Wohnrecht: Ersatz bei Zerstörung

  • Ich kann mich nur wiederholen:

    Zitat

    Der § 428 BGB enthält eine Legaldefinition der Gesamtgläubigerschaft ...

    "Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. 2Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat."

    ... der nicht der Vertragsfreiheit unterliegt (vgl. MüKoBGB/Bydlinski BGB § 428 Rn. 3: "Zum Wesen der Gesamtgläubigerschaft gehört es, dass jeder der Gläubiger voll forderungsberechtigt ist, nicht etwa nur die Gemeinschaft der Gläubiger wie bei der Gesamthand.")

    Aber genau das wird hier versucht. Soweit von "disponiblen Rechtsfolgen" die Rede ist, betrifft das daher immer den Teil nach der "(Gesamtgläubigerschaft)".

    Man hätte eine Gemeinschaftsverhältnis, das gerade zu der Zeit, solange es noch mehrere Berechtigte gibt, nicht zum Tragen kommt.

  • Mit der Vereinbarung, dass das „WR dem A im Innenverhältnis bis zu seinem Tod allein zusteht", kann die Regelung des § 428 BGB nicht umgangen werden, weil die Gesetzesgestaltung nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt (s. OLG Hamm, Beschluss vom vom 3.5.2017, I-15 W 495/16, Rz. 17
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm…s_20170503.html

    Das OLG Hamm führt aus: „Die kautelarjuristisch vorgeschlagene Gestaltung läuft damit auf eine gewollte Fiktion hinaus, dass eine Gestaltung als Gesamtberechtigung im Sinne des § 428 BGB behandelt werden soll, die in Wahrheit aber keine Gesamtberechtigung im Sinne dieser Vorschrift ist. Die Vertragsparteien können jede rechtlich zulässige Gestaltungsformen zur Verwirklichung ihrer Vorstellungen wählen. Die Gesetzesgestaltung unterliegt jedoch nicht ihrer Disposition“.

    So verhält es sich vorliegend auch: Zu Lebzeiten des A soll nur ihm das Wohnungsrecht zukommen und dem Ehegatten erst vom Zeitpunkt des Erlöschens an. Ohne gemeinsame Berechtigung gibt es jedoch keine Eintragung für Gesamtgläubiger. Wilsch weist in seiner Anmerkung zum o. a. Beschluss des OLG Hamm in der NZFam 2017, 1163 darauf hin, dass diese Entscheidung auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (DNotZ 2013, 200) steht, weil dort jeder der Ehegatten einzeln die Übertragung fordern konnte. Also liegt letztlich eine Alternativberechtigung vor. Eine solche Alternativberechtigung liegt vor, wenn ein Recht verschiedenen Personen jeweils allein zusteht und nur von dem einen oder anderen gesondert ausgeübt werden kann. In diesem Fall sind nach einhelliger Meinung mehrere selbstständige Rechte einzutragen (s. Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.05.2018, § 44 RN 17 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zitat

    ... dass diese Entscheidung auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (DNotZ 2013, 200) steht, ...

    Doch, tut sie schon. Das unabänderlich Forderungsrecht aus § 428 BGB impliziert eben auch die Leistung an sich selbst.

    "Die Gesamtgläubigerschaft stellt das Korrelat zur Gesamtschuld dar: Jeder Gläubiger kann die gesamte Leistung an sich selbst verlangen, ..." (vgl. BeckOK/Gehrlein BGB § 428 Rn. 1)

    "Zu Beginn von § 428 S. 1 wird der Begriff der Gesamtgläubigerschaft definiert: Von mehreren Gläubigern kann jeder unabhängig für sich Leistung fordern, ..." (MüKo/Bydlinski BGB § 428 Rn. 1)

  • So verhält es sich vorliegend auch: ...

    Sehe ich nicht ->

    OLG Karlsruhe: A und B haben ein Forderungsrecht, zu Lebzeiten beider aber nur Leistung an A

    OLG Hamm: Zu Lebzeiten beider hat nur A ein Forderungsrecht

    Vorliegend: A und B haben ein Forderungsrecht ("für sich und Ehegatten"), zu Lebzeiten beider aber nur Leistung an A ("dem A im Innenverhältnis bis zu seinem Tod allein")

