Personenzusammenschlüsse Art. 233 § 10 EGBGB

  • Die Gemeinde beantragt die Umschreibung mehrerer Grundbücher auf sich unter Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
    BverwG; 3 C 4/06

    Auflösung von Realgemeinden; kein rechtsstaatswidriger Vermögenserwerb der politischen Gemeinden

    Leitsatz

    Die Auflösung der Realgemeinden im Gebiet der Gemeinde Amt Neuhaus unter Überführung ihres Vermögens in das Eigentum der politischen Gemeinden in Mecklenburg durch das Gesetz vom 29. April 1948 war nicht rechtsstaatswidrig.

    Den Antrag halte ich in dieser Form für unzulässig.
    Eingetragene Eigentümer sind jeweils Personenzusammenschlüsse (Hüfner, Hütungsberechtigte, Seperationsinteressenten u.a.)
    Der Gemeinde steht m.E. nur die Vertretungsbefugnis nach Art. 233 § 10 EGBGB zu. Kann ich den Antrag gleich mit der Begründung zurückweisen, dass die Umschreibung nur aufgrund eines Zuordnungsbescheides der zuständigen Behörde erfolgen kann, oder muss ich durch Zwischenverfügung die Vorlage eines Zuordnungsbescheides verlangen?

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Bei mir erfolgte der Übergang auf die Gemeinde durch Ersuchen des Vermögensamtes,
    alles andere würde ich nicht akzeptieren.
    „Der Gemeinde steht nur die Vertretungsbefugnis nach Art. 233 § 10 EGBGB zu.“
    Dies sehe ich auch so.

  • Bei mir war mal eine Sache beim Landgericht. Dort wurde festgestellt, dass das Eigentum kraft Gesetzes zunächst auf die Gemeinden dann aber während der DDR-Zeit in Eigentum des Volkes übergegangen sind. Und für EdV, RT-Grundstücke ist ein Vermögenszuordnungsbescheid vorzulegen.

    Gruß, F.

  • Somit wäre der Antrag wohl gleich zurückzuweisen. Eine Hebung des Eintragungsmangels kann ja durch die Antragstellerin nicht erfolgen.

    Hier dürfte nur eine Zuordnung wohl kaum erfolgen können, da in mehreren Ländern der sowj. Besatzungszone (so Begründung in o.g. Enscheidung) Gesetze zur Aufhebung der altrechtlichen Gemeinschaften erlassen wurden. In Sachsen-anhalt soll ein entsprechendes Gesetz nicht erlassen worden sein.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Hallo,

    Meinen Vorrednern ist zuzustimmen. Die Grundstücke stehen nicht den Gemeinden zu, sondern sind Eigentum des Volkes (Böhringer, BVerwG). (Das gilt nicht für Sachsen-Anhalt und die ehemals Sachsen-Anhaltinischen Gebiete bis 1952. Dort gehören Sie weiterhin den Separationsgemeinschaften). Zur Grundbuchberichtigung ist ein Vermögenszuordnungsbescheid erforderlich.

  • Ich hätte da mal eine Frage. Ich finde einfach nichts in der Literatur und wäre sehr dankbar für Eure Hilfe, denn dieses Problem tritt immer öfter auf:
    Die Gemeinde X schließt in eigenem Namen (bezüglich der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke) als auch als Vertreterin der Separationsgemeinschaft/interessenten (für deren Grundstücke als Vertreterin nach Art. 233 § 10 EGBGB) Tauschverträge ab. Gibt quasi eines ihrer Grundstücke und eines der Grundstücke der Separationsinteressenten an einen Dritten ab und erhält EIN größeres Grundstück im Wege des Tausches von dem Dritten in ihr Gemeindeeigentum übertragen. Was mach ich mit § 181 BGB?
    Ich hoffe, ich habe es halbwegs verständlich geschildert...

  • Ich kann da als Aufsatz Böhringer, VIZ 2003, 553 ff empfehlen (kann man bei B*ck-online aufrufen; bei Bedarf PN).

    § 181 BGB ist anwendbar, wenn die Gemeinde auf beiden Seiten des Kaufvertrages steht (also Vertreter des Personenzusammenschlusses und Erwerber).

    Umgehen kann man das nur, indem ein gesetzlicher Vertreter nach Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB bestellt wird (und das kann dann auch die Gemeinde sein).
    Und dieser ist dann nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB von § 181 BGB befreit.

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • Dankeschön!!!!

    Ich hab mir den Aufsatz jetzt mal durchgelesen. Gilt das denn auch, wenn die Gemeinde nicht vom Personenzusammenschluss sondern, wie oben, im Wege des Tausches von einem Dritten erwerben will?

