testamentsoriginale an ausländische Behörden oder Gerichte heraus.

    Also ist die betreffende beglaubigte Testamentsabschrift (ggf. mit Übersetzung) zu eröffnen.

  • In Polen funktioniert (noch) keine Testamentskartei. Diese wird grade errichtet und wird von der Notarkammer verwaltet. Der Notar ist zwar verpflichtet eine Abschrift des Testaments dem Nachlassgericht von Amts wegen zu übersenden, wenn er von dem Erbfall Kenntnis erlangt und das Nachlassgericht ist verpflichtet das Testament von Amts wegen zu eröffnen, in der Praxis muss jedoch das Gericht von dem Erbfall unterrichtet werden. Es ist also möglich, dass das Testament in Polen gar nicht eröffnet wurde.

    Bei einem notariellen Testament kommt sowieso nur eine Abschrift des Testaments in Betracht. Auch das polnische Nachlassgericht erhält das Original nicht, weil es in der Rolle des Notars verbleibt.

    Bei einem handschriftlichen Testament geben die polnischen Gerichte keine Originale an ausl. Nachlassgerichte heraus. Der oberschlesischen Gerichten mit denen ich zu tun habe ist, es nach Auskunft der Nachlassrichter, auch nie gelungen, ein Original aus Deutschland herausbekommen.

    [FONT=&quot]Noch eine deutsch-poln. Besonderheit: gespaltene Namensführung. Der Erblasser hatte einen deutschen Wohnsitz, testierte aber in Polen (wahrscheinlich gehört eine Immobilie in Polen zum Nachlass). Daraus entnehme ich, dass es sich um einen Erblasser mit doppelter Staatsangehörigkeit handelt. Der poln. Notar war in solch einem Fall verpflichtet, die in Polen amtliche Schreibweise der Namen und der Vornamen des Erblassers und der Erben zu verwenden. Diese weicht oft von der in Deutschland amtlichen Form des Vor- und/oder des Familiennamens ab. Bei Bedarf kann ich mehr dazu ausführen. Im April ist in der Fachzeitschrift des poln. Notariats Rejent mein Aufsatz zum Problem der gespaltenen Namensführung deutsch-polnischer Doppelstaater in der notariellen Praxis erschienen.[/FONT]

  • Passt zwar nicht zum Inhalt des Themas, wohl aber zur Überschrift :):

    Mein EL ist gebürtiger Pole, aber nach Einbürgerung seit längerem schon deutscher Staatsangehöriger. Er hinterlässt eine Ehefrau, 2 Kinder aus dieser Ehe (alle wh. in Dtl.) sowie eine Tochter aus 1. Ehe (wh. in Polen).
    Testament ist natürlich nicht vorhanden, Erbschein wird benötigt.
    Witwe teilt die Anschrift der erstehelichen Tochter mit und bittet mich, da keine Kontakt besteht, diese schriftlich zu beabsichtigten Erbscheinsantrag zu hören. Das mach ich auch, schick ein entsprechendes Schreiben sowie ein Merkblatt zur Erbausschlagung raus (das ganze in der Amtssprache deutsch).
    Dann ruft mich die Witwe an (es eilt ja alles ganz dolle), und teilt mit, dass sie über Umwege (Familie des Verstorbenen) erfahren hat, dass die Tochter das Schreiben erhalten hat und ausschlagen will, aber nicht kann.
    Die Tochter selber kann kein deutsch, hat sich mein Schreiben von Familienangehörigen übersetzen lassen und wollte zum polnischen Notar zwecks Erbausschlagung. Dieser kann/will aber die Ausschlagung nicht beurkunden, da er wohl eine amtliche Übersetzung meines Schreibens nebst Merkblatt benötigt :mad:. (Hinweis: nach polnischem Ortsrecht kann die Erbschaft auch nur vor dem Nachlassgericht oder vor einem Notar ausgeschlagen werden, also leider nix mit formloser Erklärung).

    Meine Frage: Besteht für mich eine grundsätzliche Pflicht, gerichtliche Schreiben übersetzen zu lassen? Und wenn ja, wer bezahlt mir die Kosten? (der Nachlass ist leicht überschuldet).

  • Für uns besteht keine Pflicht, etwas übersetzen zu lassen!
    Wenn die Tochter einen deutschen Vater hat, ist das (mal gemein ausgedrückt:cool:) ihr Problem.
    Wenn der Notar auf eine Übersetzung besteht, soll sie sich an ein Übersetzungsbüro wenden oder einen anderen Notar suchen...