  • Die Erklärungen lauten vorliegend dahin, dass A ein Wohnungsrecht erhält und nur für den Fall, dass sein WR erlischt, er vom Zeitpunkt des Erlöschens an seinem Ehegatten das inhaltsgleiche Wohnungsrecht zuwendet. Solange das Wohnungsrecht des A nicht erloschen ist, hat die Ehefrau mithin kein Forderungsrecht. Das ist mE der Fall des OLG Hamm, bei dem es keine gemeinschaftliche Mitberechtigung gibt, auch wenn man dies so in der Bewilligung ausgestalten möchte. Bewilligung und materiell-rechtliche Erklärung sollen sich jedoch inhaltlich decken (Munzig in Keller/Munzig, Grundbuchrecht – Kommentar, 7. Auflage 2015, § 19 RN 7). Und wenn das Recht erst nach dem Erlöschen des Wohnungsrechts des A der Ehegattin zukommen soll, dann kann es sich mE auch nicht um dasselbe Recht handeln, so dass eine Sukzessivberechtigung, bei der dasselbe Recht zeitlich nacheinander mehreren Alleinberechtigten zusteht, nicht in Betracht kommen dürfte.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Erklärungen lauten vorliegend dahin, ...

    ... und zur eigentlichen Bestellung:

    "Zur Absicherung dieser Rechte bestellt A ein Wohnungsrecht für sich und Ehegatten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB, nach dem Wegfall eines Berechtigten für den verbleibenden Berechtigten allein, bei Eintritt der auflösenden Bedingung (Antrag Eheauflösung) für A allein. Es wird vereinbart, dass das WR dem A im Innenverhältnis bis zu seinem Tod allein zusteht".

    Unabhängig von der (schuldrechtlichen) Einleitung hierzu.

    -> OLG Karlsruhe. Nach meinem Verständnis würden ohnehin beide Sachverhalte zum selben Ergebnis führen.

  • ...Unabhängig von der (schuldrechtlichen) Einleitung hierzu......

    Nun, Du hast oben ausgeführt: „Man hätte eine Gemeinschaftsverhältnis, das gerade zu der Zeit, solange es noch mehrere Berechtigte gibt, nicht zum Tragen kommt.“ Das sehe ich auch so, weil es sich mE bei der Einleitung „A erhält ein Wohnungsrecht. Für den Fall, dass sein WR erlischt, wendet er seinem Ehegatten vom Zeitpunkt des Erlöschens an das inhaltsgleiche Wohnungsrecht zu“ nicht um eine nur schuldrechtliche Regelung, sondern um die Einigung über die Bestellung eines so ausgestalteten Wohnungsrecht handelt.

    Wäre lediglich eine schuldrechtliche Regelung gewollt, hätte dies mit der Trennung von schuldrechtlichen und dinglich sicherbaren Erklärungen zum Ausdruck kommen müssen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 105 mit weit. Nachw. in Fußnote 48).

    Da dies nicht der Fall ist, gehe ich davon aus, dass es sich bei dieser Erklärung um die dingliche Einigung mit der Tochter darüber handelt, dass ein Wohnungsrecht zugunsten des A und ein weiteres (neues, aber inhaltsgleiches) aufschiebend bedingtes Wohnungsrecht für den Ehegatten bestellt wird. Von dieser Einigung weicht die nachfolgende Bewilligung dadurch ab, dass anstelle einer Alternativberechtigung eine Sukzessivberechtigung vorgesehen ist. Wenn aufgrund einer mit der Einigung nicht übereinstimmenden Bewilligung eingetragen wird, handelt es sich um eine typische ursprüngliche Unrichtigkeit (Holzer im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.05.2018, RN 41). Aufgrund dieser Widersprüchlichkeit kann mE keine Eintragung nach Maßgabe der Bewilligung erfolgen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das Kapitel der Urkunde ist mit "Rechte des Veräußerers" überschrieben. Dann ist es in 1. a), b), c) usw. untergliedert.
    Bei a) steht "Veräußerer behält sich auf Lebensdauer das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht......vor. Es besteht aus....."

    Dann kommt Ersatzwohnung/Erlöschen bei Auszug. Dann "für den Fall, dass das WR des VÄ erlischt, wendet er Ehegatten vom Zeitpunkt des Erlöschens an das inhaltsgleiche.....Dieses Recht entfällt an dem Tag, an dem ein Antrag auf Auflösung der Ehe zu Lebzeiten rechtshängig wird (aufl. Bedingung).

    Dann kommt: "Zur Absicherung dieser Rechte bestellt.......bewilligt und beantragt.....

    Der nächste Unterpunkt ist dann: "Schuldrechtlich gilt weiter....."

  • Dann kommt: "Zur Absicherung dieser Rechte bestellt.......bewilligt und beantragt.....