  • Wenn die Gemeinde selbst von einem Dritten erwirbt, dann nicht, da die Gemeinde nur als Erwerber auftritt.
    Also alles ganz normal.

    Oder hab ich jetzt die Frage falsch verstanden?

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • Die Gemeinde tauscht zwei Grundstücke (ein "eigenes" und eins des Personenzusammenschlusses) gegen ein Grundstück eines Dritten, welches in Gemeindeeigentum übergehen soll.

  • Die Gemeinde tauscht zwei Grundstücke (ein "eigenes" und eins des Personenzusammenschlusses) gegen ein Grundstück eines Dritten, welches in Gemeindeeigentum übergehen soll.



    Dann steht die Gemeinde zusammen mit dem von ihr vertretenen Personenzusammenschluss auf einer Seite. Formal gesehen liegt somit kein Fall des § 181 BGB vor. Ich habe nur Probleme damit, dass die Gemeinde allein die Gegenleistung beim Tausch erhält. Der Personenszusammenschluss somit um sein Eigentum gebracht wird. Allerdings soll die Vertretungsmacht nach EG 233 § 10 im Außenverhältnis unbeschränkt und umfassend sein (Palandt RN 2 in palandt.beck.de Archiv).

  • Danke an HorstK

    Dass nur die Gemeinde allein etwas erhält, geht wohl hier nicht anders. Übertragen werden an den Dritten zwei kleine Grundstücke, im Gegenzug erhält die Gemeinde ein großes Grundstück.

  • Die Gemeinde tauscht zwei Grundstücke (ein "eigenes" und eins des Personenzusammenschlusses) gegen ein Grundstück eines Dritten, welches in Gemeindeeigentum übergehen soll.




    Ok, dann hab ich den Fall wohl falsch verstanden.

    Dann ist natürlich HorstK zuzustimmen; es liegt kein Fall von § 181 BGB vor.

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    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • ... Allerdings soll die Vertretungsmacht nach EG 233 § 10 im Außenverhältnis unbeschränkt und umfassend sein (Palandt RN 2 in palandt.beck.de Archiv).



    Kann daraus gefolgert werden, dass die Gemeinde auch Grundstücke für die Separationsinteressenten erwerben kann? Die mit Art. 233 § 10 EGBGB geschaffene Erleichterung soll doch lediglich die Verkehrsfähigkeit der bereits im Eigentum der Separationsinteressenten stehenden Grundstücke gewährleisten, nicht jedoch ermöglichen, dass weitere Grundstücke hinzukommen.

    Oder gilt die Vertretungsbefugnis der Gemeinde auch umgekehrt? Ich habe hier eine Urkunde, in welcher die Gemeinde zahlreiche Grundstücke für die Sep.interessenten erwirbt und bin mir nicht sicher, ... :(

  • Eindeutig nein!

    Wichtig: Separationseigentum, das unter die Vorschrift des Art. 233 § 10 EGBGB fällt, gibt es nur noch in Sachsen-Anhalt und in den ehemals Sachsen-Anhaltinischen Gebieten in den Grenzen von 1952 (= Teile von Sachsen + Brandenburg). In den restlichen NBL gibt es kein Separationseigentum mehr (auch wenn es noch so im Grundbuch steht - tatsächlicher Eigentümer = E.d.V.).

    Grundlage für das Separationseigentum in den o.g., ehemals preußischen Gebieten sind die immer noch gültige "Gemeinheitstheilungsordnung vom 07.06.1821" und das "Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 02.04.1887".

    Die Gemeinde darf nach Art. 233 § 10 EGBGB nur über die vorhanden Flächen verfügen. Neuerwerbungen, dazu gehören auch Tauschverträge, sind nicht möglich.

    Ein Flächentausch kann aber über die Separationsbehörde (ALFF in LSA) erfolgen. Das ist in Flurbereinigungsverfahren öfters der Fall (Umverlegung von Wegen, ...).


  • Die Gemeinde darf nach Art. 233 § 10 EGBGB nur über die vorhanden Flächen verfügen. Neuerwerbungen, dazu gehören auch Tauschverträge, sind nicht möglich.

    Das entspricht auch meinem Verständnis des Art. 233 § 10 EGBGB. Hast Du dafür (außer der Logik ;)) eine Fundstelle?

    Zitat

    Ein Flächentausch kann aber über die Separationsbehörde (ALFF in LSA) erfolgen. Das ist in Flurbereinigungsverfahren öfters der Fall (Umverlegung von Wegen, ...).