    Ob evtl. ein deutsches Konsulat die Ausschlagung aufnehmen kann?:gruebel: Wir könnten das ja auch, wenn die Tochter zu uns käme...

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • In Polen kann die Ausschlagungserklärung tatsächlich nur von einem Notar bzw. einem Gericht beurkundet werden.

    Der polnische Notar beurkundet die Erklärung und übersendet sie an das (polnische!) Nachlassgericht. In Polen kann der Notar für die Unwirksamkeit der Ausschlagungserklärung in Haftung genommen werden. Der tatsächliche Hintergrund des Verhaltens des Notars sind aber wahrscheinlich die niedrigen Notargebühren für die Beurkundung von Erklärungen in Nachlasssachen. Einige Notare verweisen an die Nachlassgerichte oder suchen sich andere Ausreden, in der Hoffung, dass der Erbe nicht wieder kommt.

    Wenn deutsches Erbstatut gilt, richtet sich (aus deutscher Sicht) die Form der Erklärung nach deutschem Recht. Die Einhaltung der polnischen Ortsform ist aus deutscher Sicht nicht zwingend.

    Fazit:
    - die Tochter kann dem ersuchten Notar eine Übersetzung vorlegen, einen anderen Notar aufsuchen oder die Erklärung beim polnischen Gericht abgeben
    (dies könnte dann sinnvoll sein, wenn der Erblasser die polnische Staatsangehörigkeit beibehalten hat und aus polnischer Sicht nach polnischem Erbrecht beerbt wird, sodass die Erklärung auch nach polnischem Erbrecht eine Rolle spielen könnte),

    - sie kann die Erklärung in Polen nach deutschem Recht abgeben (z.B. beim Konsulat). In diesem Fall wäre die Erklärung nach polnischem Erbrecht unwirksam.

  • Sonntagskind: Der EL ist gebürtiger Pole und ist erst nach der Scheidung in den 80er Jahren nach Deutschland gekommen.

    @silesianman: Danke für die ausführlichen Infos! Es kommt deutsches Recht zur Anwendung, der EL wurde in den 80er Jahren in die DDR eingebürgert und hat seitdem auch hier gelebt. Das Problem ist, dass die polnische Tochter keine Geld hat, sich das Schreiben selbst übersetzen zu lassen und auch irgendwo in der polnischen Pampa wohnt und auch hier kein Geld hat, um zu einem deutschen Konsulat zu fahren.

  • Zwischen der Volksrepublik Polen und der der DDR galt in den 80ern ein Abkommen zur Vermeidung der doppelten Staatsangehörigkeit. Der Erblasser muss also die polnische Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung authomatisch verloren haben.

    Gerichtlich bestellte Übersetzer für die deutsche Sprache gibt es in Polen auch in der Pampa. Wenn der Nachlass möglicherweise überschuldet ist, liegt es im Interesse der Tochter wirksam auszuschlagen.

  • Brandenburgisches Oberlandesgericht 9 WF 69/00 FamRZ 2001, 290 :
    Die Regelung des § 184 GVG über Deutsch als Gerichtssprache gilt auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hiernach sind nicht nur gerichtliche Verhandlungen oder Verfügungen in deutscher Sprache abzuhalten; vielmehr ist der gesamte Schriftverkehr des Gerichtes und mit dem Gericht in Deutsch - auch, soweit es das Verfahren zum Versorgungsausgleich betrifft - zu führen.

    vgl. auch Keidel/Kuntze/Winkler 15. Aufl. Rdnr. 6 zu § 9 FGG

    Die Idee mit dem Konsulat (# 11) finde ich gut.

  • Ich soll derzeit einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilen.

    Die Schreibweisen der Erben weichen häufiger ab. Ich habe mittlerweile etliche Urkunden zu Namensänderungen des Erblassers und der Erben (Namensänderungen bzw. Berichtigungen durch deutsche Behörden und durch polnische Behörden) vorliegen.

    Das meiste hat sich geklärt. Bei dem männlichen Erblasser (lt. Erbscheinsantrag ausschließlich deutscher Staatsangehörger) weicht weiterhin die Schreibweise der polnischen Behörde ab. So lauten die Vornamen zeitweise Henryka Karola, dann wieder Henryk Karol. In einer polnischen Urkunde werden beide Schreibweisen gleichzeitig verwendet. In den deutschen Urkunden taucht die Schreibweise ohne dem "a" auf. Kann mir jemand weiterhelfen, warum in Polen die Vornamen zeitweise um ein "a" ergänzt werden?

    Vielen Dank

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