    Zitat

    Zur Absicherung dieser Rechte bestellt A ein Wohnungsrecht für sich und Ehegatten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB, nach dem Wegfall eines Berechtigten für den verbleibenden Berechtigten allein, bei Eintritt der auflösenden Bedingung (Antrag Eheauflösung) für A allein. Es wird vereinbart, dass das WR dem A im Innenverhältnis bis zu seinem Tod allein zusteht.

    Dingliche Einigung und Bewilligung decken sich. Der einleitende Teil und die "weitere" schuldrechtliche Ergänzung sind vom Grundbuchamt nicht zu prüfen. Man könnte dennoch auf den Widerspruch hinweisen. Die Eintragungsfähigkeit hängt damit davon ab, ob man sich dem OLG Karlsruhe anschließt. Palandt/Grüneberg (BGB 428 Rn 1) hat das getan. Gemäß den o.g. Nachweisen gehört das Forderungsrecht an den jeweiligen (!) Gesamtgläubiger dagegen zum Wesen der Gesamtgläubigerschaft.

  • "Zur Absicherung dieser Rechte..." bezieht sich aber doch im Zweifel auf alles was vorher im Kapitel "Rechte des Veräußerers" kommt. Wobei die Überschrift schon unvollständig ist, da nur A Veräußerer ist. Jetzt habt ihr dankenswerterweise schon so viel geschrieben und argumentiert, dass es schade wäre, das nicht in einem Beschwerdeverfahren zur Sprache zu bringen.

    (Die nachfolgende Rück-AV haben sie so gestaltet, dass für A eine Vormerkung eingetragen wird und aufsch. bedingt das Rücktrittsrecht an Ehegatten abgetreten wird. Die Eintragung der bedingten Abtretung wird bewilligt aber nicht beantragt.)

  • Die nachfolgende Rück-AV haben sie so gestaltet, dass für A eine Vormerkung eingetragen wird und aufsch. bedingt das Rücktrittsrecht an Ehegatten abgetreten wird. Die Eintragung der bedingten Abtretung wird bewilligt aber nicht beantragt.

    Auch so ein Thema - > BayObLG, Beschluß vom 14.02.1994, 2Z BR 17/94

  • Habe jetzt nicht alles nachverfolgt, aber neben dem Beschluss des OLG München vom 28.06.2017, 34 Wx 421/16 zur Vorausabtretung gibt es auch denjenigen des Thüringer Oberlandesgericht 3. Zivilsenat vom 31.03.2014, 3 W 82/14, s. hier.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…675#post1120675
    und denjenigen des OLG München vom 22.09.2017 - 34 Wx 68/17, http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…-125909?hl=true
    mit den weiteren Nachweisen dort in RZ. 23

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ... dieser Rechte ...

    Sind es sowieso

    BGH, Beschluß vom 21.12.1966 - V ZB 24/66:

    „… sowie in dem hier in Betracht kommenden Fall der Gesamtgläubigerschaft (Senatsurteil BGHZ 29, 363, 364 = NJW 59, 984) - jeder hat ein eigenes Recht darauf, daß er selbst befriedigt wird, die Befriedigung eines einzigen Berechtigten wirkt jedoch gegen alle -. Soweit in diesen Fällen, wie häufig, von „einem” für mehrere Personen bestehenden oder zu begründenden Recht bestimmten Inhalts (z. B. Wohnungsrecht) gesprochen wird, handelt es sich um eine juristisch ungenaue Ausdrucks weise, die jedoch - insbesondere auch bei Grundbucheintragungen dieses Wortlauts - gegebenenfalls im richtigen Sinne einer Mehrheit von Rechten zu deuten ist.“

  • Das Kapitel der Urkunde ist mit "Rechte des Veräußerers" überschrieben. Dann ist es in 1. a), b), c) usw. untergliedert.
    Bei a) steht "Veräußerer behält sich auf Lebensdauer das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht......vor. Es besteht aus....."

    Dann kommt Ersatzwohnung/Erlöschen bei Auszug. Dann "für den Fall, dass das WR des VÄ erlischt, wendet er Ehegatten vom Zeitpunkt des Erlöschens an das inhaltsgleiche.....Dieses Recht entfällt an dem Tag, an dem ein Antrag auf Auflösung der Ehe zu Lebzeiten rechtshängig wird (aufl. Bedingung).

    Dann kommt: "Zur Absicherung dieser Rechte bestellt.......bewilligt und beantragt.....

    Der nächste Unterpunkt ist dann: "Schuldrechtlich gilt weiter....."

    Mal so´ne Frage: Die Ehefrau des Veräußerers war bei der Beurkundung zugegen?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!