    Hier sollen die Separationsinteressenten, vertr. durch die Gemeinde, Grundstücke erwerben (vom Land SA). Dies ist nach Deiner (und meiner) Meinung nicht möglich. Heilungsmöglichkeiten gibt es für den Vertrag mE keine*.
    *Oder muss die Gemeinde die Grundstücke (Wege) in eigenem Namen erwerben (und - sozusagen "intern" - dafür sorgen, dass spätere Erlöse den Separationsinteressenten zugute kommen (sprich hinterlegen oder sonst etwas)? Dann würde ja die Genehmigung der Geminde in gesiegelter Form genügen.

    Ein Flächentausch ist hier nicht angedacht, es handelt sich um Wege, die vom Landeseigentum auf die Seperationsinteressenten übertragen werden sollen.

  • Fundstelle?

    Ich zitiere mal aus der für alle kostenlos verfügbaren Kommentierung des P. zu Art. 233 EGBGB:

    2) Vertretungsbefugnis. – a) Voraussetzungen. Ein dingl Recht (Eigt od beschränktes dingl Recht) an einem
    Grdst muss einem PersonenZusschluss zustehen, dessen Mitgl nicht namentl im GB angeführt sind (I 1), od
    ein Grdst ist in Abt I des GB ohne EigtümerAngabe als „öffentl Weg/Graben/Gewässer“ oä bezeichnet (V).


    d.h., das Grdst. muß sich schon im Eigentum der Separation befinden.

    Nach meiner Ansicht kann die Separation als solche gar nicht erwerben. Das müsste ihr ausdrücklich gestattet sein. In den fortgeltenden Gesetzen geht es nur um die Auseinandersetzung bzw. Aufteilung des Gemeindevermögens (=Verkauf oder Tausch).

    "Die Auflassung kann erst erfolgen, wenn von der Auseinandersetzungsbehörde bescheinigt ist, dass die Veräußerung oder der Tausch für die Realinteressenten unschädlich ... ist" (G. v. 1887)

    Die Genehmigungspflicht für Verfügungen der Gemeinde wurde mit Art. 233 § 10 Abs. 2 S. 2 ausgeschlossen.

    Wenn die Separation nicht erwerben kann, dann kann das auch kein von der Separationbehörde besteller Vertreter oder die Behörde selbst in einem Verfahren.

    Tauschen kann nicht die Gemeinde, wohl aber ein von der Separationsbehörde bestellter Vertreter, da dieser von der Genehmigungspflicht (und damit von der Prüfung durch die Separationsbehörde) nicht befreit ist

    (Mal sehen, wie viele Rechtspfleger nicht mehr schlafen können, weil sie die Genehmigung des ALF(F) zur Eigentumsumschreibung bei bestelltem Vertreter vergessen haben.)

    Frag doch mal unverbindlich (keine Zwischenverfügung) beim Notar an, auf welcher Rechtsgrundlage der Erwerb der Separation erfolgen soll. Auf die Antwort bin ich gespannt.

  • Frag doch mal unverbindlich (keine Zwischenverfügung) beim Notar an, auf welcher Rechtsgrundlage der Erwerb der Separation erfolgen soll. Auf die Antwort bin ich gespannt.



    Ich habe telefonisch beim Notar meine Bedenken gegen die Erwerbsfähigkeit der Separationsinteressenten mitgeteilt (gründe wie oben). Er möchte eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung. :( ^1

    Ich überlege, ob solche überhaupt möglich ist. Ist denn das Hindernis behebbar? Könnte die Gemeinde, wenn sie die namens der Separationsinteressenten abgegebenen Erklärungen in eigenem Namen genehmigt, eine Eintragung zu ihren (eigenen) Gunsten bewilligen und beantragen, bzw. herbeiführen? Wäre das eine rückwirkende Heilung? (Verfügung eines Nichtberechtigten nachträglich genehmigt?)
    Oder bleibt mir nur die Zurückweisung?
    Begründung: Separationsinteressenten nicht erwerbsfähig? :confused:


    ^1: Er führte noch den § 2041 BGB ins Feld und bat um Überlegung, ob man nicht im Wege der Analogie zu dem Ergebnis, die Separationsinteressenten wären erwerbsfähig, kommen könnte.

    Einmal editiert, zuletzt von Bergbauer (25. August 2010 um 08:48)

  • Zwischenverfügung geht nicht, da das Hindernis nicht behebbar ist. Ob ein Erwerb überhaupt möglich ist, kann in dem Fall dahingestellt bleiben. Ein Erwerb ist der Gemeinde als verfügungsbefugter Vertreter aus Art. 233 § 10 EGBGB nicht gestattet. Die Kommentarstellen sind sich einig, dass die Gemeinde nur über vorhandenen Grundbesitz verfügen kann. Antrag zurückweisen und die verschiedenen Kommentarstellen zum o.g. § auflisten. Die Beschwerdebegründung muss der Notar dann liefern;).

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